360° MFA - TOP: Probleme beim Pillenschlucken? Die Technik macht´s

Studie des Universitätsklinikums Heidelberg zeigt erstmals: Zwei Tricks
können das Einnehmen großer Tabletten oder Kapseln deutlich erleichtern


Wer bestimmte Tricks anwendet, tut sich mit dem Tablettenschlucken
leichter: Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg um
Professor Dr. Walter E. Haefeli haben erstmals im Rahmen einer Studie zwei
Techniken überprüft, die das Einnehmen von Tabletten und Kapseln
erleichtern sollen. Dazu schluckten 151 gesunde Probanden wirkstofffreie
Tabletten und Kapseln in verschiedenen Größen zunächst wie sie es gewohnt
waren, dann streng nach Anleitung der Wissenschaftler. Rund zwei Drittel
von ihnen berichteten anschließend, dass sie so mit den großen Tabletten
besser zurechtkamen und auch große Kapseln machten im Durchschnitt neun
von zehn Teilnehmern keine Probleme mehr. Die Techniken bewährten sich
selbst bei den Testpersonen, die nach eigenen Angaben allgemein
Schwierigkeiten mit dem Tablettenschlucken haben. Ihre Beurteilung fiel
nur geringfügig schlechter aus als die der anderen Probanden.

Schwierigkeiten bei der Einnahme von Tabletten sind häufig

„Ich empfehle Ärzten, ihre Patienten auf diese beiden Schlucktechniken
aufmerksam zu machen. Das verringert die Gefahr, dass Patienten, die
gerade große Tabletten oder Kapseln nicht herunter bekommen, die Therapie
absetzen oder einfach weniger Tabletten einnehmen
“, so Professor Haefeli,
Ärztlicher Direktor der Abteilung für Klinische Pharmakologie und
Pharmakoepidemiologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Eine Umfrage aus
Baden-Württemberg im Jahr 2011 ergab, dass mehr als ein Drittel aller
Patienten (37,4 Prozent) an Hausarztpraxen solche Probleme kennt: Die
Tabletten bleiben im Rachen hängen, lösen Würgereiz oder sogar Erbrechen
aus. Beinahe jeder zehnte Betroffene verzichtet daher lieber ganz auf die
Medikamente. Je nach Erkrankung kann das Komplikationen verursachen und
den Gesundheitszustand weiter verschlechtern.

Für die Studie schluckten die Probanden im Alter von 18 bis 85 Jahren
zunächst 16 verschiedene wirkstofflose Tabletten und Kapseln in
unterschiedlichen Formen und Größen. Auf einer Skala bewerteten sie
anschließend, wie gut bzw. schlecht sich die einzelnen Placebos in den
Magen befördern ließen. Am meisten Schwierigkeiten machten die jeweils
beiden größten Tabletten und Kapseln. Sie wurden für den Test der beiden
Schlucktechniken ausgewählt. Etwas mehr als die Hälfte (56 Prozent) der
Testpersonen gab an, Tabletten immer nur mit Mühe oder gar nicht schlucken
zu können. Dafür gab es aber keine krankhaft bedingten Ursachen.

Der „Tabletten-Flaschen-Trick“

Bei der Einnahme der Tabletten kam der „Tabletten-Flaschentrick“ zum
Einsatz. Dabei kommt es darauf an, eine flexible Plastikflasche mit nicht
zu enger Öffnung zu verwenden, aus der das Wasser gut eingesaugt werden
kann. Die Tablette wird auf die Zunge gelegt, die Lippen dicht um die
Flaschenöffnung geschlossen, ein kräftiger Schluck stilles Wasser
eingesogen und in einem Zug mitsamt Tablette geschluckt. Der Kopf darf
dabei leicht nach hinten geneigt sein. Die Tablette folgt so der
Schwerkraft zum Zungengrund und wird beim Schlucken mitgespült.

Der „Kapsel-Nick-Trick“

Die zweite eingesetzte Technik ist der „Kapsel-Nick-Trick“: Auch hier wird
die Kapsel auf der Zunge positioniert und ein Schluck Wasser aufgenommen,
allerdings ohne ihn sofort hinunter zu schlucken. Nun neigt man den Kopf
nach vorne, Kinn Richtung Brust. In dieser Position wird geschluckt. Diese
Technik eignet sich ausschließlich für Kapseln. Diese sind, anders als
Tabletten, leichter als Wasser. Bei geneigtem Kopf steigen sie auf in
Richtung des jetzt höher liegenden Rachens und lassen sich so leichter
abschlucken. Im Experiment hatte dank dieser Technik keiner der Probanden
mehr Probleme mit den sehr großen Kapseln. Bei den etwas kleineren Kapseln
berichteten 86 Prozent von einer Erleichterung beim Schlucken.

Der nächste Schritt ist nun, die Techniken an den Patienten zu bringen.

„Probleme beim Tabletteneinnehmen werden in den Arztpraxen noch zu wenig thematisiert“, sagt Professor Haefeli. 


