Prof. Dr. Robert Wagner: Blutzuckerwerten, Leberfett, Körperfettverteilung, Blutfettspiegel und genetisches Risiko

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Subtypen bei Vorstufe des Diabetes entdeckt

Prädiabetes ist nicht gleich Prädiabetes: 

Bei Menschen im Vorstadium des Typ-2-Diabetes gibt es sechs klar abgrenzbare Subtypen, die sich in der Krankheitsentstehung, dem Risiko für Diabetes und der Entwicklung von Folgeerkrankungen unterschieden. 

Das zeigt eine Studie des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen, des Universitätsklinikums Tübingen und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). 

Die Ergebnisse sind jetzt in ´Nature Medicine´ erschienen. 

Bei Menschen mit Prädiabetes gibt es sechs klar abgrenzbare Subtypen (Cluster), die sich in der Krankheitsentstehung, dem Risiko für Diabetes und der Entwicklung von Folgeerkrankungen unterscheiden. Bei Menschen mit Prädiabetes gibt es sechs klar abgrenzbare Subtypen (Cluster), die sich in der Krankheitsentstehung, dem Risiko für Diabetes und der Entwicklung von Folgeerkrankungen unterscheiden. Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM

Diabetes ist eine weltweite Pandemie. Seit 1980 hat sich die Zahl der Menschen mit Diabetes weltweit vervierfacht. Allein in Deutschland leiden 7 Mio. Menschen daran. Tendenz weiter steigend. 2040 könnte sich die Anzahl der Menschen mit Typ-2-Diabetes auf bis zu 12 Mio. erhöhen

Doch Typ-2-Diabetes entwickelt sich nicht von einem Tag auf den anderen. 

Oft durchlaufen die Personen eine längere Vorstufe des Diabetes, in der die Blutzuckerwerte bereits erhöht, aber die Menschen noch nicht krank sind. 

„Bisher konnte man bei Menschen mit Prädiabetes nicht vorhersehen, ob sie einen Diabetes entwickeln und Risiken zu schweren Folgeerkrankungen wie Nierenversagen haben, oder nur eine harmlose Form von leicht höheren Blutzuckerwerten ohne bedeutsames Risiko aufweisen“, erläutert Prof. Dr. Hans-Ulrich Häring, der die Studie vor 25 Jahren initiiert hat. 

Eine solche Unterscheidung ist jedoch wichtig, um der Stoffwechselerkrankung gezielt vorbeugen und so der Diabetes-Pandemie entgegenwirken zu können. 

Forschenden aus Tübingen ist jetzt ein wichtiger Durchbruch gelungen. 

Sie haben mit Hilfe der Clusteranalyse* bei Menschen mit Prädiabetes sechs verschiedene Subtypen mit unterschiedlichem Diabetes-Risiko entdeckt. Eine differenzierte Einteilung des Prädiabetes und des Diabetes ermöglicht es, eine an die Krankheitsentstehung angepasste individuelle und frühe Prävention und Therapie von Diabetes und seinen Folgeerkrankungen zu betreiben.

Prädiabetes: Sechs unterschiedliche Cluster identifiziert
Die Arbeitsgruppe um Prof. Häring und Prof. Fritsche im Universitätsklinikum in Tübingen hat den Stoffwechsel von noch als gesund geltenden Personen mit Prädiabetes detailliert untersucht. Die Probanden (n=899) stammen aus der Tübinger Familienstudie und der Studie des Tübinger Lebensstilprogramms, die in den vergangenen 20 Jahren in Tübingen wiederholt intensiv klinisch, laborchemisch, kernspintomografisch und genetisch untersucht wurden. Anhand von für den Stoffwechsel wichtiger Kerngrößen wie u.a. Blutzuckerwerten, Leberfett, Körperfettverteilung, Blutfettspiegel und genetisches Risiko konnten die Forschenden sechs Subtypen des Prädiabetes identifizieren. 

