Prof. Dr. Maximilian Rudert: Das humpelnde Kind am Montag, den 01. Mai 2023 - Hüftschnupfen?

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Das humpelnde Kind: Harmloser Hüftschnupfen oder ernste Knocheninfektion

Bein- und Hüftbeschwerden bei Kindern richtig deuten

Wenn das Kind plötzlich humpelt, sind Eltern oft ratlos. 

Denn die Ursache kann harmlos, aber auch schwerwiegend sein.

 „Vielleicht hat ein humpelndes Kind nur einen leichten Hüftschnupfen im Zusammenhang mit einem Virusinfekt. 

Es kann sich jedoch auch um eine Knochen- oder Gelenkinfektion handeln, die dringend ärztlich behandelt werden muss. 

In jedem Fall ist es ratsam, sich ärztlichen Rat einzuholen“, sagt Prof. Dr. Maximilian Rudert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) sowie Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus und Ordinarius für Orthopädie der Universität Würzburg.

Ein Fachbeitrag dazu ist jetzt in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten“ (OUMN) erschienen.

Ein Hüftschnupfen, auch Coxitis fugax genannt, tritt häufig bei Kindern im Alter von drei bis zehn Jahren auf. Er entsteht meist zwei bis drei Wochen nach einer viralen Infektion der oberen Luftwege oder des Darmtraktes. 

Das Kind tritt nicht richtig auf, ist aber anderweitig gesund. 

Der Hüftschnupfen ist harmlos. „Die Coxitis fugax ist eine Ausschlussdiagnose. Wichtig ist die Abgrenzung beispielsweise zum eitrigen Infekt eines Gelenkes, bei dem schnellstens eine notfallmäßige Operation stattfinden muss“, sagt Prof. Dr. Anna K. Hell, Präsidentin der DGOU-Sektion Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO), Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie Universitätsmedizin Göttingen. Es können aber auch andere Ursachen hinter einem Humpeln stecken.

Auf diese Krankheiten kann Humpeln hinweisen:
• Gelenkentzündungen (eitrige Arthritis) oder Entzündungen am Knochen (Osteomyelitis)
• Hüftschnupfen (Coxitis Fugax): Häufig bei Kleinkindern und im Grundschulalter als Reaktion auf einen viralen Infekt der oberen Luftwege
• Morbus Perthes, eine Durchblutungsstörung des Hüftkopfes
• Fremdkörper in der Fußsohle
• Verletzungen an Knochen, Muskeln, Sehnen, Bändern oder Gelenkkapseln nach Unfällen, z.B. beim Sport
• Toddler´s Fraktur: Haarriss in den langen Röhrenknochen beim Kindergartenkind durch ein Bagatelltrauma
• Rheumatische Erkrankungen
• Tumoren
• Hüftkopfabrutsch (Epiphyeolysis capitis femoris – ECF): tritt häufig in der Pubertät auf

Ob die Ursache für das Humpeln harmlos oder schwerwiegend ist, sollte ärztlich ermittelt werden. Ist das Kind alt genug, kann es mitteilen, ob es sich einen Fremdkörper in die Sohle eingetreten oder sich beim Sport verletzt hat. Ein eingezogener Splitter oder ein blauer Fleck sind sichtbar, die Körperstelle reagiert auf den Fingerdruck beim Abtasten.

Bei diesen 5 Symptomen sollten Eltern das humpelnde Kind einem Kinderorthopäden oder einer Kinderorthopädin vorstellen:
1. Schlechter Allgemeinzustand mit Fieber
2. Schmerzen treten auch nachts auf und das Kind wacht davon auf
3. Zunehmende Schmerzen unabhängig von der Belastung
4. Symptome halten bei einem sonst gesunden Kind länger als sieben Tage an
5. Keine Verletzungsursache bekannt und Herkunft der Schmerzen unklar


Bei der Diagnosefindung spielen auch Aussagen zur Schmerzqualität eine große Rolle: 

Das Kind muss mitteilen, wann und wo der Schmerz auftritt und auf weitere Fragen antworten: 

Sind die Schmerzen abnehmend, zunehmend oder gleichbleibend und strahlen sie aus? 

Besteht der Schmerz schon länger und wird durch Unwohlsein oder Fieber begleitet? 

Häufig reicht das bereits für eine Diagnose, manchmal sind jedoch weitere Untersuchungen wie Ultraschall, Röntgen oder Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich.

Weitere Informationen: www.dgou.de

Referenz: Artikel „Das humpelnde Kind“ der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift „Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten“ (OUMN), Heft 2, 2023.

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt









 

Über Google: Medizin am Abend Berlin  
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.