„Es lohnt sich, als Arzt einmal nachzufragen, um überhaupt mit solchen Tipps weiterhelfen zu können.

Außerdem besteht häufig die Möglichkeit, auf eine andere
Medikamentenmarke mit kleineren oder anders geformten Tabletten bzw.
Kapseln auszuweichen.


Auch das kann den Patienten schon helfen.“

Außerdem hat das Team um Professor Haefeli gerade eine Schluck-Studie bei
Patienten nach einem Hirnschlag abgeschlossen, deren Ergebnisse demnächst
veröffentlicht werden sollen. Diese Patienten haben in Folge der
Hirnschäden häufig krankheitsbedingte Schwierigkeiten mit dem Schlucken.

Für sie und andere Patienten mit krankhaft bedingten Schluckproblemen
eignen sich die beiden erprobten Techniken nur bedingt.

Literatur:
Schiele JT, Schneider H, Quinzler R, Reich G, Haefeli WE. Two techniques
to make it easier to swallow pills. Ann Fam Med 2014;12:550-2. doi:
10.1370/afm.1693

Medizin am Abend DirektKontakt: 

Prof. Dr. med. Walter E. Haefeli
Ärztlicher Direktor
Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie
Medizinische Universitätsklinik Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 56-8722
E-Mail: walter.emil.haefeli@med.uni-heidelberg.de

Tropenmediziner testen den weltweit ersten Impfstoff gegen Hakenwurminfektion

Das Institut für Tropenmedizin am Universitätsklinikum Tübingen arbeitet
als Mitglied des HOOKVAC Konsortiums* federführend an der Entwicklung der
ersten Vakzine gegen Hakenwürmer mit. Jetzt startet die weltweit erste
Impfstudie.

Weltweit sind zwischen 600 bis 700 Millionen Menschen von dieser
vernachlässigten Krankheit betroffen – der Großteil davon in den ärmsten
Ländern dieser Welt.

Anfang November startet eine Studie mit der weltweit ersten
Hakenwurmvakzine, die für die Anwendung beim Menschen entwickelt wurde.
Die Studie wird am **Centre de Recherches Médicales de Lambaréné CERMEL in Gabun, Zentralafrika durchgeführt; eine Region in der Hakenwurminfektionen
ein großes Problem sind. Forscher der Universität Tübingen, von CERMEL und
anderen Partnern bilden das internationale Studienteam.

Die Hakenwurmvakzine hat das Potential das Leben von Millionen Menschen
entscheidend zu verbessern. Hakenwürmer beeinträchtigen vorwiegend
schwangere Frauen und Kinder in Afrika, Südostasien und Lateinamerika.
Unbehandelt führt eine Hakenwurminfektion zu kleinen Darmblutungen, die
wiederum zu Eisenmangel, Anämie und Unterernährung führen. Hakenwürmer
können auch physische und geistige Unterentwicklung begünstigen, was sich
unter anderem in niedrigen Geburtsgewichten von Neugeborenen und
unterdurchschnittlichen Schulleistungen der betroffenen Kinder zeigt.

„Die Notwendigkeit, eine Hakenwurmvakzine zu entwickeln, kann nicht stark
genug betont werden. Wir sind stolz darauf, an dieser Entwicklung
mitzuarbeiten, und diese wichtige Studie in Gabun, einem sehr stark
betroffenem Land, zu starten“, sagt der Studienleiter Dr. Ayola Akim
Adegnika, Co-Direktor am Centre de Recherches Médicales de Lambaréné.
Prof. Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin am
Universitätsklinikum Tübingen und wissenschaftlicher Direktor des CERMEL
unterstreicht: „Das internationale HOOKVAC Konsortium könnte einen
entscheidenden Beitrag leisten, um die Gesundheit von Millionen von
Menschen positiv zu beeinflussen und somit auch die Ökonomie ganzer Länder
zu unterstützen.“
Erste Ergebnisse werden schon im nächsten Jahr erwartet. Bei erfolgreicher
Testung soll die klinische Weiterentwicklung des Impfstoffs so schnell wie
möglich erfolgen.

Die Klinische Hakenwurmvakzin-Studie wird in Kooperation mit dem
Akademisch-Medizinischen Zentrum in Amsterdam, sowie dem Sabin Vaccine
Institute aus den USA durchgeführt. Die Studie wird durch die Europäische
Union finanziert (Förderkennzeichen 602843).

* HOOKVAC - www.hookvac.eu
**CERMEL - www.cermel.org/

Medizin am Abend DirektKontakt:

Universitätsklinikum Tübingen
Medizinische Klinik, Institut für Tropenmedizin
Prof. Dr. Peter Kremsner
Wilhelmstr. 27, 72076 Tübingen
Tel. 07071/29-8 71 79
peter.kremsner@uni-tuebingen.de

Referentenentwurfs zum "Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-VSG)

Die Vertragspartner AOK, Hausärzteverband und MEDI in Baden-Württemberg sehen Teile des Referentenentwurfs zum "Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-VSG) kritisch. Der vorliegende Entwurf verfolge nicht die formulierte Absicht, sondern schwäche den Qualitätswettbewerb ebenso gravierend wie er die fachärztliche ambulante Versorgung vernachlässige.

