04.12.2014 Terminhinweis: Ebola: ein Virus und seine Folgen

Die Leibniz-Gemeinschaft und Inforadio vom Rundfunk Berlin-Brandenburg
laden ein zur Podiumsdiskussion in der Reihe Das Forum mit Harald Asel:

Donnerstag, 4. Dezember 2014, 18:00 Uhr
Leibniz-Gemeinschaft, Chausseestraße 111, 10115 Berlin

(U-Naturkundemuseum)

Es war nicht vorauszusehen, dass uns dieses Thema das ganze Jahr über
beschäftigen würde, als im Februar 2014 erste Erkrankungen mit dem Ebola-
Virus in Westafrika bekannt wurden. Der rasante Verlauf der
Ansteckungszahlen im Sommer, die Hilflosigkeit lokaler Behörden und die
Definition als Epidemie durch die Weltgesundheitsorganisation WHO ließen
auch bei uns Ängste vor Ansteckung anschwellen. Inzwischen gehen die
Neuinfektionen zurück, internationale Hilfe wird koordiniert, die
Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zieht weiter. Aber haben wir die
Epidemie im Griff, vor Ort und weltweit?

Inforadio und die Leibniz-Gemeinschaft versuchen eine Zwischenbilanz.
Verstehen wir heute den Verlauf der Krankheit besser? Was hat die Epidemie
in den betroffenen Staaten angerichtet? Welche Lehren für die
Entwicklungszusammenarbeit gilt es zu ziehen? Das späte internationale
Reagieren steht in der Kritik. War es Hilflosigkeit oder Desinteresse an
einer Region in Afrika? Was treibt freiwillige Helfer an, wovon berichten
sie? Und sind wir in Deutschland medizinisch und mental auf mögliche
Epidemien vorbereitet?

Podiumsgäste:

- Walter Lindner, Ebola- Beauftragter der Bundesregierung
- Jonas Schmidt Chanasit, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin,
Hamburg
- Sybille Seitz, Journalistin, rbb PRAXIS
- Franzisca Zanker, GIGA Leibniz-Institut für Globale und Regionale
Studien, Hamburg

Moderation: Harald Asel, Inforadio (rbb)

Anmeldung erbeten per Mail: oder
telefonisch unter 030 / 206 049 46.


Das Gespräch wird aufgezeichnet und am Sonntag, 7.12.2014 um 11:05 Uhr
(Whg. um 20:05 Uhr) im Rahmen der Sendereihe "Forum" im Programm von
Inforadio (93,1 MHz) ausgestrahlt.

Eine Veranstaltung der Leibniz Gemeinschaft in Zusammenarbeit mit
Inforadio (rbb).



Medizin am Abend DirektKontakt

Christoph Herbort-von Loeper
Tel.: 030 / 20 60 49 – 48
Mobil: 0174 / 310 81 74
herbort@leibniz-gemeinschaft.de

Weitere Informationen finden Medizin am Abend Leser unter
http://www.leibniz-gemeinschaft.de

Gendefekt löst Diabetes und Degeneration des Nervensystems aus

Die Stoffwechselstörung Diabetes mellitus und degenerative Erkrankungen
des Nervensystems können, unter bestimmten Umständen, ein und dieselbe
Ursache haben. Das fanden Neurowissenschaftler des Hertie-Instituts für
klinische Hirnforschung gemeinsam mit Kollegen des Helmholtz Zentrums
München im Rahmen eines genetischen Forschungsprojekts heraus. In zwei
Familien identifizierten sie einen Gendefekt, der zu einem Mangel eines
wichtigen Eiweißes führt. Es ist für die korrekte Faltung von Eiweißen und
den Abbau von fehlgefalteten Eiweißen in den Zellen von Bauchspeicheldrüse
und Gehirn wichtig.