„Wie beim manifesten Diabetes gibt es auch im Vorstadium des Diabetes unterschiedliche Krankheitstypen, die sich durch Blutzuckerhöhe, Insulinwirkung und Insulinausschüttung, Körperfettverteilung, Leberfett sowie genetischem Risiko unterscheiden“, fasst Erstautor Prof. Dr. Robert Wagner vom DZD Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen das Ergebnis der Untersuchung zusammen.

Drei dieser Gruppen (Cluster 1, 2 und 4) zeichnen sich durch ein niedriges Diabetes-Risiko aus. 

Die Probanden des Cluster 1 und 2 waren gesund. 

Dabei gehören dem Cluster 2 vor allem schlanke Menschen an. 

Sie haben ein besonders niedriges Risiko, an Komplikationen zu erkranken. 

Das Cluster 4 bilden übergewichtige Menschen, deren Stoffwechsel jedoch noch relativ gesund ist. 

Die drei übrigen Subtypen (Cluster 3, 5 und 6) gehen mit einem erhöhten Risiko für Diabetes und / oder Folgeerkrankungen einher. 

Menschen, die dem Subtyp 3 angehören, bilden zu wenig Insulin und haben ein hohes Risiko an Diabetes zu erkranken. Menschen aus dem Cluster 5 weisen eine ausgeprägte Fettleber und ein sehr großes Diabetesrisiko auf, weil ihr Körper resistent gegen die blutzuckersenkende Wirkung von Insulin ist. B

Beim Subtyp 6 treten bereits vor einer Diabetesdiagnose Schädigungen der Niere auf. Hier ist auch die Sterblichkeit besonders hoch.

Doch lässt sich die Einteilung in sechs Prädiabetes-Subtypen auch in anderen Kohorten bestätigen? Um das zu untersuchen, haben die Forschenden das Verfahren auf beinahe 7000 Probanden der Whitehall II Kohorte in London ausgeweitet und dort ebenfalls die sechs Untertypen des Prädiabetes identifiziert.

Gezielter vorbeugen
Die Forschenden planen schon weiter. „In den nächsten Schritten werden wir zuerst in prospektiven Studien prüfen, wie weit die neuen Erkenntnisse für die Einteilung von einzelnen Personen in Risikogruppen anwendbar sind“, berichtet Prof. Dr. Andreas Fritsche vom Universitätsklinikum Tübingen. Sollte dies der Fall sein, könnten Menschen mit hohem Risikoprofil künftig früh erkannt und spezifisch behandelt werden.
„Ein Ziel des DZD ist es, präzise Präventions- und Therapiemaßnahmen zu entwickeln, d. h. die passende Prävention oder Behandlung für die richtige Personengruppe zur richtigen Zeit. Die Verbindung aus tiefgehender klinischer und molekularer Forschung mit modernster Bioinformatik hat dieses auch international wichtige Ergebnis ermöglicht. Die Identifizierung von Subtypen im Vorstadium des Typ-2-Diabetes ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer Präzisionsmedizin bei der Prävention des Diabetes und seiner Begleiterkrankungen“, sagt DZD-Vorstand Prof. Martin Hrabě de Angelis.

Über die Studie
Diese Ergebnisse basieren auf der seit über 25 Jahre andauernden Arbeit der Diabetesforschung in der Universitätsklinik Tübingen, Menschen mit erhöhtem Diabetesrisiko zu charakterisieren. Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Land Baden-Württemberg gefördert.

* Clusteranalyse:
Die Clusteranalyse ist ein Verfahren, mit dem man anhand von vorgegebenen Kriterien und Merkmalen die Untersuchungsobjekte (z.B. Personen) gruppieren kann. Die so gefundenen Gruppen – auch Cluster genannt – enthalten dann jeweils Fälle, die sich ähnlich sind. Ein gebildetes Cluster soll in sich maximal homogen sein, sich aber gleichzeitig von den anderen Clustern so stark wie möglich unterscheiden. Hier konnten bei Probanden mit Prädiabetes anhand von acht für den Stoffwechsel wichtigen Kerngrößen (u.a. Blutzuckerwerte, Leberfett, Körperfettverteilung, Blutfettspiegel und genetisches Risiko) sechs unterschiedliche Cluster identifiziert werden.