Besonders kritisch wird die Streichung des Paragrafen 73c gewertet. Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg: "Die beabsichtigte Streichung als Grundlage der Facharztverträge ist ein fatales Signal an die Fachärzte im Vertragswettbewerb. Der Gesetzentwurf verhindert den weiteren Aufbau einer zur Regelversorgung alternativen strukturierten haus- und fachärztlichen Versorgung in unserem Land. Außerdem gefährdet er die bisher erfolgreiche Arbeit aller Vertragspartner in Baden-Württemberg."

Weit verbreitet und doch bei vielen unbekannt: die Krankheit COPD - Welt-COPD-Tag am 19. November 2014

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) informiert zum
Welt-COPD-Tag am 19. November 2014

In Deutschland ist mehr als jeder achte Erwachsene über 40 Jahren von ihr betroffen, weltweit ist sie eine der führenden Todesursachen - und dennoch ist die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD, englisch für chronic obstructive pulmonary disease) bei weiten Teilen der Bevölkerung unbekannt. Und auch den Betroffenen selbst ist oft lange Zeit nicht bewusst, dass sie erkrankt sind. In einer englischen Studie zeigte sich beispielsweise, dass vier von fünf an einer COPD erkrankten Personen nichts von ihrer Krankheit wissen.

Ein Rauchstopp ist der wichtigste Schritt zur Vermeidung und Behandlung einer COPD. Tabakkonsum ist die Hauptursache für eine Erkrankung an COPD - zwischen 80 und 90 Prozent aller Krankheitsfälle sind auf das Rauchen zurückzuführen. Auch Passivrauchen ist ein Risikofaktor.

"Eine COPD beginnt schleichend. Frühe Symptome wie vermehrter Auswurf und Kurzatmigkeit werden oftmals übersehen oder als typische Begleiterscheinung des Rauchens akzeptiert", erklärt Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der BZgA und empfiehlt einen möglichst frühzeitigen Rauchstopp: "Das Risiko für eine Erkrankung an COPD steigt mit der Dauer des Rauchens und der Menge konsumierter Zigaretten."

Rauchen verschlechtert die Lungenfunktion. Normalerweise bleibt die Leistungsfähigkeit der Lunge über eine lange Phase des Erwachsenenlebens stabil und nimmt erst im Alter ab. Rauchen verkürzt die Stabilitätsphase und beschleunigt zudem die spätere Einschränkung der Lungenfunktion. Ein Rauchstopp kann diese negative Entwicklung aufhalten und die beeinträchtigte Atmung verbessern. Eine bloße Reduktion des Tabakkonsums führt bei COPD-Patienten dagegen zumeist nicht zu einer Verbesserung ihrer Lungenfunktion.

Viele an einer COPD erkrankten Raucherinnen und Raucher weisen eine hohe Tabakabhängigkeit auf. Aus diesem Grund rät die BZgA dazu, für eine Tabakentwöhnung auf professionelle Rauchstopp-Angebote zurückzugreifen:

- Telefonische Beratung unter der Rufnummer 01805/31 31 31 (14 Cent/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunk max. 42 Cent/Min.).

- Gruppenkurs "Rauchfrei Programm". Informationen zum Kursangebot, zu Anbietern vor Ort und den Möglichkeiten der Kostenerstattung gibt es unter: http://www.rauchfrei-programm.de

- Online-Ausstiegsprogramm mit hilfreichen Informationen, Tipps und täglicher E-Mail (http://www.rauchfrei-info.de).

- START-Paket zum Nichtrauchen mit Broschüre "Ja, ich werde rauchfrei", einem "Kalender für die ersten 100 Tage", einem Stressball und anderen hilfreichen Materialien. Kostenlose Bestellung über: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 51101 Köln, Fax: 0221/8992257, E-Mail: order@bzga.de, Online-Bestellsystem: www.bzga.de [ http://www.bzga-k.de/rauchfrei-startpaket ]


Medizin am Abend DirektKontakt:

 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Dr. Marita Völker-Albert
Postfach 91 01 52
51071 Köln
Telefon: 0221 8992-0 / Durchwahl: -280
Fax: 0221 8992-300 / - 201
E-Mail: marita.voelker-albert@bzga.de
Internet: http://www.bzga.de

360° MFA - TOP: Protein p53 und Chlamydien durchbrechen die körpereigene Krebsabwehr

Durch den Abbau des tumorunterdrückenden Proteins p53 verhindern
Chlamydien den programmierten Zelltod und begünstigen damit Prozesse der
Krebsentstehung