Susanne Herda, Swetlana Meier
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 340 60 00 -16
E-Mail: presse@dgou.de

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

http://www.dgou.de

 

Prof. Dr. Christian Ebner: Exzessivem und zwanghaftem Arbeiten - Suchthaft Arbeitende

Medizin am Abend  Berlin - MaAB-Fazit: Wer suchthaft arbeitet, hat mehr gesundheitliche Probleme, sucht aber selten ärztliche Hilfe

Neue Studie

Wer suchthaft arbeitet, hat mehr gesundheitliche Probleme, sucht aber selten ärztliche Hilfe – rund 10% von suchthaftem Arbeiten betroffen

10 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten suchthaft. 

Betroffene arbeiten nicht nur sehr lang, schnell und parallel an unterschiedlichen Aufgaben, sie können auch nur mit schlechtem Gewissen freinehmen und fühlen sich oft unfähig, am Feierabend abzuschalten und zu entspannen. 

Das geht auf die Gesundheit: 

Suchthaft Arbeitende stufen ihren Gesundheitszustand etwa doppelt so häufig als weniger gut oder schlecht ein wie nicht betroffene Erwerbstätige.

  • Deutlich häufiger als andere haben sie körperliche oder psychosomatische Beschwerden, suchen deswegen aber seltener ärztliche Hilfe. 

Das ergibt eine neue Studie von Forschenden des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig, die die Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat.

  • Mögliche langfristige Folgen bei suchthaftem Arbeiten sind erhöhte Risiken für Burnout oder depressive Verstimmungen – psychische Leiden, die zu langwierigen Arbeitsausfällen führen können. 
  • Exzessivem und zwanghaftem Arbeiten vorzubeugen, erscheint auch vor dem Hintergrund zunehmender Fachkräfteengpässe angezeigt, betonen die Forschenden. Ansatzpunkte seien die Gesundheitsförderung, Änderungen der Betriebskultur sowie die Mitbestimmung durch Betriebsräte.

Der weit verbreitete Begriff „Workaholic“ beschreibt das, was Forschende mit suchthaftem Arbeiten meinen, nur zum Teil. 

Denn im alltäglichen Sprachgebrauch wird er oft zur Beschreibung von Menschen genutzt, die einfach viel arbeiten – und dabei glücklich sind. 

Der zwanghafte Aspekt, der mit negativen Faktoren wie schlechter Gesundheit einhergeht, wird dabei zu wenig berücksichtigt. Beatrice van Berk (BIBB), Prof. Dr. Christian Ebner (TU Braunschweig) und Dr. Daniela Rohrbach-Schmidt (BIBB), die das Phänomen in dem Forschungsprojekt für die Hans-Böckler-Stiftung untersucht haben, benutzen ihn deshalb nicht. 

Die Wissenschaftlerinnen und der Wissenschaftler haben ermittelt, wie viele Erwerbstätige in Deutschland betroffen sind und wie es um deren Gesundheit bestellt ist.

Die Studie beruht auf Daten des BIBB und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, für die in den Jahren 2017 und 2018 gut 8000 Erwerbstätige zu ihrem Arbeitsverhalten und ihrem Wohlbefinden befragt worden sind. Die Ergebnisse zeigen den Forschenden zufolge „deutlich, dass suchthaftes Arbeiten in Deutschland im Zusammenhang mit schlechterer Gesundheit steht.  

Dies gilt für die subjektive Selbsteinstufung des allgemeinen Gesundheitszustandes der Befragten genauso wie für die Zahl der berichteten psychosomatischen und körperlichen Beschwerden.“ Außerdem gehen die Betroffenen bei gesundheitlichen Beschwerden seltener zu Ärztin oder Arzt.

Die Forschenden ordnen rund ein Zehntel der Befragten in die Kategorie suchthaftes Arbeiten ein. 

Das heißt, diese Erwerbstätigen arbeiten nicht nur „exzessiv“, sondern auch „zwanghaft“ – wobei Ersteres wesentlich weiterverbreitet ist als Letzteres. 

Ein zwanghaftes Verhältnis zum Job attestieren van Berk, Ebner und Rohrbach-Schmidt Erwerbstätigen, die Aussagen zustimmen wie: 

„Es ist wichtig für mich, hart zu arbeiten, auch wenn mir das, was ich tue, keinen Spaß macht“, 

„Es fällt mir schwer zu entspannen, wenn ich nicht arbeite“ oder 

„Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich mir frei nehme“ (weitere Informationen finden Sie auch im unten verlinkten Beitrag aus unserem Infodienst Böckler Impuls zusammengefasst).

