Hüftarthrose

Hüftarthrose: 

Kann Physiotherapie eine Operation verzögern oder vermeiden?

Trotz schwieriger Datenlage gibt es Hinweise, dass eine physiotherapeutische Behandlung eine Hüftgelenksersatz-Operation hinauszögern und auch Beschwerden wie Schmerzen reduzieren kann.


Im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter der Federführung des Instituts für Sozialmedizin und Epidemiologie der Universität zu Lübeck untersucht, ob bei einer Hüftarthrose die Behandlung mit Physiotherapie eine Operation (mit Gelenkersatz) hinauszögern oder verhindern kann, ob durch Physiotherapie Schmerzen gelindert werden und ob sich die Beweglichkeit oder Lebensqualität verbessert.


Die Untersuchungsergebnisse weisen darauf hin, dass eine physiotherapeutische Behandlung eine Operation für einen Hüftgelenksersatz hinauszögern und auch Beschwerden wie Schmerzen reduzieren kann. 

Wie lange sich ein Gelenkersatz hinauszögern lässt, können die vorhandenen Studien nicht beantworten.

Anfrage einer Bürgerin war Ausgangspunkt des ThemenCheck-Berichts

Schätzungsweise 5 % der Erwachsenen in Deutschland haben eine Hüftarthrose mit spürbaren Beschwerden. Eine Hüftarthrose trifft vor allem Menschen über 45 Jahre; die Altersgruppe 80-89 Jahre ist am meisten betroffen – Frauen etwas häufiger als Männer.
Eine Hüftarthrose wird vor allem mit Bewegung und Physiotherapie (z. B. Übungen zur Stärkung der Oberschenkel- und Hüftmuskulatur) sowie entzündungshemmenden Schmerzmitteln behandelt. Bei starkem Übergewicht wird eine Gewichtsabnahme empfohlen. Schreitet die Hüftarthrose fort und schränkt sie das Alltagsleben stark ein, ist auch ein künstliches Hüftgelenk (Hüft-TEP) möglich.
Die Themenvorschlagende weist auf eine im internationalen Vergleich hohe Anzahl an Gelenkersatzoperationen bei Hüftarthrose in Deutschland hin. Sie befürchtet, dass es eine Überversorgung in diesem Bereich geben könne und fragt, ob insbesondere durch eine frühzeitige Physiotherapie spätere Maßnahmen wie eine Gelenkersatzoperation vermieden oder verzögert werden können.
Vor diesem Hintergrund hat das vom IQWiG beauftragte Wissenschaftlerteam aus den verschiedenen Perspektiven eines HTA-Berichts untersucht, ob eine Physiotherapie eine Hüft-TEP bei Patientinnen und Patienten mit Hüftarthrose verzögern oder vermeiden kann.
Im Bericht wird auch untersucht, ob bei Betroffenen, die eine Physiotherapie erhalten, Symptome, die für die Indikationsstellung für eine Hüft-TEP relevant sind, seltener auftreten als bei Betroffenen, die keine Physiotherapie erhalten. So könnte indirekt abgeleitet werden, dass möglicherweise auch seltener eine Indikation für eine Hüft-TEP gestellt wird.