Infektionen mit den sexuell übertragenen Bakterien Chlamydia trachomatis
bleiben oft unbemerkt. Die Erreger gelten nicht nur als häufigste Ursache
weiblicher Unfruchtbarkeit; sie stehen auch im Verdacht, das Risiko einer
Erkrankung an Unterleibskrebs zu erhöhen. Ein Forscherteam am Max-Planck-
Institut für Infektionsbiologie in Berlin hat nun den Abbau eines
wichtigen körpereigenen Schutzfaktors im Verlauf einer Chlamydien-
Infektion beobachtet. Indem die Erreger den Abbau des Proteins p53
aktivieren, blockieren sie einen wichtigen Schutzmechanismus infizierter
Zellen, die Einleitung des programmierten Zelltods. Bei vielen Krebsarten
ist diese Schutzfunktion von p53 ebenfalls eingeschränkt. Die neuen
Einblicke untermauern den vermuteten Zusammenhang zwischen Chlamydien-
Infektionen und dem Auftreten bestimmter Krebsarten.

Täglich entstehen in fast jeder unserer Zellen hunderte von Mutationen.

Das Protein p53 wird daraufhin aktiviert und soll diese Veränderungen im
Erbgut begrenzen: Entweder repariert die Zelle die geschädigte DNA oder,
wenn das nicht möglich ist, startet sie das zelluläre Selbstmordprogramm.
Auf diese Weise werden die Zellen normalerweise vor der Entstehung von
Krebs geschützt.

Infektionen mit Chlamydien führen zu einer drastischen Erhöhung der
Mutationsrate, wie das Berliner Team am Max-Planck-Institut für
Infektionsbiologie bereits im Vorjahr berichtet hatte. Für die Chlamydien
wäre die Aktivierung des Selbstmordprogrammes aber fatal. Schließlich
können sich die Bakterien nur innerhalb ihrer Wirtszellen vermehren, von
denen sie ihre Nährstoffe beziehen. Chlamydien verhindern deshalb die
Aktivierung des Selbstmordprogramms der Zellen.

Mit Unterstützung von Kollegen aus dem Max Delbrück-Zentrum und Australien
konnte das Max-Planck-Team nun zeigen, dass die Chlamydien das Überleben
der Wirtszellen durch den Abbau von p53 sichern. Dies bewerkstelligen sie
über die Aktivierung eines in der Zelle bereits vorhandenen Abbauweges.
Die Erreger gewinnen so genügend Zeit, um sich im Innern der Zellen
erfolgreich zu vermehren. Für den Wirtsorganismus hat das jedoch fatale
Folgen: Durch die Zerstörung von p53, dem zentralen „Wächter des Genoms“,
steigt die Gefahr, dass mutierte Zellen nicht absterben und sich
stattdessen zu Krebszellen entwickeln.

Ein Abbau von p53 wird auch bei Infektionen mit dem humanen Papillomavirus
beobachtet, dem Verursacher von Gebärmutterhalskrebs. Chlamydien könnten
auch bei dieser Krankheit eine Rolle spielen. Sie dringen jedoch viel
tiefer in den Genitaltrakt ein und können zu Entzündungen der Eileiter
führen, wo sie lange Zeit oft unbemerkt überdauern. An diesem Ort der
Eileiter nimmt auch der Eierstockkrebs seinen Ausgangspunkt, eine der
gefährlichsten Krebsarten bei Frauen.


„Der Einfluss von Chlamydien auf p53 ist ein wichtiges Teil im
komplizierten Puzzle der Tumorentstehung. Je mehr sich der Zusammenhang
zwischen Infektion und Krebs erhärtet, desto wichtiger wird es sein, die
Entwicklung wirksamer Impfstoffe und Antibiotika zur Krebsvorbeugung
voranzutreiben“,
erklärt Thomas F. Meyer, Direktor am Berliner Max-Planck-
Institut.

Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Dr. Thomas F. Meyer
Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin
Telefon:+49 30 28460-400Fax:+49 30 28460-401
E-Mail:meyer@mpiib-berlin.mpg.de

Dr. Rike Zietlow
Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin
Telefon:+49 30 28460-461
E-Mail:tfm@mpiib-berlin.mpg.de

Dr. Sabine Englich
Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin
Telefon:+49 30 28460-142
E-Mail:englich@mpiib-berlin.mpg.de

Originalpublikation:

González E, Rother M, Kerr MC, Al-Zeer M, Abu-Lubad M, Kessler M,
Brinkmann V, Loewer A & Meyer TF
Chlamydia infection depends on a functional MDM2-p53 axis
Nature Communications 2014, 13. November 2014

Leberzellkrebs – heilbar bei rechtzeitiger Früherkennung - 15. Deutscher Lebertag 2014

Der Leberzellkrebs ist weltweit die fünfthäufigste Tumorerkrankung und
gehört zu den drei häufigsten Todesursachen, die durch Tumore
hervorgerufen werden. Er ist Todesursache Nummer 1 bei Patienten mit
Leberzirrhose. Ernste Beschwerden treten oft erst im späten Stadium auf,
meist liegt als Folge einer Lebererkrankung eine Leberzirrhose (Vernarbung
des Lebergewebes) vor und der Leberzellkrebs ist dann eine Spätfolge, bei
der im fortgeschrittenen Zustand keine Heilung mehr möglich ist. Doch wenn
er frühzeitig erkannt wird, ist Leberzellkrebs heilbar.

