CAVE-Untersucher: Stresshormon Kortisol und die Infektionsverläufe

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Hormone und Covid-19: Welchen Einfluss das Stresshormon Kortisol auf Infektion und Krankheitsverlauf haben könnte

  • Durch die Corona-Pandemie steigen die psychischen Belastungen dramatisch an. 
  • Für Patienten mit Hormon- und Stoffwechselerkrankungen können zusätzlicher Stress erhebliche Folgen für die Therapie haben, da das Stresshormon Kortisol viele Stoffwechselprozesse steuert.

Was Betroffene zu beachten haben, ob ein Zusammenhang mit einem eventuell schwereren Krankheitsverlauf bei COVID-19 besteht und wie der aktuelle Wissenstand zum Kortisol-Präparat "Dexamethason" aussieht, erklären Experten auf der gemeinsamen Online-Konferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am Dienstag, den 30. Juni 2020 um 11 Uhr. 
 
„Zusätzlich zu den alltäglichen Belastungen, die jeden während der Corona-Pandemie getroffen haben und derzeit immer noch beschäftigen, sind chronisch Erkrankte weiteren Stressfaktoren ausgesetzt: 

Sie sorgen sich in besonderer Weise um ihre Gesundheit, da sie häufig als Risikopatienten gelten“, gibt Professor Dr. med. Matthias M. Weber, Mediensprecher der DGE, zu Bedenken. Insbesondere Menschen, die an mehreren Erkrankungen zugleich leiden, seien häufig verunsichert und verängstigt – das bestätigt auch der UN-Bericht.

  • „Auch mentaler Stress hat einen großen Einfluss auf Hormon- und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus und Bluthochdruck. 
  • Daher geraten Betroffene schnell in einen Teufelskreis aus Angst, Stress und schlechter Stoffwechsellage, was zu besonderen gesundheitlichen Herausforderungen führt“, so Weber.

Bei Stress wird aus der Nebennierenrinde das Hormon Kortisol freigesetzt. 

Dieses Stresshormon ist an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt. 

Es hat unter anderem Einfluss auf den Blutzucker, den Fettstoffwechsel, den Herzkreislauf und wirkt entzündungshemmend. 

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Kortisol Funktionsteste  
„Da ein erhöhter Kortisolspiegel auch den Blutzucker ansteigen lässt, beeinflusst Stress auch die Stoffwechsellage von Menschen mit Diabetes mellitus und kann so möglicherweise auch zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und einem schweren Krankheitsverlauf bei COVID-19 beitragen“, erklärt Weber, Leiter des Schwerpunktes Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen der Universitätsmedizin Mainz.

Dass das Stresshormon Kortisol eine Schlüsselrolle im Infektionsverlauf von COVID-19 spielen könnte, darauf weist auch eine aktuelle britische Kohortenstudie2 mit 535 Patienten hin. Sie zeigte erstmals, dass die Kortisolkonzentration im Blut bei Patienten mit COVID-19-Erkrankung höher ist als bei Patienten ohne SARS-CoV-2 Infektion. „Die Studie stellt auch einen möglichen Zusammenhang zwischen erhöhten Hormonkonzentrationen und Sterblichkeit auf“, resümiert Weber. „Kortisol könnte also als Biomarker für die Infektionsschwere fungieren.“ Weitere Studien müssten dies jedoch noch bestätigen.

„Hormone und Hormonerkrankungen spielen bei Infekten allgemein eine große Rolle und stellen Patienten und Ärzte insbesondere während der Corona-Pandemie vor besondere Herausforderungen“, so Weber. 
  •  „Speziell Kortisol kann sowohl in einer Mangelsituation als auch bei Überdosierung zu lebensbedrohlichen Krankheitszuständen führen und hat einen starken Einfluss auf das Überleben bei schweren Infektionen“, führt Weber aus. 
  • Daher sei es wichtig, gerade Patienten mit einer Über- oder Unterfunktion des Kortisolstoffwechsels während der Corona-Pandemie besonders gut zu überwachen und vor einer Infektion zu schützen. 
Darunter fallen Menschen mit Nebenniereninsuffizienz wie beim Addison Syndrom, bei dem zu wenig lebensnotwendiges Kortisol gebildet wird, was dann eine Kortisol-Ersatztherapie notwendig macht, oder das Cushing Syndrom, bei dem die Nebenniere wiederum zu viel Kortisol produziert.
Aber auch Patienten, die aufgrund anderer Erkrankungen hochdosierte Kortison-Präparate einnehmen, müssen gut medizinisch begleitet werden.

Gegenstand intensiver medizinischer Forschung ist derzeit, dass Stresshormone auch bei einer COVID-19 Erkrankung therapeutisch eingesetzt werden könnten.

