Prof. Dr. Rebecca Bondü: Tötungen der Partnerin oder des Partners, sogenannte Intimizide

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Tötungsdelikte in Partnerschaft und Familie im Blick: Neues wissenschaftliches Kooperationsprojekt

Die Psychologische Hochschule Berlin (PHB), das Polizeipräsidium Ravensburg und die Deutsche Hochschule der Polizei haben vor kurzem das gemeinsame Forschungsprojekt GaTe („Polizeiliche Gefährdungsanalysen zu Tötungsdelikten in Partnerschaft und Familie“) gestartet. 

  • Ziel des Projektes ist es zu untersuchen, inwiefern Tatandrohungen und -signale im Vorfeld (Leaking) Ansatzpunkte für eine verbesserte Prävention von Intimiziden darstellen können. 

An der PHB wird das Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Rebecca Bondü am Fachbereich Entwicklungs-, Pädagogische und Familienpsychologie durchgeführt, wo in der Vergangenheit bereits zu Leakingphänomenen im Vorfeld von Amoktaten geforscht wurde.

  • Den Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik zufolge wurden allein im Jahr 2020 in Deutschland 139 Frauen und 30 Männer von ihren aktuellen oder früheren Partnern und Partnerinnen getötet; hinzu kommt ein Mehrfaches an Fällen, in denen die Betroffenen solche Tötungsversuche oftmals nur knapp überlebten. 
  • Immer wieder wird dann die Frage aufgeworfen, ob derartige Taten früher erkannt und durch rechtzeitiges Eingreifen – z.B. der Polizei – verhindert hätten werden können.

Tötungsdelikte in intimen Beziehungen und ihre mögliche Früherkennung und Verhinderung stehen nun im Fokus des im Mai 2022 gestarteten und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekts „Polizeiliche Gefährdungsanalysen zu Tötungsdelikten in Partnerschaft und Familie“ (GaTe). 

Tötungen der Partnerin oder des Partners, sogenannte Intimizide, sind zumeist nicht spontane „Kurzschlusshandlungen“ oder plötzliche „Eifersuchtsdramen“

Vielmehr stellen sie in der Regel tragische Schlusspunkte längerer Konflikte dar, die auch im Verhalten und in Äußerungen von Tätern bzw. Täterinnen zum Ausdruck kommen können. 

Das Forschungsprojekt GaTe untersucht solche Hinweise auf eine möglicherweise bevorstehende Tat und greift dabei auf Erkenntnisse aus der Forschung zu anderen schweren Gewaltformen (Amoktaten, terroristische Anschläge) zurück, die gezeigt hat, dass die späteren Täter und Täterinnen im Vorfeld fast immer sogenanntes Leaking zeigen. Dazu gehören z.B. Androhungen einer Tat ebenso wie tatbezogene Äußerungen oder auffällige Änderungen im Verhalten. Leaking könnte auch ein zentraler Ansatzpunkt für die Prävention von Intimiziden sein.

Ziel des vom Ravensburger Polizeipräsidenten Uwe Stürmer koordinierten Forschungsprojekts ist es, durch eine Verbesserung des Erkennens und der Bewertung von Leaking und anderen Warnsignalen die Gefährdungsanalyse und das Gefahrenmanagement in Bezug auf solche folgenschweren Taten erfolgreicher zu machen und letztlich Intimizide zu verhindern. 

Im Rahmen des Projekts wird zum einen untersucht, auf welche Weise, mit welchen Mitteln und mit welchem Erfolg Polizeibehörden in Deutschland bislang versuchen, hochriskante Beziehungskonstellationen zu erkennen und wie sie mit den erkannten Gefährdungen umgehen. 

Zum anderen werden auf der Basis von Justizakten aus einschlägigen Strafverfahren versuchte und vollendete Tötungsdelikte sowohl in bestehenden Partnerschaften als auch in Ex-Partnerschaften detailliert mit Blick auf ihre Vorgeschichte und mögliches Leakingverhalten analysiert. 

