Herzkatheterlabor

Auch bei größeren verengten Blutgefäßen erzielt der mit Medikamenten beschichtete Ballonkatheter langanhaltend gute Therapieergebnisse. 

Als vergleichsweise kleiner Eingriff bietet das Verfahren auch hier eine wirksame Alternative zum Stent. 

Diese Ergebnisse der Arbeitsgruppe des Kardiologen Professor Bruno Scheller von der Universität des Saarlandes bestätigt jetzt eine internationale Studie mit mehr als 3.300 Patienten, die auf dem größten Kongress für kathetergestützte Behandlung von Herzerkrankungen TCT in San Francisco, USA, vorgestellt wurde. Bruno Scheller entwickelte die Methode vor zwei Jahrzehnten und hat sie mit seiner Forschung seither stetig weiter verbessert.

Lagern sich unerwünschte Stoffe wie Fette, Kalk oder Entzündungszellen an den Innenwänden von Herzkranzgefäßen und anderen Arterien ab, verengt sich die Blutbahn. 

Das Blut kann nicht mehr richtig fließen, was etwa zu Herzschwäche, Herzinfarkt oder Schlaganfall führen kann. Solche Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen weltweit zu den häufigsten Krankheiten und Todesursachen.

Der mit Medikamenten beschichtete Ballonkatheter („drug coated balloon“, kurz ‚DCB‘) hat sich international als Therapieverfahren durchgesetzt. 

Dabei wird ein hauchdünner Kunststoffschlauch in das Gefäß eingebracht, ein winziger Ballon an seiner Spitze aufgeblasen und so die Gefäßwand vorsichtig geweitet. 

Der Clou an der Sache: Bei dieser Dehnung werden die Medikamente, mit denen der Ballon beschichtet ist, tief in die gedehnte Gefäßwand hineinbefördert. 

„Weitet man ein Gefäß mit einem einfachen Ballonkatheter auf, verengt es sich oft wieder, weil die Stelle erneut überwuchert wird. 

Die Medikamente in der speziellen Beschichtung dagegen bleiben in der Gefäßwand. 

Sie wirken dort über Wochen und Monate und verhindern wirksam neue Ablagerungen“, erklärt der Herzspezialist Professor Bruno Scheller von der Universität des Saarlandes. Er erfand und entwickelte dieses Verfahren, das heute zu den wichtigsten Therapien bei Gefäßverengung zählt, zusammen mit dem inzwischen emeritierten Professor Ulrich Speck von der Berliner Charité.

Bei kleineren Gefäßen bis zu 2,75 Millimetern Durchmesser wurde in einer Vielzahl an klinischen Studien bereits belegt, dass der medikamentenbeschichtete Ballonkatheter beschichteten Stents gleichwertig oder gar überlegen ist. Das Verfahren ist in der Praxis millionenfach im Einsatz. 

MaAB-Cave:

Vor allem in Asien hat die DCB-Therapie medikamentenbeschichtete Stents bereits fast zur Hälfte ersetzt. Die Ergebnisse zu kleinen Koronargefäßen wurden von Bruno Scheller und Kollegen in den vergangenen Jahren in den führenden Fachzeitschriften wie The Lancet (Lancet. 2018 Sep 8; 392(10150): 849-856. Lancet. 2020 Nov 7; 396(10261): 1504-1510) und European Heart Journal (Eur Heart J. 2025 May 2; 46(17): 1586-1599) veröffentlicht. Eine internationale Expertengruppe, das „Academic Research Consortium“ (ARC), gab in diesem Jahr unter wesentlicher Beteiligung von Professor Scheller Handlungsempfehlungen zur Therapie mit beschichteten Ballonkathetern im European Heart Journal (Eur Heart J. 2025 Jul 7; 46(26): 2498-2519) und im Journal of the American College of Cardiology (J Am Coll Cardiol. 2025 Oct 14; 86(15): 1170-1202).

Jetzt hat eine neue internationale Studie (Spaulding C. et al.) mit mehr als 3.300 Patientinnen und Patienten gezeigt, dass das Verfahren auch bei Herzkranzgefäßen mit einem Durchmesser von mehr als 2,75 Millimetern eine wirksame und sichere Alternative zu den dort bislang üblichen Stents bietet. 

Diese röhrenförmigen Gefäßstützen aus Metall werden in das Gefäß eingelegt und verbleiben dort, um die Engstelle zu öffnen. 

Der beschichtete Ballonkatheter dagegen ist bei größeren Herzkranzgefäßen bislang mehr in den Stents selbst im Einsatz, wenn diese sich durch Ablagerungen verschließen.

Die Studie „SELUTION DeNovo“ konnte zeigen, dass der Balloneinsatz auch bei größeren Gefäßen überzeugende Ergebnisse bringt: Nach einem Jahr war die Häufigkeit schwerwiegender Ereignisse wie plötzlicher Herztod, Herzinfarkt oder eine erneut notwenige Behandlung der Engstelle vergleichbar mit der bei modernen beschichteten Stents. „Wir wissen, dass medikamentenbeschichtete Stents sehr sicher sind. Allerdings kommt es mittel- und längerfristig zu einem Risiko neuer Ereignisse, die dadurch bedingt sind, dass der Stent dauerhaft im Gefäß verbleibt“, sagt Bruno Scheller, der Professor für Klinische und Experimentelle Interventionelle Kardiologie an der Universität des Saarlandes sowie stellvertretender Klinikdirektor und Leiter des Herzkatheterlabors am Universitätsklinikum in Homburg ist. „Der Vorteil beschichteter Ballonkatheter besteht darin, dass eine lokale Medikamentengabe ohne die Notwendigkeit eines im Gefäß verbleibenden Fremdkörpers möglich ist.“

Die neue Studie relativiert zugleich die Ergebnisse der chinesischen „Rec-Cagefree I“-Studie zu medikamentenbeschichteten Ballonkathetern aus dem Jahr 2024. Laut dieser Studie schnitten die Stents als Behandlungsmethode bei größeren Gefäßen und einfacher Verengung im Zeitraum von zwei Jahren besser ab – die medikamentenbeschichteten Ballonkatheter seien in diesem Fall nicht dauerhaft wirksam, so diese Studie. Neben den „SELUTION DeNovo“-Ergebnissen wurden im Rahmen des TCT-Kongresses vom 25. bis 28. Oktober in San Francisco auch die Ergebnisse von „Rec-Cagefree I“ mit einer Nachbeobachtungszeit von drei Jahren vorgestellt. Professor Scheller diskutierte in einer der Hauptsitzungen des Kongresses diese Ergebnisse zusammen mit weiteren weltweit führenden Expertinnen und Experten.

„Die Studienergebnisse der ‚Rec-Cagefree I‘-Studie können nicht auf unser Verfahren übertragen werden“, erklärt Bruno Scheller. Nach Ablauf des Patents auf die medikamentenbeschichteten Ballonkatheter hatten die chinesischen Forscherinnen und Forscher in ihrer Studie eine selbst entwickelte Beschichtung erprobt – in Anlehnung an das ursprüngliche Charité-Patent der Professoren Scheller und Speck. „Diese Beschichtung ist unter anderem von Zusammensetzung und Partikelgröße der Medikamente her nicht mit unserer Beschichtung zu vergleichen. Die Wirkstoffe halten bei ihr nicht lange genug in der Gefäßwand, was im Rahmen der ‚Rec-Cagefree I‘-Studie zu einer nicht ausreichend lange anhaltenden Verhinderung einer Wiederverengung führte“, erklärt Bruno Scheller. Die Kritikpunkte zu der Studie fasst Scheller gemeinsam mit weiteren Autoren aktuell in einem Leserbrief in der Zeitschrift ‚The Lancet‘ zusammen (Lancet. 2025 Oct 25; 406(10514): 1950-1951)*.

„Unabhängig von dem Vergleich unterschiedlicher Technologien zur Behandlung von Verengungen der Herzkranzgefäße geht es meinem Team und mir um neue Strategien, den individuellen Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden“, betont Bruno Scheller. „So wird auch in Zukunft für viele Patienten eine Kombination aus beschichtetem Stent und Ballon die bestmögliche Therapie darstellen. Der beschichtete Ballon ermöglicht es uns, lange Stentstrecken zu vermeiden, die mittel- und langfristig erhebliche Nachteile für den Patienten bedeuten“, erklärt der Kardiologe.

„Die auf dem TCT-Kongress vorgestellten neuen Daten unterstützen das Konzept in der interventionellen Gefäßtherapie, die Patienten mit möglichst wenigen permanenten Implantaten zu behandeln, wofür wir uns seit vielen Jahren national und international einsetzen“, sagt Professor Scheller. Seine Arbeitsgruppe in Homburg forscht weltweit führend experimentell und klinisch an diesem Konzept. Derzeit laufen in Homburg mehrere internationale klinische Studien zu beschichteten Ballonkathetern mit Partnern aus Europa, Asien und USA, die Bruno Scheller teilweise weltweit leitet.

Hintergrund

Zur Forschung am medikamentenbeschichteten Ballonkatheter

Bruno Scheller arbeitete bereits seit Ende der 1990iger Jahre zusammen mit dem Charité-Professor Ulrich Speck an dem Beschichtungsverfahren für den damals bereits etablierten Ballonkatheter. „Wir fanden heraus, dass es nicht nötig ist, den Wirkstoff über längere Zeit im Gefäß freizusetzen, um zu verhindern, dass es sich wieder verengt. Unsere Ergebnisse zeigten, dass bereits eine kurze Arzneimittelgabe hierfür ausreicht“, erklärt Bruno Scheller, der am Medizin-Campus in Homburg auch daran forscht, die Behandlung von Herzinfarkten zu verbessern und auch andere Herzerkrankungen mit dem Katheter zu behandeln. Seine Erfahrung als praktischer interventioneller Kardiologe am Universitätsklinikum des Saarlandes fließt in seine Forschung ein. Im Jahr 2003 lief in Homburg die erste klinische Studie mit einem Ballonkatheter an, den die Forscher mit dem Medikament Paclitaxel und weiteren Zusatzstoffen beschichtet hatten. Ulrich Speck und Bruno Scheller veröffentlichten erste Studienergebnisse 2006 in der Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“. Auch in der Behandlung von Oberschenkelarterien ist das Verfahren mittlerweile Therapiestandard. Ebenso kommt die Methode bei langstreckigen Verengungen in den Unterschenkelarterien sowie verengten Dialyse-Zugängen, so genannten Shunts, zum Einsatz.

Forschung im Team von Bruno Scheller an der Universität des Saarlandes

Mit seiner Arbeitsgruppe arbeitet Bruno Scheller auf dem Homburger Medizin-Campus daran, die beschichteten Ballonkatheter weiter zu verbessern. Die Mediziner entwickeln auch spezielle Anwendungen und Spezialballons sowie alternative Medikamente, mit denen die Ballons beschichtet werden. Auch forscht Scheller etwa an Verfahren, um kleinste Risse in der inneren Gefäßschicht zu vermeiden, die bei der herkömmlichen Behandlung mit Ballonkathetern auftreten können. Seine Arbeitsgruppe hat in den vergangenen Jahren zahlreiche wegweisende Ergebnisse unter anderem in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht.

Auszeichnungen

Für seine Forschungs- und Entwicklungsarbeit, die „die Zukunft der Versorgung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf der ganzen Welt mitprägen“ wurde Bruno Scheller bereits vielfach ausgezeichnet, so 2024 in London mit dem „Clinical Research Excellence Award“, dem Exzellenzpreis für klinische Forschung. 2021 verlieh ihm die europäische Fachgesellschaft für Kardiovaskuläre und Interventionelle Radiologie (CIRSE) ihren „Exzellenz- und Innovations-Preis“. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft förderte Schellers Professur für zehn Jahre mit insgesamt rund 1,1 Millionen Euro.

Der TCT Congress ist das jährliche wissenschaftliche Symposium der Cardiovascular Research Foundation (CRF) und die weltweit führende Fortbildungsveranstaltung für interventionelle Herz-Kreislauf-Medizin. https://www.tctconference.com/

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Prof. Dr. Bruno Scheller:
Telefon: +49 6841 1615000; E-Mail: bruno.scheller(at)uks.eu

Originalpublikation:
Studie SELUTION DeNovo
Spaulding C, on behalf of the SELUTION DeNovo investigators. One-year results of the SELUTION DeNovo trial comparing a strategy of PCI with a sirolimus-eluting balloon and provisional stenting versus systematic DES implantation to treat de novo coronary lesions. Presented at: TCT 2025. October 26, 2025. San Francisco, CA.

Bruno Scheller veröffentlicht die Bewertung zur „Rec-Cagefree I“-Studie aus dem Jahr 2024 zusammen mit weiteren Autoren aktuell in einem Leserbrief in der Zeitschrift The Lancet. (Lancet. 2025 Oct 25; 406(10514): 1950-1951)
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(25)01860-4/fullt...
*Die Lancet-Redaktion weist darauf hin: Leserbriefe, die in der Rubrik „Correspondence“ veröffentlicht werden, geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht unbedingt der Meinung der Lancet-Zeitschriften. Leserbriefe werden in der Regel nicht extern begutachtet

Das Altern ist kein gleichmäßiger Prozess, der das ganze Herz betrifft

Neue Studie zeigt, wo im Herzgewebe die entscheidenden Veränderungen des Alterns stattfinden.

Warum das Herz im Alter an Elastizität verliert und anfälliger für Erkrankungen wird, ist bislang nur teilweise verstanden. 

Forschende der Goethe-Universität Frankfurt, des Cardiopulmonary Institute (CPI) und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) haben jetzt gezeigt, dass die entscheidenden Prozesse vor allem in der Nähe von Blutgefäßen stattfinden. 