Ihre Ergebnisse stellen die Forscher in der Fachzeitschrift American
Journal of Human Genetics vor. Der seltene Gendefekt soll künftig als
wichtiges Modell für die Erforschung gemeinsamer Ursachen von Diabetes und
Neurodegeneration dienen.

Wenn in einer Familie gleich mehrere Kinder Erkrankungen entwickeln, die
normalerweise erst im höheren Alter auftreten, werden Genetik-Experten
hellhörig – vor allem wenn die Eltern blutsverwandt sind. In diesem Fall
besteht der Verdacht, dass die Erkrankungen Folge eines Erbleidens sind.
Die Teams um Professor Ludger Schöls vom Hertie-Institut für klinische
Hirnforschung der Universität Tübingen und dem Deutschen Zentrum für
Neurodegenerative Erkrankungen und Dr. Holger Prokisch vom Helmholtz
Zentrum München und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung, hatten
von einer Familie erfahren, in der drei von vier Kindern unter einem
frühbeginnenden Diabetes litten. Alle drei waren zudem seit frühen Jahren
schwerhörig. Sie litten auch unter Gangstörungen und hatten Probleme bei
zielgerichteten Bewegungen, Ataxie genannt.

Um den verantwortlichen Genfehler zu finden, entschlüsselten die Tübinger
und Münchener Forscher das Exom von zwei der drei Geschwister. Das Exom
macht zwar nur etwa ein Prozent des menschlichen Erbgutes (Genom) aus,
beinhaltet aber die meisten heute identifizierten krankheitsverursachenden
Erbgutveränderungen (Mutationen). Beide Geschwister wiesen eine Mutation
im DNAJC3-Gen auf. „Das Gen wurde bereits vorher in Mausmodellen mit
Diabetes in Verbindung gebracht, aber niemand wusste, was es beim Menschen
verursacht“, berichtet Dr. Prokisch. „Die Entfernung des Gens in
sogenannten Knockout-Mäusen führt zum Untergang der Beta-Zellen, die in
der Bauchspeicheldrüse Insulin produzieren“, erklärt der Letztautor
weiter.

Das DNAJC3-Gen enthält die Information für ein Chaperon-Eiweiß. So
bezeichnen Biologen Eiweiße, die neu hergestellten Proteinen bei der
Faltung helfen und den Abbau fehlgefalteter Proteine unterstützen. Die
Mutation, die die Forscher auch bei dem dritten erkrankten Geschwisterkind
entdeckten, führt zum Ausfall des Chaperons DNAJC3. Aufgrund einer
sogenannten loss-of-function-Mutation wird nur ein verkürztes und für die
Zelle wertloses DNAJC3-Protein gebildet.

„Da das DNAJC3-Protein an der korrekten Faltung einer Vielzahl von
Proteinen beteiligt ist, sind die Folgen gravierend“, erläutert Dr.
Matthis Synofzik vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und dem
Tübinger Standort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative
Erkrankungen . Betroffen waren nicht nur die Insulin produzierende Zellen
in der Bauchspeicheldrüse, sondern auch verschiedene Typen von
Nervenzellen. Die Kernspintomografie zeigte vor allem eine Rückbildung
(Atrophie) des Kleinhirns. Dieses ist unter anderem für die Koordinierung
von Bewegungen zuständig. „Das erklärt die Gangstörungen und die Ataxie“,
so Synofzik, Erstautor der Studie. Er nimmt an, dass auch das Großhirn
betroffen ist, da die Betroffenen Schwierigkeiten bei Rechenaufgaben
hatten. Eine verminderte Nervenleitgeschwindigkeit zeigte, dass nicht nur
das zentrale Nervensystem, sondern auch die Nerven an Armen und Beinen
Schäden aufwiesen. Alle Betroffenen waren auffallend klein für ihr Alter.
Das legt nahe, dass auch Wachstumsstörungen zum Krankheitsbild gehören.