Weitergehende Informationen
In der Deutschen Diabetes Studie haben Forschende des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) und der Universität Lund in Schweden verschiedene Cluster entdeckt, die die Aufteilung des Diabetes in Subtypen ermöglichen. Mithilfe der Clusteranalyse wurden fünf verschiedene Subtypen mit unterschiedlichen Risiken für Folgeerkrankungen identifiziert.
https://www.dzd-ev.de/aktuelles/news/news/article/eine-neue-diabetesklassifikati...

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner. Weitere Informationen: http://www.dzd-ev.de

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. http://www.helmholtz-muenchen.de

Das 1805 gegründete Universitätsklinikum Tübingen gehört zu den führenden Zentren der deutschen Hochschulmedizin. Als eines der 33 Universitätsklinika in Deutschland trägt es zum erfolgreichen Verbund von Hochleistungsmedizin, Forschung und Lehre bei. Weit über 400 000 stationäre und ambulante Patienten aus aller Welt profitieren jährlich von dieser Verbindung aus Wissenschaft und Praxis. Die Kliniken, Institute und Zentren vereinen alle Spezialisten unter einem Dach. Die Experten arbeiten fachübergreifend zusammen und bieten jedem Patienten die optimale Behandlung ausgerichtet an den neuesten Forschungsergebnissen. Das Universitätsklinikum Tübingen forscht für bessere Diagnosen, Therapien und Heilungschancen, viele neue Behandlungsmethoden werden hier klinisch erprobt und angewandt. Neben der Diabetologie sind die Neurowissenschaften, Onkologie, Immunologie, Infektionsforschung und Vaskuläre Medizin Forschungsschwerpunkte in Tübingen. Das Universitätsklinikum ist in vier der sechs von der Bundesregierung initiierten Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung verlässlicher Partner. http://www.medizin.uni-tuebingen.de

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Originalpublikation:

Robert Wagner et al: Pathophysiology-based subphenotyping of individuals at elevated risk for type 2 diabetes. Nature Medicine. DOI: https://doi.org/10.1101/2020.10.12.20210062


Prof. Dr. Christine S. Falk + Dr. Ulrike Meltzer: Die wirkungsvolle COVID-19 Schutzimpfung - Zweite Impfung muss sein

Medizin am Abend Berlin -MaAB-Fazit: DGfI Stellungnahme zur Impfung gegen SARS-CoV-2: Kann die zweite Dosis warten?

In der aktuellen Diskussion um die SARS-CoV-2 Impfstrategie möchte die DGfI darauf hinweisen, dass bereits die erste Impfung ab Tag 14 einen beträchtlichen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bieten kann. 

  • Auf eine zweite Impfung darf nicht verzichtet werden, sie kann aber auch später als an Tag 21 (BNT162b2; BioNTech/Pfizer) bzw. Tag 28 (mRNA-1273; Moderna) erfolgen. 

In dieser besonderen Pandemielage ist es vertretbar, mit den jetzt vorhandenen Impfdosen möglichst vielen Menschen erst einmal die erste Immunisierung zu ermöglichen, und die zweite Impfung verzögert, 

aber zwingend innerhalb von 60 Tagen, nachzuholen.

Möglichst schnell möglichst viele Menschen in der COVID-19 Pandemie zu impfen, rettet
Leben. 

Medizin am AbendBerlin ZusatzFachThema: Anti-Körpertest  

Aber offenbar reichen die verfügbaren Impfdosen derzeit noch nicht, um sofort alle Risikogruppen zweimal zu impfen, sie so maximal zu schützen und schrittweise Herdenimmunität zu erreichen. 

