Chronische Narkolepsie: Schlafkrankheit - Labor Neuropeptid Hypocretinwert

Medizin am Abend Berlin Fazit: Forscher decken Ursachen der seltenen Schlafkrankheit Narkolepsie auf

Hoffnung auf neue Behandlungsmöglichkeiten 
 
Ein Forscherteam aus der Schweiz hat mit Beteiligung von Dr. Ulf Kallweit von der Universität Witten/Herdecke (UW/H) die Ursache der chronischen Erkrankung Narkolepsie identifiziert.

Die Ergebnisse dieser Studie wurden vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Narkolepsie ist eine seltene neurologische Erkrankung und betrifft ca. 40.000 Menschen in Deutschland. 
  • Erste Symptome treten oftmals während der Pubertät bzw. im jungen Erwachsenenalter auf, aber auch kleine Kinder können bereits betroffen sein. 
  • Hauptsymptome der Erkrankung sind eine chronische und schwere Tagesschläfrigkeit, Einschlafattacken und kataplektische Anfälle, d.h. ein durch eine Emotion ausgelöster plötzlicher Verlust der Muskelanspannung.
Zudem können neuropsychiatrische, motorische und metabolische Störungen auftreten.

 Dr. Ulf Kallweit
 Dr. Ulf Kallweit
  • Narkolepsie geht mit einer schweren Minderung der Leistungs- bzw. Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität einher.

Bisher vergehen immer noch vom Auftreten der ersten Beschwerden bis zur Diagnosestellung im Durchschnitt über zehn Jahre. 

  • Die Diagnose wird in der Regel durch die Anamnese, Schlaflaboruntersuchungen und eine Nervenwasseruntersuchung, in der der sogenannte Hypocretinwert untersucht wird, gestellt.
 
Verursacht wird Narkolepsie durch einen allmählichen Verlust von Nervenzellen im sogenannten Hypothalamus (eine bestimmten Region des Gehirns), die Hypocretin produzieren. 

Hypocretin ist ein Neuropeptid, das wesentlich für die Erhaltung von Schlaf-und Wachzuständen, aber auch relevant für das Emotions-, Ernährungs- und Belohnungsverhalten ist. 

Bisher bekannt ist, dass dafür sowohl eine bestimmte genetische Veranlagung, das Vorliegen des sogenannten HLA-Allel DQB1*0602 Haplotyps als auch Umweltfaktoren, wie bestimmte Infektionen oder einzelne Impfstoffe, gemeinsam vorliegen müssen. 

Der Mechanismus, der zu der Zerstörung der Neurone geführt hat, war bisher unbekannt.

In der aktuellen Studie verwendete die Forschungsgruppe eine innovative, aufwendige und besonders sensitive Methode, um das Repertoire der T-Zellen im Blut von Narkolepsie-Erkrankten zu untersuchen. 

Damit gelang es erstmalig, T-Lymphozyten des Untertyps CD4 (und in einigen Fällen auch solche des Untertyps CD8) zu identifizieren, die gegen Hypocretin und gegen ein anderes Protein („TRIB2“), das in Hypocretin-Neuronen exprimiert wird, reagieren. Diese T-Zellen können eine Entzündung hervorrufen, wodurch Neurone zerstört werden, oder sie können möglicherweise auch unmittelbar spezifisch die Neurone zerstören, in denen Hypocretin produziert wird.

Die Behandlung der Narkolepsie ist rein symptomatisch, eine Heilung ist bisher nicht möglich.
 

  • Neben Verhaltensmaßnahmen wie der Einplanung einer Tagesstruktur, in der auch Schlafzeiten tagsüber miteingeplant sind, zielt die medikamentöse Behandlung vor allem auf die Hauptsymptome der Erkrankung. 
  • Tagesschläfrigkeit kann durch verschiedene Stimulanzien bzw. wachfördernde Medikamente behandelt werden, andere Medikamente können die Kataplexien lindern.

Dem Ko-Erstautor der Studie und Forschungsgruppenleiter für Klinische Schlaf- und Neuroimmunologie am Institut für Immunologie der UW/H, Dr. Ulf Kallweit, waren bei der Forschung besonders die möglichen Konsequenzen für die klinische Praxis wichtig. 

Er betont, diese Studie könne dazu beitragen, dass zukünftig möglicherweise schon durch eine Blutuntersuchung auf autoreaktive T-Lymphozyten gegenüber Hypocretin die Narkolepsie einfacher und schneller diagnostizierbar sei. 

Dies würde auch dazu beitragen, früher eine Behandlung zu beginnen, zum Beispiel, um die Schule erfolgreich abzuschließen oder ein Studium durchführen zu können. 

