Systemischer Sklerose (Sklerodermie): Rheumatologische Autoimmunerkrankung Gewebeveränderung der Lunge

Medizin am Abend Berlin MaAB - Fazit: Erste wirksame Therapie bei Lungenfibrose durch Systemische Sklerose

Ein grosser Teil der Patienten mit Systemischer Sklerose stirbt an dadurch verursachten Gewebeveränderungen der Lunge. 

Eine internationale Studie unter der Leitung von Prof. Dr. med. Oliver Distler, Direktor der Klinik für Rheumatologie am USZ, zeigt nun erstmals eine Behandlungsmöglichkeit auf. 

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Gesundheit der Polizisten  
 
  • Systemische Sklerose oder Sklerodermie gehört zu den seltenen Krankheiten. 

Zwischen 1500 und 2000 Menschen in der Schweiz leiden an dieser Autoimmunerkrankung.

  • Sie führt zu einer fortschreitenden Verdickung des Bindegewebes und Veränderungen an den Blutgefässen mit Durchblutungsstörungen. 

Davon betroffen sind die Haut, aber auch die Organe, und besonders häufig die Lunge: 

rund 70 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Systemischer Sklerose sterben an einer Lungenbeteiligung, mehr als die Hälfte davon an einer Lungenfibrose, also der verstärkten Bildung von Bindegewebe in der Lunge.

Die Krankheit ist nicht heilbar.

Signifikante Verlangsamung des Krankheitsverlaufs

In einer internationalen randomisierten Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie mit 576 Patientinnen und Patienten aus 32 Ländern untersuchte ein Forscherteam unter der Leitung des Rheumatologen Prof. Dr. med. Oliver Distler vom USZ, ob sich der Wirkstoff Nintedanib positiv auf die Lungenfunktion von Patienten mit Systemischer Sklerose und auf den Verlauf der Krankheit auswirkt. Präklinische Modelle liessen diese Vermutung zu. Es handelt sich um die grösste jemals durchgeführte Studie zu Sklerodermie. Publiziert wurde sie im New England Journal of Medicine.

Die Patienten nahmen während 52 Wochen zweimal täglich Nintedanib oder ein Placebo ein, regelmässig wurde ihre Lungenfunktion überprüft. Gemessen wurde dafür die forcierte exspiratorische Vitalkapazität (FVC) der Patienten.

Dieser FVC-Wert gibt Aufschluss über die Lungenleistung. 

Bei der Auswertung der Patientendaten zeigte sich dabei über die gesamte Studiendauer hinweg eine zunehmende Differenz zwischen der Placebo- und der Nintedanib-Gruppe: Während sich die Lungenfunktion bei der Placebo-Gruppe kontinuierlich verschlechterte, zeigte sich bei der Nintedanib-Gruppe ein markant geringerer Abbau der Lungenfunktion und damit eine deutliche Verlangsamung des Krankheitsverlaufs.

Der Unterschied in der Lungenfunktion lag nach 52 Wochen bei signifikanten -41 ml.


Erste Therapie überhaupt lässt Ärzte und Patienten hoffen

«Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Wirkstoff tatsächlich einen positiven Effekt auf die Lungenfunktion und den Verlauf der Krankheit hat», fasst Oliver Distler die Ergebnisse zusammen. 

Wie sich die Einnahme von Nintedanib langfristig auswirkt und ob damit eine Verbesserung der Lebensqualität der Patientinnen und Patienten insgesamt sowie eine geringere Mortalität erreicht werden kann, steht noch nicht fest.

«Bisher standen zur gezielten Behandlung der Lunge bei Systemischer Sklerose jedoch keinerlei nachgewiesenermassen wirksame Therapien zur Verfügung.

Das Ergebnis der Studie ist deshalb für die Forschung zur Systemischen Sklerose ein Meilenstein und für betroffene Patientinnen und Patienten von grosser Bedeutung.»

  • Weltweit führendes Zentrum für Systemische Sklerose am USZ
  • Das USZ gehört zu den führenden Zentren für Systemische Sklerose in Europa und weltweit. 

Die Klinik für Rheumatologie unter der Leitung von Prof. Distler engagiert sich stark in der Erforschung dieser rheumatologischen Autoimmunerkrankung.

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Originalpublikation:
Nintedanib for Systemic Sclerosis–Associated Interstitial Lung Disease - https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1903076

The New England Journal of Medicine. DOI: 10.1056/NEJMoa1903076

CAVE: Zentrale Funktionsdiagnostik: Bakterium im Magen

Medizin am Abend Berlin MaAB- Fazit: Erreger Helicobacter pylori - Evolution im Magen

Der Magenkeim Helicobacter pylori ist weltweit verbreitet und genetisch sehr anpassungsfähig. 

LMU-Mikrobiologen haben seine Diversität innerhalb des Magens untersucht und gezeigt, dass sich Antibiotika auf die Populationsstruktur des Erregers auswirken.  
Das weltweit verbreitete Bakterium Helicobacter pylori verursacht eine der häufigsten chronischen Infektionen beim Menschen. 
  • Oft verläuft die Infektion symptomlos, sie kann aber auch verschiedene Magen-Darm-Beschwerden verursachen, beispielsweise Magenschleimhautentzündungen und Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre. 