Als Immunologen weisen wir darauf hin, dass bereits die erste Impfung ab Tag 14 einen beträchtlichen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bieten kann. 

  • Auf eine zweite Impfung darf nicht verzichtet werden, sie kann aber auch später als an Tag 21 (BNT162b2; BioNTech/Pfizer) bzw. Tag 28 (mRNA-1273; Moderna) erfolgen. 
  • Bei anderen Impfstoffen hat sich das sogar als wirkungsvoller herausgestellt. 

Allerdings liegen für mRNA-Impfstoffe noch keine Studiendaten zu einem längeren Zeitfenster vor. 

In dieser besonderen Pandemielage ist es vertretbar, mit den jetzt vorhandenen Impfdosen möglichst vielen Menschen erst einmal die erste Immunisierung zu ermöglichen, und die zweite Impfung verzögert, aber zwingend innerhalb von 60 Tagen, nachzuholen.

Angesichts der Knappheit der zugelassenen und verfügbaren Impfstoffe, und der trotz
Lockdown-Maßnahmen hohen Infektions- und Todeszahlen in der Pandemie, wird zur Zeit
über die optimale SARS-CoV-2 („COVID-19“) Impfstrategie diskutiert. Angeregt wird eine
Verlängerung der Zeitspanne zwischen der ersten und der zweiten Impfung von 21 bzw. 28
Tagen auf bis zu 60 Tage, um bei möglichst vielen Menschen möglichst schnell eine
Grundimmunisierung durch die erste Impfung zu erreichen.


Die Zulassung des Protokolls für die Anwendung des mRNA-basierten COVID-19-
Impfstoffs BNT162b2 („Comirnaty“ von BioNTech/ Pfizer) mit zwei Impfungen im Abstand
von 21 Tagen bzw. 28 Tagen bei mRNA-1273 (Moderna) basiert auf klinischen Studien, in
denen keine anderen Intervalle getestet wurden (1, 2). 

  • Der Impfschutz beginnt frühestens 14 Tage nach der ersten Impfung und die hohe Effizienz von 94% bzw. 95% wurde erst ab Tag 7 bzw. 14 nach der zweiten Impfung dokumentiert. 

Das Intervall orientiert sich an Erfahrungswerten mit anderen Impfstoffen und an dem Ziel, möglichst schnell einen maximalen Schutz für die Geimpften zu erreichen. 

Für eine maximale und nachhaltige  Antikörperantwort ist eine zweite Impfung notwendig (3, 4). 

Antikörper und T-Zell-Antworten, die nach der zweiten Impfung gebildet werden, schützen generell besser und halten länger (immunologisches Gedächtnis).  

Unklar ist allerdings weiterhin, inwieweit die Geimpften nach der zweiten Impfung im Falle einer Infektion selbst noch infektiöse Viren produzieren und übertragen können.

  • Der Abstand von 21 Tagen zwischen erster und zweiter Impfung hat sich bei anderen
  • Impfstudien als frühester Zeitpunkt für die zweite Impfung herausgestellt, weil sonst die
  • erste Immunreaktion die zweite Immunreaktion blockiert. 

Erfolgt die zweite Impfung später als 21 Tage nach der ersten, kann die zweite Immunreaktion bei anderen Impfstoffen sogar fulminanter sein (5-8). 

Ob das bei den mRNA-basierten Impfstoffen auch so ist, könnte nur durch zusätzliche Studien gezeigt werden. 

Bisherige Ergebnisse zeigen jedoch, dass es ohne eine zweite Impfung keinen lang anhaltenden Schutz gegen den Erreger gibt (3). Aus immunologischer Sicht kann das Zeitintervall für die zweite Impfung durchaus länger sein als 21 Tage, aber entscheidend ist, dass die zweite Impfung innerhalb von 60 Tagen erfolgt.

