360° MFA - TOP: Magersucht Anorexia nervosa

Medizin am Abend Fazit:

Dresdner Studie birgt Hoffnung für Patienten mit Magersucht

Ein Forscherteam um Stefan Ehrlich, Professor für Angewandte
Entwicklungsneurowissenschaften an der Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Carl
Gustav Carus Dresden an der TU Dresden, untersuchte die Auswirkungen der
schweren Essstörung Anorexia nervosa – gemeinhin als Magersucht bezeichnet
– auf bestimmte Hirnstrukturen. In der jetzt im hochangesehenen Fachblatt
„Biological Psychiatry“ veröffentlichten Studie präsentieren die
Wissenschaftler ihre Ergebnisse, die sie mittels einer in diesem
Zusammenhang weltweit erstmals eingesetzten Methode mit mehr als 100.000
über die gesamte Hirnoberfläche verteilten Messpunkten ermittelten.

In der Publikation (http://dx.doi.org/10.1016/j.biopsych.2014.09.005)
berichten die Dresdner Forsicher, dass sich die im akuten Stadium einer
Magersucht auftretende starke Verringerung der Dicke der Hirnrinde,
genauer der grauen Substanz, bei vollständiger Therapie der Essstörung
meist komplett wiederherstellt.

Bisherige Studien betrachteten die Veränderungen des Volumens oder der
Dichte der grauen Substanz des Hirns betroffener Patienten, ohne den
genauen Bereich eingrenzen zu können. Die jetzt durch die Dresdner
Wissenschaftler an einer großen Stichprobe von Patientinnen mit Anorexia
nervosa weltweit erstmals eingesetzte Messung der Dicke der Hirnrinde an
über 100.000 verschiedenen Punkten unter Einsatz eines hochauflösenden
Magnetresonanztomographen (MRT) kann die Schrumpfung der grauen Substanz in der Hirnrinde sub-millimeter-genau erfassen. Gefunden wurde eine
drastisch verringerte Dicke der Hirnrinde in fast allen Bereichen des
Großhirns. Auch in der Tiefe des Gehirns sind die Volumen der grauen
Substanz verringert. „Das Ausmaß der Veränderungen am Hirn, also die
Verringerung der Dicke der grauen Substanz infolge einer akuten
Magersucht, ist den bei einer Alzheimer-Erkrankung beobachtbaren
Abbauprozessen sehr ähnlich“, beschreibt Prof. Stefan Ehrlich die Folgen
der Essstörung.

Die Messungen bei den Studienteilnehmern erfolgten zum Zeitpunkt der
Aufnahme am Dresdner Universitätsklinikum und im Schnitt 12 Monate nach
einer erfolgreich abgeschlossenen Therapie mit vollständiger Herstellung
des Normalgewichts, normalem Essverhalten und mit einer normalen
Menstruation. Etwa 50 Prozent der behandelten Patienten können langfristig
diese Kriterien erreichen – es ist für die Betroffenen ein extrem harter
Weg bis zu einer völligen und dauerhaften Wiederherstellung.

„In unserer Stichprobe konnten wir bei den erfolgreich therapierten
Patienten eine vollständige Wiederherstellung der Schichtdicke der grauen
Substanz beobachten“, erläutert Prof. Ehrlich das für die Betroffenen
hoffnungsvolle Ergebnis. Doch die Magersucht verändert neben den
Hirnstrukturen noch etliche weitere Bereiche und Prozesse mit oft
schwierigen langfristigen Folgen, die nicht umkehrbar sind. Dazu gehört
beispielsweise die verstärkte Osteoporose, also der Abbau an
Knochensubstanz.

FOCUS-Ranking TOP-Mediziner 2014
Im renommierten Ranking der Zeitschrift FOCUS wurde Prof. Stefan Ehrlich
auf Basis einer unabhängigen Datenerhebung als Top-Mediziner im Bereich
Essstörungen in die Ärzteliste 2014 aufgenommen. In die Bewertung gingen
unter anderem große Umfragen in Zusammenarbeit mit medizinischen
Fachgesellschaften, wissenschaftliche Publikationen sowie Empfehlungen von
Patientenverbänden, Selbsthilfegruppen, Klinikchefs, Oberärzten und
niedergelassenen Medizinern ein.

Die Behandlung von Essstörungen bildet einen Schwerpunkt der Klinik und
Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie des
Universitätsklinikums Dresden. Patienten aus ganz Deutschland kommen wegen
dieser Expertise an die Dresdner Klinik. Zu den Angeboten gehören am
„Zentrum für Essstörungen“ eine Spezialambulanz und eine Spezialstation
für Essstörungen sowie eine Familientagesklinik, an der eine
Multifamilientherapie angeboten wird.

Publikation:
Joseph A. King, Daniel Geisler, Franziska Ritschel, Ilka Schober, Maria
Seidel, Benjamin Roschinski, Laura Soltwedel, Johannes Zwipp, Gerit Pfuhl,
PhD, Michael Marxen, PhD, Veit Roessner, MD, Stefan Ehrlich, MD: Global
Cortical Thinning in Acute Anorexia Nervosa Normalizes Following Long-Term
Weight Restoration; in: Biological Psychiatry,
http://dx.doi.org/10.1016/j.biopsych.2014.09.005

Medizin am Abend DirektKontakt

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
Prof. Stefan Ehrlich
Tel. +49 (0)351 458-2244
Fax +49 (0)351 458-5754
E-Mail: stefan.ehrlich@uniklinikum-dresden.de

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