Etwa ein Prozent der Infizierten erkranken an Magenkrebs, H. pylori wurde von der Weltgesundheitsorganisation als Karzinogen eingestuft.

Eines der Hauptmerkmale von Helicobacter pylori ist seine genetische Vielfalt und Wandelbarkeit.

Wissenschaftler um den Mikrobiologen Sebastian Suerbaum, Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene am Max von Pettenkofer-Institut der LMU und Wissenschaftler im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), haben nun erstmals die genetische Diversität des Bakteriums im Magen von insgesamt 16 Patienten umfassend untersucht und spezifische Anpassungen an verschiedene Regionen des Magens identifiziert.

  • Sie konnten nachweisen, dass die Verwendung von Antibiotika die Diversität der H. pylori-Population vermindert und resistente Bakterien selektioniert – und zwar auch dann, wenn die Antibiotika nicht gegen H. pylori sondern gegen andere Erreger eingesetzt wurden. 

Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature Communications.

Die große genetische Wandelbarkeit von H. pylori im Verlauf einer chronischen Infektion wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen.

Wie sich die genetische Vielfalt des Bakteriums aber innerhalb eines einzigen infizierten Magens zu einem bestimmten Zeitpunkt darstellt, war bisher nur wenig bekannt. 
 
Der Magen gliedert sich in drei anatomische Hauptbereiche, die eine unterschiedliche Physiologie und unterschiedliche Funktionen haben.

In diesen Magenregionen gibt es unterschiedliche Zelltypen, die für H. pylori-Subpopulationen unterschiedliche Bedingungen bieten.

„Wir haben anhand von Proben aus verschiedenen Magenbereichen untersucht, wie stark sich die H. pylori-Stämme eines Patienten unterscheiden“, sagt Suerbaum. „Dafür haben wir insgesamt mindestens 30 Bakterienstämme pro Patienten isoliert und deren Genom mithilfe einer Kombination verschiedener Sequenzierungmethoden analysiert.“

Die Ergebnisse zeigen, dass sich H. pylori tatsächlich an verschiedene Magenregionen anpassen kann. 

Dies betrifft beispielsweise Genfamilien, die für Außenmembranproteine kodieren, mit denen sich die Bakterien an menschliche Zellen anheften.

„Auch bei Beweglichkeits- und Chemotaxis-Genen haben wir Zeichen der Anpassung gefunden“, sagt Dr. Florent Ailloud, Postdoc im Team von Professor Suerbaum und Erstautor des Papers.

Zudem beeinflusste die Verwendung von Antibiotika die genetische Diversität von H. pylori stark.

Besonders deutlich wurde dies bei einem Patienten, bei dem die Population am Anfang der Studie sehr divers war und keinerlei Antibiotikaresistenzen zeigte.

Bei einer Folgeuntersuchung zwei Jahre später war die Diversität dagegen extrem gering, dafür waren die Bakterien gegen ein wichtiges Antibiotikum vollständig resistent.

Es kam im Verlauf der zwei Jahre offensichtlich zu einer massiven Reduktion der Population, die sich auf die folgende Populationsstruktur ausgewirkt hat.

Allgemein fanden die Wissenschaftler einen deutlichen Einfluss von Antibiotikatherapien auf die Population, und zwar auch dann, wenn die Antibiotika nicht gegen Helicobacter, sondern gegen andere Infektionen eingesetzt wurden. 

„Durch eine fachgerechte kombinierte Antibiotikatherapie kann H. pylori in der Regel zwar erfolgreich bekämpft und vollständig aus dem Magen entfernt werden.

Trotzdem dürften Antibiotika die evolutionäre Dynamik der gesamten Art in den letzten Jahrzehnten massiv beeinflusst haben, da Antibiotika weltweit verbreitet sind und eingesetzt werden“, schließt Suerbaum.

Die Studie ist in Kooperation mit dem Nationalen Referenzzentrum für Helicobacter pylori, das seit Januar 2017 unter der Leitung von Sebastian Suerbaum am Max von Pettenkofer-Institut der LMU beheimatet ist, dem klinischen Team von Peter Malfertheiner an der Universität Magdeburg und der LMU, der Warwick University in Coventry, Großbritannien, dem Leibniz-Institut DSMZ in Brauschweig und weiteren Kooperationspartnern im In- und Ausland entstanden.

Das Projekt wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Mikrobielle Persistenz und ihre Kontrolle“ sowie des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung gefördert.

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Originalpublikation:
Within-host evolution of Helicobacter pylori shaped by niche-specific adaptation, intragastric migrations and selective sweeps
Florent Ailloud, Xavier Didelot, Sabrina Woltemate, Gudrun Pfaffinger, Jörg Overmann, Ruth Christiane Bader, Christian Schulz, Peter Malfertheiner, Sebastian Suerbaum
Nature Communications 2019