Dass sich eine spanische Krankenschwester bei der Betreuung eines an Ebola erkrankten Priesters als erste in Europa mit der oft tödlich verlaufenden Krankheit angesteckt hat, ist ein
Grund zur Besorgnis, aber nicht zur Panik. Als erstes sind nun die
spanischen gefordert, die dokumentieren müssen, wo das Sicherheitssystem bei der
Behandlung von Ebola-Patienten versagt hat, warum die Krankenschwester
nach Hause geschickt wurde, obwohl sie erste Symptome hatte und mit wem
sie Kontakt hatte. Nur so kann das Horror-Szenario von einem mutierten
Ebola-Virus, das leichter von Mensch zu Mensch übertragen werden kann
als seine Vorgänger, ausgeschlossen werden. Aber auch die
Industrieländer sind aufgerufen, den Seuchenalarm der
Weltgesundheitsorganisation WHO ernster zu nehmen, als sie das bisher
getan haben. Seit das Virus 1976 am Ebolafluss im Kongo erstmals
dokumentiert wurde, kam es wiederholt zu Ausbrüchen des Ebolafiebers.
Bislang wurden die Epidemien als lokale Krankheitsfälle im tropischen
Teil Afrikas verharmlost. Westliche Staaten, die die Möglichkeiten dazu
gehabt hätten, verzichteten darauf, wirksame Medikamente oder Impfstoffe
zu entwickeln, weil man sich davon keinen wirtschaftlichen Gewinn
versprach - nicht einmal die Vereinigten Staaten entwickelten
Gegenmittel, als es Gerüchte gab, Ebola könne auch als biologischer
Kampfstoff eingesetzt werden. Die Seuche schien weit weg und unbedeutend
zu sein. Das hat sich seit Februar dieses Jahres grundlegend geändert.
Das Ebola-Fieber hat sich tief in die Gesellschaften von Liberia, Guinea
und Sierra Leone gefressen und ist auf dem Sprung nach Europa, Amerika
und Asien. Ohne gleich in Angst und Panik zu verfallen, dürfen wir nicht
mehr so tun, als ginge uns die tödliche Krankheit hier nichts an. Ebola
ist eine existenzielle Bedrohung für die Staaten in Westafrika. Das
gesellschaftliche Leben dort steht still, Schulen verwaisen, Ernten
werden nicht mehr eingefahren, die letzten vorhandenen
Sicherheitsstrukturen brechen zusammen. Und die Welt weiß, was es
bedeutet, wenn ganze Staaten implodieren: Es bedeutet Migrationswellen,
Radikalisierung, Kriminalisierung und letztlich Krieg. Deshalb ist es
richtig und auch allerhöchste Zeit, die Notmission der Vereinten
Nationen für Westafrika mit allen Mitteln zu unterstützen. Auch wenn die
streikenden Transall-Transportmaschinen der Bundeswehr, die für eine
Ebola-Hilfsbrücke eingesetzt werden sollen, manchmal mitleidig belächelt
werden: Es ist doch ein deutliches Signal Deutschlands, sich nach
Kräften an die Seite der hilfswilligen Nationen stellen zu wollen. Dazu
gehört auch die finanzielle Unterstützung ziviler Hilfsorganisationen
wie dem Roten Kreuz oder der Initiative "Ärzte ohne Grenzen", die sich
mutig dem Kampf gegen Ebola stellen. Es ist bedauerlich, dass Ebola erst
zu einer realen Bedrohung für die Industrieländer werden musste, um die
internationale Hilfsmaschinerie zwar spät, aber schließlich doch noch
in Gang zu bringen. Möglicherweise könnten Tausende von Opfern der
Krankheit noch leben, wenn frühzeitig und ohne das ständige Schielen auf
einen möglichst hohe Rentabilitätsrate Spitzenforschung zur Entwicklung
von Therapien und von Impfstoffen gegen die heimtückische Krankheit
gefördert worden wäre. Der Kampf gegen das Ebola-Fieber wird noch hart
und langwierig sein - aber wenn man die Menschen in Westafrika nicht
wieder alleine lässt, wird er gelingen. Jetzt schon die Vorbereitung für
einen wirtschaftlichen Neustart der betroffenen Länder und für ein
funktionierendes Gesundheitssystem zu treffen, ist das Gebot der Stunde.
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