Im nächsten Schritt haben die Forschenden Angaben der Befragten zu ihrer Gesundheit hinzugezogen. Die befragten Erwerbstätigen sollten sowohl eine allgemeine Einschätzung ihrer Gesundheit abgeben – ausgezeichnet, sehr gut, gut, weniger gut oder schlecht – als auch Angaben zu 22 konkreten Arten von Gesundheitsbeschwerden machen. Von Kopfschmerzen über Verdauungsprobleme und Nervosität bis zu geschwollenen Beinen. Außerdem wurde nach Arztbesuchen und Fehltagen gefragt.

Von den suchthaft Arbeitenden gaben 28 Prozent an, ihr allgemeiner Gesundheitsstatus sei weniger gut oder schlecht. Bei den „gelassen“ Arbeitenden, der Mehrheit der Erwerbstätigen, waren es hingegen nur 14 Prozent. Erwerbstätige, die exzessiv, aber nicht zwanghaft arbeiten, schätzen ihre Gesundheit ähnlich gut ein wie gelassen Arbeitende. Ähnlich ist das Ergebnis bei den abgefragten Einzelbeschwerden: Nur 8 Prozent der suchthaft Arbeitenden gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten keine Beschwerden gehabt zu haben, bei den gelassen Arbeitenden waren es 20 Prozent. Im Schnitt nannte die erste Gruppe 7,1 Beschwerden, die zweite 4,3. Alle Arten von Beschwerden sind bei den suchthaft Arbeitenden häufiger. Das gilt im Besonderen für die psychosomatischen Beschwerden, etwa Schlafstörungen und Niedergeschlagenheit, aber auch für Muskel- und Skelettbeschwerden wie Rückenschmerzen. Suchthaft Arbeitende gehen wegen ihrer Beschwerden zudem seltener zu Ärztinnen oder Ärzten. Rund 30 Prozent von ihnen haben mehr als sechs unbehandelte Beschwerden. Bei den Gelassenen sind es 15 Prozent mit mehr als sechs unbehandelten Beschwerden.

Einen deutlichen Unterschied machen die Forschenden auch bei den Fehltagen aus. 

  • Mit 45 Prozent meldete sich fast die Hälfte der suchthaft Arbeitenden an keinem einzigen Tag im Jahr vor der Befragung krank. 
  • Bei den Gelassenen waren es lediglich 36 Prozent. 
  • Es deutet sich an, dass „suchthaft Arbeitende der Behandlung und Genesung ihrer Beschwerden weniger Beachtung schenken als gelassen Arbeitende“.


Es sei auf Grundlage der Befunde und des Forschungsstands zudem anzunehmen, dass suchthaft Arbeitende „besonders von einem erhöhten Risiko für Burnout und depressiven Verstimmungen betroffen“ seien, folgern van Berk, Ebner und Rohrbach-Schmidt. 

Das sei nicht nur aus Perspektive der Betroffenen, sondern auch für Betriebe und die Gesellschaft problematisch. 

Insbesondere vor dem Hintergrund von demografischem Wandel und Fachkräftemangel seien Arbeitskräfte schon jetzt in vielen Branchen knapp.

Daher ist es nach Analyse der Forschenden dringend geboten, „Betriebskulturen zu etablieren, die exzessivem und zwanghaftem Arbeiten entgegenwirken“. 

Dabei spielen betriebliche Gesundheitsförderung und Mitbestimmung der Beschäftigten wichtige Rollen, wie die erhobenen Daten zeigen: 

So arbeiten in Betrieben mit Betriebsrat 8,7 Prozent der Beschäftigten suchthaft, in Betrieben ohne betriebliche Mitbestimmung sind es 11,9 Prozent. 

Eine besondere Rolle dürften in diesem Kontext Betriebsvereinbarungen spielen – „ein wichtiges Instrument der betrieblichen Regulierung, welches exzessivem und zwanghaftem Arbeiten entgegenwirken kann“. 

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt

 








 

 

 

 
 
 
Über Google: Medizin am Abend Berlin
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.

Dr. Eike Windscheid
Abteilung Forschungsförderung
Tel. 0211-7778-644
E-Mail: Eike-Windscheid@boeckler.de

Rainer Jung
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de

Georg-Glock-Straße 18
40474 Düsseldorf
Deutschland
Nordrhein-Westfalen

Originalpublikation:

Beatrice van Berk, Christian Ebner und Daniela Rohrbach-Schmidt: Suchthaftes Arbeiten und Gesundheit, Study der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 482, April 2023. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-008589

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte

http://Weitere zentrale Befunde zur Verbreitung suchthaften Arbeitens finden Sie hier zusammengefasst: https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-unfahig-zum-feierabend-41562.htm