Diese sogenannten vaskulären Nischen sind die Orte, an denen Entzündung, Zellalterung und Umbauvorgänge im Herzgewebe beginnen.

Für die Studie, die in Circulation Research erschienen ist, analysierte das Team um Erstautor David Rodriguez Morales und Letztautorin Stefanie Dimmeler die Herzen junger und alter Mäuse mithilfe modernster Einzelzell- und Gewebetechnologien. 

Sie identifizierten elf verschiedene Mikroumgebungen im Herzgewebe, die sich hinsichtlich ihrer Zellzusammensetzung und Aktivität unterscheiden. 

Besonders stark verändert zeigten sich die gefäßnahen Bereiche: 

Dort häufen sich alternde Zellen, die entzündliche Signale aussenden und das Gewebe verfestigen.

Hotspots der Entzündung

„Unsere Daten legen nahe, dass das Altern des Herzens gewissermaßen an den Gefäßen beginnt“, sagt David Rodriguez Morales.

 „Diese Nischen wirken wie kleine Hotspots, die Entzündung und Umbauprozesse anstoßen, die sich dann auf das gesamte Organ ausweiten.“

Das Team testete auch, ob sich dieser Prozess aufhalten lässt. 

Bei alten Mäusen, die mit sogenannten Senolytika behandelt wurden – Substanzen, die alternde Zellen gezielt entfernen – gingen bestimmte Entzündungszellen in den vaskulären Nischen zurück. 

Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass Therapien, die auf diese Mikroumgebungen abzielen, das Herz im Alter schützen.

„Das Altern ist kein gleichmäßiger Prozess, der das ganze Herz betrifft“, sagt Stefanie Dimmeler. 

„Vielmehr scheint es von bestimmten Bereichen auszugehen. 

Diese Erkenntnis eröffnet neue Möglichkeiten, gezielt dort einzugreifen, wo die Schäden entstehen.“

Die Studie liefert damit eine Grundlage, um altersbedingte Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems künftig besser zu verstehen und therapeutisch zu beeinflussen.

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Prof. Stefanie Dimmeler, Goethe-Universität Frankfurt, dimmeler@em.uni-frankfurt.de

Originalpublikation:
Rodriguez Morales D, Larcher V, Ruz Jurado M, et al. Vascular Niches Are the Primary Hotspots in Cardiac Aging. Circ Res. Published online October 15, 2025. https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/CIRCRESAHA.125.327060

Kardiale Magnetresonanztomografie

Koronare Herzkrankheit: 

Kardiale Magnetresonanztomografie ist sinnvolle Ergänzung zur bisherigen KHK-Diagnostik. Zur funktionellen Diagnostik bei KHK liefert die kardiale MRT Ergebnisse vergleichbarer Qualität wie die SPECT – allerdings ohne Strahlenbelastung für die Betroffenen.

Die kardiale Magnetresonanztomografie (MRT) ist ein geeignetes nicht invasives Verfahren zur funktionellen Diagnostik bei Patientinnen und Patienten, bei denen sich nach einer Basisdiagnostik der Verdacht auf chronische koronare Herzkrankheit (KHK) oder Verdacht auf das Fortschreiten einer schon bekannten KHK ergibt: Die kardiale MRT hat eine mindestens vergleichbare Treffergenauigkeit (diagnostische Güte) wie die SPECT (Single Photon Emission Computed Tomography) im Erkennen von KHK. Allerdings kommt die kardiale MRT dabei ohne Strahlenbelastung für die Betroffenen aus.
So das abschließende Fazit der Nutzenbewertung: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat die Vor- und Nachteile der kardialen MRT im Vergleich zu einer Diagnosestrategie ohne MRT im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) überprüft.

Es fand sich nur eine einzige, wenig aussagekräftige Studie, in der Patientinnen und Patienten per Losverfahren entweder eine MRT oder eine SPECT erhielten. 

Deshalb sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IQWiG zusätzlich der Frage nach der diagnostischen Güte der kardialen MRT im Vergleich zur SPECT nachgegangen: 

In den Studien hierzu erhielten alle Patientinnen und Patienten sowohl die MRT als auch die SPECT und mittels einer weiteren Untersuchung, der invasiven Koronarangiografie (ICA), wurden alle Befunde überprüft.

Die Ergebnisse aus sechs Studien zeigen für die kardiale MRT eine mindestens vergleichbare Trefferquote. 

Weil die MRT im Gegensatz zur SPECT ohne Strahlenbelastung auskommt, ergibt sich daraus insgesamt ein Vorteil für die Betroffenen, was beim IQWiG als Anhaltspunkt für einen höheren Nutzen bewertet wird.

„Die MRT erweitert das Spektrum der diagnostischen Möglichkeiten bei KHK-Verdacht in sinnvoller Weise. 

Wir erwarten, dass in der Praxis wie bisher die KHK-Diagnostik differenziert eingesetzt wird gemäß der individuellen Patientensituation und Doppeldiagnostik vermieden wird,“ sagt Martina Lietz, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Ressort Nichtmedikamentöse Verfahren beim IQWiG und Projektleiterin dieser Nutzenbewertung. 

Dann sollte auch die generelle Verfügbarkeit von MRT unproblematisch sein.

Differenzierte KHK-Diagnostik ist nötig und möglich

Gleich vier unterschiedliche diagnostische Verfahren kommen primär infrage, wenn sich nach Basisdiagnostik bei einem Menschen mit Herzbeschwerden eine KHK-Wahrscheinlichkeit von etwa 15 Prozent bis 85 Prozent ergibt: 

MRT, SPECT und Stress-Echokardiografie werden als funktionelle Verfahren bezeichnet, weil sie die Funktion des Herzens untersuchen, und sind prinzipiell als solche miteinander vergleichbar. 

Allerdings wird die Stress-Echokardiografie aus verschiedenen klinischen Gründen immer weniger angewendet und daher als nachrangig betrachtet. 

Deshalb verzichtet das IQWiG auf diesen Vergleich.

Das Herz-CT oder auch Computertomografie-Koronarangiografie (CCTA) ist ein morphologisches Verfahren und untersucht die Herzkranzgefäße, funktioniert also prinzipiell anders als das kardiale MRT. 

Deshalb erscheint der Vergleich dieser beiden Verfahren wenig sinnvoll.

Die Entscheidung für ein bestimmtes diagnostisches Verfahren ist abhängig von der Vortestwahrscheinlichkeit, der individuellen Patientensituation (z. B. Komorbiditäten) und der lokalen Verfügbarkeit der Diagnostik. 

Außerdem sind dabei Kontraindikationen und Nebenwirkungen zu beachten, insbesondere im Hinblick auf die Belastbarkeit des Herzens und die Möglichkeit der Kontrastmittelgabe bei einer Untersuchung.

Die invasive Koronarangiografie (ICA, „Herzkatheter“) soll dagegen erst zum Einsatz kommen, wenn die KHK-Wahrscheinlichkeit sehr hoch (> 85 Prozent) ist und sollte in vielen Fällen daher erst erfolgen, nachdem mit einer MRT, SPECT, Stress-Echokardiografie oder Herz-CT Anzeichen für KHK festgestellt wurden. 

Differenziert eingesetzt sind die Befunde dieser vier Verfahren im Idealfall eindeutig, sodass nicht mehr als einer dieser Tests erforderlich ist, um eine KHK relativ sicher anzuzeigen oder auszuschließen.

Zum Ablauf der Berichterstattung

Der G-BA hat das IQWiG am 26.09.2024 mit der Bewertung der kardialen Magnetresonanztomographie bei koronarer Herzerkrankung beauftragt. 

Die vorläufigen Ergebnisse hatte das IQWiG als Vorbericht im Juli 2025 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. 

Nach Abschluss des Stellungnahmeverfahrens hat das Projektteam den Bericht überarbeitet und im Oktober 2025 an den Auftraggeber versandt. 

Die eingegangenen schriftlichen Stellungnahmen und das Protokoll der wissenschaftlichen Erörterung werden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert.

Originalpublikation:
https://www.iqwig.de/projekte/d24-02.html

Persönliche Beziehungen zum 31. Oktober sind gesund und erfolgreich

Für die Verbreitung der Reformation nach dem 31. Oktober 1517 waren Luthers persönliche Beziehungen besonders wichtig, also Briefe, Besuche und seine Studenten in Wittenberg.

Für die Verbreitung der Reformation nach dem 31. Oktober 1517 war in den ersten Jahren Luthers persönliches Beziehungsgeflecht ein besonders wichtiger Faktor. 

Das ist das Ergebnis einer Studie des Projektleiters Sascha Becker von der ROCKWOOL Foundation Berlin (RFBerlin). 

„Luthers Einfluss wirkte vor allem über Briefe, seine Besuche in anderen Städten und über seine Studenten an der Universität Wittenberg“, sagt RFBerlin-Forscher Becker von der Universität Warwick. Städte, in denen Luther mit Einwohnern korrespondierte, waren bis 1530 zu 46 Prozent protestantisch geworden. 

Wo Luther mit niemandem korrespondierte, waren bis 1530 nur 17 Prozent der Städte protestantisch. 

Von den Städten, die er besuchte, waren sogar 50 Prozent bis 1530 protestantisch, während nur 16 Prozent der Städte, die er nicht besuchte, bis dahin protestantisch waren.

Ähnliches galt für Luthers Studenten. Von den Städten, die Studenten nach Wittenberg schickten, nahmen bis 1530 38 Prozent die Reformation an. Nur 7 Prozent der Städte, die keine Studenten schickten, nahmen die Reformation so früh an.

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Prof. Sascha Becker 0044 / 78 78 75 78 11; S.O.Becker@warwick.ac.uk

Originalpublikation:
“Multiplex Network Ties and the Spatial Diffusion of Radical Innovations: Martin Luther’s Leadership in the Early Reformation”, von Sascha Becker, Yuan Hsiao, Steven Pfaff, Jared Rubin. in: American Sociological Review, Volume 85, Issue 5: 857-894. September 2020.
https://doi.org/10.1177/000312242094805

Halloween

Wissenschaftler der DHBW Karlsruhe erklärt den Brauch aus neurowissenschaftlicher und marketingstrategischer Sicht

Halloween hat sich in den letzten Jahren zu einem der beliebtesten Events des Jahres entwickelt. Doch warum entsteht gerade jetzt ein solcher Hype darum? Zur Einordnung gibt der Marketingexperte Jan Michael Rasimus, Leiter des Eye Tracking-Labors der DHBW Karlsruhe, Einblicke in die Neurowissenschaften und das Marketing rund um Halloween.

Was fasziniert gerade in diesem Jahr wieder so viele Menschen an Halloween?

Rasimus: Gerade in Zeiten gestiegener Unsicherheit und multipler Krisen suchen Menschen oft nach sozialen Erlebnissen und Eskapismus. Halloween bietet beides und vermittelt vielen dabei das Gefühl kreativer Selbstwirksamkeit. Zugleich vereint das Event zwei grundlegende, im Menschen verankerte Dimensionen: Die Faszination für das Unbekannte und die Suche nach sozialem Austausch beim gemeinsamen Feiern und Gruseln.

Was passiert denn beim Gruseln im Gehirn genau?

Rasimus: Aus neurowissenschaftlicher Sicht löst der Kontrast zwischen Furcht und Vergnügen ein besonderes neurochemisches Feuerwerk im Gehirn aus. Grusel erzeugt eine Stressreaktion, und gleichzeitig ermöglicht die sichere Partyumgebung, das Ganze auf spielerische Weise zu erleben. Es greifen zwei Verarbeitungspfade: Der schnelle Pfad aktiviert das Alarmsystem, Herzschlag und Aufmerksamkeit steigen. Kurz darauf ordnet der langsamere Pfad die Situation als sicher ein, reduziert die Erregung und sorgt für Entspannung. Das Wechselspiel zwischen Anspannung und Entlastung wird von vielen als sehr reizvoll erlebt. Dieses Phänomen der „Angstlust“ erklärt übrigens auch die große Beliebtheit von Geisterbahnfahrten, Horrorfilmen oder auch True Crime-Formaten.

Welche Rolle spielt Verkleidung aus psychologischer Sicht?
Rasimus: Kostüme ermöglichen das „Social Play“: ein spielerisches Erproben verschiedener Rollen. Verkleidungen dienen dabei als Mittel der Selbstinszenierung und fördern die soziale Interaktion. Das Eintauchen in eine andere Identität schafft einen deutlichen Abstand zum gewohnten Alltag. Psychologisch betrachtet kann das Tragen von Masken oder Kostümen Freiräume eröffnen, um verschiedene Facetten der Persönlichkeit diskret auszuleben.

Welche Rolle spielen Streaming und Social Media für den Hype?
Rasimus: Gerade jüngere Generationen wachsen durch Streaming-Angebote mit internationalen Filmen und Serien auf, in denen Halloween selbstverständlich vorkommt und zelebriert wird. Auch Social Media verbindet weltweit mittlerweile mehr als fünf Milliarden Menschen und verstärkt solche Trends in Echtzeit. So greifen reichweitenstarke Influencer den Halloween-Hype auf und aktivieren ihre Follower. Schmink-Tutorials, Verkleidungs-Challenges, Party-Inspirationen und leckere Rezept-Ideen sind zuverlässige Garanten für hohe Interaktionsraten.

Was macht Halloween aus Marketingperspektive so attraktiv?
Rasimus: Halloween arbeitet mit extrem klaren, emotional aufgeladenen Symbolen. Diese Codes sind nicht nur aufmerksamkeitsstark, sondern auch weltweit verständlich. Marken können sich darüber hervorragend inszenieren und mit wenig Erklärung spannende Geschichten erzählen. Geister, Zombies oder Hexen funktionieren auf Verpackungen, am Point of Sale, in Bewegtbild und Social Stories/Reels jedes Jahr sehr zuverlässig.
Wie schlägt sich diese Stimmung ökonomisch nieder?