Bei früher Diagnose kann eine Lebertransplantation als letzter Ausweg zur
Heilung führen. „Beim Leberzellkrebs haben wir eine einzigartige
Situation, weil 90 Prozent der Patienten vorher bekannt sind. Es handelt
sich um Hochrisikopatienten mit Vorerkrankungen der Leber“, sagt Prof.
Dr. Peter Galle, Projektleiter der Gastro-Liga e.V. und Direktor der I.
Medizinischen Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Johannes
Gutenberg-Universität Mainz, anlässlich des 15. Deutschen Lebertages, der
am 20. November 2014 stattfindet und von Gastro-Liga e.V., Deutscher
Leberhilfe e.V. und Deutscher Leberstiftung organisiert wird. Der
Leberzellkrebs treffe nicht unvorbereitet irgendjemanden in der Mitte des
Lebens, wie etwa beim Darmkrebs, sondern es seien definierte Patienten,
die bereits an einer Hepatitis B- oder C-Virusinfektion leiden oder wegen
Alkoholmissbrauchs leberkrank sind.

Wenn der Blick zu oft zurückgeht - über komplizierte Trauerverläufe

Trauer ist dieser Tage wieder ein besonders beachtetes Thema, stehen doch
der Volkstrauertag und der Totensonntag bevor. Die Leipziger
Universitätsmedizin verfügt über einen in Deutschland wohl einzigartigen
Studienbereich: die Trauerforschung.

Noch wurde das Leiden nicht in die internationale Klassifikation für
Krankheiten aufgenommen. Doch schon jetzt steht fest: Prolongierte Trauer,
so der meist verwendete Fachbegriff für überdurchschnittlich lang
anhaltende Trauer, unterscheidet sich von anderen psychischen Erkrankungen
wie Depression oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Und sie führt
zu gesundheitlichen Risiken: Herz-Kreislauferkrankungen oder spätere
Depressivität können die Folge sein.

Ein Fall hat Prof. Dr. med. Annette Kersting sehr berührt. Ein junges Paar
hatte sein Kind durch eine Totgeburt verloren, doch die Mutter hörte das Baby im
Nebenzimmer weinen. "Es war klar, dass es keine psychotische Störung war",
erzählt die Psychosomatikerin. "Denn die Patientin wusste, dass ihr Kind
nicht lebend zur Welt gekommen war. Sein Weinen war eine
Trauerhalluzination."

Auch vor dem Hintergrund dieses Erlebnisses entwickelte die Ärztin eine
groß angelegte Studie zur Trauer. Sie untersuchte den Trauerverlauf bei Frauen, die ihr Kind in der Schwangerschaft verloren hatten. Später zeigte sie mit Hilfe der Computertomografie, dass Trauerschmerz dieselben Areale im Gehirn
aktiviert wie körperliche Schmerzen.

Zu weiteren Projekten gehörte auch ein Internet-Therapieprogramm für die Patientinnen. Hier konnte die Wissenschaftlerin nachweisen, dass ein Jahr nach Beendigung der Therapie das Trauererleben, aber auch Angstzustände und Depressionen durch die strukturierte psychotherapeutische Behandlung per E-Mail abgenommen hatten.

"Die Internet-Therapie ist eine effektive Methode, die Trauer zu
bewältigen, auch wenn sie sicher nicht für alle Patienten eine
herkömmliche psychotherapeutische Behandlung ersetzt", sagt die Direktorin
der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
am Universitätsklinikum Leipzig.

Frühestens nach sechs Monaten feststellbar

In einer epidemiologischen Studie zeigte sie, dass 6,7 Prozent der
deutschen Bevölkerung, die einen Verlust erlebt haben, eine pathologische
Trauer entwickeln. Erst seit zwei bis drei Jahrzehnten wird dieses
Krankheitsbild insbesondere von amerikanischen Wissenschaftlern zunehmend
beforscht. Leitlinien zur Diagnostik wurden entwickelt, etwa dass
krankhafte Trauerverläufe frühestens sechs Monate nach dem Verlust
festgestellt werden können. Bis dahin kann die Trauersymptomatik eine
große Bandbreite aufweisen. Wenn der Trauernde nach sechs Monaten
weiterhin im Trauerprozess gefangen ist, sich intensiv nach dem
Verstorbenen sehnt, sein Leben als sinn- und bedeutungslos empfindet und
nicht in das aktuelle Leben zurückfindet, ist eine Therapie zur
Bewältigung der Trauer angezeigt.

Trauerforschung mit Angehörigen von Suizidopfern

Auch in ihrem aktuellen Forschungsprojekt greift Kersting auf das Internet
zurück. Ab Frühjahr 2015 wird sie, unterstützt von der Roland-Ernst-
Stiftung, zwei Jahre lang die Trauerbewältigung von Angehörigen von Suizidopfern untersuchen.