Hinweise auf positive Effekte, aber einige Fragen bleiben offen

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen identifizierten 14 Studien zu der Frage, ob bei Betroffenen mit Hüftarthrose eine Hüft-TEP durch Physiotherapie verzögert oder vermieden werden kann oder zumindest die Symptome beeinflusst werden können, aufgrund derer eine Indikationsstellung für eine Operation erfolgt. In diesen Studien wird ein breites Spektrum physiotherapeutischer Interventionen untersucht: von multifunktionellen Übungen zum Training von Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit über Patientenschulungen zum Selbstmanagement bis hin zu einer Behandlung mittels regelmäßiger warmer Bäder.
Die Autorinnen und Autoren des Berichts verwerteten allerdings aufgrund eines zu hohen Anteils fehlender Daten die Ergebnisse von sieben dieser Studien nicht. Außerdem ist das Verzerrungspotenzial der eingeschlossenen Studien – mit Ausnahme einer Studie – hoch. Auch ist die Interventions- und Nachbeobachtungsdauer, insbesondere bei den im Bericht betrachteten physikalischen Interventionen, teilweise sehr kurz.
Das Autorenteam hat zudem eine abgeschlossene Studie mit bisher unveröffentlichten Ergebnissen identifiziert, die gegebenenfalls bedeutsame Ergebnisse zum Endpunkt Hüftgelenkersatz enthält. Die Ergebnisse dieses ThemenCheck-Berichts zum Endpunkt Hüftgelenkersatz sind daher möglicherweise verzerrt. Darüber hinaus laufen aktuell weitere 13 Studien. Möglicherweise lassen sich nach Veröffentlichung der Ergebnisse dieser Studien die Effekte physiotherapeutischer Interventionen zuverlässiger beurteilen.
Trotz der teilweise fehlenden Daten und der geschilderten Mängel der Studien kommen die Autorinnen und Autoren des Berichtes zu dem Schluss, dass physiotherapeutisch angeleitete Übungen zum Training von Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer im Vergleich zu einer Versorgung ohne diese Programme das Risiko für einen Hüftgelenkersatz 2,5 Jahre (zwei Studien) bzw. 4,5 Jahre (eine Studie) nach Therapieende reduzieren können. Dabei zeigten sich günstige Effekte vor allem bei einem frühem Therapiebeginn im Krankheitsverlauf.
Physiotherapeutisch angeleitete Kräftigungs-, Flexibilitäts- und Ausdauerübungen, für die im Bericht positive Ergebnisse berichtet werden, bilden nur ein kleines Spektrum der physiotherapeutischen Versorgung ab. Zur Beantwortung der Frage, ob Physiotherapie eine Operation verzögern oder vermeiden kann, müssten auch weitere physiotherapeutische Interventionen über einen ausreichend langen Zeitraum untersucht werden.

Bei Hüft-TEP Zweitmeinungsverfahren möglich

Seit Oktober 2024 können gesetzlich Versicherte, denen der Einsatz einer Total- oder Teilprothese am Hüftgelenk empfohlen wird, entsprechend der Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses eine zweite ärztliche Meinung einholen. Die als sogenannte Zweitmeiner tätigen Ärztinnen und Ärzte prüfen, ob die geplante Operation auch aus ihrer Sicht medizinisch notwendig ist. Zudem beraten sie die Versicherten zu möglichen Behandlungsalternativen. Der vorliegende Bericht stellt eine weitere Informationsquelle für eine solche Beratung zu möglichen Behandlungsalternativen dar.
Das IQWiG hat eine erweiterte Entscheidungshilfe „Hüftarthrose: Künstliches Hüftgelenk – ja oder nein?“ erstellt. 

Diese fasst die wichtigsten Vor- und Nachteile der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten übersichtlich zusammen.

Der ThemenCheck Medizin

Interessierte können im Rahmen des ThemenCheck Medizin Vorschläge für die Bewertung von medizinischen Verfahren und Technologien einreichen. In einem zweistufigen Auswahlverfahren, an dem auch Bürgerinnen und Bürger beteiligt sind, werden aus den eingereichten Vorschlägen pro Jahr bis zu fünf neue Themen ausgewählt, die für die Versorgung von Patientinnen und Patienten von besonderer Bedeutung sind. Die ThemenCheck-Berichte werden nicht vom IQWiG selbst verfasst, sondern von externen Sachverständigen. Deren Bewertung wird gemeinsam mit einer allgemein verständlichen Kurzfassung und einem IQWiG-Herausgeberkommentar veröffentlicht.


Die vorläufigen Ergebnisse des Berichts „Hüftarthrose: Kann Physiotherapie eine Operation verzögern oder vermeiden?“ hatte das Institut im August 2024 als vorläufigen ThemenCheck-Bericht veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Bericht überarbeitet und jetzt in seiner finalen Fassung veröffentlicht.

Originalpublikation:
https://www.iqwig.de/sich-einbringen/themenche

Unser Blut

Unser Blut besteht aus vielen Zelltypen, die sich über unterschiedliche Stufen aus einem Vorläufertyp entwickeln, der Blutstammzelle. 