Rasimus: Der Handelsverband Deutschland erwartet für 2025 ca. 520 Millionen Euro Umsatz rund um Halloween. Diese Zahl ist ein Stimmungsindikator, der nahe am Vorjahresniveau liegt. Für den Handel bedeutet das insbesondere bei Süßwaren, Deko, Kostümen und Kosmetik planbare, dringend benötigte Umsätze. Aber auch in anderen Bereichen wie Gastronomie, Events, Streaming und Gaming ergeben sich interessante Anknüpfungspunkte, die auch in diesem Jahr wieder attraktive Halloween-Angebote versprechen.

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Jan-Michael Rasimus
Leitung Eye Tracking-Labor
Tel.: 0721 / 9735-865
E-Mail: janmichael.Rasimus@dhbw-karlsruhe.de

Im Alter nimmt die Suizidrate deutlich zu

Im Alter nimmt die Suizidrate deutlich zu – besonders bei Männern. 

Eine Forscherin der Uni Osnabrück nutzt innovative Technologie, um Warnzeichen frühzeitig zu erkennen und gezielte Hilfe zu ermöglichen.

Im Alter steigt die Suizidgefahr, und gerade Männer sind gefährdet: 

Bei ihnen liegt die Rate im Alter von über 75 Jahren bei 40,5 pro 100.000. Dr. Miriam Hehlmann von der Universität Osnabrück erforscht nun gemeinsam mit Dr. Nili Solomonov vom renommierten Weill Cornell Medical College in New York City verschiedene Maßnahmen, um Risiken früher zu erkennen und gezielter zu therapieren.

„Unser Ziel ist es, Therapieerfolge vorherzusagen und auch zu verbessern“, sagt Miriam Hehlmann. Denn leider würden derzeit nur rund zwei Drittel der Patientinnen und Patienten von einer Therapie profitieren.

Neben regelmäßigen Therapiegesprächen und dem Ausfüllen von Fragebögen spielt für das Forschungsprojekt der psychologischen Psychotherapeutin ein Fitnesstracker in Form eines Smart Rings eine große Rolle: 

Der Ring registriert sowohl die Schlafphasen als auch die Aktivität der Probanden. 

Die Forschenden untersuchen, welche Rückschlüsse auf mögliche Suizidgedanken sich aus Bewegungsmustern und der damit verbundenen sozialen Interaktion bereits vor einer Therapiesitzung ziehen lassen.

Die Methode basiert auf dem sogenannten Ecological Momentary Assessment (EMA): Dabei werden mittels elektronischer Geräte wie Smartphones Daten über das Verhalten und Erleben von Personen in ihrem alltäglichen Umfeld gesammelt.

Insbesondere Männer könnten von den Ergebnissen des Projekts, das von der Society for Psychotherapy Research gefördert wird, profitieren: 

„Dass Menschen im Alter lebensmüde werden, kann an Erkrankungen liegen oder an einer Vereinsamung. 

Hier sind es gerade Männer, die sich nach dem Tod ihrer Partnerin schwertun“, erläutert Miriam Hehlmann. 

Oft seien es die Frauen, die die sozialen Kontakte pflegten und für Verabredungen sorgten. 

Doch leider seien Einsamkeit im Alter und damit einhergehende Suizidgedanken immer noch ein gesellschaftliches Tabuthema, so die Wissenschaftlerin.

Neben dem Geschlecht spielten auch sozioökonomische Faktoren eine Rolle: 

In strukturschwachen Stadtvierteln und Regionen sei das Suizidrisiko höher als in Gegenden mit höherem Einkommen, besserer Bildungsinfrastruktur und stabileren sozialen Netzwerken.

„Ziel der Studie ist es, ein Vorhersagemodell zur Echtzeit-Erkennung von Warnzeichen für Suizidalität im hohen Alter während der Psychotherapie entwickeln“, so die Wissenschaftlerin der Uni Osnabrück. Dadurch sollen Suizidrisiken künftig schneller und präziser behandelt werden.

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Dr. Miriam Hehlmann, Universität Osnabrück
Institut für Psychologie
E-Mail: miriam.hehlmann@uni-osnabrueck.de

Kontinuierliche Blutzuckermesssysteme

Besonders für Menschen mit Typ-1-Diabetes sind kontinuierliche Blutzuckermesssysteme ein wichtiger Bestandteil der Behandlung, weil sie den Blutzuckerverlauf in Echtzeit überwachen und Schwankungen frühzeitig erkennen. 

Doch inzwischen greifen auch immer mehr stoffwechselgesunde Menschen zu den Geräten, um ihren Blutzuckerspiegel zu kontrollieren.

MaAB-Cave:

Medizinisch notwendig ist das jedoch selten. 

Warum Schwankungen normal sind und wie man sich möglichst blutzuckerfreundlich ernähren kann, erklären ein Experte und eine Expertin vom Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf (DDZ).

Kontinuierliche Blutzuckermesssysteme (CGM) gehören heute fest zur modernen Diabetesbehandlung – vor allem bei Typ-1-Diabetes. 

Ein kleiner Sensor unter der Haut misst dabei in kurzen Abständen den Zuckergehalt in der Gewebsflüssigkeit und sendet die Werte drahtlos an ein Lesegerät oder direkt auf ein Smartphone. 

Manche Systeme arbeiten sogar mit einer Insulinpumpe zusammen, die – je nach Messwert – automatisch die Insulinzufuhr anpasst.

Menschen mit Typ-1-Diabetes profitieren enorm von CGM-Systemen: Sie erkennen zu hohe oder zu niedrige Blutzuckerwerte frühzeitig, helfen bei der Insulinanpassung und können gefährliche Unter- oder Überzuckerungen verhindern.

Wie sinnvoll sind Blutzuckersensor für gesunde Menschen, fragt MaAB:

Weil die Geräte auch ohne Rezept erhältlich sind, tragen immer häufiger auch Menschen ohne Diabetes einen Sensor als Gesundheits-Tracking-Tool. 

Sie wollen den Blutzucker im Blick behalten und sich so ernähren, dass möglichst wenige Schwankungen nach oder zwischen Mahlzeiten entstehen. 

„Natürliche Schwankungen sind allerdings Teil eines gesunden Stoffwechsels und müssen nicht überwacht oder verhindert werden“, betont Dr. Kálmán Bódis, stellvertretender Leiter des Klinischen Studienzentrums am DDZ und Oberarzt an der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Bisher gebe es keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass eine ständige Überwachung ein gesundheitlicher Vorteil für gesunde Personen sein könnte.

Nach jeder Mahlzeit steigt der Blutzuckerspiegel, weil Kohlenhydrate während der Verdauung in Zucker aufgespalten und ins Blut aufgenommen werden. 

Die Bauchspeicheldrüse schüttet Insulin aus, damit der Zucker aus dem Blut in die Zellen gelangt. 

Dort kann er entweder direkt als Energie genutzt oder für später gespeichert werden. 

Wie Menschen auf Lebensmittel reagieren, kann dabei sehr unterschiedlich sein. 

„Selbst bei identischen Mahlzeiten können die Blutzuckerkurven zweier gesunder Personen sehr unterschiedlich aussehen. 

Das liegt unter anderem an der Genetik, dem Darmmikrobiom, der Tageszeit sowie dem Bewegung- und Stresslevel und ist kein Hinweis auf eine Krankheit“, erklärt Bódis und weist auf mögliche Fehlinterpretationen hin: 

„Völlig normale Werte können plötzlich als problematisch erscheinen. 

Das führt schnell zu unnötigen Einschränkungen, strengen Diäten oder einer übermäßigen Fixierung auf Essen und Zahlen“, erklärt der Diabetologe.

MaAB:

Richtig ist: 

Sehr große und häufige Blutzuckerschwankungen können Müdigkeit oder Heißhunger hervorrufen oder auch langfristige Erkrankungen wie Diabetes, Gefäßschäden oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. 

Deshalb ist es sinnvoll, starke Schwankungen möglichst zu vermeiden. 

Am besten gelingt das allerdings durch bewährte Strategien wie eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und eine Mahlzeitenstruktur, die zum Alltag passt.

Rund ein Viertel des Tellers sollte Eiweiß enthalten

Eine einfache Orientierung für jede Mahlzeiten bietet das Tellermodell: 

„Die Hälfte des Tellers sollte aus Gemüse bestehen. Denn die darin enthaltenen Ballaststoffe verlangsamen die Aufnahme von Kohlenhydraten und tragen dazu bei, schnelle Blutzuckeranstiege zu reduzieren“, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin und Diabetesberaterin Julia Schweinitzer vom DDZ. Eiweißquellen wie Fisch, Eier, helles Fleisch oder Hülsenfrüchte sollten etwa ein Viertel der Mahlzeit ausmachen: „Sie unterstützen das Sättigungsgefühl und können die Aufnahme von Kohlenhydraten ebenfalls verzögern, wodurch der Blutzucker langsamer ansteigt.“ 

Ein weiteres Viertel des Tellers kann aus kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Nudeln oder Reis bestehen – bevorzugt in Form von Vollkornprodukten. 

Diese lassen den Blutzuckerspiegel nach dem Essen meist langsamer ansteigen als klassische Varianten wie weißer Reis oder helle Nudeln. 

Als Kohlenhydrate eignen sich auch Pseudogetreide wie Quinoa oder Buchweizen. Hochwertige Fette wie Nüsse, Samen, Avocado oder Pflanzenöle ergänzen die Mahlzeit und liefern wichtige Fettsäuren.

Das gleiche Grundprinzip gilt auch beim Frühstück: 

Kohlenhydrate (Vollkornbrot, Haferflocken, Vollkornmüsli) sollten mit Eiweißen (Eier, Joghurt, Quark) und gesunden Fetten (Avocado, Nüsse, Samen, Olivenöl) kombiniert werden. 

Zum Frühstück gehört idealerweise auch eine Portion Obst oder Gemüse, etwa Beeren oder Rohkost wie Gurke oder Paprika, sodass der Körper bereits am Morgen mit Ballaststoffen und Vitaminen versorgt wird.

Auch auf die Flüssigkeitswahl kommt es an: 

„Wasser, ungesüßter Tee oder Kaffee sind ideal, während stark gesüßte Getränke den Blutzucker rasch ansteigen lassen“, erklärt Schweinitzer. 

Alltagsbewegung, Ausdauersport und Kraftsport senken zudem den Blutzucker, weil Muskeln während und nach der Aktivität mehr Zucker aufnehmen. Schon ein kurzer Spaziergang nach einer Mahlzeit kann Blutzuckerspitzen abmildern und Heißhunger reduzieren.

Dr. Kálmán Bodis
Julia Schweinitzer

Einfluss von Dopamin auf menschliche Entscheidungsprozesse

Das Ergebnis einer neuen Studie zeigt, dass L-DOPA, eine Vorstufe des Neurotransmitters Dopamin, Menschen dazu bringt, länger auf Belohnungen zu warten / Veröffentlichung im „Journal of Neuroscience“

Ein Forschungsteam der Universität zu Köln hat eine der umfangreichsten Studien zum Einfluss von Dopamin auf menschliche Entscheidungsprozesse durchgeführt. 

Als Neurotransmitter erfüllt Dopamin verschiedene Funktionen und spielt beispielsweise bei Motivation und Belohnung eine wichtige Rolle. Das Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Elke Smith und Professor Dr. Jan Peters vom Department Psychologie der Universität zu Köln beobachtete, dass die Testpersonen aufgrund von L-DOPA, einer metabolischen Vorstufe von Dopamin, welche dessen Ausschüttung im Gehirn erhöht, bereit waren, länger auf ihre Belohnungen zu warten. 

Der Effekt entsprach einer Verringerung der Impulsivität im Vergleich zur Placebo-Kontrollgruppe um etwa 20 Prozent. 

Dieser moderate Effekt stellt einige frühere einflussreiche Ergebnisse aus viel kleineren Studien in Frage, die zu dem Schluss gekommen waren, dass L-DOPA impulsive Entscheidungen verstärkt. 

Die Studie “Dopamine and temporal discounting: revisiting pharmacology and individual differences” wurde in der Fachzeitschrift Journal of Neuroscience veröffentlicht.

Bei Entscheidungen bevorzugen Menschen oft kleinere sofortige Belohnungen gegenüber größeren, aber erst später eintreffenden Belohnungen – eine Tendenz, die als hyperbolische Diskontierung bezeichnet wird. 

Starke Diskontierung ist mit impulsiveren Entscheidungen verbunden und tritt häufig auf, wenn das Dopaminsystem des Gehirns verändert ist, beispielsweise bei Substanzmissbrauch und Verhaltenssüchten. 

Es ist zwar bekannt, dass Dopamin die Entscheidungsfindung beeinflusst, doch haben frühere Studien zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt: Mal wurden die Menschen impulsiver, mal waren sie eher bereit zu warten. 

Viele dieser Studien basierten auf kleinen Stichproben, sodass es schwierig war, eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen. Um diese widersprüchlichen Ergebnisse zu klären, führte das Forschungsteam eine vergleichsweise groß angelegte Studie durch, in der zusätzliche Kovariablen berücksichtigt wurden, die individuellen Unterschieden in der Dopaminfunktion zugrunde liegen könnten und die Reaktion von Menschen auf dopaminverstärkende Medikamente beeinflussen können.

In einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie innerhalb derselben Proband*innengruppe erhielten 76 gesunde männliche und weibliche Teilnehmer*innen entweder ein Placebo oder L-DOPA und wählten zwischen einer kleineren sofortigen und einer größeren verzögerten Belohnung. Mithilfe der kognitiven Modellierung, einer Methode, bei der computergestützte mathematische und statistische Modelle zum Verständnis mentaler Prozesse eingesetzt werden, untersuchten sie weiter, wie Dopamin subtilere Aspekte der Entscheidungsfindung beeinflusst, darunter die Geschwindigkeit der Evidenzakkumulation (Sammeln von Informationen), die Vorsicht bei der Reaktion und die Verarbeitungsgeschwindigkeit.

Die Teilnehmenden zeigten den bekannten „Magnitudeneffekt“: Größere Belohnungen verlieren mit der Zeit weniger an Wert als kleinere. L-DOPA führte dazu, dass die Teilnehmenden insgesamt etwas eher bereit waren, auf Belohnungen zu warten, veränderte jedoch den Magnitudeneffekt nicht maßgeblich.

 Außerdem hatte es keinen erkennbaren Einfluss darauf, wie schnell die Teilnehmenden Informationen sammelten, wie vorsichtig sie Entscheidungen trafen oder wie lange sie für ihre Antworten brauchten. Dies deutet darauf hin, dass die Wirkung von Dopamin auf das Warten auf Belohnungen möglicherweise weniger auf Veränderungen grundlegender Entscheidungsprozesse zurückzuführen ist, sondern vielmehr darauf, wie zukünftige Belohnungen im Zeitverlauf bewertet werden. 

Die Wissenschaftler*innen analysierten auch Messgrößen, von denen seit langem angenommen wird, dass sie den Dopamin-Ausgangswert widerspiegeln, wie beispielsweise die Arbeitsgedächtniskapazität, die spontane Augenblinkfrequenz und die Impulsivität. Hier war zu erwarten, dass sie die Reaktion des Einzelnen auf L-DOPA beeinflussen. Diese Indikatoren wurden in früheren Studien mit der Dopaminaktivität in verschiedenen Hirnkreisläufen in Verbindung gebracht – darunter präfrontale Bereiche, die an der kognitiven Kontrolle beteiligt sind, sowie subkortikale Regionen, die die Belohnungsverarbeitung unterstützen. Das Team fand jedoch keine solche Wechselwirkung, was darauf hindeutet, dass diese Messgrößen möglicherweise keine zuverlässigen direkten Indikatoren für den Dopamin-Ausgangswert sind.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass L-DOPA die Bereitschaft des Menschen erhöht, auf Belohnungen zu warten, und liefern damit neue Belege, die einige frühere einflussreiche Studien mit relativ kleinen Stichproben in Frage stellen“, sagt Dr. Elke Smith. „Interessanterweise konnten wir nicht feststellen, dass häufig verwendete Indikatoren für den Dopamin-Ausgangswert, wie beispielsweise die Arbeitsgedächtniskapazität, die spontane Augenblinkfrequenz oder die Impulsivität diesen Effekt beeinflussten. Meiner Ansicht nach erfassen diese Messungen zwar bedeutende individuelle Unterschiede, spiegeln jedoch wahrscheinlich nicht direkt die Dopamin-Ausgangswerte wider, sodass ihre Verwendung als solche möglicherweise nicht valide ist.“

Diese Erkenntnisse tragen zu einem besseren Verständnis der dopaminergen Mechanismen bei, die Entscheidungsprozesse im Gehirn steuern, und helfen zu erklären, warum es unter veränderter Dopamin-Signalübertragung, etwa bei Suchterkrankungen, häufiger zu impulsiven Entscheidungen kommt. „Zukünftige Studien könnten sich damit befassen, wie Dopamin die Entscheidungsfindung bei Patient*innen beeinflusst, um Ansätze für zukünftige Interventionen zu liefern, die die dopaminerge Funktion gezielt beeinflussen sollen“, so Elke Smith.

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Robert Hahn
+49 221 470 2396
r.hahn@verw.uni-koeln.de

Dr. Elisabeth Hoffmann: e.hoffmann@verw.uni-koeln.de

Dr. Elke Smith
Department Psychologie, Universität zu Köln
+49 221 470 7798
elke.smith@uni-koeln.de

Originalpublikation:
Publikation:
https://www.jneurosci.org/content/early/2025/10/23/JNEUROSCI.0786-25.2025

Verringerung der Herzbelastung und des oxidativen Stresses Rhythmusstörungen

OXIDATIVER STRESS SCHALTET KREATINKINASE AN WICHTIGEN STELLEN AUS, SODASS DAS HERZ AUS DEM ENERGIEGLEICHGEWICHT KOMMT

Forschende aus dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz zeigen in einer internationalen, multizentrischen Studie im Journal Circulation, warum der Energietransport bei der Hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) versagen kann und wie sich durch eine Verringerung der Herzbelastung und des oxidativen Stresses Rhythmusstörungen reduzieren lassen.

Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist die häufigste erblich bedingte Herzerkrankung. Sie führt dazu, dass sich die linke Herzkammer verdickt, der Herzmuskel zu stark kontrahiert und übermäßig hart arbeitet. Diese zusätzliche Belastung strapaziert das Energiesystem der Zellen, die Mitochondrien, und kann das Risiko für gefährliche Herzrhythmusstörungen erhöhen. Eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Energieverbrauch und -produktion (Energiehomöostase) spielt die Kreatinkinase. Das Enzym hilft dem Herzen, Energie schnell zu recyceln, sodass jeder Herzschlag die benötigte Energie erhält. 

Welche Rolle die Kreatinkinase bei der HCM spielt, untersuchten Mitarbeiter des Departments Translationale Forschung am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) gemeinsam mit nationalen und internationalen Kooperationspartnern. Die Erkenntnisse wurden im Journal Circulation veröffentlicht.

Starke Herzkontraktionen erhöhen Wasserstoffperoxid in Mitochondrien – Kreatinkinase wird ausgeschaltet

„Wir stellten fest, dass eine Überlastung des Herzmuskels dazu führt, dass die Mitochondrien mehr Wasserstoffperoxid produzieren. Dieses reaktive Sauerstoffmolekül kommt in kleinen Mengen normalerweise als Nebenprodukt vor, zu viel davon jedoch kann die Zellen über längere Zeit stressen oder schädigen. 

Bei der HCM schaltet der sogenannte oxidative Stress die Kreatinkinase an zwei wichtigen Stellen aus: an den Filamenten, wo die Muskelkraft entsteht, und an den Mitochondrien, wo Energie produziert wird“, erläutert Anton Xu, Doktorand am DZHI und Erstautor der Studie. „Das heißt: Wenn die Kreatinkinase ausgeschaltet ist, kann das Herz die Energie nicht dort konstant halten, wo sie am meisten benötigt wird. Das erhöht das Risiko von Herzrhythmusstörungen und verursacht zusätzlichen Stress.“

Mit Myosinhemmern die Kontraktionen verringern und so die Kreatinkinase schützen und Herzrhythmusprobleme reduzieren

Das Team konnte diese Veränderungen in Herzbiopsien von Menschen mit HCM beobachten und sowohl die Ursache als auch die positive Wirkung eines Myosinhemmers in mehreren Labormodellen bestätigen. Myosinhemmer reduzieren die Wechselwirkung zwischen den Eiweißstoffen Aktin und Myosin, was zu einer entspannteren Herzmuskulatur führt.

 „In unseren Untersuchungen konnten wir zudem zeigen, dass sich unter der Wirkung des Myosinhemmers der Wasserstoffperoxidspiegel senkte, die Kreatinkinase-Funktion erhalten blieb und sich abnormale Herzrhythmen verringerten“, berichtet Dr. Vasco Sequeira, Letztautor der Studie. „Unsere Ergebnisse deuten also darauf hin, dass Behandlungen, die die Arbeitsbelastung des Herzens reduzieren und oxidativen Stress begrenzen, dazu beitragen können, das Energiegleichgewicht wiederherzustellen und die Behandlungsergebnisse bei HCM zu verbessern.“

Myosinmotoren des Herzens während jedes Herzschlags in Echtzeit beobachten

Im nächsten Schritt fokussiert sich das Team auf eine fortgeschrittene Form der Kardiomyopathie: die hypertrophe, obstruktive Kardiomyopathie (HOCM). 

Bei dieser Erkrankung verursacht eine Verengung im Ausflusstrakt der linken Herzkammer einen zusätzlichen Widerstand für das aus dem Herzen fließende Blut. 

Dadurch muss das Herz bei jedem Schlag noch stärker arbeiten. 

Zusammen mit Partnern am National Cerebral and Cardiovascular Center in Osaka wollen die Forschenden aus Würzburg realistische Tiermodelle entwickeln. Mithilfe eines speziellen hochauflösenden Röntgensystems können sie dann am japanischen Synchrotron Radiation Research Institute Spring 8 in Harima die winzigen Myosinmotoren des Herzens, also die molekularen Maschinen für die Kontraktion, während jedes Herzschlags in Echtzeit beobachten.

„Dies gibt uns einen beispiellosen Einblick in die Arbeit des Herzens, Schlag für Schlag, und ermöglicht es uns, zu untersuchen, wie gut die kleinsten Blutgefäße den Herzmuskel mit Blut versorgen und wie effizient diese Zellen Energie produzieren und transportieren“, erzählt Vasco Sequeira begeistert.

Messwerte entwickeln, um Patienten zu identifizieren, die von der Behandlung profitieren

Um die Realität besser abzubilden, wird das Team auch metabolischen Stress untersuchen, beispielsweise die negativen Auswirkungen einer fettreichen Ernährung. Im Anschluss soll ebenfalls geprüft werden, ob die Verringerung der obstruktionsbedingten Belastung des Herzmuskels durch Myosinhemmer den Energietransport des Herzens wiederherstellt, die Energieversorgung stabilisiert und das Risiko von Herzrhythmusstörungen reduziert.

„Unser Ziel ist es, einfache Messwerte zu entwickeln, die Ärztinnen und Ärzten dabei helfen, diejenigen Patienten und Patientinnen mit HOCM zu identifizieren, die am ehesten von diesen entlastenden Behandlungen profitieren“, resümiert Prof. Dr. Christoph Maack, Leiter der Translationalen Forschung und Sprecher des DZHI.

Multizentrische Zusammenarbeit und Förderungen

Neben dem Universitätsklinikum Würzburg (UKW) waren folgende Institutionen beteiligt: National Cerebral and Cardiovascular Center (Japan), Monash University und Victor Chang Cardiac Research Institute (Australien), Erasmus MC und Amsterdam UMC (Niederlande), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf/DZHK, University of Glasgow (UK) und University of Porto (Portugal) sowie Kooperationspartner in den USA wie die Mississippi State University und die Vanderbilt University.

Die Arbeit wurde durch nationale und internationale Einrichtungen unterstützt, darunter die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und die Japan Society for the Promotion of Science (JSPS). Bristol Myers Squibb leistete Unterstützung im Zusammenhang mit dem in einigen Experimenten verwendeten Myosin-Inhibitor.

Abbildung: Wie das „Energie-Shuttle“ des Herzens aufgebaut ist.
Die Abbildung zeigt die 3D-Struktur der mitochondrialen Kreatinkinase (Mt-CK; Proteinstruktur-Code 4Z9M). Ein oktameres Enzym, das den Energiefluss und -puffer in Herzmuskelzellen ermöglicht und den stetigen Herzschlag erhält. Die einzelnen Bausteine des Enzyms (Monomere) sind in unterschiedlichen Farben dargestellt. Die dunkelblauen Punkte markieren die Bindungsstellen für energietragende Moleküle (ATP, ADP) und Kreatin/Phosphokreatin (Cr/PCr). Die roten Markierungen heben drei einzelne Cystein-Stellen (Cys63, Cys67 und Cys90) hervor, die bei Patienten mit hypertropher Kardiomyopathie oxidiert vorgefunden wurden. In der vergrößerten Ansicht liegen diese Cysteine etwa 6,5–14,8 Å (ca. 0,7–1,5 nm) voneinander entfernt, was zu weit ist, um stabilisierende (Disulfid-)Brücken zu bilden. Das könnte darauf hindeuten, dass Oxidation in HCM Patienten die Mt-CK Proteinstruktur auf eine Weise beeinträchtigt, die beispielsweise die Anlagerung des Enzyms an Membranlipide schwächt.

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Dr. Vasco Sequeira, sequeira_v@ukw.de

Originalpublikation:
Anton Xu, David Weissman, Katharina J. Ermer, Edoardo Bertero, Jan M. Federspiel, Felix Stadler, Elisa Grünler, Melina Tangos, Sevasti Zervou, Mark T. Waddingham, James T. Pearson, Jan-Christian Reil, Smita Scholtz, Jan Dudek, Michael Kohlhaas, Alexander G. Nickel, Lucie Carrier, Thomas Eschenhagen, Michelle Michels, Cris Dos Remedios, Sean Lal, Leticia Prates Roma, Nazha Hamdani, Diederik Kuster, Inês Falcão-Pires, Christopher N. Johnson, Craig A. Lygate, Jolanda van der Velden, Christoph Maack, Vasco Sequeira. Hypercontractility and Oxidative Stress Drive Creatine Kinase Dysfunction in Hypertrophic Cardiomyopathy, Circulation (American Heart Associationi), October 2025, https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.125.074120

Zeit - Umstellung der Unmut - Uhren

Jedes Jahr sorgt die Umstellung der Uhren für Unmut in weiten Teilen der Bevölkerung und eine entsprechende Medienresonanz. Was sagt die Wissenschaft zu Sinn und Unsinn der Zeitumstellung? Experten diskutieren darüber im Symposium „Zeitumstellung – Sommerzeit aus chronobiologischer und epidemiologischer Sicht“ auf der 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), die vom 27.-29. November 2025 im Hannover Congress Centrum stattfindet.