Auch durch Vergleiche mit weiteren Fällen aus dem Bereich von Beziehungskonflikten und -gewalt werden Kriterien herausgearbeitet, anhand derer die Bewertung der Ernsthaftigkeit von Tatankündigungen möglich ist. 

Die Erkenntnisse aus der Studie werden in ein praxisgerechtes Schulungskonzept umgesetzt, das im Rahmen des Projekts erprobt und im weiteren Verlauf auch allen Länderpolizeien für ihre Gefährdungsanalysen zur Verfügung gestellt wird.

Das Projekt wird im Rahmen des Forschungsprogramms „Anwender-Innovativ: Forschung für die zivile Sicherheit II“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Über die Psychologische Hochschule Berlin (PHB)
Die Psychologische Hochschule Berlin (PHB) ist eine private Universität mit staatlicher Anerkennung, die in Kooperation mit dem Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) gegründet wurde. Das Angebot der PHB deckt ein vollständiges Spektrum psychologischer Ausbildung ab, das vom grundständigen Psychologiestudium über Therapieausbildungen in drei Verfahrensrichtungen bis hin zum weiterführenden Masterstudiengang in Rechtspsychologie reicht. Erstklassige wissenschaftliche Ausbildung mit größtmöglicher Praxisorientierung und der Vermittlung verfahrensübergreifender Kompetenzen zu verknüpfen, ist das Credo der PHB. In der Forschung ist die PHB drittmittelstark und legt auch hier besonderen Wert auf die Vermittlung praxisrelevanter wissenschaftlicher Erkenntnisse. Der Campus der PHB befindet sich im Haus der Psychologie am Köllnischen Park in Berlin-Mitte. 

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Cornelia Weinberger Psychologische Hochschule Berlin

Prof. Dr. Rebecca Bondü 

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Cornelia Weinberger
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E-Mail-Adresse: c.weinberger@psychologische-hochschule.de


CAVE-HEUTE: Umweltfaktoren, wie Luftverschmutzung und niedrige Außentemperaturen, Herzinfarkte auslösen. Akuter Herzinfarkt aber auch durch Hitze

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Herzinfarkt bei Hitze – welche Rolle spielen Herz-Kreislauf-Medikamente?

Bei hohen Temperaturen haben Menschen, die bestimmte Medikamente einnehmen, ein erhöhtes Herzinfarktrisiko: 

Dies fand ein Forscherteam um Dr. Alexandra Schneider, Forschungsgruppenleiterin 'Environmental Risks' vom Helmholtz Munich Institut für Epidemiologie und Kai Chen, PhD vom Yale Institute for Global Health heraus. 

  • Für Menschen mit koronarer Herzkrankheit können Betablocker zwar die Lebensqualität verbessern und Thrombozytenaggregationshemmer das Risiko eines Herzinfarkts senken. 

Allerdings deuten die Ergebnisse der neuen Studie darauf hin, dass diese Schutzmaßnahmen an besonders heißen Tagen auch eine gegenteilige Wirkung haben können.

  • Bekannt ist, dass Umweltfaktoren, wie Luftverschmutzung und niedrige Außentemperaturen, Herzinfarkte auslösen können. 

Darüber hinaus zeigt sich immer deutlicher, dass ein akuter Herzinfarkt auch durch Hitze ausgelöst werden kann. 

Allerdings war bisher unklar, ob Patient:innen, die bestimmte Herz-Kreislauf-Medikamente einnehmen, ein höheres Risiko aufweisen, an heißen Tagen einen Herzinfarkt zu erleiden, als Patient:innen ohne diese regelmäßige Medikamenteneinnahme. 

Dieser Frage gingen die Forscher auf den Grund und zogen für ihre Analysen Daten des Herzinfarktregisters Augsburg der Jahre 2001 bis 2014 heran. Insgesamt konnten 2.494 Fällen während der Monate Mai bis September betrachtet werden.

