Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Immunologie: Guter Schlaf weckt das Immunsystem
Forschende der LMU München konnten zeigen, dass Schlaf die Fähigkeit von T-Zellen fördert, in Lymphknoten einzuwandern.
Schlafen ist gesund – dieses populäre Wissen lässt sich wissenschaftlich untermauern.
So konnten Forschende bereits früher zeigen, dass Personen, die nach einer Impfung geschlafen hatten, im Schnitt doppelt so starke Immunantworten zeigten wie Personen, die in der Nacht nach der Impfung nicht geschlafen haben. Die zellbiologischen Hintergründe waren bislang nur wenig erforscht.
Ein Team um Professorin Luciana Besedovsky vom Institut für Medizinische Psychologie konnte nun zeigen, dass Schlaf die Fähigkeit von Zellen des Immunsystems – den T-Zellen – fördert, in Lymphknoten zu wandern. Dies berichten die Forschenden im Fachjournal Brain, Behavior, and Immunity.
Signifikante Unterschiede nach durchwachter Nacht
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben bei einer Gruppe von gesunden Männern und Frauen die Konzentration verschiedener Untergruppen von T-Zellen im Blut wiederholt über zwei 24-Stunden-Sitzungen untersucht.
Alle Teilnehmenden durften in einer der zwei
Versuchsbedingungen nachts acht Stunden schlafen. In der anderen
Versuchsbedingung blieben sie nachts entspannt, aber wach im Bett. Ein
Unterarmkatheter, der mittels Schlauch in einen Nachbarraum führte,
ermöglichte Blutabnahmen auch während des Schlafs, ohne die Probandinnen
und Probanden zu wecken.
Bei der Analyse der Blutproben zeigten sich dann signifikante
Unterschiede zwischen den Versuchsbedingungen:
„Unsere Ergebnisse
zeigen, dass Schlaf die Wanderungsbereitschaft verschiedener
T-Zell-Subpopulationen fördert“, sagt Besedovsky.
Einwanderung von T-Zellen in Lymphknoten
Wie die Forschenden zeigten, wird durch Schlaf die gerichtete Wanderung
der T-Zellen hin zu einem Signalprotein, dem sogenannten
„Homing“-Chemokin CCL19 gesteigert.
Dieses Molekül vermittelt die Einwanderung von T-Zellen, die den entsprechenden Rezeptor für CCL19 besitzen, in die Lymphknoten.
Dort wird die T-Zell-Immunabwehr durch
Präsentation von Antigenen – etwa nach einer Impfung – „geschult“.
In weiteren Experimenten konnten die Forschenden zeigen, dass die
Inkubation von T-Zellen mit Blutplasma, das von schlafenden
Teilnehmenden gewonnen wurde, ebenfalls das Wanderungspotential erhöht.
„Dies zeigt, dass lösliche Faktoren, die während des Schlafs im Blutplasma erhöht sind, den Effekt von Schlaf auf die T-Zell-Wanderung vermitteln.
Wir können den Effekt von Schlaf also quasi im Labor mit dem
Blutplasma von schlafenden Personen nachbauen“, berichtet Besedovsky.
Als entscheidende Faktoren für dieses Migrationsverhalten
identifizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Hormone
Prolaktin und Wachstumshormon:
Beide Hormone zeigen schlafabhängige
Änderungen der Konzentration im Blutplasma, mit höheren Werten bei den
ausgeschlafenen Probandinnen und Probanden.
„Unsere Ergebnisse haben auch potenzielle klinische Implikationen“, sagt
Besedovsky.
„So könnten sich das Wachstumshormon und Prolaktin möglicherweise als neue Wirkverstärker zur Förderung von Immunantworten nach einer Impfung eignen, insbesondere bei älteren Menschen, die häufig niedrigere Spiegel dieser Hormone im Schlaf aufweisen“.
Insgesamt ist die Studie nach Ansicht der Autoren ein wichtiger Schritt, um besser zu verstehen, wieso Schlaf für Immunreaktionen, z.B. nach einer Impfung, förderlich ist und warum ältere Menschen oft weniger effektiv auf Impfungen reagieren.
Themen-Zusatz von MaAB- Medizin am Abend Berlin ist hier:
- Zeitumstellung ade? Warum Polen und Spanien die Zeitzone wechseln müssten
Eigentlich sollte die von vielen als zumindest lästig empfundene Zeitumstellung längst passé sein, wie Professor Dr. Korbinian von Blanckenburg, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL), berichtet. Doch es ist ein bisschen wie in der Hollywood-Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“: Am Sonntag, 31. März, werden die Uhren in der Nacht von 2 auf 3 Uhr einmal mehr vorgestellt, und wir haben wieder Sommerzeit. Dabei gäbe es eine interessante Lösung, wie der Wissenschaftler betont.
Eigentlich hatte sich das EU-Parlament 2019 mit großer Mehrheit
dafür ausgesprochen, die 1980 erneut eingeführte Zeitumstellung
abzuschaffen. Doch wann und ob dies geschieht, steht derzeit noch nicht
mal auf der Sonnenuhr. Das hat einerseits mit der großen europäischen
Zeitzone zu tun, die vom Westen Spaniens bis zur Ostgrenze Polens
reicht, andererseits damit, dass man sich entweder auf eine einheitliche
Sommer- oder eben Winter- beziehungsweise Normalzeit verständigen
müsste.