Aktuell wird das Kortisol-Medikament „Dexamethason“ diskutiert, welches bei sehr schweren COVID-19-Verläufen helfen könnte. Die WHO und die Endokrinologen warnen allerdings davor, eine routinemäßige Kortisontherapie bei COVID-19 außerhalb klinischer Studien durchzuführen. „Auch hier müssen noch weitere Untersuchungen folgen, um sowohl positive als auch negative Wirkungen von Kortisol bei Patienten mit COVID-19-Erkrankung darzustellen“, erklärt Weber.

Auf der Online-Konferenz am 30. Juni 2020 erklärt der Endokrinologe, wie Dexamethason und andere Stesshormone wirken und welche Vor- und Nachteile sich die Medizin derzeit davon verspricht.

Außerdem erläutert er, was beispielsweise Patienten mit Nebenniereninsuffizienz bei einer Therapie mit Cortisol-Präparaten während der Corona-Pandemie beachten müssen.

Aber auch auf die Besonderheiten anderer Hormonerkrankungen, welche die Patienten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in eine bedrohliche Situation bringen können, wird der Hormonspezialist auf der Pressekonferenz eingehen.

Literatur:
1 Policy Brief: COVID-19 and the Need for Action on Mental Health: <https://www.un.org/en/coronavirus/mental-health-services-are-essential-part-all-government-responses-covid-19 >

2 Tan T, Khoo B, Association between high serum total cortisol concentrations and mortality from COVID-19, Lancet Diabetes Endocrinol 2020 Published Online June 18, 2020 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7302794/

Our Response to COVID-19 as Endocrinologists and Diabetologists, J Clin Endocrinol Metab, May 2020, 105(5):1–3 https://academic.oup.com/jcem/article/105/5/1299/5814115

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Themen und Referenten der Konferenz:

Hormon- und Stoffwechselerkrankungen im Wechselspiel mit COVID-19 – wie ist der aktuelle Forschungsstand?
Professor Dr. med. Matthias M. Weber
Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE), Leiter des Schwerpunktes Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen der Universitätsmedizin Mainz

Diabetes-Versorgung in Pandemiezeiten: Über die aktuelle Lage in Klinik und Praxis
Professor Dr. med. Baptist Gallwitz

Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG); Stellvertretender Direktor, Medizinische Klinik IV, Universitätsklinikum Tübingen

Kinder mit Diabetes: Wie steht es in Deutschland um die Versorgung?
Professor Dr. med. Andreas Neu
Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Komm. Ärztlicher Direktor an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Tübingen

Neue Erkenntnisse über den Einfluss der lokalen Schilddrüsenhormonwirkung auf seltene Erkrankungen und Volkskrankheiten
Professor Dr. med. Dagmar Führer
Sprecherin der Sektion Schilddrüse der DGE, Direktorin, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel, Zentrallabor – Bereich Forschung und Lehre, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen


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CAVE-Untersucher: Aufnahmescreening für Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA)

Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Neuer MRSA-Stamm wird von manchen Tests nicht erkannt

Zwei in der Diagnostik und Krankenhaushygiene verwendeten Schnelltests können einen neuen Stamm von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) nicht detektieren. 

Dies haben InfectoGnostics-Forscher des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) jetzt mit internationalen Partnern in einer Studie im Fachjournal Eurosurveillance belegt.
  • Der neue Bakterienstamm ist in Europa zunehmend verbreitet und wird wegen einer Veränderung in seinem Genom durch diese molekularen Tests nicht mehr korrekt als MRSA erkannt. 

Die falsch-negativen Resultate könnten zu Fehlentscheidungen bei der Antibiotika-Therapie führen und Maßnahmen zur Infektionsprävention in Kliniken verzögern. 

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachLink: MRSA  
 
Molekulare Testmethoden haben in den vergangenen Jahren die Infektionsprävention in vielen Ländern entscheidend verbessert:

  • Kommerzielle Testsysteme auf Basis der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ermöglichen beispielsweise für MRSA ein systematisches Testen, um genauer zu bestimmen, welche Patienten isoliert untergebracht werden müssen, damit sich ein Erreger nicht weiter im Krankenhaus verbreitet („Aufnahmescreening“´). 
  • Zudem werden solche Tests auch zu diagnostischen Zwecken – zum Beispiel an Blutkulturen von Sepsis-Patienten – eingesetzt, um eine erste Entscheidungsbasis für eine schnelle und wirksame Antibiotikagabe zu erhalten.
  • Ein sich derzeit in Europa ausbreitender MRSA-Stamm mit dem Namen „European CC1-MRSA-IV“ könnte jedoch ein großes Problem für bislang zuverlässige Screenings darstellen. 

InfectoGnostics-Wissenschaftler des Leibniz-IPHT konnten gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam nachweisen, dass einige der marktführenden PCR-Tests den neuen MRSA-Erreger nicht erkennen.