Die DGfI empfiehlt, umgehend begleitende wissenschaftliche Studien zur Auswirkung der
Verlängerung der Impfintervalle auf bis zu 60 Tage durchzuführen, und dabei die Menge
an gebildeten neutralisierenden Antikörpern, insbesondere neutralisierendes sekretorisches
IgA, als relevantes Vergleichsmaß zu nehmen

  • Probanden könnten Freiwillige aus medizinischem und Pflegepersonal sein, die selbst nicht zu gefährdeten Risikogruppen gehören.


Bis diese Ergebnisse vorliegen, wäre angesichts der besonderen Pandemielage eine
Flexibilität der zweiten Impfung für den Zeitraum von bis zu 60 Tagen nach der ersten
Impfung vertretbar. 

Das bedeutet, dass jetzt verfügbare Impfdosen nicht für eine zweite Impfung zurückgehalten, sondern für eine Erstimmunisierung von möglichst vielen Menschen der Risikogruppen verwendet werden sollten.

Weiterführende Literatur:

1. Polack FP, Thomas SJ, Kitchin N, Absalon J, Gurtman A, Lockhart S, Perez JL, Pérez Marc G, Moreira ED, Zerbini C, Bailey R, Swanson KA, Roychoudhury S, Koury K, Li P, Kalina WV, Cooper D, Frenck RW Jr, Hammitt LL, Türeci Ö, Nell H, Schaefer A, Ünal S, Tresnan DB, Mather S, Dormitzer PR, Şahin U, Jansen KU, Gruber WC; C4591001 Clinical Trial Group. Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine. N Engl J Med. 2020 Dec 31;383(27):2603 2615. doi: 10.1056/NEJMoa2034577. Epub 2020 Dec 10.

  • Diese Studie zeigt für die BNT162b2 Impfung, dass ein Schutz vor Erkrankung frühestens 12 Tage nach der ersten BNT162b2 Impfung wirksam ist und die Effizienz von 94% Schutz erst ab Tag 7 nach der zweiten Impfung berechnet wurde.


2. Baden LR, El Sahly HM, Essink B, Kotloff K, Frey S, Novak R, Diemert D, Spector SA, Rouphael N, Creech CB, McGettigan J, Kehtan S, Segall N, Solis J, Brosz A, Fierro C, Schwartz H, Neuzil K, Corey L, Gilbert P, Janes H, Follmann D, Marovich M, Mascola J, Polakowski L, Ledgerwood J, Graham BS, Bennett H, Pajon R, Knightly C, Leav B, Deng W, Zhou H, Han S, Ivarsson M, Miller J, Zaks T; COVE Study Group. Efficacy and Safety of the mRNA-1273 SARS-CoV-2 Vaccine. N Engl J Med. 2020 Dec 30. doi: 10.1056/NEJMoa2035389.

Diese Studie zeigt für mRNA-1273 Impfung, dass ein Schutz vor Erkrankung frühestens 14 Tage nach der ersten mRNA-1273 Impfung wirksam ist und die Effizienz von 95% Schutz erst ab Tag 14 nach der zweiten Impfung berechnet wurde.

3. Chang HD, Mashreghi MF, Radbruch A; Immunität gegen SARS-CoV-2: Die Vielschichtigkeit des immunologischen Gedächtnisses TRILLIUM https://doi.org/10.47184/ti.2020.03.01

Diskutiert werden Entstehung und Aufbau des Immunologischen Gedächtnisses und der Immunität mit Blick auf COVID-19 Erkrankung und Impfungen dagegen.