 "Wir gehen davon aus, in dieser Zeit etwas 60 Patienten behandeln zu können",
skizziert die Wissenschaftlerin das Studiendesign. Im Rahmen eines
fünfwöchigen Behandlungsprogrammes werden den Patienten in drei Phasen
strukturierte Schreibaufgaben gestellt. Die E-Mails werden auf einer
geschützten Internetplattform innerhalb von 24 Stunden von geschulten
Psychotherapeuten beantwortet, die Aufklärung und individuelle
Unterstützung leisten. "Natürlich findet vorher eine umfangreiche
Diagnostik statt." Trauernde, die suizidgefährdet sind, schwere
Depressionen oder Suchterkrankungen haben, können nicht auf diese Weise
behandelt werden.

Im Trauerprozess steckengeblieben

Patienten, die im Trauerprozess stecken bleiben, brauchen spezifische
Therapieangebote, auch das wurde in Studien untersucht. "Antidepressiva
wirken bei Trauernden nicht, wenn sie nicht zusätzlich unter einer
Depression leiden", klärt Kersting auf. Im Gegensatz zu typischen
Symptomen bei Depressiven, etwa nichts fühlen zu können, erleben
pathologisch Trauernde mit der Trauer besonders intensive Gefühle.
All den Menschen, deren Trauer anlässlich bestimmter Jahrestage wieder
auflebt, oder die gerade einen Menschen verloren haben, rät Kersting:
"Traurigkeit über den Verlust eines Menschen, der einem sehr nahe steht,
kann viele Jahre anhalten und ist an sich nichts Krankhaftes. In der Regel
nehmen im Verlauf der Zeit die Phasen der Traurigkeit ab und es gelingt
den Menschen wieder zunehmend nach vorne zu schauen." Soziale
Unterstützung, heißt unterstützende wertschätzende Beziehungen in der
Familie, aber auch zu Freunden, kann hier eine große Hilfe darstellen. Für
manche Menschen ist eine Selbsthilfegruppe eine ideale Möglichkeit, sich
auszutauschen.

Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Dr. Anette Kersting
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Telefon: +49 341 97-18850
E-Mail: anette.kersting@medizin.uni-leipzig.de

Europäischen Antibiotikatag am 18. November

Pharma-Unternehmen entwickeln neue Antibiotika

Der Europäische Antibiotikatag am 18. November
weist auf die wachsene Gefahr durch multiresistente
Bakterien hin (www.ecdc.europa.eu). Als Beitrag zu ihrer
Bekämpfung haben forschende Pharma-Unternehmen in diesem
Jahr gleich vier neue Antibiotika herausgebracht: zwei gegen
den Klinikkeim MRSA, zwei gegen multiresistente Tuberkulose.


Drei weitere Antibiotika befinden sich im Zulassungsverfahren, 15 weitere sowie vier antibakterielle Antikörperpräparate in der letzte Erprobungsphase, der
sogenannten Phase III.

Die kommenden Medikamente richten sich unter anderem gegen Pseudomonas (verantwortlich für Lungenentzündung und Blutinfektionen), den Darmkeim
Clostridium difficile (der schwere Durchfälle verursachen kann) und resistente Tripper-Bakterien. Weitere Mittel sind in früheren Stadien der Entwicklung und Erprobung.

"Daran zeigt sich, dass die Pharmaindustrie ihre
Antibiotika-Forschung in den letzten Jahren wieder verstärkt
hat", sagt Birgit Fischer, die Hauptgeschäftsführerin des
Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa). "Doch
lassen sich neue Antibiotika nicht nach Belieben
nachliefern. Deshalb ist es ebenso wichtig, die Bildung und
Verbreitung weiterer Resistenzen möglichst zu vermeiden. Das
aber erfordert die Kooperation von vielen Akteuren, darunter
Ärzten, Grundlagenforschern, Pharma- und
Diagnostika-Unternehmen und der Politik."

Und sie fährt fort: "Die Bundesregierung hat mit der
Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) seit 2008
schon wichtige Maßnahmen angeschoben - etwa in der
Krankenhaushygiene -; ebenso die EU mit ihrem "Action Plan"
gegen Resistenzen von 2011. Nun geht es jedoch darum, die
Aktionspläne noch entschlossener mit Leben zu erfüllen. Die
forschenden Pharma-Unternehmen bringen hierfür gerne ihre
Expertise ein und übernehmen Verantwortung über die
Belieferung hinaus."

Einen Überblick über fortgeschrittene Antibiotika-Projekte
findet sich unter: www.vfa.de/neue-antibiotika

Der vfa ist der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen
in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 45 weltweit
führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und
Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und
Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa repräsentieren
rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes
und beschäftigen in Deutschland mehr als 77.000 Mitarbeiter.
17.500 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung.

Medizin am Abend DirektKontakt:

Dr. Rolf Hömke
Tel: +49 30 20604-204
Fax: +49 30 20604-209
mailto:r.hoemke@vfa.de

Muttermilch und Muttermilchbanken

Muttermilch ist die gesündeste Nahrung für Säuglinge. Gerade für Kinder mit erblicher Vorbelastung durch Allergien in der Familie ist das Stillen eine wichtige Maßnahme, um späteren allergischen Erkrankungen vorzubeugen.

