Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm: Prostatakrebs - Tumorerkrankung bei Männern

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Umfangreiches Update der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom jetzt online

Prostatakrebs bleibt mit jährlich rund 60.000 Neuerkrankungen in Deutschland mit Abstand die häufigste bösartige Tumorerkrankung bei Männern. 

Deshalb ist die S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom von zentraler Bedeutung in der Urologie und wird nach dem Prinzip einer Living-Guideline regelmäßig aktualisiert. 

Das inzwischen fünfte und sehr umfangreiche Update der „S3-Leitlinie Prostatakarzinom“ wurde erneut unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) erstellt und ist ab sofort online abrufbar.

Die Konsultationsphase der Leitlinie, in der die (Fach-)Öffentlichkeit Gelegenheit zur Kommentierung hatte, war am 12.04.2021 abgelaufen; die eingegangenen Kommentare und Überarbeitungsvorschläge wurden geprüft und die S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom in der Version 6 im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie veröffentlicht. „Der gesamte Aktualisierungsprozess hat dank der engagierten Arbeit aller beteiligten Leitlinienautoren und -autorinnen, Fachgesellschaften und Organisationen in einem vergleichsweise schnellen Zeitrahmen eine große Zahl wesentlicher Neuerungen mit sich gebracht, welche einen Rahmen für die Patientenversorgung auf dem aktuellsten Stand der Wissenschaft aufzeigt“, sagt Leitlinienkoordinator und DGU-Vorstandsmitglied Professor Dr. Marc-Oliver Grimm.

Grundlegende Änderungen und Neuerungen gab es in insgesamt vier Kapiteln unter anderem zu folgenden Themen: Früherkennung: 

Multiparametrische MRT (mpMRT) in der Primärdiagnostik, 

Brachytherapie, 

fokale Therapie, 

adjuvante Strahlenbehandlung, 

lokale Therapien beim oligometastasierten Prostatakarzinom,

PSMA-PET/CT in der Ausbreitungsdiagnostik.  

  • Die Kapitel zur systemischen Therapie (hormonsensitives und kastrationsrefraktäres metastasiertes sowie nicht-metastasiertes kastrationsrefraktäres Prostatakarzinom) wurden vollständig überarbeitet. 
  • Außerdem wurde auf Basis der aktuellen Evidenz ein neues Kapitel zur lokalen Therapie bei metastasiertem Prostatakarzinom erarbeitet. 

„Die neuen Empfehlungen zur mpMRT in der Primärdiagnostik, zur PSMA-PET für den Nachweis von Prostatakarzinom-Metastasen und vor allem die komplette Überarbeitung der Kapitel zur systemischen Therapie auf der Basis neuer Evidenz zählen zu den wichtigsten Neuerungen dieser Leitlinien-Aktualisierung“, betont Grimm.

Herausgeber der S3-Leitlinie Prostatakarzinom ist das Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und der Deutschen Krebshilfe (DKH). Die 5. Aktualisierung haben Leitlinienautor*innen und Patientenvertreter des Bundesverbandes Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS) unter Federführung der DGU und in Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen und Fachgesellschaften gemeinsam erarbeitet. Methodische Begleitung und Redaktion lagen u.a. beim Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin. Die Aktualisierung der begleitenden Patientenleitlinie wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Die Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar:

https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/prostatakarzinom/

Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. Android-Smartphone- und iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier herunterladen: 

https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app/

Das Leitlinienprogramm Onkologie (OL)
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 30 S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/home/

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU)
Mit rund 7.000 Mitgliedern ist die Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) die größte Vertretung deutscher Fachärztinnen und Fachärzte für Urologie. Als medizinische Fachgesellschaft fördert die DGU Wissenschaft, Forschung, Innovation, Fort- und Weiterbildung in der Urologie. Damit schafft sie die Voraussetzungen für eine flächendeckende hochqualifizierte Versorgung urologischer Patientinnen und Patienten in Deutschland. Das eigene Wissenstransferzentrum UroEvidence ermöglicht die systematische Evidenzaufarbeitung und organisatorische Unterstützung für Leitliniengruppen innerhalb der Urologie. Mehr unter: https://www.urologenportal.de/ 

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Prof. Dr. Bernhard Hemmer: MS - Multiplen Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS)

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neue S2k-Leitlinie für Diagnostik und Therapie der Multiplen Sklerose

Vor kurzem wurde die aktualisierte und erweiterte S2k-Leitlinie der DGN zur Diagnostik und Therapie der Multiplen Sklerose (MS) publiziert. 

Neu sind unter anderem konkrete Angaben, ob, wann und welche der verlaufsmodifizierenden Immuntherapien indiziert sind. 

So werden zunehmend neue Substanzen der letzten Jahre Eingang in die tägliche Praxis finden, wodurch die individuell angepasste Behandlung der MS-Patienten weiter verbessert werden kann. 

Adressaten sind alle mitbetreuenden Versorgungsbereiche. 

Erstmals haben an der konsensbasierten Leitlinie auch zwei betroffene Patientenvertreterinnen mitgearbeitet. Herausgeber ist die Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.

Jährlich erhalten mehr als 10.000 Menschen in Deutschland die Erstdiagnose Multiple Sklerose (MS). 

Insgesamt gibt es derzeit in Deutschland über 250.000 Betroffene. 