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universitätsmedizin Frankfurt und der Goethe-Universität hat jetzt die Entwicklungswege von Blutzellen bei Menschen untersucht. 

Die Ergebnisse brachten eine Überraschung zutage: 

Auch Stammzellen verfügen über Oberflächenproteine, mit deren Hilfe sie die Aktivierung von Entzündungs- und Abwehrreaktionen des eigenen Körpers unterdrücken können. 

Der Befund ist unter anderem bedeutsam für Stammzelltransplantationen, die zum Beispiel bei der Therapie von Leukämien eingesetzt werden.

Pro Sekunde bildet ein erwachsener Mensch rund fünf Millionen neue Blutzellen, die alternde, absterbende Zellen ersetzen. 


Damit ist das Blutsystem ein hochregeneratives Organ. 


Die neuen Blutzellen werden im Knochenmark aus unspezialisierten Zellen gebildet, den Blutstammzellen. 


Aus diesen Stammzellen entwickeln sich über Zwischenstufen die Sauerstoff transportierenden Erythrozyten, die für die Blutgerinnung wichtigen Thrombozyten und die große Gruppe der weißen Blutzellen, die die Immunabwehr orchestrieren. 

Dieser Prozess wird Differenzierung genannt und muss so ablaufen, dass neue Blutzellen in einem ausgewogenen Verhältnis zu reifen Zellen aller Blutzelltypen entstehen.

Ein internationales Team von Wissenschaftler*innen der Universitätsmedizin Frankfurt/Goethe-Universität, der Universität Göteborg und der Universitätsklinik Pamplona konnte jetzt unter der Leitung von Prof. Michael Rieger von der Medizinischen Klinik 2 der Universitätsmedizin Frankfurt Differenzierungswege menschlicher Blutstammzellen in alle spezialisierte Blutzelltypen molekular entschlüsseln. 

Dabei bestimmte das Forschungsteam das Gen- und Proteinmuster von mehr als 62.000 einzelnen Zellen mittels modernster Sequenziermethoden und analysierte die dadurch gewonnenen Daten mit Hilfe von Hochleistungsrechnern.

„So haben wir einen Überblick der molekularen Vorgänge in Stammzellen erhalten und neue Oberflächenproteine entdeckt, die für die komplexe Interaktion von Stammzellen mit ihrer Knochenmarkumgebung wichtig sind,“ erklärt Rieger. 

„Das gibt uns einen detaillierten Einblick, was genau eine Zelle zur Stammzelle macht und welche Gene die Stammzelldifferenzierung organisieren. Diese neu etablierte Zukunftstechnologie in meinem Labor wird bisher ungelöste Fragen in vielen Bereichen der Gesundheitsforschung mit enormer Präzision beantworten können.“

Dabei förderten die Wissenschaftler*innen Überraschendes zutage: „Wir haben ein Protein namens PD-L2 an der Zelloberfläche von Blutstammzellen gefunden, von dem wir wissen, dass es die Immunantwort von Abwehrzellen – T Zellen – unterdrückt, indem es deren Aktivierung und Vermehrung stoppt und die Ausschüttung von Entzündungsstoffen – Zytokinen – verhindert,“ fasst die Erstautorin der Studie, die Doktorandin Tessa Schmachtel, die wichtigsten Ergebnisse der Publikation zusammen.

Wahrscheinlich diene PD-L2 dazu, immunvermittelte Schäden zu verhindern, so die Biologin. 

„Dies ist besonders wichtig für die Abwehr von reaktiven T Zellen gegen körpereigene Stammzellen und wird auch bei Transplantationen von Stammzellen von Fremdspendern eine wichtige Rolle spielen. Denn über PD-L2 könnten Abwehrreaktionen des Körpers gegen die transplantierten Stammzellen verringert werden.“

Rieger ist überzeugt: 

„Nur durch eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärzt*innen, Naturwissenschaftler*innen und Bioinformatiker*innen, wie sie an der Universitätsmedizin Frankfurt gelebt wird, und durch die Etablierung internationaler Verbünde können neue, bahnbrechende Entdeckungen verwirklicht werden.“