Um herauszufinden, ob es sich um einen Einzelfall handelt, recherchierten
die Forscher in der „Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation“, einer
Datenbank mit 226.194 Diabetespatienten in Deutschland. Dort fanden sie 35
Patienten mit einem ähnlichen Krankheitsbild, von denen acht zu einer Gen-
Analyse bereit waren. Bei einem wurde ebenfalls ein Defekt im DNAJC3-Gen
gefunden. Es handelte sich aber nicht um eine Punktmutation wie in der
ersten Familie, sondern um eine Deletion, bei der ganze Abschnitte des
Gens verloren gegangen sind. Weitere Recherchen ergaben, dass die
Schwester ebenfalls erkrankt war und dieselbe Deletion aufwies. Die Eltern
der Geschwister waren Cousin und Cousine ersten Grades, also ebenfalls
blutsverwandt.

Warum die Mutation „nur“ in der Bauchspeicheldrüse und im Gehirn zum
Zelluntergang führt, ist bisher unklar. Bindegewebszellen der Haut waren
unauffällig, obwohl auch hier das DNAJC3-Protein fehlte. Die neu entdeckte
Genmutation hat laut Synofzik eine Ähnlichkeit zum Wolfram Sydrom 1, bei
dem die Kinder frühzeitig neben einem Diabetes eine Schwerhörigkeit und
Sehstörungen entwickeln. Auch hier führt der verantwortliche Gendefekt
nach heutigen Erkenntnissen zu einer Störung in der Proteinproduktion. Der
Defekt im DNAJC3-Gen soll zukünftig als wichtiges Modell für die
Erforschung der gemeinsamen Ursache von Diabetes und Neurodegeneration
dienen.

Die zentralen Forschungseinrichtungen, die an der Studie beteiligt waren,
sind das Hertie Institut für klinische Hirnforschung an der Universität
Tübingen, das Zentrum für Seltene Erkrankungen in Tübingen, das Deutsche
Zentrum für Diabetesforschung an den Standorten Tübingen, München und
Miami, das Helmholtz Zentrum München sowie das amerikanische Institute of
Human Genetics in Miami.

Originaltitel der Publikation
Synofzik, M. et al. Absence of BiP Co-chaperone DNAJC3 Causes Diabetes
Mellitus and Multisystemic Neurodegeneration; American Journal of Human
Genetics (2014), http://dx.doi.org/10.1016/j.ajhg.2014.10.013

Medizin am Abend DirektKontakt

Silke Jakobi
Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH)
Zentrum für Neurologie, Universitätsklinikum Tübingen
Otfried-Müller-Str. 27
72076 Tübingen
Tel. 07071/29-88800
Fax 07071/29-4796
silke.jakobi@medizin.uni-tuebingen.de

Dr. Nadja Becker
Helmholtz Zentrum München
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
Tel.: 089-3187-2710
Fax: 089-3187-3324
E-Mail: nadja.becker@helmholtz-muenchen.de

Gendermedizin: Typ-2-Diabetes

Medizin am Abend Fazit:

Typ-2-Diabetes: Präventionsprogramme bei Frauen und Männern 
gleich gut wirksam

Änderungen des Lebensstils und medikamentöse Therapien können die
Entstehung von Typ-2-Diabetes bei Personen mit erhöhtem Risikoprofil
hinauszögern oder sogar verhindern. Dass diese Interventionsmaßnahmen bei
Frauen und Männern gleich gut wirksam sind, zeigt eine am 27. November
2014 im Fachjournal Diabetologia online veröffentlichte systematische
Übersichtsarbeit und Metaanalyse der Donau-Universität Krems und der
Medizinischen Universität Wien.