Denn das Milcheiweiß in Muttermilch ist arteigen, also menschliches Eiweiß, und löst daher keine Allergien aus. Von gespendeter Muttermilch, die beispielsweise über private Milchbörsen im Internet angeboten wird, rät die DHA jedoch ab.

Dieser Service ist zwar gut gemeint, birgt aber große Risiken. Die Börsen arbeiten auf Vertrauensbasis - eine Garantie für gesundheitlich unbedenkliche und hygienisch einwandfreie Muttermilch gibt es nicht. "Wer nicht stillen kann oder zu wenig Milch hat, sollte auf Nummer sicher gehen und auf moderne Säuglingsnahrung zurückgreifen", rät Erhard Hackler, Vorstand der DHA. "Diese kommt der Muttermilch in ihrer Wirkung schon sehr nah. Für allergisch vorbelastete Kinder ist hypoallergene Säuglingsnahrung (HA), die ihre allergievorbeugende Wirkung in wissenschaftlichen Studien bewiesen hat, die einzig sichere Alternative zur Muttermilch."

Eine gute und sichere Idee: Milchbanken an Kliniken

Ganz anders ist die Situation an Frauenmilchbanken, die von Kinderkliniken betrieben werden. Die gespendete Milch wird dort nach strengen Kriterien ausgewählt und sorgfältig untersucht. Meist wird sie für kranke Babys oder Frühchen verwendet, die in besonders hohem Maße von den wertvollen Eigenschaften der Muttermilch profitieren. Frauen, die ihre überschüssige Milch spenden möchten, sollten sich von ihrem Frauenarzt über die Möglichkeit der Abgabe an eine Frauenmilchbank beraten lassen.

Ausführliche Informationen zum Einfluss der Ernährung von Säuglingen auf das spätere Allergierisiko bietet die Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V. im Internet unter www.dha-allergien-vorbeugen.de.

Die Adressen der dreizehn in Deutschland etablierten Frauenmilchbanken finden Interessierte unter www.europeanmilkbanking.com/germany.html.

Medizin am Abend DirektKontakt: 

Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V. René-Schickele-Straße 10 53123 Bonn 0228 / 308210 0228 / 3082133 behrbohm@medcominternational.de www.dha-allergien.de

Coca-Cola Happiness Instituts: Buch "Lebe lieber froh! Neue Strategien für ein zufriedenes Leben"

Hollywood macht es vor: George Clooney heiratet seine Amal, und auch Brangelina gaben sich das Ja-Wort. Und wir Normalos? "Wir hoffen ebenfalls auf die eine, lebenslange Liebe", sagt Prof. Peter Wippermann, Trendforscher und Mitglied im Beirat des Coca-Cola Happiness Instituts.

In seinem neuen Buch "Lebe lieber froh! Neue Strategien für ein zufriedenes Leben" (Piper, ab 10. November, 224 S., 9,99 Euro) geht er deshalb auch der Frage nach, ob uns eine Partnerschaft tatsächlich glücklicher macht und was wir selbst dafür tun können, um in einer Beziehung dauerhaft unsere Lebensfreude zu steigern.

Empagliflozin bei Typ-2-Diabetes: Zusatznutzen nicht belegt

Vergleich unterschiedlicher Therapieregime macht eindeutige Zurückführung
der Wirkung auf den Wirkstoff unmöglich

Empagliflozin (Handelsname Jardiance) ist seit Mai 2014 für Erwachsene
zugelassen, die an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt sind und bei denen
eine Ernährungsumstellung und Bewegung zur Blutzuckerkontrolle nicht
ausreichen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im
Gesundheitswesen (IQWiG) hat in einer Dossierbewertung überprüft, ob der
Wirkstoff bei diesen Patientengruppen gegenüber den zweckmäßigen
Vergleichstherapien einen Zusatznutzen bietet.

Ein solcher Zusatznutzen ist demnach nicht belegt: Für vier von fünf
Fragestellungen hat der Hersteller in seinem Dossier keine relevanten
Daten vorgelegt. Für die fünfte Fragestellung legt er zum einen Daten aus
einem direkten Vergleich vor, bei dem Empagliflozin zu Beginn höher
dosiert war, als es die Zulassung vorsieht. Außerdem unterschieden sich
die Studienarme nicht nur in der Wirkstoffkombination, sondern auch in der
Therapiestrategie. Zum anderen stellt der Hersteller zwei indirekte
Vergleiche an, denen ein unvollständiger Studienpool beziehungsweise für
die Bewertung ungeeignete Studien zugrunde liegen.