„Genau das ist der Knackpunkt“, wie Professor von Blanckenburg
erläutert: „Bei ganzjähriger Normal- beziehungsweise Winterzeit hätten
wir zur Sommersonnenwende Mitte Juni in Ostpolen von 3 bis 20 Uhr Sonne,
in Westspanien von 6 bis 21.30 Uhr.“ Doch wohl nur wenige Menschen
würden sich über Sonnenlicht um 3 Uhr in der Früh freuen.
Die Sache ist vertrackt. „Sehen wir uns als einmal das andere Extrem an:
Würde man sich auf die Sommerzeit als neuen Standard festlegen, hätte
man zur Wintersonnenwende Mitte Dezember in Westspanien Sonne von circa
10 bis 19 Uhr. In Deutschland von 9.15 Uhr bis 17 Uhr. Der späte
Sonnenaufgang wird dabei von vielen Menschen als nicht optimal
empfunden.“
Geringe Wirkung
Die Zeitumstellung war vor nunmehr 44 Jahren als Nachwirkung der
Energiekriese eingeführt worden, um Strom zu sparen. „Wir haben
herausgefunden, dass Privathaushalte durch die Umstellung auf Sommerzeit
tatsächlich weniger Strom verbrauchen. Doch die Wirkung ist gering.
Privathaushalte verbrauchen am meisten Strom nach Feierabend. Morgens
ist der Stromverbrauch hingegen das ganze Jahr über relativ konstant, da
in der Frühstückszeit Toaster oder Kaffeemaschinen so oder so benutzt
werden“, erklärt von Blanckenburg.
Einen größeren Effekt habe die Freizeitgestaltung: „Die Menschen sind
länger draußen, wenn es länger hell ist, sitzen auf dem Balkon oder der
Terrasse oder drehen noch eine Runde um den See, anstatt den Fernseher
anzumachen.“ In der Sommerzeit, berichtet der Experte der TH OWL, werde
also tatsächlich weniger Strom verbraucht.
Korbinian von Blanckenburg: „In der Bundesrepublik sind es nach unseren
Berechnungen 0,8 Prozent. Bei den derzeitigen Strompreisen kommen so 600
bis 700 Millionen Euro jährlich zusammen. Bei einer Familie mit drei
Kindern läge damit die Ersparnis bei nur rund zwölf Euro pro Jahr. Setzt
man dies ins Verhältnis zu den negativen Folgen der Zeitumstellung –
etwa Biorhythmus, Schlafzyklen – wird die Stromersparnis wohl
weitestgehend relativiert. Würde die Sommerzeit auf das ganze Jahr
ausgedehnt werden, sparten Haushalte in Deutschland immerhin rund 1,3
Prozent Strom gegenüber der ganzjährigen Winterzeit ein. Die Sommerzeit
im Winter hätte also einen zusätzlichen Effekt von etwa 0,5 Prozent.“
Ganzjährige Winterzeit in der Bundesrepublik?
Oder anders gesagt: Orientiert man sich nicht an der maximalen
Stromersparnis, sondern wie nah der Sonnenstand um 12 Uhr mittags
tatsächlich am Zenit ist, wäre für Deutschland die ganzjährige
Winterzeit am besten. „Das bedeutet für Polen allerdings wie oben
beschrieben, dass dort die Sonne im Sommer sehr früh und in Spanien im
Winter recht spät aufgehen würde“, resümiert von Blanckenburg.
Sein Lösungsvorschlag: „Wir brauchen eine Neusortierung der Zeitzonen.
Länder östlich von Deutschland wechseln in die Zeitzone ‚GMT +2‘. Und
Spanien wechselt in die ‚GMT‘ und wäre damit in derselben Zeitzone wie
Portugal oder Großbritannien.
Dann hätte man das Problem nicht, dass
eine ganzjährige Sommer- oder Winterzeit die Spanier so extrem treffen
würde.“
Resultat der Neusortierung wäre, dass am 21. Juni in Ostpolen die Sonne
von 4 bis 21 Uhr zu sehen wäre, am 21. Dezember von 8.30 bis 16 Uhr.
Deutschland hätte zum Stichtag 21. Juni Sonne von 4 bis 20.30 Uhr und am
21. Dezember von 8.15 bis 16 Uhr. In Spanien würde am 21. Juni gelten:
Sonne von 5 bis 20.30 Uhr sowie am 21. Dezember von 8 bis 17 Uhr. „Wann
und ob eine Neuregelung kommt, kann ich natürlich nicht sagen. Aber wie
man es auch dreht und wendet, sie ist längst überfällig“, resümiert
Professor Korbinian von Blanckenburg.
unterstützt von Herrn Harald Fichtner Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe
Professorin Dr. Luciana Besedovsky
Institute of Medical Psychology
Ludwig-Maximilians-Universität München
Goethestr. 31
80336 München
Luciana.Besedovsky@med.uni-muenchen.de
Tel. +49 89 218075006
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E-Mail-Adresse: c.drewlo@lmu.de
Telefon: 089 - 2180 3664
E-Mail-Adresse: pinter@lmu.de
Originalpublikation:
Estefanía Martínez-Albert,
Nicolas D. Lutz, Robert Hübener, Stoyan Dimitrov, Tanja Lange, Jan Born
& Luciana Besedovsky: Sleep promotes T-cell migration towards CCL19
via growth hormone and prolactin signaling in humans. Brain, Behavior,
and Immunity 2024
https://doi.org/10.1016/j.bbi.2024.02.021
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