Die aktuell umfassendste systematische Auswertung von Beobachtungsstudien beim Menschen (149 epidemiologische Originalstudien in 36 Ländern (1)) liefert differenzierte Hinweise auf die Auswirkungen der Umstellung auf Sommerzeit bzw. des Lebens mit Sommerzeit im Vergleich zur Winterzeit auf die Gesundheit des Menschen. Das Kernergebnis ist, dass sowohl negative als auch positive Auswirkungen auf die Gesundheit beobachtet werden.

Chronobiologischer Hintergrund für die Forschung ist, dass als Folge der Zeitumstellungen – in Deutschland erstmals zum 1. Mai 1916 umgesetzt – circadiane Rhythmen gestört und z.B. die Schlafdauer und Schlafqualität beeinflusst werden können. Offene Schlüsselfragen sind, welche kurz-, mittel- und langfristigen Verbindungen es durch die Zeitumstellungen mit Gesundheit und Krankheit gibt.

Damit beschäftigt sich Univ.-Prof. Dr. Thomas C. Erren, MPH, Direktor am Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Umweltmedizin und Präventionsforschung der Universität zu Köln, in seinem Vortrag „Zeitumstellungen, Gesundheit und Krankheit: Was zeigt die Epidemiologie?“. „Epidemiologische Studien sind von großem Interesse, da sie zeigen können, ob das, worauf mechanistische Studien und Tierversuche möglicherweise hinweisen, tatsächlich relevant für den Menschen ist bzw. sein kann“, sagt Erren.
Dazu hat er gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern diese 149 epidemiologischen Studien ausgewertet: „Die Studien weisen z.B. darauf hin, dass die Umstellung auf Sommerzeit das Risiko tödlicher Verkehrsunfälle erhöhen, aber die Zahl der Straftaten mit Körperverletzung verringern kann. Im Gegensatz dazu geht die Umstellung auf Winterzeit mit einem Rückgang der Gesamtsterblichkeit, der tödlichen Verkehrsunfälle und der Arbeitsunfälle einher, aber auch mit einem Anstieg der Straftaten mit Körperverletzung. Die Umstellung auf Winterzeit scheint die Schlafdauer zu verlängern. Das Leben mit Sommerzeit und Winterzeit ist mit einer Verringerung der Gesamtsterblichkeit verbunden.“ In der Gesamtschau seien die Einzel- und Gesamteffekte der Zeitumstellungen auf Gesundheit und Krankheit nicht ausreichend verstanden, fasst Thomas Erren zusammen. „Die Vorteile der Sommerzeit in Sommermonaten auf die Sterblichkeit, des Winterzeit-Überganges auf den Schlaf und die Sterblichkeit sowie der Winterzeit auf den Schlaf können Argumente für eine Beibehaltung der Zeitumstellungen sein. Negative Auswirkungen des Zeitumstellungs-Überganges im Frühling könnten durch Strategien zum Schutz von Personen mit erhöhtem Risiko für Herzinfarkte (2), zur Verringerung von Verkehrsunfällen und zur Verhinderung von Straftaten gemildert werden“ schlussfolgert er.

Neben diesem weltweiten Blick zeigt eine neue Studie zu Schlafzeiten in Deutschland, dass viele der knapp 60.000 Teilnehmer ihren Schlaf nicht vollständig an die Sommerzeit anpassten, sondern über die sieben Monate der Sommerzeit im Mittel nur ungefähr 50 der eigentlich 60 Minuten Verschiebung kompensierten. Sie hinkten also über die Sommerzeit im Mittel 10 Minuten hinterher in ihrem Schlaf, der per Wearables bis zu 2,7 Jahre aufgezeichnet wurde. „Dies ist genau, was man aus Sicht der biologischen Tagesrhythmik erwarten würde und die Warnungen vieler Schlafgesellschaften inklusive die der DGSM vor negativen Folgen der Sommerzeit auf den Schlaf weiter bestätigt“, sagt Dr. Eva Winnebeck, Assistenz-Professorin an der Universität von Surrey, Großbritannien, die die Datenauswertung dieser noch unveröffentlichten Studie leitete.

„Es ist schon lange bekannt, dass das Wann und Wie unseres Schlafes stark von unserer biologischen Tagesrhythmik gesteuert wird, die wiederum von der täglichen Lichtexposition beeinflusst wird. Und die Sommerzeitregelung greift in dieses tägliche Lichtsignal empfindlich ein.“ Während der Sommerzeit verlagern sich Schul- und Arbeitszeiten um eine Stunde nach vorne, was für die meisten bedeutet, eine Stunde früher aufstehen zu müssen. Dies reduziert für viele vor allem am Anfang und Ende der Sommerzeit, also im Frühjahr und Herbst, die Tageslichtverfügbarkeit am Morgen und macht damit früheres Aufstehen schwieriger, u.a. durch eine spätere Taktung der Tagesrhythmik. „Zum Glück sind die Sonnenaufgänge in Deutschland über den Hochsommer aber so früh, dass der Mangel an Morgenlicht im Hochsommer gut kompensiert werden sollte. Tatsächlich begünstigen sommerliche Lichtbedingungen generell eine frühere Tagesrhythmik und damit früheren Schlaf, was die erfolgreiche Vorverschiebung von 50 Minuten in unserer Studie gut erklären könnte“ erläutert Dr. Winnebeck, „Dieser natürliche, saisonale Vorteil wird allerdings durch die Umstellung auf die (künstliche) Sommerzeit wieder weggenommen. Die Daten unserer Studie deuten an, dass durch die Sommerzeit viele im Sommer eventuell noch einmal zehn Minuten schlechter dran sind als im Winter, statt einen Vorteil zu haben.“ Sie weiß als Chronobiologin und Schlafforscherin, dass wir generell als Gesellschaft mit Schlafmangel und mit zu späten Schlafzeiten zu kämpfen haben und es vielen schwer fällt, rechtzeitig aufzustehen - mit immer besser nachgewiesenen akuten und langfristigen Risiken für die Sicherheit und die körperliche und mentale Gesundheit.

Die genauen Auswirkungen der Sommerzeit auf jeden Einzelnen, auf die öffentliche Gesundheit über die deutsche Bevölkerung und vor allem über Länder hinweg sind aber natürlich stark abhängig von einzelnen Zeiten und Verhalten sowie kulturellen, geographischen und saisonalen Lichtbegebenheiten, was eine umfassende weltweite Datenauswertung stark erschwert. „Was jedoch den Schlaf und die chronobiologische Gesundheit angeht“, so Winnebeck, „deuten immer mehr Studien stark darauf hin, dass die Abschaffung der Sommerzeit eine einfache, gesellschaftliche Maßnahme sein könnte, um für viele einen besseren und gesünderen Schlaf zu ermöglichen.“

Wir erklären Ihnen die Nacht!

Die Geschehnisse in der Nacht und vielleicht der Schlaf selbst sind in vielerlei Hinsicht unerklärlich. Die Schlafforschung und Schlafmedizin bringt immer mehr Licht ins Dunkel. Daher wissen wir inzwischen, wie wichtig dieser Abschnitt in unserem Leben für die menschliche Gesundheit ist. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Nacht besser verstehen zu lernen, dieses Wissen öffentlich weiterzugeben und dadurch den Schlaf mehr wertzuschätzen. Auch die Jahrestagung der DGSM trägt dazu bei.


Romy Held,
Tel.: +49173/5733326
E-Mail: romy.held@conventus.de

Quellen:
(1) Daylight-Saving Time & Health: A Systematic Review of Beneficial & Adverse Effects https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2025.03.17.25324086v2

(2) Zeitumstellungen und Herzinfarktrisiko - Systematisches Review und Metaanalyse https://www.aerzteblatt.de/archiv/zeitumstellungen-und-herzinfarktrisiko-ffe2be6...

Chronischer Lungenerkrankungen

Warum führen Virusinfektionen bei manchen Asthmabetroffenen zu gefährlichen Krankheitsschüben, während andere kaum Beschwerden haben? Wissenschaftlerinnen

und Wissenschaftler des Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB) haben nun den zugrunde liegenden Mechanismus entschlüsselt und einen Biomarker gefunden, der schwere Verläufe vorhersagen und neue Therapieoptionen ermöglichen könnte. 

Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Allergy veröffentlicht.

Virusinfektionen der Atemwege stellen viele Patientinnen und Patienten mit Asthma vor eine große Herausforderung, denn diese rufen nicht nur einen grippalen Infekt oder eine Bronchitis hervor, sondern bei manchen auch eine akute Verschlimmerung der Asthma-Symptome. 

Für die Betroffenen bedeutet diese akute Exazerbation bestenfalls, dass der Verlust der medikamentös erreichten Symptomkontrolle durch eine Anpassung der Medikamentendosis wiedererlangt werden kann. 

Schlimmstenfalls ist die Exazerbation so schwer, dass die zu behandelnde Person im Krankenhaus versorgt werden muss oder gar lebensrettende Maßnahmen ergriffen werden müssen. 

Erschwerend kommt hinzu, dass es zum einen bislang möglich nicht ist, diejenigen Patientinnen und Patienten zu identifizieren, die zu solchen Exazerbationen neigen. 

Zum anderen steht keine spezielle Therapie der Exazerbation zur Verfügung, so dass darauf zurückgegriffen werden muss, die Dosis der verfügbaren Medikamente in der Hoffnung auf Besserung zu erhöhen, was in schweren Fällen häufig nicht gelingt. 

Dies ist darin begründet, dass die Frage, wie die Exazerbation tatsächlich entsteht, derzeit nicht geklärt ist, denn eine Exazerbation tritt nicht bei jedem Infekt und nicht bei jedem Patienten auf.

Die Forschungsgruppen „Epigenetik chronischer Lungenerkrankungen“ und „Lungenimmunologie“ am FZB haben zusammen einen neuen Mechanismus entdeckt, der eine Antwort auf diese Frage geben und sowohl diagnostische als auch therapeutische Perspektiven eröffnet: 

In einem Mausmodell für die akute Asthma-Exazerbation zeigte sich, dass unter allen Zytokinen das Interleukin (IL) 6 dasjenige ist, das in Reaktion auf den Exazerbationsauslöser am frühsten und in größter Menge freigesetzt wird. 

Tatsächlich ging es der Maus umso schlechter, je mehr IL-6 gebildet wurde. 

Fehlt jedoch einer Maus das IL-6 (z.B. durch einen gentechnischen knock-out) oder wird es an seiner Funktion gehindert (z.B. durch Gabe eines Antikörpers), ist sie vor der Auslösung der Exazerbation geschützt. Die hohe Freisetzung von IL-6 ist demnach unbedingt notwendig für die Exazerbation – aber wie kommt es dazu?

Um diese Frage zu beantworten haben die Forschenden nun Atemwegsepithelzellen, die das Ziel aller respiratorischen Viren sind und die auf Infektionen mit der Freisetzung von IL-6 reagieren, in-vitro – also im Labor - wiederholt mit Rhinoviren infiziert. Tatsächlich reagierten diese Zellen mit einer immer höheren Freisetzung von IL-6, je häufiger sie infiziert wurden. Interessanterweise ist diese gesteigerte Produktion epigenetisch durch ein bestimmtes Methylierungsmuster des IL6-Gens fixiert, so dass sie eine Art Gedächtnis bildet und erinnert werden kann. Damit gelang zum einen die Übertragung des Konzepts der sog. „trained immunity“ auf strukturbildende Epithelzellen.

Zum anderen wurden diese Methylierungsmuster auch in einer Gruppe von Asthmapatienten gefunden, bei denen sie nicht nur mit einer hohen Expression von IL-6 und dem Bedarf an Notfallmedikamenten korrelierte, sondern auch prädiktiv ist für zukünftige Exazerbationen. Damit ist ein erster Schritt getan, um diejenigen Asthmapatienten mit hohem Exazerbationsrisiko zu identifizieren, die darüber hinaus eventuell auch von einer antikörper-basierten Anti-IL-6-Therapie profitieren könnten.

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Prof. Dr. rer. nat. Markus Weckmann
Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum
Leiter der Forschungsgruppe "Epigenetik chronischer Lungenerkrankungen"
Mail: mweckmann@fz-borstel.de

PD Dr. Michael Wegmann
Leiter der Forschungsgruppe "Lungen-Immunologie"
Mail: mwegmann@fz-borstel.de

Originalpublikation:
Lunding, L. P., Weckmann, M., Zissler, U. M., Jakwerth, C. A., Bodenstein-Sgró, R., Webering, S., Vock, C., Ehlers, J. C., Fernandez Ceballos, R. A. M., Nemani, S. S. P., Reddy, K. D., Oliver, B., Vermeulen, C., Van den Berge, M., Ober, C., Künstner, A., Busch, H., König, I., Garbers, C., Schmidt-Weber, C., Nold-Petry, C. A., Bahmer, T., Heyckendorf, J., Hansen, G., von Mutius, E., Rabe, K., Dittrich, A., Schaub, B., Brinkmann, F., Kopp, M., & Wegmann, M. (2025). Immune training of the interleukin-6 gene in airway epithelial cells is central to asthma exacerbations. Allergy. https://doi.org/10.1111/all.70070

Geburtsbedingten Einkommensverluste

Der Einkommensverlust von Müttern nach der ersten Geburt ist in Deutschland noch wesentlich größer als bisher angenommen. 

Mütter verdienen im vierten Jahr nach der Geburt durchschnittlich fast 30.000 Euro weniger als gleichaltrige Frauen noch ohne Kinder – mit langfristigen Auswirkungen auf Karriere und die spätere Rente. 