Indikationen führen zu fünf Fragestellungen

Empagliflozin ist als Monotherapie für Patientinnen und Patienten
zugelassen, die Metformin nicht vertragen. Als Add-on ist es in
Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln einschließlich
Insulin zugelassen, wenn diese zusammen mit einer Ernährungsumstellung und
Bewegung den Blutzucker nicht ausreichend unter Kontrolle bringen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat für die Anwendungsgebiete
unterschiedliche zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt, sodass sich
insgesamt fünf Vergleiche ergeben: Empagliflozin als Monotherapie
gegenüber einem Sulfonylharnstoff (A), in Kombination mit Metformin
gegenüber Metformin und einem Sulfonylharnstoff (B1), in Kombination mit
einem anderen blutzuckersenkenden Arzneimittel ebenfalls im Vergleich zu
Metformin und Sulfonylharnstoff (B2), in Kombination mit mindestens zwei
anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln im Vergleich zu Metformin und
Humaninsulin (C) sowie in Kombination mit Insulin ebenfalls im Vergleich
zu Metformin plus Humaninsulin (D).

Für vier Fragestellungen keine relevanten Daten vorgelegt

Für die Fragestellungen A, B2, C und D hat der Hersteller zwar einen –
teils beträchtlichen, teils nicht quantifizierbaren – Zusatznutzen
postuliert, konnte aber keine relevanten Daten vorlegen. Damit ist ein
Zusatznutzen von Empagliflozin gegenüber den zweckmäßigen
Vergleichstherapien in diesen Fällen nicht belegt.

Strikte Zielwertvorgabe nur im Vergleichsarm

Fragestellung B1 will der Hersteller mit einem direkten und zwei
indirekten Vergleichen beantworten. In der Studie 1245.28 hat er
Empagliflozin mit dem Sulfonylharnstoff Glimepirid verglichen. Allerdings
wurden die Patienten im Vergleichsarm anhand einer einheitlichen
Zielvorgabe für den Blutzuckerwert (HbA1c) ohne ausreichende Flexibilität
auf 1 bis 4 mg Glimepirid eingestellt. Demgegenüber lag die Dosis im
Empagliflozin-Arm konstant bei 25 mg täglich. Somit wurden nicht nur zwei
Wirkstoffe, sondern darüber hinaus zwei Therapiestrategien verglichen.

In der ersten Phase der zweijährigen Studie nahmen die Blutzuckerwerte im
Vergleichsarm steiler ab und es traten viel mehr Hypoglykämien auf als im
Empagliflozin-Arm. Zwar wurden auch in der zweiten Studienhälfte im
Glimepirid-Arm mehr Hypoglykämien erfasst, aber es ist nicht
auszuschließen, dass auch unter diesen Hypoglykämien Ereignisse waren, die
noch durch die unterschiedlichen Therapiestrategien ausgelöst wurden.

Zu hohe Startdosis

Zudem entspricht die konstante Gabe von 25 mg Empagliflozin in der Studie
einer 2,5-fachen Startdosis gegenüber der Zulassung. Die
blutzuckersenkende Wirksamkeit von 10 mg Empagliflozin kann aufgrund der
Studie nicht eingeschätzt werden.

Insgesamt konnten die Ergebnisse der Studie 1245.28 nicht ausreichend
sicher interpretiert werden. Davon unabhängig zeigt die Studie in der
Gesamtschau keinen Vorteil von Empagliflozin, da unter Empagliflozin zwar
weniger Hypoglykämien, aber unter anderem mehr Genitalinfektionen und
Erkrankungen der Nieren und Harnwege und generell mehr schwerwiegende
unerwünschte Ereignisse auftraten als unter Glimepirid.

Auch indirekte Vergleiche nicht aussagekräftig

Im ersten der beiden indirekten Vergleiche ist Empagliflozin 25 mg plus
Metformin der sogenannte Brückenkomparator, der einerseits im Rahmen der
Studie 1275.1 mit Empagliflozin 10 mg plus Metformin und andererseits im
Rahmen der bereits genannten Studie 1245.28 mit Glimepirid 1–4 mg plus
Metformin verglichen wird. Allerdings lässt der Hersteller die ebenfalls
relevante Studie 1245.23/1245.31 außer Betracht. Darüber hinaus macht der
Vergleich zweier Therapieregime in Studie 1245.28 eine eindeutige
Zuordnung der Wirkung zum Wirkstoff unmöglich.

Im zweiten indirekten Vergleich verwendet der pharmazeutische Unternehmer
ebenfalls eine Studie, die aufgrund unterschiedlicher Therapieregime in
den beiden Studienarmen mit einseitiger Blutzucker-Zielwertvorgabe im
Vergleichsarm nicht für die Bewertung geeignet ist. Daten aus derselben
Studie wurden bereits in einem Dossier zu Linagliptin eingereicht, für das
unter anderem aus diesem Grund ebenfalls kein Zusatznutzen belegt ist. Das
Fazit des IQWiG lautet daher: Ein Zusatznutzen für Empagliflozin ist nicht
belegt.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen
Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), das der
G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und
Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das
ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten
Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das
Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt
folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website
gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche
Kurzinformation.

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur
Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Empagliflozin
zu finden.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.iqwig.de