Anstieg des Herzinfarktrisikos um mehr als 60 %

Es zeigte sich an heißen Tagen im Vergleich zu kühleren Kontrolltagen ein signifikant erhöhtes Risiko für nicht-tödliche Herzinfarkte bei Patient:innen, die Thrombozytenaggregationshemmer bzw. Betablocker einnahmen im Vergleich zu Patient:innen, die diese Medikamente nicht einnahmen. 

Die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern war mit einem Anstieg des Risikos um 63% und die Einnahme von Betablockern mit einem Anstieg des Risikos um 65% verbunden. 

Patient:innen, die beide Medikamente einnahmen, hatten ein um 75% höheres Risiko. 

Bei Nichtanwendern dieser Medikamente war die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts an heißen Tagen nicht erhöht. 

Interessant ist auch, dass der Effekt der Medikamenteneinnahme in der jüngeren Altersgruppe (25–59 Jahre) stärker als bei älteren Patient:innen (60–74 Jahre) war, obwohl letztere häufiger bereits zugrunde liegende koronare Herzerkrankungen aufwiesen.

Mögliche Gründe für das erhöhte Risiko

Die Forschungsergebnisse beweisen nicht, dass diese Medikamente bei Hitze die Herzinfarkte verursacht haben. 

Die Wissenschaftler:innen spekulieren jedoch auf Grund dieser Daten, dass die Einnahme der Medikamente die Thermoregulation im Körper, also die Anpassung an hohe Temperaturen, erschwert.  

Somit könnte die Medikamenteneinnahme diese Patient:innen tatsächlich empfindlicher gegenüber Hitzeexposition machen. 

Denkbar ist allerdings auch, dass die zugrunde liegende schwere Herzerkrankung, sowohl die Verschreibung der genannten Medikamente erklärt, als auch die höhere Empfindlichkeit dieser Patient:innen gegenüber Hitze. 

Gegen letztere Hypothese spricht, dass zum einen der beobachtete Risikoanstieg durch die Medikamenteneinnahme besonders stark in der an sich gesünderen und jüngeren Patient:innengruppe auftrat. 

Darüber hinaus konnte bei keinem weiteren Medikament, das häufig von Herzpatient:innen eingenommen wird, eine Risikoerhöhung bzgl. das Auftretens von Herzinfarkten bei Hitze beobachtet werden (mit Ausnahme bei der Einnahme von Statinen).

Besondere Vorsicht bei Hitzewellen - Rufen Sie 112 bei Symptomen des Herzinfarktes sofort an.

„Die Ergebnisse legen nahe, dass Herzinfarkte mit fortschreitendem Klimawandel und damit verbundenen häufigeren heißen und sehr heißen Tagen zu einer größeren Gefahr für Patient:innen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden können“ erklärt Dr. Alexandra Schneider. Besonders während Hitzewellen sei es für Betroffene daher ratsam, vorsichtig zu sein und sich im Kühlen aufzuhalten. „Welche Untergruppen der Bevölkerung am anfälligsten für diese Umweltextreme sind und damit am meisten von einem auf sie zugeschnittenen gesundheitlichen Hitzeschutz profitieren würden, ist aber noch unklar und bedarf weiterer Forschung“, so die Wissenschaftlerin. Vor allem die Wirkung der Medikamente auf die Thermoregulation, die veränderte Wirksamkeit der Medikamente bei Hitze sowie das Zusammenspiel von Medikamenten mit gesundheitlichen Hitzefolgen wie Dehydrierung, müsse noch besser erforscht werden. „Nur dann können Hausärzte auf angekündigte heiße Tage und Hitzewellen reagieren und die Medikation ihrer Patient:innen kurzfristig entsprechend anpassen“ erläutert die Forscherin.

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Dr. Alexandra Schneider, Forschungsgruppenleiterin 'Environmental Risks' vom Helmholtz Munich Institut für Epidemiologie

Verena Coscia Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)

Ingolstädter Landstr.1
85764 Neuherberg
Deutschland
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Susanne Eichacker
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Originalpublikation:

Kai Chen  et al.: Triggering of myocardial infarction by heat exposure is modified by medication intake, Nature Cardiovascular Research. DOI: 10.1038/s44161-022-00102-z