Sowohl der „BD Max StaphSR“-Assay des Herstellers Becton Dickinson als auch der „GeneXpert MRSA/SA BC“ von Cepheid scheiterten daran, die positive Probe eines Indexpatienten aus Graz korrekt als MRSA zu identifizieren.

Kontrollen mit Isolaten dieses Stamms aus Deutschland, Rumänien und Irland zeigten für den „BD Max“ ebenfalls falsch-negative Resultate. Weitere Kontrollen mit dem Test von Cepheid konnten aufgrund der Covid19-Krise jedoch noch nicht durchgeführt werden.

Nicht betroffen von dem Problem ist hingegen ein anderer Cepheid-Test für MRSA-Haut- und Gewebeinfektionen (GeneXpert MRSA/SA SSTI).

--- Falsch-negative Tests könnten Menschenleben kosten ---


Der Grund für das Scheitern der Tests ist nach Einschätzung der Forscher eine spezielle Veränderung im Erbgut des neuen Stamms: 

„Die Tests detektieren einen bestimmten Abschnitt im Genom des Bakteriums, an dem sich eine mobile Genkassette mit MRSA-typische Resistenzgenen befindet. 
  • Genau in diesem Bereich hat der neue Stamm eine lange, zusätzliche Gensequenz, die wohl gemeinsam mit der kompletten Genkassette einer anderen Staphylokokken-Art transferiert wurde.  
  • Der Bereich, den die Tests erkennen sollten, ist deshalb so verändert, dass der Nachweis nicht mehr funktioniert. 
  • Deshalb bleibt das Testergebnis negativ, obwohl ein MRSA vorliegt.“ erläutert Dr. Stefan Monecke.

Ursprung des neuen Stamms ist vermutlich Südost-Europa:

schon 2014 konnten ihn die Forscher in Rumänien nachweisen (doi: 10.1371/journal.pone.0097833).

Aber auch in Irland, Italien, Deutschland und Österreich wurde der MRSA-Stamm nachgewiesen. 

In Bayern scheint er häufig zu sein, aus Nordrhein-Westfalen wurde zumindest von einem Ausbruch berichtet und auch in Sachsen wurden einzelne Fälle beobachtet.

In einigen Isolaten des Stammes aus Irland kommt zudem ein zusätzliches Gen vor, das ihn resistent gegen Wirkstoffe macht, die häufig vor chirurgischen Eingriffen gegen die Besiedlungen mit MRSA eingesetzt werden (darunter auch Mupirocin; doi: 10.1016/j.meegid.2019.01.021).

  • „Bei einer solch weiten Verbreitung des Stammes können falsch-negative Tests schnell zu Fehlentscheidungen bei der Isolation von Patienten oder zur Gabe des falschen Antibiotikums führen – das kann Menschenleben kosten. 

Für die klinische Praxis ist es deshalb besonders wichtig, dass Ärzte zunächst konventionelle Antibiogramme einsetzen und die Hersteller schnellstmöglich aktualisierte molekulare Tests auf den Markt bringen“, bewertet Stefan Monecke die Lage.

Stefan Monecke ist habilitierter Facharzt für Mikrobiologie und gehört der IPHT-Abteilung für „Optisch-molekulare Diagnostik und Systemtechnologie“ an.

Die Gruppe unter Leitung von Prof. Dr. Ralf Ehricht nutzt Mikroarray-Technologien und Sequenzierungsverfahren, um die Detektion und das Verständnis von Antibiotikaresistenzen zu verbessern.

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InfectoGnostics Forschungscampus Jena

Der InfectoGnostics Forschungscampus Jena beschreitet als öffentlich-private Partnerschaft neue Wege in der Diagnostik von Infektionen und Erregern, wie z.B. Viren, Bakterien und Pilzen. InfectoGnostics wird durch das BMBF im Rahmen der Förderinitiative „Forschungscampus – öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen“ mit zusätzlicher Unterstützung durch das Land Thüringen gefördert. Etwa die Hälfte des benötigten Etats finanzieren die beteiligten Partner.

Originalpublikation:
Monecke Stefan, König Elisabeth, Earls Megan R, Leitner Eva, Müller Elke, Wagner Gabriel E , Poitz David M, Jatzwauk Lutz, Vremerǎ Teodora, Dorneanu Olivia S, Simbeck Alexandra, Ambrosch Andreas, Zollner-Schwetz Ines, Krause Robert, Ruppitsch Werner, Schneider-Brachert Wulf, Coleman David C, Steinmetz Ivo, Ehricht Ralf.
An epidemic CC1-MRSA-IV clone yields false-negative test results in molecular MRSA identification assays: a note of caution, Austria, Germany, Ireland, 2020. Euro Surveill. 2020;25(25):pii=2000929.
https://doi.org/10.2807/1560-7917.ES.2020.25.25.2000929

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