Bisherige Schätzungen lagen bei rund 20.000 Euro und damit etwa 30 Prozent zu niedrig. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des ZEW Mannheim mit der Universität Tilburg.

„Werden Frauen unter 30 Jahren erstmals Mutter, erleiden sie einerseits Verluste im gegenwärtigen Einkommen, andererseits verpassen sie auch wichtige Karriereschritte in der besonders prägenden frühen Berufsphase mit entsprechenden Folgen für ihren weiteren Werdegang. Frauen, die zu einem späteren Zeitpunkt Kinder bekommen, haben diese Phase mit häufig hohem Lohnwachstum bereits durchlaufen und sich im Arbeitsmarkt etabliert. 

Deshalb verzeichnen sie in absoluten Zahlen stärkere Einbußen im Einkommensniveau, beispielsweise durch reduzierte Arbeitszeiten. Langfristig gelingt es ihnen aber besser, ihre Karriere nach der Geburt wieder aufzunehmen. Die Verluste nach der ersten Geburt entwickeln sich also unterschiedlich für Mütter unterschiedlichen Alters“, erklärt Studien-Koautor Dr. Lukas Riedel aus der ZEW-Forschungsgruppe „Ungleichheit und Verteilungspolitik“.

„Je älter und damit berufserfahrener die Mutter, desto geringer sind nach einigen Jahren die Verluste gegenüber dem Einkommen vor der Geburt. Da jüngere Mütter durch die Geburt auch Lohnwachstum verpassen, sind ihre relativen Verluste größer und weisen in der Zeit nach der Geburt zudem einen deutlich negativen Trend auf. Sie können den Karriererückstand nach der Geburt also oft nicht mehr aufholen“, ergänzt Riedel.

Verzerrte Ergebnisse korrigiert

Die beobachteten Einkommensverluste bei Müttern nach der ersten Geburt werden häufig als „Child Penalty“ bezeichnet. In der aktuell gängigen Methode werden diese Verluste mithilfe sogenannter Event Studies geschätzt. Die Forschung entwickelte sich methodisch allerdings weiter. Deshalb kann die ZEW-Studie zeigen, dass die konventionelle Event Study Schwachstellen hat und zu verzerrten Ergebnissen führt.

Bleibt das Alter bei der ersten Geburt außen vor, werden Mütter untereinander verglichen, obwohl beide Gruppen bereits die Auswirkungen der Geburt auf ihr Einkommen erfahren. Für verlässliche Ergebnisse müssten Mütter aber mit gleichaltrigen Frauen verglichen werden, die noch keine Kinder haben. Die Autoren schlagen deshalb ein angepasstes Verfahren vor: „Unsere Schätzmethode nutzt nur saubere Vergleiche mit gleichaltrigen Frauen, die noch kein Kind haben. So können wir die Einkommensentwicklung im Fall ohne Geburt realistisch abbilden sowie die weiter fortgeschrittenen Karrieren älterer Mütter berücksichtigen“, sagt Valentina Melentyeva, Koautorin von der Universität Tilburg in den Niederlanden.

„Dieses Vorgehen erlaubt nicht nur, die Einkommensverluste nach der Geburt abhängig vom Alter der Mütter zu schätzen. Zusätzlich lassen sich so auch unterschiedliche Ursachen für die Gehaltsunterschiede analysieren“, ergänzt Riedel.

Amtliche Statistiken zu über 186.000 Müttern

Die ZEW-Studie überprüft das bisher gängige „Event Study“-Modell, das zur Ermittlung von Einkommensverlusten nach der ersten Geburt herangezogen wird. Sie verwendet amtliche deutsche Daten von über 186.000 Müttern aus der „Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien“, erhoben zwischen 1975 und 2021.

Allgemein gilt, dass die geburtsbedingten Einkommensverluste langfristige Auswirkungen haben. Vergleichsweise traditionelle Geschlechterrollen in Deutschland und ein Kinderbetreuungsangebot, das trotz mehrerer Ausbauschritte oft keine Vollzeitarbeit erlaubt, tragen häufig zu dauerhafter Teilzeitarbeit von Müttern bei, sodass beispielsweise für sie häufig auch die Rentenzahlungen niedriger ausfallen.

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Dr. Lukas Riedel
Wissenschaftler in der ZEW-Forschungsgruppe „Ungleichheit und Verteilungspolitik“
Tel.: +49 (0)621 1235-353
E-Mail: Lukas.Riedel@zew.de

Originalpublikation:
https://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp25033.pdf

Neurologischen Entwicklungsstörung

Auf den Punkt gebracht:
• Neue Entwicklungsstörung entdeckt: Varianten des UNC13A-Gens sind Ursache für schwere neurologische Beeinträchtigungen.

• Drei Formen der Entwicklungsstörung identifiziert: Je nach Variation haben Betroffene unterschiedliche Symptome mit unterschiedlichem Schweregrad, die auf verschiedenen molekularen Mechanismen beruhen.

• Möglicher Ansatz für Therapien: In Zukunft könnten sogenannte Antisense-Oligonukleotid-Therapien, die ausschließlich die Produktion krankmachender UNC13A-Proteine unterdrücken, die Symptome bei zwei Formen der Krankheit abschwächen.

Eine E-Mail schreiben, zum Bus rennen, das Lied im Kopfhörer mitsummen – damit wir denken, fühlen oder handeln können, müssen unsere rund 100 Milliarden Nervenzellen miteinander kommunizieren. 

Über sogenannte Synapsen werden dabei Informationen mit Botenstoffen zwischen Zellen übertragen. Eine einzelne Nervenzelle kann bis zu 10.000 solcher Synapsen ausbilden – entsprechend zahlreich sind ihre zellulären Kommunikationspartner.

Ein Schlüsselprotein bei der synaptischen Signalübertragung ist das Protein UNC13A (Munc13-1), das daran beteiligt ist, Botenstoffe – Neurotransmitter genannt – freizusetzen. Darüber hinaus spielt UNC13A eine Rolle bei der Anpassungsfähigkeit von Synapsen, die für Lern- und Gedächtnisprozesse entscheidend ist.

Neue Entwicklungsstörung

Varianten des UNC13A-Gens, das den Bauplan des Proteins UNC13A enthält, können zudem eine bisher unbekannte neurologische Entwicklungsstörung auslösen. Dies haben Forschende um Nils Brose vom Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften und Noa Lipstein, ehemals Mitarbeiterin in Broses Abteilung und jetzt Gruppenleiterin am Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie, gemeinsam mit den klinischen Genetiker*innen Anita Rauch (Universität Zürich, Schweiz) und Reza Asadollahi (University of Greenwich, UK) entdeckt. Ihre Erkenntnisse wurden jüngst in der Zeitschrift Nature Genetics veröffentlicht.

Im Rahmen weltweiter Kooperationen mit zahlreichen Kliniken identifizierte das Team bislang rund 50 Patient*innen, bei denen dieses Syndrom diagnostiziert wurde. Viele von ihnen haben so eine Erklärung für ihr Krankheitsbild erhalten. Das Spektrum der Beeinträchtigungen durch das veränderte Gen reicht dabei von verzögerter Entwicklung und geistigen Beeinträchtigungen über Sprach- und Bewegungsstörungen bis hin zu Zittern und Krampfanfällen. In einigen Fällen kommt es auch zum Tod im frühen Kindesalter.

Drei Formen der Entwicklungsstörung

Die Abteilung Molekulare Neurobiologie von Nils Brose erforscht seit vielen Jahren die Wirkweise des Proteins UNC13A. Nur diese langjährigen Anstrengungen ermöglichten es, die Ursachen der Entwicklungsstörung auf molekularer Ebene zu entschlüsseln.

Mithilfe elektrophysiologischer Studien an Mäusen und dem Fadenwurm C. elegans konnte das Forschungsteam aufklären, wie sich verschiedene Varianten des UNC13A-Gens auf die Funktion von Nervenzell-Synapsen auswirken. In bislang 20 Fällen ist es auf diese Weise gelungen, die Krankheitsursachen aufzuklären.

„Die Symptome variieren, je nachdem, welche Funktion das UNC13A-Protein nicht mehr ausüben kann“, erklärt Lipstein. „Die krankheitsauslösenden Genvarianten lassen sich in drei Subtypen der Erkrankung zusammenfassen, bei denen jeweils andere Beeinträchtigungen von Nervenzellen auftreten. Sie rufen jeweils ein eigenes Krankheitsbild hervor und erfordern daher unterschiedliche therapeutische Ansätze, obwohl die Ursache im selben Gen liegt“, betont die Wissenschaftlerin.

Ansätze für neue Therapien

Die Ergebnisse der Forschenden machen Hoffnung für Therapien: „Antisense-Oligonukleotid-Therapien, die die Produktion krankmachender Proteine unterdrücken und so die relative Häufigkeit des normalen UNC13A-Proteins erhöhen, könnten die Krankheitssymptome bei zwei Formen der Entwicklungsstörung verringern“, sagt Brose. Die neuen Erkenntnisse können zudem Wege eröffnen, um häufigere neurologische Erkrankungen wie ALS, Frontotemporale Demenz (FTD) und die Alzheimer-Krankheit zu behandeln. 

Jüngste Studien zeigten, dass eine veränderte Produktion des UNC13A-Proteins ein Schlüsselfaktor für das Fortschreiten dieser Krankheiten ist.

„Unsere Studien machen den Wert langfristiger Grundlagenforschung deutlich. Die Identifizierung der genauen molekularen Grundlagen dieser neurologischen Entwicklungsstörung ist ein entscheidender Schritt zur Entwicklung von Behandlungsmethoden“, betont Lipstein.

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Prof. Dr. Nils Brose
Abteilung Molekulare Neurobiologie
Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, Göttingen
Tel.: +49 551 201-31725
E-Mail: brose@mpinat.mpg.de

Originalpublikation:
Asadollahi, R. et al.: Pathogenic UNC13A variants cause a neurodevelopmental syndrome by impairing synaptic function. Nature Genetics (22. Oktober 2025)
https://doi.org/10.1038/s41588-025-02361-5

Wenn Glukose knapp ist...Achtung Fettsäuren..

Die Genvariante ApoE4 wird mit einem erhöhten Alzheimer-Risiko in Verbindung gebracht. 

Wie genau sie die neuronale Funktion im alternden Gehirn beeinträchtigt, haben jetzt Forschende des Max Delbrück Center und der Universität Aarhus entdeckt. In „Nature Metabolism“ stellen sie den Mechanismus vor.

Die Genvariante ApoE4 gilt schon lange als wichtigster genetischer Risikofaktor für eine im Alter auftretende Alzheimer-Demenz: 

Wer sie besitzt, hat im Vergleich zu den Nicht-Träger*innen ein zwölfmal so hohes Risiko, an Alzheimer zu erkranken. 

Die nah verwandte Genvariante ApoE3, die beim Menschen am häufigsten vorkommt, erhöht die Anfälligkeit für das Leiden hingegen anscheinend nicht. 

Der Grund für diesen Unterschied war bislang unklar.

Eine Studie in der Fachzeitschrift „Nature Metabolism“ ist der Ursache jetzt auf der Spur: 

Wenn Glukose knapp ist, können Neuronen, die dem ApoE3-Protein ausgesetzt sind, langkettige Fettsäuren als alternative Energiequelle nutzen. 

Dieser lebenswichtige Stoffwechselweg ist im ApoE4-Gehirn blockiert.

„Die Fähigkeit, Glukose zu verwerten, nimmt im alternden Gehirn ab, sodass die Nervenzellen gezwungen sind, alternative Energiequellen zu nutzen“, erklärt Letztautor Professor Thomas Willnow, der am Max Delbrück Center die Arbeitsgruppe „Molekulare Herz-Kreislaufforschung“ leitet und am Institut für Biomedizin der Universität Aarhus in Dänemark eine Professur innehat. 

„ApoE4 hindert die Neuronen anscheinend daran, Fette als alternative Energiequelle zu nutzen, wenn die Versorgung mit Glukose nachlässt.“

Experimente mit Mäusen und menschlichen Neuronen

Das Gehirn verbraucht etwa ein Fünftel der im Körper vorhandenen Glukosezufuhr. 

Mit zunehmendem Alter nimmt seine Fähigkeit, den Zucker zu verstoffwechseln, jedoch ab. 

Dieses Nachlassen ist sowohl Teil normaler Alterungsprozesse als auch einer Alzheimer-Demenz – und es nimmt in der Regel schon viele Jahre, bevor die ersten Symptome der Krankheit auftreten, seinen Lauf.

ApoE, das vom ApoE-Gen kodierte Protein, gehört zu einer Familie fettbindender Proteine, den Apolipoproteinen. 

Im zentralen Nervensystem wird ApoE vor allem von bestimmten Gehirnzellen, den Astrozyten, freigesetzt. 

Es hilft dabei, Lipide zu den Neuronen zu transportieren.

Um zu verstehen, warum die ApoE4-Variante das Risiko für Alzheimer im Vergleich zu ApoE3 so dramatisch erhöht, haben die beiden Erstautorinnen der Studie, Dr. Anna Greda, Assistenzprofessorin in Willnows Arbeitsgruppe in Aarhus, und Dr. Jemila Gomes, die dort promoviert hat und nun als Postdoc in Willnows Berliner Team forscht, mit den Technologieplattformen „Pluripotent Stem Cells“ und „Electron Microscopy“ des Max Delbrück Center zusammengearbeitet. Die Forschenden verwendeten gentechnisch veränderte Mäuse, die das menschliche ApoE3- oder ApoE4-Gen trugen. In ihrem Mausmodell fanden sie heraus, dass das Protein ApoE3 mit einem Rezeptor namens Sortilin interagiert, um Fettsäuren in die Nervenzellen zu transportieren. 