MaAB - Medizin am Abend Berlin Fortbildung en VOR ORT


Prof. Dr. Michael Rieger
Medizinische Klinik 2, Hämatologie und Onkologie
Universitätsmedizin Frankfurt
Tel: +49 (0)69 6301-84297
m.rieger@em.uni-frankfurt.de
https://lymphoma-leukemia-research-frankfurt.de/ag-rieger-home/rieger-home

Originalpublikation:
Hana Komic, Tessa Schmachtel, Catia Simoes, Marius Külp, Weijia Yu, Adrien Jolly, Malin S. Nilsson, Carmen Gonzalez, Felipe Prosper, Halvard Bonig, Bruno Paiva, Fredrik B. Thorén, Michael A. Rieger: Continuous map of early hematopoietic stem cell differentiation across human lifetime. Nature Communications 16, Article number: 2287 (2025) https://doi.org/10.1038/s41467-025-57096-y

Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland

Die Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland e. V. (GAPA) setzt sich für transparente, qualitätsgesicherte und nachhaltige Prozesse bei der internationalen Fachkräftegewinnung ein. Dazu erteilet sie seit 2022 im Auftrag der Bundesregierung das Gütezeichen „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“. 

Die Gütegemeinschaft GAPA hat nun ein Positionspapier mit Empfehlungen und Forderungen an die künftige Bundesregierung vorgelegt, um die Fachkräftesicherung in der Pflege effizient und zukunftsorientiert zu gestalten.

Deutschland steht vor großen Herausforderungen bei der Sicherung qualifizierter Pflegefachkräfte. 

Die Anwerbung und Integration internationaler Fachkräfte ist dabei ein Teil der Lösung. 

Die Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland e. V. (GAPA) setzt sich für transparente, qualitätsgesicherte und nachhaltige Prozesse bei der internationalen Fachkräftegewinnung ein. Dazu erteilet sie seit 2022 im Auftrag der Bundesregierung das Gütezeichen „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“. Die Gütegemeinschaft GAPA hat nun ein Positionspapier mit Empfehlungen und Forderungen an die künftige Bundesregierung vorgelegt, um die Fachkräftesicherung in der Pflege effizient und zukunftsorientiert zu gestalten.

Die Mitglieder der GAPA verfügen über viel praktische Erfahrung im Bereich der nachhaltigen, fairen Anwerbung. Für die Koalitionsverhandlungen und die künftige Bundesregierung wurden Kernforderungen formuliert, um eine erfolgreiche und nachhaltige Anwerbung zu gestalten:

✅ Anerkennungsverfahren entbürokratisieren & digitalisieren – lange Bearbeitungszeiten gefährden die Attraktivität des Standorts Deutschlands..
✅ Ausländerbehörden und Anerkennungsstellen durch Zentralisierung entlasten
✅ Pflegekompetenzgesetz beschließen – (internationale) Pflegefachpersonen brauchen klare Perspektiven und die Anerkennung ihrer Kompetenzen.
✅ Fast-Lane für Gütezeichen-Nutzende – geprüfte Qualität muss zu schnelleren Visaverfahren führen.
✅ Bundeseinheitliche Refinanzierungsmöglichkeiten – faire Anwerbung muss nachhaltig finanzierbar sein.

Das Gütezeichen setzt bereits heute Standards für nachhaltige, ethische und faire Anwerbung. Jetzt sollten die politischen Rahmenbedingungen folgen.

Informationen zum Gütezeichen: https://www.faire-anwerbung-pflege-deutschland.de/

Informationen zur Gütegemeinschaft GAPA: https://www.faire-anwerbung-pflege-deutschland.de/guetegemeinschaft

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Ann-Christin Wedeking, Leiterin der Geschäftsstelle der RAL-Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland e. V. im KDA: info@faire-anwerbung-pflege-deutschland.de

Originalpublikation:
https://kda.de/guetegemeinschaft-gapa-legt-positionspapier-zur-fairen-effektiven...

Weitere Informationen finden Sie unter
Informationen über das Gütezeichen
Informationen über die RAL-Gütegemeinschaft