  • Die MS ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die meistens zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr beginnt, zu Beginn in Schüben verläuft und im Verlauf von Jahren zu bleibenden neurologischen Einschränkungen führen kann.


Durch die intensive MS-Forschung in den letzten Jahren gibt es neue Erkenntnisse zur Diagnostik und zahlreiche neue Therapieoptionen, so dass eine Aktualisierung der Leitlinie von 2012 erforderlich wurde. Herausgeber dieser vollständig überarbeiteten, erweiterten Leitlinie ist die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) e. V. Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen sind die Schweizerische Neurologische Gesellschaft (SNG-SSN), Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖGN), Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN) e. V., Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) e. V., Deutsche Fachgesellschaft für Aktivierend-therapeutische Pflege (DGATP) e. V., Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) e. V., Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) Bundesverband e. V., Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e. V., Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP) e. V. , NeurologyFirst, eine unabhängige Initiative von Neurologen, und die Neuromyelitis optica Studiengruppe (NEMOS). Erstmals haben an der konsensbasierten S2k-Leitlinie auch Betroffene bzw. Patientenvertreter mitgearbeitet, um deren Perspektiven besser zu berücksichtigen. Leitlinienkoordinator und federführender Autor war Prof. Dr. Bernhard Hemmer von der Universitätsklinik der TU München.

Was ist neu?
Die MS-Diagnostik wurde durch die Revision der McDonald-Diagnosekriterien 2017 vereinfacht (Liquoruntersuchung sowie MRT-Untersuchung mit definierten Sequenzen; erweiterte Labordiagnostik nur bei entsprechendem klinischem Verdacht). 

Neu wurden der MS verwandte Erkrankungen wie die Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD) und die MOG-IgG-assoziierten Erkrankungen als eigenständige Krankheitsentitäten aufgenommen.

Die verlaufsmodifizierenden MS-Medikamente (DMT/„disease modifying therapies“) wurden in drei Wirksamkeitskategorien eingeteilt – anstelle des bisherigen Behandlungs-Stufenschemas. Die Eingruppierung erfolgte anhand der Schubratenreduktion aus den Zulassungsstudien. Zur Wirksamkeitskategorie 1 gehören Betainterferone, Dimethylfumarat, Glatirameroide und Teriflunomid, zur Kategorie 2 Cladribin, Fingolimod sowie Ozanimod und zur Kategorie 3 Alemtuzumab, CD20-Antikörper (Ocrelizumab, off label Rituximab) und Natalizumab. Mit zunehmender Wirksamkeit nehmen allerdings auch die seltenen unerwünschten schweren Arzneimittelwirkungen zu.

Die immuntherapeutische Behandlung wird der Erkrankungsaktivität zugeordnet. Auch werden definierte Einstiegs-, Wechsel- und auch Ausstiegsszenarien vorgestellt, und es wird auf spezielle Situationen eingegangen (z. B. Schwangerschaft und Stillzeit sowie MS bei Älteren und Kindern/Jugendlichen).

 Die Medikamenten-Neuzulassungen werden explizit benannt. Dazu gehören drei sogenannte Sphingosin-1-Phosphat-(S1P-)Rezeptormodulatoren: Fingolimod (auf dem Markt seit 12/2018) ist jetzt auch für Jugendliche und Kinder ab zehn Jahren mit hochaktiver, schubförmige MS zugelassen. Bei aktiver, sekundär progredienter MS (SPMS; Nachweis durch Schübe und MRT) steht nun Siponimod (seit 1/2020) zur Verfügung und schließlich Ozanimod (seit 5/2020) zur Behandlung bei aktiver schubförmig-remittierender MS (RRMS).

Ocrelizumab, ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen CD20 (ein Antigen der B-Lymphozyten) ist als erste Therapie der frühen PPMS (primär progrediente MS) zugelassen (2/2018). Für schubförmige Erkrankungen des Neuromyelitis-optica-Spektrums (NMOSD) mit positiven AQP4-Antikörpern wird der humanisierte monoklonale Antikörper Eculizumab empfohlen (verfügbar seit 8/2019).

„Durch die innovativen Medikamente können die Schubfrequenz und die messbare Krankheitsaktivität erfolgreich gesenkt werden“, erläutert Prof. Dr. Bernhard Hemmer, München, federführender Autor und Leitlinienkoordinator. „Die heute verfügbaren Optionen erlauben eine individuelle, nach Verlauf, Krankheitsaktivität und persönlichem Risikoprofil adaptierte Therapie. Die neuen Leitlinien haben dabei beratenden Charakter – natürlich ohne der ärztlichen Therapiefreiheit zu enge Grenzen zu setzen.“

„Diese neuen, handlungsorientierten Empfehlungen waren dringend notwendig, um die optimale Versorgung der MS-Patienten nach aktuellem Wissensstand zu gewährleisten“, kommentieren Prof. Steinmetz, Frankfurt, und Prof. Kastrup, Essen, die Vorsitzenden der Kommission Leitlinien der DGN. „Durch die schnelle Entwicklung der neurologischen Forschung und Implementierung der Studienergebnisse in die tägliche Routine kann ein Verlust an Lebensqualität der Betroffenen zunehmend besser aufgehalten oder sogar verhindert werden.“

Literatur
[1] Hemmer B et al. Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen und MOG-IgG-assoziierten Erkrankungen, S2k-Leitlinie, 2021, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 10.05.2021)


Originalpublikation:

www.dgn.org/leitlinien

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