ApoE4 hingegen stört die Funktion von Sortilin und verhindert so die Aufnahme der Lipide in die Neuronen.

Im nächsten Schritt prüften die Wissenschaftler*innen, ob ihre an Mäusen gewonnenen Erkenntnisse auch für die Gesundheit des menschlichen Gehirns relevant sind. Sie nutzten dafür Neuronen und Astrozyten mit verschiedenen ApoE-Genvarianten, die sie aus menschlichen Stammzellen gezüchtet hatten. In den gezüchteten Zellen konnte das Team erneut beobachten, dass ApoE3 es den Neuronen ermöglichte, langkettige Fettsäuren zu verstoffwechseln – während ApoE4 diese Fähigkeit unterband.

„Mithilfe der transgenen Mausmodelle und der aus Stammzellen gewonnenen menschlichen Gehirnzellen-Modelle haben wir entdeckt, dass der Stoffwechselweg, über den Nervenzellen Lipide zur Energiegewinnung verbrennen, in Anwesenheit von ApoE4 nicht funktioniert. Denn diese ApoE-Variante blockiert den für die Lipidaufnahme erforderlichen Rezeptor auf den Nervenzellen“, fasst Greda die Studienergebnisse zusammen.

Neue Alzheimer-Therapien

„Unsere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass das Gehirn mit zunehmendem Alter in hohem Maße darauf angewiesen ist, für die Energiegewinnung von Glukose auf Lipide umschalten zu können“, fügt Gomes hinzu. „Menschen, die das ApoE4-Gen besitzen, sind dazu offenbar nicht in der Lage – was ihr Risiko für eine Unterversorgung und den Tod von Nervenzellen im Alter erhöht.“ Die Studie eröffne jedoch neue Wege für Interventionen, um die Nutzung von Lipiden als Energiequelle bei ApoE4-Trägern zu verbessern, sagt Gomes.

Medikamente, die die Verwertung von Lipiden beeinflussen, seien bereits auf dem Markt, ergänzt Willnow. Diese Wirkstoffe könnten nun auf ihr Potenzial bei Menschen mit der ApoE4-Genvariante untersucht werden. Nachgewiesen haben die Forschenden schon, dass die Behandlung von Neuronen mit der pharmakologischen Substanz Bezafibrat den Fettsäurestoffwechsel in ApoE4 exprimierenden Zellen wiederherstellen kann. Natürlich müssten solche Medikamente in klinischen Studien getestet werden, sagt Willnow. „Ich bin aber zuversichtlich, dass unsere Forschung neue Behandlungsmöglichkeiten gegen diese verheerende Krankheit aufzeigen wird.“

Max Delbrück Center

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft legt mit seinen Entdeckungen von heute den Grundstein für die Medizin von morgen. An den Standorten in Berlin-Buch, Berlin-Mitte, Heidelberg und Mannheim arbeiten unsere Forschenden interdisziplinär zusammen, um die Komplexität unterschiedlicher Krankheiten auf Systemebene zu entschlüsseln – von Molekülen und Zellen über Organe bis hin zum gesamten Organismus. In wissenschaftlichen, klinischen und industriellen Partnerschaften sowie in globalen Netzwerken arbeiten wir gemeinsam daran, biologische Erkenntnisse in praxisnahe Anwendungen zu überführen – mit dem Ziel, Frühindikatoren für Krankheiten zu identifizieren, personalisierte Behandlungen zu entwickeln und letztlich Krankheiten vorzubeugen. Das Max Delbrück Center wurde 1992 gegründet und vereint heute eine vielfältige Belegschaft mit rund 1.800 Menschen aus mehr als 70 Ländern. Wir werden zu 90 Prozent durch den Bund und zu 10 Prozent durch das Land Berlin finanziert.

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Professor Thomas Willnow
Gruppenleiter „Molekulare Herz-Kreislaufforschung“
Max Delbrück Center
willnow@mdc-berlin.de

Originalpublikation:
Anna Greda, Jemila Gomes, et al. (2025): „Interaction of sortilin with apolipoprotein E3 enables neurons to use long-chain fatty acids as alternative metabolic fuel“. Nature Metabolism, DOI:10.1038/s42255-025-01389-5


Weitere Informationen finden Sie unter
- AG Willnow
- Porträt
- Paper

Konsum von Krötengift

Die Kröte gehört als Grusel-Accessoire zu Halloween. Sie gilt traditionell als Beigabe zu Zaubertrank und Hexengebräu. Heute weiß man aus der pharmakologischen und toxikologischen Forschung, welche berauschenden und giftigen Substanzen bestimmte Arten dieser Amphibien über Sekrete oder Schleim absondern. 

Dies erklärt einen neuen, durchaus gefährlichen Trend, der von Australien über die USA nun auch nach Europa gekommen ist: 

der Konsum von Krötengift, beispielsweise durch Abschlecken dieser Amphibien. 

Was der Ulmer Pharmakologe und Toxikologe Professor Holger Barth über dieses eigenartige Phänomen zu sagen hat und warum er ausdrücklich vor dem „Konsum“ von Kröten abrät, lesen Sie hier:

Mussten Sie heute auch schon ‚eine Kröte schlucken‘, um ein Ziel zu erreichen? Diese Metapher zeigt, dass die meisten Menschen Kröten eher als unappetitlich oder gar ekelhaft empfinden. Nun, das Schlucken unserer heimischen Kröten wäre wohl nicht nur gewöhnungsbedürftig, sondern vermutlich auch gesundheitsschädlich, denn der Krötenschleim enthält Toxine, die auf das Herz wirken, vergleichbar den bekannten Digitalis-Giften des Fingerhutes. 

Wie einige Amphibien, beispielsweise der Feuersalamander, stellen Kröten Giftstoffe her, so genannte Bufotoxine, die aus Drüsen auf ihre Haut ausgeschieden werden. 

Sie wirken gegen Fressfeinde, verhindern aber auch die Besiedelung durch Bakterien oder Pilze.

Während hierzulande der Konsum heimischer Amphibien eher wenig attraktiv ist, schleckt man in anderen Regionen wie den USA oder Australien schon mal an der Kröte, um sich in einen Rauschzustand zu versetzen, der dem durch LSD (Lysergsäurediethylamid) ähneln soll. Die dort heimischen Colorado- bzw. Aga-Kröten enthalten in ihrem Schleim neben Bufotoxin ein Gemisch an Halluzinogenen – darunter die Stoffe Bufotenin, Dimethyltryptamin und 5-Methoxymonomethyltryptamin, die dem LSD chemisch ähnlich sind. In Australien, woher diese Praxis ursprünglich stammt, wird auch die Haut der Aga-Kröte (Bufo marinus, bis 25 cm lang) genutzt: Die gifthaltige Krötenhaut wird getrocknet und zu einem berauschenden Sud verkocht oder geraucht. In den USA wird stattdessen die Colorado-Kröte (Bufo alvarius, bis 20 cm lang) verwendet. Bei ihr findet sich das Gift in Form eines weißlichen Sekrets vor allem im Nacken, von wo aus es direkt abgeleckt wird oder in getrockneter Form geraucht werden kann.
Zwar ist in den USA der Konsum von Krötensekret mittlerweile verboten, aber die Tiere dürfen in Terrarien weiter gehalten werden. Auch in Deutschland wird inzwischen das Sekret konsumiert und die Kröten sogar legal gehandelt, da Handel und „Konsum“ dieser Tiere nicht über das Betäubungsmittelgesetz reguliert sind.

Etwa 30 Minuten nach dem Abschlecken der Kröte setzen Empfindungen und Symptome ein, die nach Beschreibung der Krötenschlecker den psychischen und körperlichen Auswirkungen eines LSD-Trips sehr ähnlich sind: Euphorie, Enthemmung, Wahrnehmung von Farben und Lichteffekten, aber auch Verwirrung, Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen. Da man aber – wie bei allen Rauschmitteln aus Tieren, Pflanzen oder Pilzen – nicht abschätzen kann, wie hoch konzentriert Giftstoffe und berauschende Substanzen im Krötensekret vorliegen, kann es zu Vergiftungen mit lebensbedrohlichen Komplikationen wie starkem Blutdruckanstieg und Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand kommen. Der Gebrauch tierischer Halluzinogene ist daher eine durchaus gefährliche Angelegenheit, weshalb vom Konsum dringend abzuraten ist. In diesem Sinne: Schlecken Sie auch zukünftig bitte keine Tiere ab, oder wie der US-Nationalparkdienst für die Besucher auf Facebook postet: „Bitte sehen Sie ab vom Lecken der Kröten!“

Dass wir hin und wieder die ein oder andere Kröte zu schlucken haben, wird sich hingegen wohl nicht vermeiden lassen. Denn wie schreibt der tschechische Dichter und Politiker Viktor Dyk in seinem Theaterstück die „Morgenkröte“ (1908), auf das die Redensart möglicherweise zurückgeht: „(…) wenn man durchs Leben kommen will, müsste man eigentlich jeden Morgen eine Kröte schlucken. Dann kann man einigermaßen sicher sein, dass einem tagsüber nichts Ekelhafteres mehr über die Zunge läuft.“

Zum Autor :

Professor Holger Barth leitet das Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie, Toxikologie und Naturheilkunde am Universitätsklinikum Ulm. Der Wissenschaftler war viele Jahre Präsident der Deutschen Gesellschaft für Toxikologie (GT) sowie der Deutschen Gesellschaft für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie (DGPT). Die Fachgesellschaften befassen sich mit der Ausbildung und Zertifizierung von Fachgutachtern sowie mit Gefährdungsanalysen und Risikoeinschätzungen zu pharmakologischen Substanzen und toxischen Stoffen.
Holger Barth forscht in den Ulmer Sonderforschungsbereichen zum menschlichen Peptidom, zu Trauma und zu bakteriellen Toxinen. Auch für sein Engagement in der Lehre wurde der Wissenschaftler vielfach ausgezeichnet, darunter mehrfach als „Bester Dozent“ für Molekulare Medizin an der Universität Tübingen, wo er kooptiertes Mitglied der Medizinischen Fakultät ist.

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Prof. Dr. Holger Barth, Direktor des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie, Toxikologie und Naturheilkunde am Universitätsklinikum Ulm, E-Mail: holger.barth@uni-ulm.de
https://www.uniklinik-ulm.de/pharmakologie-toxikologie.html

Bei der evidenzbasierten Gesundheitsversorgung gibt es hierzulande Nachholbedarf:

Zum Welttag der evidenzbasierten Gesundheitsversorgung am Montag, 20.10.2025

Bei der evidenzbasierten Gesundheitsversorgung gibt es hierzulande Nachholbedarf: 

Darauf macht Cochrane Deutschland anlässlich des Welttags der evidenzbasierten Gesundheitsversorgung am Montag, 20.10.2025, aufmerksam. „Patientinnen und Patienten in Deutschland haben Anspruch darauf, auf Grundlage vertrauenswürdiger wissenschaftlicher Evidenz behandelt zu werden – also nach dem besten verfügbaren Kenntnisstand“, fordert Prof. Dr. med. Jörg Meerpohl, Direktor von Cochrane Deutschland in Freiburg. „Leider ist das aber bis heute nicht immer sichergestellt.“

Dabei sei eine evidenzbasierte Gesundheitsversorgung angesichts des Milliardendefizits der gesetzlichen Krankenkassen heute wichtiger denn je, so Meerpohl. „Wir müssen dafür sorgen, dass das knappe Geld für jene Therapien oder Untersuchungen ausgegeben wird, die erwiesenermaßen am besten helfen. Und das geht nur, wenn wir wirklich wissen, was wirkt – und was eben nicht.“

Im Alltag aber stoßen Mediziner*innen, Pflegekräfte und anderes Gesundheitspersonal noch immer auf einige Hürden, wenn sie ihre Patient*innen nach dem aktuellsten Stand der Wissenschaft behandeln und betreuen möchten: „Es ist nämlich aus verschiedenen Gründen oft gar nicht so einfach, überhaupt an das beste verfügbare Wissen zu gelangen“, so Meerpohl.

Hürde 1:
Das weltweit aktuellste Wissen zu Medizin- und Gesundheitsfragen liegt häufig nicht gebündelt vor, sondern versteckt sich gewissermaßen verstreut in vielen einzelnen Studien. Diese Studien müssen in so genannten systematischen Evidenzsynthesen zusammengesucht, ausgewertet und zusammengefasst werden. Für diese aufwändige Arbeit braucht es aber Expert*innen: „Es kostet viel Zeit und Geld, die internationale Studienlage in solchen Übersichtsarbeiten umfassend und wissenschaftlich exakt zu bewerten und zusammenzufassen. Deswegen brauchen Forschende dafür mehr öffentliche Fördergelder als bisher“, so Meerpohl. 

