Muskelschwund bei Knaben

Medizin am Abend Fazit: Forschende entwickeln Wirkstoff gegen tödlichen Muskelschwund bei Knaben

Die Duchenne Muskeldystrophie ist eine Erbkrankheit, die zum Muskelverlust
und im Teenageralter zum Tod führt. Berner Forschende haben nun einen
neuen Wirkstoff entwickelt und ihn zusammen mit einem internationalen Team
erfolgreich getestet.

Die Duchenne Muskeldystrophie (DMD) ist eine relativ seltene Erbkrankheit,
die nur Knaben trifft und zum unumkehrbaren Muskelschwund führt. Betroffen
ist zirka einer von 3500 neugeborenen Knaben. Im Alter von ca. 10 Jahren
sind Duchenne-Patienten auf den Rollstuhl angewiesen und werden immer
stärker pflegebedürftig. Sie sterben in der zweiten Lebensdekade, in der
Regel an Herz- oder Lungenversagen. Bislang gibt es kein Heilmittel.
Forschende aus Bern, Frankreich, England und Schweden haben nun aber nun
einen erfolgversprechenden Wirkstoff getestet. Die entsprechende Studie
wurde im Fachmagazin «Nature medicine» publiziert.

Genetischer Defekt führt zu Muskelversagen

Die genetische Ursache der Krankheit konnte in den letzten Jahren geklärt
werden. Sie liegt in einem Defekt im Gen, welches für die Herstellung von
Dystrophin verantwortlich ist. Dystrophin ist ein für die Muskelfunktion
wichtiges Eiweiss. Fehlt es, so kann eine einzelne Muskelzelle nicht mehr
richtig mit anderen Muskelzellen zusammenarbeiten; der gesamte Muskel
versagt. Als Folge der genetischen Mutationen wird entweder kein
Dystrophin produziert oder lediglich eine funktionsuntüchtige Variante.

Ein seit kurzem praktizierter, erfolgversprechender Therapieansatz besteht
nun darin, mit kurzen Stücken einer chemisch veränderten DNA, sogenannten
Antisense Oligonukleotiden (AO), den Fehler bei der Herstellung von
Dystrophin zu korrigieren. Mit den bisher getesteten Wirkstoffen ist es
allerdings noch nicht gelungen, einen signifikanten Heilungseffekt bei den
Patienten zu erzielen. Das liegt daran, dass die entsprechenden Wirkstoffe
noch zu wenig aktiv sind und vitale Muskeln wie das Herz gar nicht
erreichen.

Erste Tests erfolgreich

Ein am Departement für Chemie und Biochemie der Universität Bern – mit
finanzieller Unterstützung durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF)
und der Association Monégasque contre les Myopathies (AMM) – entwickeltes
Oligonukleotid, die sogenannte Tricyclo-DNA, zeigt nun gegenüber bisher
bekannten Wirkstoffen wesentliche Vorteile. Bei Experimenten an Mäusen
sorgt dieser Stoff für eine verbesserte Dystrophin-Produktion in allen
Muskeln inklusive Herz und Lunge – und verbessert somit Mobilität und
Lebenserwartung bei den Mäusen.

Überraschend konnte auch eine Korrektur der Dystrophin-Produktion im Hirn
beobachtet werden. Damit wurde zum ersten Mal gezeigt, dass ein
Oligonukleotid die sogenannte Blut-Hirnschranke überwinden und dort aktiv
werden kann. Dies dürfte insbesondere für andere neuromuskuläre
Krankheiten, wie etwa spinale Muskelatrophie oder Huntington’s Disease,
von Bedeutung sein.

Als nächstes sind nun klinische Tests mit Tricyclo-DNA am Menschen
geplant. Die Federführung dazu liegt bei dem 2012 gegründeten Spin-off-
Unternehmen der Universität Bern Synthena AG. Das Unternehmen stellt die
Tricyclo-DNA her und treibt die Entwicklung eines Medikaments für
Duchenne-Patienten voran. Im Aktionariat sind neben der Universität Bern
und den Erfindern der Technologie auch zwei gemeinnützige
Patientenorganisationen vertreten, nämlich das Duchenne Parents Project
France (DPPF) und die AMM.

Medizin am Abend DirektKontakt

Universität Bern, lic. phil. Nathalie Matter
Telefon: 0041-31-631 45 80
Fax: 0041-31-631 45 62

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