Etwa 340 Millionen Menschen weltweit leiden an Typ-2-Diabetes. Bereits im
Vorstadium dieser Erkrankung, dem sogenannten Prädiabetes, ist bei
Betroffenen der Zuckerstoffwechsel gestört. In zahlreichen Studien konnte
nachgewiesen werden, dass sich durch Lebensstiländerungen oder
blutzuckersenkende Medikamente das Auftreten von Typ-2-Diabetes bei
Personen mit Prädiabetes verzögern oder verhindern lässt. Nun wurden
erstmals in einer systematischen Übersichtsarbeit speziell mögliche
Geschlechtsunterschiede in Bezug auf Präventionsmaßnahmen analysiert.
Insgesamt berücksichtigte die Untersuchung Daten von mehr als 5.500
Männern und 7.400 Frauen aus zwölf Studien der Jahre 1980 bis 2013.

Verglichen mit einer üblichen Behandlung führten Lebensstilinterventionen
mit Ernährungsumstellung und regelmäßiger Bewegung bei Männern und Frauen
zu einem um 40 Prozent verringerten Risiko nach einem Jahr an
Typ-2-Diabetes zu erkranken; nach drei Jahren war das Risiko um 37 Prozent
geringer. Auch Gewichtsverluste und Reduktionen der
Nüchternblutzuckerwerte waren in dieser Gruppe stärker. Dabei gab es
keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Männern und Frauen.
Ebenso zeigte sich unter blutzuckersenkenden Medikamenten ein verringertes Auftreten von Typ-2-Diabetes und auch hier konnte in Bezug auf den präventiven Effekt keine Geschlechterdifferenz festgestellt werden.

„Trotz der Unterschiede zwischen Männern und Frauen, was das Alter zu
Beginn der Erkrankung, die Diagnose oder die Krankheitslast betrifft, wird
der Erfolg von Präventionsmaßnahmen bei Menschen mit Prädiabetes nicht
durch ihr Geschlecht beeinflusst. Diese Ergebnisse sind bedeutsam für die
klinische Praxis“, sagen die beiden ErstautorInnen Dr. Anna Glechner vom
Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie der
Donau-Universität Krems und Dr. Jürgen Harreiter, MSc von der
Medizinischen Universität Wien. Folglich könnten sich KlinikerInnen und
ExpertInnen im Präventionsbereich, so meinen die AutorInnen, auf bereits
bekannte Faktoren konzentrieren, die den Erfolg von Präventionsmaßnahmen
erhöhen – etwa die langfristige Einhaltung der empfohlenen
Lebensstilinterventionen. „Auch andere geschlechtsspezifische Aspekte, wie
zum Beispiel die höhere Inzidenz von Typ-2-Diabetes bei Männern mittleren
Alters oder Unterschiede in der Qualität der Versorgung zwischen
diabetischen Männern und Frauen sollten noch näher untersucht werden“,
betont Glechner.

Nicht zuletzt hätte erfolgreiche Diabetesprävention laut der AutorInnen
auch eine ökonomische Bedeutung: Bei Personen mit Prädiabetes seien
Lebensstilinterventionen mit Bewegung und Ernährungsumstellung
kosteneffektive Maßnahmen um die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes zu
aufzuhalten. Ist es nicht möglich, Lebensstiländerungen einzuhalten, wäre
eine medikamentöse Prävention die nächstbeste Option. Bisher gibt es
jedoch keine Studien darüber, wie effektiv eine medikamentöse Prävention
bei Personen ist, die auf Lebensstilinterventionen nicht angesprochen
haben.

Von der Donau-Universität Krems ist an der Publikation neben
Mitarbeiterinnen des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Klinische
Epidemiologie auch Prof. Jaakko Tuomilehto MD, MPolSc, PhD vom Department
für Klinische Neurowissenschaften und Präventionsmedizin beteiligt.
Tuomilehto war 2001 einer der ersten, der aufzeigte, wie Gewichtsabnahme
und Bewegung die Häufigkeit von Diabetes reduzieren können.

Glechner et Harreiter et al.: Sex-specific differences in diabetes
prevention: A systematic review and meta-analysis; Diabetologia 2014
(article in press)

Medizin am Abend

http://www.donau-uni.ac.at/ebm
http://www.diabetologia-journal.org/