„Denn ohne ausreichende Förderung gibt es für viele relevanten Fragen keine hochwertigen Evidenzsynthesen. Und ohne hochwertige Evidenzsynthesen kann es keine vertrauenswürdigen medizinischen Leitlinien für Ärztinnen und Ärzte geben – und also auch keine evidenzbasierte Gesundheitsversorgung.“

Hürde 2:
Ein erheblicher Teil klinischer Studien weltweit bleibt unveröffentlicht. „Das verschwendet nicht nur knappe Forschungsgelder“, so Meerpohl, „sondern verzerrt vor allem auch die Faktenlage.“ Cochrane Deutschland fordert daher, dass neue Studien vor ihrem Beginn verpflichtend registriert und ihre Ergebnisse zeitnah veröffentlicht werden müssen. „Dazu braucht es verbindliche Regelungen, deren Einhaltung auch überprüft wird“, so Meerpohl. „Nur so kann es uns gelingen, Forschung effizienter zu machen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft zu wahren.“

Hürde 3:
Und selbst wenn es verlässliche, evidenzbasierte Informationen zu Medizin- und Gesundheitsfragen gibt, die unabhängig von Interessenskonflikten sind: Längst nicht immer sind sie frei zugänglich und für jeden gut verständlich formuliert. „Eigentlich brauchen wir zu jeder relevanten medizinischen Fragestellung niederschwellige Patienteninformationen genauso wie kompakte Zusammenfassungen für Politiker*innen sowie medizinische Leitlinien und Fachartikel für Expert*innen im Gesundheitssystem“, so Jörg Meerpohl. „Und idealerweise sollten all diese Informationen kostenfrei zur Verfügung stehen. Das ist aber heute nicht der Fall – gerade dann nicht, wenn es um Fachpublikationen geht. Denn die liegen häufig hinter den Bezahlschranken der Verlage.“

Angesichts der großen Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen reicht es aber nicht aus, evidenzbasierte Gesundheitsinformationen besser verfügbar zu machen und im Alltag stärker zu nutzen. Vielmehr müssten dann auch Taten folgen, so Meerpohl, und zum Beispiel all jene medizinischen Maßnahmen und ihre Vergütung überprüft werden, deren Nutzen fraglich sei: „Gesundheitspolitische Entscheidungen werden meist in einem gesellschaftlichen Spannungsfeld getroffen, in dem Evidenz nicht das einzige Argument ist. Aber sie dürfen den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ignorieren“, so Meerpohl. „Denn wenn die verfügbare Evidenz konsequent berücksichtigt wird, können unnötige Behandlungen oder Untersuchungen vermieden werden. Und das würde sich doppelt lohnen: Die Patienten hätten weniger Aufwand – und unser Gesundheitssystem weniger Ausgaben.“

Über Cochrane
Cochrane Deutschland mit Sitz in Freiburg ist Teil der weltweiten, gemeinnützigen Cochrane Collaboration mit Sitz in London. Dieses Netzwerk unabhängiger Wissenschaftler*innen erstellt systematische Übersichtsarbeiten zu verschiedensten medizinischen und gesundheitlichen Fragen – die so genannten Cochrane Reviews. Darin fassen die Forschenden die internationale Studienlage zusammen und bewerten deren Qualität. Ziel ist es, dadurch eine evidenzbasierte, verlässliche Grundlage für medizinische und gesundheitspolitische Entscheidungen zu schaffen. Seit seiner Gründung 1993 hat das Netzwerk bereits mehr als 9000 Cochrane Reviews veröffentlicht.
Weitere Informationen finden Sie unter
Positionspapier „Freien Zugang zu Wissen sicherstellen, evidenzbasierte Gesundheitsversorgung stärken“


Englischsprachige Info-Seite zum Welttag der evidenzbasierten Gesundheitsversorgung

CAVE: Form des Herzinfarkts

Künstliche Intelligenz kann das Risiko von Patient:innen mit der häufigsten Form des Herzinfarkts präziser einschätzen als bisherige Methoden und somit die Behandlung gezielter steuern. Dies zeigt eine internationale Studie unter Leitung der Universität Zürich.

Ärzt:innen, die Patient:innen mit der häufigsten Form des Herzinfarkts – dem sogenannten akuten Koronarsyndrom ohne ST-Hebung – behandeln, stützen sich bislang auf einen festgelegten Score. 

Mithilfe des sogenannten GRACE-Scores werden das Risiko sowie der optimale Zeitpunkt für eine Herzkatheter-Behandlung eingeschätzt und bestimmt. 

Dieser Score ist weit verbreitet und weltweit in internationale klinische Leitlinien integriert. 

Allerdings ist schon lange bekannt, dass die bestehenden Instrumente die Komplexität dieser Patient:innen nicht vollständig erfassen.

Daten von über 600’000 Patient:innen

Die heute in der Fachzeitschrift «The Lancet Digital Health» veröffentlichte Studie zeigt: 

Viele Patient:innen müssen möglicherweise neu eingestuft werden – mit potenziell weitreichenden Folgen für die weltweite Behandlung von Herzinfarkten. 

In der bislang grössten Studie zur Risikovorhersage bei der häufigsten Herzinfarktform analysierte ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Zürich (UZH) die Gesundheitsdaten von über 600’000 Patient:innen aus zehn Ländern.

Dabei wurden die klinischen Studiendaten der sogenannten VERDICT-Studie erstmals mithilfe von KI ausgewertet und das Modell darauf trainiert, jene Patient:innen zu identifizieren, die am meisten von einer frühen Herzkatheterbehandlung – etwa dem Einsetzen eines Stents – profitieren.

Neue Risikoeinteilung der Patient:innen nötig

«Die Ergebnisse waren bemerkenswert: 

Während einige Patient:innen deutlich von einer frühzeitigen Intervention profitierten, zeigte sich bei anderen nur ein geringer oder gar kein Nutzen», sagt Erstautor Florian A. Wenzl vom Zentrum für Molekulare Kardiologie der UZH, der auch am National Health Service in England forscht. Gemäss den Forschenden deutet dies darauf hin, dass die derzeitigen Behandlungsstrategien teilweise die falschen Patient:innen adressieren. Eine umfassende Neustratifizierung der Versorgung, bei der der individuelle Nutzen etablierter Behandlungsstrategien abgeschätzt wird, könnte demnach nötig sein.

Laut Wenzl zeigt die Studie, wie künstliche Intelligenz die Behandlung von Herzinfarkten verändern kann: 

«Indem wir die klinischen Studiendaten erneut analysiert haben, hat unser Modell GRACE 3.0 gelernt, wer tatsächlich von einer frühen invasiven Behandlung profitiert – und wer nicht. Das könnte helfen, in Zukunft die Versorgung dieser Patient:innen sowie die Herzkreislaufgesundheit nach dem Infarkt zu verbessern».

Personalisierte Therapie dank präziserer Risikoabschätzung

Letztautor Thomas F. Lüscher, der am Zentrum für Molekulare Kardiologie der UZH und an der Royal Brompton and Harefield hospitals in London forscht, erklärt: «GRACE 3.0 ist das bislang fortschrittlichste und zugleich praktischste Instrument, um Patient:innen mit der häufigsten Form des Herzinfarkts zu behandeln.» 

Der neue Score ermittelt nicht nur das Risiko genauer, sondern dient auch als Entscheidungshilfe für eine personalisierte Therapie. «Das könnte in Zukunft klinische Leitlinien prägen und dazu beitragen, Leben zu retten», so Lüscher.

Mit dem neuen GRACE 3.0-Score möchten die Forschenden Ärzt:innen ein einfaches, validiertes und KI-gestütztes Instrument zur Verfügung stellen, das sie in der klinischen Praxis unterstützt, und ihnen dabei hilft, Herzinfarkt-Patient:innen zukünftig individueller und wirksamer zu versorgen.

MaAB - Medizin am Abend Berlin Fortbildung en VOR ORT

Dr. med. Florian A. Wenzl
Center for Molecular Cardiology
Universität Zürich
florian.wenzl@uzh.ch
+41 76 749 42 50

Prof. Dr. med. Thomas F. Lüscher
Royal Brompton and Harefield hospitals
London, UK
t.luescher@rbht.nhs.uk
+44 7502 008 487

Originalpublikation:
Wenzl FA, Kofoed KF, Simonsson M, Ambler G, van der Sangen NMR, Lampa E et al. Extension of the GRACE score for non-ST-elevation acute coronary syndrome: a development and validation study in ten countries. Lancet Digit Health. 18 October 2025. DOI: https://doi.org/10.1016/j.landig.2025.100907

Abbau von Aktinfilamenten durch die Schlüsselfaktoren Coronin, Cofilin und AIP1

Funktion und Rolle von Schlüsselfaktoren beim Abbau von Aktinfilamenten von Max-Planck-Forschenden neu definiert

Wenn man sich eine Zelle im Körper vorstellt, erwartet man wahrscheinlich nicht, dass sie sich bewegt. 

Einige Zellen, wie beispielsweise Immunzellen, sind jedoch sehr mobil: 

Sie verändern ständig ihre Form, wandern zu einer Wunde, die geschlossen werden muss, oder jagen Bakterien im Blutkreislauf. Diese Mobilität wird durch das Zytoskelett gewährleistet - einem komplexen Netzwerk aus Filamenten, das fortwährend auf- und wieder abgebaut wird. Wie der Abbau von Aktinfilamenten durch die Schlüsselfaktoren Coronin, Cofilin und AIP1 gesteuert wird, hat nun ein Team unter der Leitung von Stefan Raunser am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund (MPI) aufgeklärt. Ihre Arbeit definiert die Rolle dieser Proteine neu und liefert molekulare Details, die unser Verständnis davon verbessern, wie sich gesunde und bösartige Zellen im Körper fortbewegen.

Zellen wachsen, verändern ihre Form, bewegen und teilen sich. Sie verleihen Geweben Struktur, schließen Wunden und jagen Bakterien im Blut. Diese Mobilität ist Voraussetzung für zahlreiche lebenswichtige Prozesse – etwa die Immunabwehr -, aber sie bildet auch die Grundlage für pathologische Ereignisse wie die Metastasierung. Die mechanische Stabilität der Zelle und ihre Bewegungsfähigkeit werden durch das Zytoskelett gewährleistet, einem dynamischen Netzwerk aus Proteinröhren und -filamenten. Aktinfilamente spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie bilden sich selbst, indem einzelne Aktinproteine polymerisieren.

„Need for Speed“
„Im Durchschnitt können sich Zellen etwa 30 bis 50 Mikrometer pro Stunde fortbewegen – das entspricht ungefähr einem Millimeter pro Tag. Für eine mikrometergroße Zelle ist das sicherlich kein hohes Tempo“, sagt Stefan Raunser, Direktor am MPI Dortmund. „Der molekulare Prozess, der dieser Bewegung zugrunde liegt, muss jedoch mit „rasender“ Geschwindigkeit ablaufen. “Innerhalb von Sekunden wachsen Aktinfilamente unter der Zellmembran und schieben diese vorwärts. Fast ebenso schnell müssen diese Filamente wieder abgebaut werden, um ihre unproduktive Verlängerung zu verhindern und eine optimale Kraftübertragung auf die Membran zu gewährleisten. Der Abbau wird von einem Protein-Trio aus Coronin, Cofilin und AIP1 reguliert - doch die zugrunde liegenden Mechanismen waren bislang unklar.

Jedes Quäntchen Geschwindigkeit herausquetschen
„Mithilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie haben wir 16 3D-Strukturen erhalten, die zeigen, wie diese Proteine gemeinsam auf Aktinfilamente einwirken“, erklärt Wout Oosterheert, Erstautor der Studie und ehemaliger Postdoc im Labor von Stefan Raunser (jetzt Junior-Gruppenleiter am Netherlands Cancer Institute). „Zum ersten Mal konnten wir den Abbau von Aktinfilamenten so detailliert visualisieren, und es stellte sich heraus, dass dieser Prozess mehrere koordinierte Schritte umfasst. Mit anderen Worten: Wir haben einen Tanz zwischen Proteinen entdeckt - eine molekulare Choreografie.“

Zunächst haftet Coronin am Filament und beschleunigt allosterisch die Freisetzung des Phosphats, das nach der ATP-Hydrolyse an Aktin gebunden bleibt. Dies löst auch eine kleine Veränderung in der Verdrehung des Filaments aus, wodurch das Filament für die Bindung mehrerer Cofilin-Proteine vorbereitet wird. Die Cofilin-Bindung drückt Coronin vom Filament weg und schafft so eine Bindungsplattform für AIP1, das dann wie eine Zange wirkt: Es greift das Filament und „quetscht“ es, wodurch die Verbindungen zwischen den Aktin-Einheiten aufgebrochen werden und es schließlich zu einer schnellen Trennung kommt.

Von der Struktur zur Therapie?
Viele Schritte des aufgeklärten Mechanismus waren zuvor nicht erwartet worden. Frühere Forschungen anderer Gruppen hatten suggeriert, dass Cofilin das Hauptprotein ist, das das Aktinfilament durchtrennt, wobei AIP1 nur als Helferprotein fungieren sollte. Die Studie der Max-Planck-Forschenden zeigt jedoch, dass AIP1 das eigentliche Protein ist, das die Durchtrennung vornimmt. „Unsere Strukturuntersuchungen ermöglichten es uns, die Rollen der Schlüsselfaktoren beim Abbau von Aktinfilamenten neu zu definieren”, sagt Raunser. Eine Fehlregulation der beteiligten Proteine ist mit einer Vielzahl von Krankheiten verbunden - von Krebs über Immunerkrankungen bis hin zu Myopathien.

„Unsere Arbeit trägt einen wichtigen Teil zum Verständnis der Aktindynamik bei, und das neue Wissen könnte letztendlich zur Entwicklung neuer Therapeutika führen“, fügt Oosterheert hinzu. „Aus wissenschaftlicher Sicht ist es auch einfach spannend, dass wir die synergistischen Wirkungen von Coronin, Cofilin und AIP1 so detailliert visualisieren konnten. Dies unterstreicht, wie streng reguliert der Abbau des Aktinnetzwerks tatsächlich ist.“

Originalpublikation:
Oosterheert W, Sanders MB, Hofnagel O, Bieling P, Raunser S. Choreography of rapid actin filament disassembly by coronin, cofilin and AIP1. Cell
https://doi.org/10.1016/j.cell.2025.09.016