Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Leben mit einem künstlichen Herz?
Künstliche Herzunterstützungssysteme, sogenannte Ventricular Assist Devices (VAD), sind für Patienten mit stetig abnehmender Herzleistung oftmals die letzte Chance zu überleben.
Doch eigentlich sollten diese VADs nur als zeitliche Überbrückung dienen, bis ein geeignetes Spenderorgan gefunden ist.
Wegen der steigenden Organknappheit ist das jedoch nicht mehr so.
In der Kunstherz-Sprechstunde der Klinik und Poliklinik für Herz-, Thorax- und herznahe Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) werden Patienten mit künstlichen Herzen medizinisch betreut und im Umgang damit geschult.
Professor Dr. Daniele Camboni: „Ein künstliches Herz kann für viele Betroffene eine Alternative für eine Herztransplantation darstellen.“ Franziska Holten UKR
Einer der bedeutendsten Meilensteine der Medizin ist die Transplantation von Organen.
Damit eröffnen sich für viele Patienten neue Überlebenschancen.
Doch Herz, Lunge, Leber, Niere und Pankreas sind beileibe nicht in der Anzahl verfügbar, wie Bedarf besteht, so dass sich die Medizin etwas einfallen lassen musste. So können etwa Patienten, die auf eine Herztransplantation warten oder aus anderen medizinischen Gründen als nichttransplantierbar gelten, auf ein Ventricular Assist Device (VAD), also ein Kunstherz, hoffen.
„Ein künstliches Herz kann für viele Betroffene eine Alternative für eine Herztransplantation darstellen“, erklärt Professor Dr. Daniele Camboni, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Herz-, Thorax- und herznahe Gefäßchirurgie des UKR. Die Anzahl postmortaler Spenderorgane stagniert seit Jahren, so dass für Patienten die Wartezeiten für ein geeignetes Spenderherz immer länger werden.
Wird jedoch die eigene Herzleistung immer schwächer und sind medikamentöse Therapien oder Eingriffe wie etwa eine Herzklappenoperation ausgeschöpft, kommt nur noch eine Herztransplantation in Frage.
„Leider können wir aufgrund der
Organknappheit in den meisten Fällen nicht zeitnah transplantieren, so
dass der Patient zur Überbrückung der Wartezeit ein
Herzunterstützungssystem benötigt“, führt Professor Dr. Christof Schmid,
Direktor der Klinik und Poliklinik für Herz-, Thorax- und herznahe
Gefäßchirurgie aus. Daneben werden VADs auch bei jenen Patienten
implantiert, die aufgrund von Vorerkrankungen oder fortgeschrittenem
Lebensalter keiner Herztransplantation unterzogen werden können.
Kunstherz als Überbrückung der Zeit auf der Warteliste
Petra S. ist 58 Jahre alt, benötigt ein neues Herz und steht
dementsprechend auf der HU-Liste (High Urgency), der Warteliste für eine
Organtransplantation. „Ich weiß schon seit über 20 Jahren, dass mein
Herz irgendwann nicht mehr funktionieren wird.“ Letztes Jahr war es so
weit: Herzinfarkt, Herzstillstand, Reanimation. „Es war sehr knapp, und
ich hatte großes Glück, dass die Ärzte am UKR so schnell reagierten und
mich zurückholen konnten“, blickt die Regensburgerin zurück. Ihr eigenes
Herz zu retten war jedoch nicht möglich, so dass sie seitdem mit einem
Kunstherz lebt, bis ein geeignetes Spenderorgan gefunden wird. Die
Einschränkungen und die Umstellungen in ihrem Leben nimmt sie dabei
gerne in Kauf. Die Tasche für die Akkus und die Kabel sind seitdem
fester Bestandteil in ihrem Tagesablauf. Was ihr fehlt? „Zu schwimmen
oder zu baden. Ich bin eine Wasserratte, aber das geht im Moment leider
nicht.“ Dennoch ist ihr bewusst, dass sie ohne das Kunstherz kaum
Überlebenschancen hätte – eine Situation, die nicht nur den Körper,
sondern auch die Psyche fordert. Unterstützung erfährt sie dabei von
ihrer Familie. „Ohne sie würde ich es nicht schaffen. Wir halten eng
zusammen. Es gibt noch vieles, was ich gerne tun und erleben möchte.“
Und wenn alles gut geht, kann Petra S. auch irgendwann wieder ins kühle
Nass eintauchen.
