Neue europäische Expertenempfehlungen: Förderung von personalisierter Medizin

Personalisierte Medizin (PM) schafft neue Möglichkeiten: für jede/-n Patienten/-in die maßgeschneiderte Therapie auf Basis seiner/ihrer genetischen Prädisposition. Allerdings sind noch rechtliche und ethische Fragen zu klären, etwa was das Eigentum an Gesundheitsdaten betrifft oder der Frage der individuellen oder gesellschaftlichen Verantwortung für Gesundheit.
Auf dem European Health Forum Gastein wurden europäische Expertenempfehlungen zum Thema PM präsentiert: diese sehen unter anderem die Entwicklung geeignete Forschungsmodelle vor, um die biologischen Grundlagen von PM besser entschlüsseln zu können, sowie die Unterstützung neuer Methoden für die präklinischen und klinischen Entwicklungsphasen einer Therapie.

Personalisierte Medizin gehört zu den sich besonders rasch entwickelnden Forschungsbereichen: Wurden 2004 nur 38 Artikel zu diesem Thema in wissenschaftlichen Fachjournalen veröffentlicht, waren es 2013 schon mehr als 800, berichtete Prof. Dr. Angela Brand vom Institute für Public Health Genomics (IPHG) an der Universität von Maastricht auf dem European Health Forum Gastein (EHFG). „Personalisierte Medizin“ beschreibt das Konzept, molekulares Profiling für mehrere Zwecke einzusetzen: „Erstens, um die richtige diagnostische und therapeutische Strategie für die geeignete Person zum optimalen Zeitpunkt maßzuschneidern; zweitens, um die Prädisposition für Krankheiten zu bestimmen; und drittens, um eine gezielte und zeitgerechte Prävention zu ermöglichen.“ Die Vorteile eines solchen individualisierten Ansatzes liegen auf der Hand: die Chance einer frühen Diagnose, weniger unerwünschte Arzneimittel-Nebenwirkungen oder bessere therapeutische Wirksamkeit, die wiederum zu Kostenersparnissen führen könnte, um nur einige zu nennen. „Personalisierte Medizin könnte Patienten auch dabei unterstützen, sich aktiver um ihre eigene Gesundheit zu kümmern und auch mehr Verantwortung dafür zu übernehmen“, meint Prof. Brand.
„Allerdings sind wir hier immer noch erst am Anfang“, so die Expertin. Ein wichtiger Stolperstein ist beispielsweise die „traditionell sehr ausgeprägte Fragmentierung zwischen den EU-Mitgliedstaaten, eine unzureichende Kommunikation und der Mangel gemeinsamer Zielvorstellungen bezüglich einer Lösung dieser Fragen. Es liegt an den entsprechenden politischen Ebenen, sich diesen Herausforderungen zu stellen“, so Prof. Brand. „Kein europäisches Land kann PM allein entwickeln, und das bietet uns die Möglichkeit, den Bürgern/-innen den konkreten Nutzen eines gemeinsamen europäischen Forschungsansatzes aufzuzeigen. Nur indem wir die Forschungskapazitäten der einzelnen europäischen Länder bündeln können wir Europa in die Lage versetzen, in dieser Frage die globale Führung zu übernehmen. Wenn es dann zur Anwendung der Forschungsergebnisse in der Gesundheitsversorgung kommt, könnte das zu einem europäischen Geschäftsmodell werden, an dem kleine und große EU-Staaten und ihre Bürger/-innen in gleicher Weise partizipieren können.“
Koordination zwischen den Akteuren

Genau hier kommt die ‚Coordination & Support Action’ (CSA) PerMed ins Spiel, sagten die CSA-Koordinatoren Dr. Ulrike Bußhoff und Dr. Wolfgang Ballensiefen auf dem EHFG. „PerMed wurde mit dem Ziel gegründet, die Koordination zwischen den wichtigsten europäischen Akteuren zu verbessern, um Synergien zu erzielen und Verdoppelungen oder Konkurrenz zu vermeiden“,
erklärte Dr. Bußhoff. PerMed entwickelte einen umfangreichen Katalog von Expertenempfehlungen, um Hürden zu beseitigen und PM auf europäischer Ebene zu fördern. „Diese sehen unter anderem die Entwicklung geeigneter Forschungsmodelle vor, um die biologischen Grundlagen von PM besser entschlüsseln zu können, die Förderung von Modellen für das persönliche Eigentum an Gesundheitsdaten, sowie die Unterstützung der Erforschung angemessener regulatorischer Ansätze“, berichtete Dr. Ballensiefen. Eine weitere Empfehlung betrifft die Förderung neuer Methoden für die präklinischen und klinischen Entwicklungsphasen neuer Therapien, zum Beispiel Methoden für eine raschere Anwendung am Menschen, mit höherer Vorhersehbarkeit und Genauigkeit.

Data ownership

Die Frage des Eigentums an Gesundheitsdaten wirft allerdings auch ethische Fragen auf, die znoch u klären sind, betonte Dr. Effy Vayena vom Institut für Biomedizinische Ethik an der Universität Zürich. „Derzeit befinden wir uns eindeutig in einer Grauzone, was die Einwilligung, das Eigentum und die Zweitverwertung medizinischer Daten angeht.“ Für die Klärung dieser Probleme könnten die Menschenrechte als Referenzrahmen dienen. „Electing Health – The Europe We Want“ ist das Motto des diesjährigen
EHFG. Rund 600 Teilnehmer/-innen aus mehr als 50 Ländern nutzen Europas wichtigste gesundheitspolitische Konferenz in Bad Hofgastein zum Meinungsaustausch über zentrale Fragen europäischer Gesundheitssysteme. Die zukünftige Richtung der europäischen Gesundheitspolitik ist das Schwerpunktthema des Kongresses.

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