4. Sahin U, Muik A, Derhovanessian E, Vogler I, Kranz LM, Vormehr M, Baum A, Pascal K, Quandt J, Maurus D, Brachtendorf S, Lörks V, Sikorski J, Hilker R, Becker D, Eller AK, Grützner J, Boesler C, Rosenbaum C, Kühnle MC, Luxemburger U, Kemmer-Brück A, Langer D, Bexon M, Bolte S, Karikó K, Palanche T, Fischer B, Schultz A, Shi PY, Fontes-Garfias C, Perez JL, Swanson KA, Loschko J, Scully IL, Cutler M, Kalina W, Kyratsous CA, Cooper D, Dormitzer PR, Jansen KU, Türeci Ö. COVID-19 vaccine BNT162b1 elicits human antibody and TH1 T cell responses. Nature. 2020 Oct; 586(7830):594-599. doi: 10.1038/s41586-020-2814-7. Epub 2020 Sep 30.

Zeigt, dass eine virus-spezifische T-Zell-Antwort erst nach einer 2. Impfung mit BNT162b1
nachgewiesen werden konnte.


5. Capone S, Brown A, Hartnell F, Sorbo MD, Traboni C, Vassilev V, Colloca S, Nicosia A, Cortese R, Folgori A, Klenerman P, Barnes E, Swadling L. Optimising T cell (re)boosting strategies for adenoviral and modified vaccinia Ankara vaccine regimens in humans. NPJ Vaccines. 2020 Oct 12;5:94. doi:10.1038/s41541-020-00240-0. PMID: 33083029; PMCID: PMC7550607.

  • Die Arbeit zeigt bei einem dem Astra-Zeneca verwandten Hepatitis (HCV) Impfstoff, dass die zweite Impfung nach 1 Jahr besser ist als nach 8 Wochen, für die T Zellantwort.


6. Palgen JL, Tchitchek N, Rodriguez-Pozo A, Jouhault Q, Abdelhouahab H, Dereuddre-Bosquet N, Contreras V, Martinon F, Cosma A, Lévy Y, Le Grand R, Beignon AS. Innate and secondary humoral responses are improved by increasing the time between MVA vaccine immunizations. NPJ Vaccines. 2020 Mar 19;5:24. doi: 10.1038/s41541-020-0175-8. PMID: 32218996; PMCID: PMC7081268.

Vergleich des Zeitpunktes der Zweitimmunisierung bei Primaten von 2 Wochen gegen 2 Monate: 2 Monate deutlich besser.

7. Carter C, Houser KV, Yamshchikov GV, Bellamy AR, May J, Enama ME, Sarwar U, Larkin B, Bailer RT, Koup R, Chen GL, Patel SM, Winokur P, Belshe R, Dekker CL, Graham BS,
Ledgerwood JE; VRC 703 study team. Safety and immunogenicity of investigational seasonal influenza hemagglutinin DNA vaccine followed by trivalent inactivated vaccine administered intradermally or intramuscularly in healthy adults: An open-label randomized phase 1 clinical trial. PLoS One. 2019 Sep 18;14(9):e0222178. doi: 10.1371/journal.pone.0222178. PMID: 31532789; PMCID: PMC6750650.

  • Zeigt effiziente zweite Immunreaktionen gegen Influenzaimpfstoffe 3, 5 und 10 Monate nach der Erstimmunisierung.


8. Koch T, Dahlke C, Fathi A, Kupke A, Krähling V, Okba NMA, Halwe S, Rohde C, Eickmann M, Volz A, Hesterkamp T, Jambrecina A, Borregaard S, Ly ML, Zinser ME, Bartels E, Poetsch JSH, Neumann R, Fux R, Schmiedel S, Lohse AW, Haagmans BL, Sutter G, Becker S, Addo MM. Safety and immunogenicity of a modified vaccinia virus Ankara vector vaccine candidate for Middle East respiratory syndrome: an open-label, phase 1 trial. Lancet Infect Dis. 2020 Jul;20(7):827-838. doi:10.1016/S1473-3099(20)30248-6. Epub 2020 Apr 21. PMID: 32325037; PMCID: PMC7172913.

Das Zeitintervall zwischen Erst-und Zweitimpfung von 28 Tagen ist effektiv bei MVA-MERS-S
Vakzine. Kein anderes Intervall wurde getestet.

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