- Funktionalität eines mechanischen Herzunterstützungssystems zeitlich begrenzt
Weil sich das Warten auf ein geeignetes Spenderherz manchmal auch über
mehrere Jahre hinziehen kann, ist es gut, ein Kunstherz als Alternativen
zu haben.
Dabei gilt es zu unterscheiden, ob ein EXCOR, eine außerhalb des Körpers befindliche Pumpkammer, mit der linken Herzkammer verbunden wird oder ob eine elektromagnetisch angetriebene Kreiselpumpe zur Unterstützung der linken Herzkammer implantiert wird.
In beiden Fällen wird nach genauer Prüfung der körperlichen Eignung das Kunstherzsystem in einem operativen Eingriff mit den Herzkammern und den Hauptschlagadern verbunden, so dass es die Herzfunktion unterstützen kann.
Das Steuerkabel wird dabei über die Bauchdecke nach außen geleitet
und mit der entsprechenden tragbaren Steuereinheit verbunden. Die
Haltbarkeit eines mechanischen Herzens lässt sich nicht sicher
bestimmen. Der am Regensburger Herzzentrum am längsten betreute Patient
lebt schon seit acht Jahren mit einem Kunstherz im Kreise seiner
Familie. Bei schwer herzkranken Patienten, die aus verschiedensten
Gründen keiner Herztransplantation zugeführt werden können, stellt das
Kunstherz die einzige Alternative dar. Problematisch gestalten sich
jedoch Defekte der Pumpe, wenn der Patient kein Transplantationskandidat
darstellt. Ein Austausch des Kunstherzens gestaltet sich danach jedoch
als sehr schwierig. Professor Camboni: „Ein solcher Eingriff ist kein
Ersatzteilwechsel, den man beliebig oft durchführen kann. Wir können dem
Patienten mittels Kunstherzen Lebenszeit geben, die sie im Kreise ihrer
Lieben erleben können.“
Spenderorgan durch VADs nicht gänzlich ersetzbar
Ob das Herz und auch die mechanische Unterstützung reibungslos
funktionieren, wird in regelmäßigen Abständen in der
Kunstherz-Sprechstunde, in der die Klinik und Poliklinik für Herz-,
Thorax- und herznahe Gefäßchirurgie, die Klinik und Poliklinik für
Innere Medizin II sowie die Kardiotechnik des UKR, die Patienten
gemeinsam betreuen, überprüft. Mittels Ultraschall werden die
medizinischen Parameter wie die Pumpkraft, der Sitz des Kunstherzens an
der Spitze der Herzwand und die mechanischen Parameter wie Akkuleistung
und Pumpleistung geprüft. Dennoch kann ein gesundes Spenderorgan nicht
gänzlich durch ein mechanisches Herzunterstützungssystem ersetzt werden.
Daher appelliert Professor Camboni: „Niemand ist davor gefeit, selbst
ein Spenderorgan zu benötigen. Darum ist es wichtig, sich in gesunden
Zeiten Gedanken zu machen, ob man im Ernstfall nicht nur ein
Spenderorgan annehmen würde, sondern auch selbst zur Organspende bereit
wäre und so vielleicht einem Menschen das Leben zu retten.“
In der Kunstherzsprechstunde am UKR werden Funktionalität und Sitz des mechanischen Herzunterstützungssystems geprüft. Franziska Holten UKR
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93053 Regensburg
Deutschland
Bayern
Dr. Isolde Schäfer
Telefon: 0941 944-4210
E-Mail-Adresse: isolde.schaefer@ukr.de
Matthias Dettenhofer
Telefon: 0941 944 31580
E-Mail-Adresse: matthias.dettenhofer@ukr.de
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