Schlafmediziner Dr. Kallweit betont zudem die Bedeutung der Studie für neue Behandlungsmöglichkeiten.

Der Verlust der Hypocretin-produzierende Neurone bei Narkolepsie ist langsam fortschreitend und vermutlich irreversibel. 

Durch die Kenntnis der genauen Ursache, der autoreaktiven T-Zellen, können nun möglicherweise zu Beginn der Erkrankung diese Zellen unterdrückt werden, sodass dadurch dann der weitere Zelluntergang verlangsamt oder sogar gestoppt wird. 

Die Schwere der Narkolepsie oder sogar das Fortschreiten der Erkrankung insgesamt könnten dadurch beeinflusst werden. 

Kallweit: „In einem nächsten Schritt müssen nun entsprechende Therapien entwickelt werden.“

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Forschungsambulanz für Stress und Soziale Interaktion - Herzlich Willkommen!

Medizin am Abend Berlin Fazit: Gestresste wollen reden statt toben

Zeitdruck, Informationsflut, Streit – Stress kann viele Auslöser haben. 

Doch wie beeinflusst Stress menschliches Sozialverhalten? 

Klar ist, dass das Verhalten unter Stress von vielen verschiedenen Faktoren wie beispielsweise Alter oder Geschlecht abhängig ist. 

Medizin am Abend Berlin ZuzsatzFachThema: Pflegeplätze
  • Die Vermutung, Stress könne sozialeres Verhalten auslösen, stand bereits länger im Raum.

Nun fand eine Forschergruppe der Universitäten Trier, Heidelberg, Freiburg und Konstanz mithilfe des sogenannten Trierer Stress-Tests weitere Belege dafür. 
 
Konkret untersuchten die Psychologen, wie Frauen mit Stress umgehen.

Insgesamt nahmen 120 Studentinnen an einem Experiment teil, bei dem sie einer akuten Stresssituation oder einer nicht-stressigen Kontrollbedingung zugeteilt wurden. Währenddessen mussten sie soziale Entscheidungen treffen. Ihr Verhalten hatte für sie selbst direkte Auswirkungen, aber auch für die anderen Probandinnen.

  • Dabei hat sich gezeigt, dass die Teilnehmerinnen in der Stresssituation eher sozialen Kontakt gesucht haben als beispielsweise aggressiv zu reagieren.

„Da es sich um ein Experiment unter Laborbedingungen handelt, können wir daraus keine Eins-zu-eins-Schlüsse für das Verhalten im Alltag ziehen“, ordnet Dr. Bernadette von Dawans, Wissenschaftlerin in der Abteilung für Biologische und Klinische Psychologie an der Universität Trier, die Ergebnisse ein.

  • „Aber unsere Funde deuten darauf hin, dass gestresste Frauen zum Beispiel eher das Gespräch mit Freunden oder Familie suchen, um sich über ihre Situation auszutauschen – zumindest wenn sie die Gelegenheit dazu haben.“

Ein ähnliches Verhalten konnten die Wissenschaftler in früheren Untersuchungen bereits für Männer nachweisen.

Ein weiterer spannender Zusammenhang, den die aktuelle Studie andeutet: 
  • Frauen, die hormonell verhüten, reagieren nicht ganz so sozial auf Stress wie Frauen, die andere Verhütungsmethoden verwenden.

„Für uns als Wissenschaftler gibt es rund um Stress noch viel zu erforschen“, sagt Dr. Bernadette Dawans.

  • Aktuell untersucht sie unter anderem, wie Stress das Verhalten von Kindern beeinflusst und schult sie gleichzeitig darin mit stressigen Phasen umzugehen.


Seit einigen Monaten gibt es an der Universität Trier eine spezialisierte "Forschungsambulanz für Stress und Soziale Interaktion" www.stressambulanz.uni-trier.de, in deren Rahmen personalisierte Verfahren zur Diagnostik, Prävention und Behandlung von Stress und stressbedingten Erkrankungen entwickelt und evaluiert werden.

Originalpublikation:
Bernadette von Dawans, Beate Ditzen, Amalie Trueg, Urs Fischbacher, Markus Heinrichs (2019): Effects of acute stress on social behavior in women. In: Psychoneuroendocrinology Volume 99, S. 137-144.

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Gesundheit mit System: Darmhormon Sektretin - Braunes Fettgewebe - Sättigung

Medizin am Abend Berlin: Wie der Darm mit dem Braunen Fett ‚spricht‘

Das seit langem bekannte Darmhormon Sekretin hat eine neu entdeckte, zusätzliche Funktion: 

  • Es aktiviert das Energie verbrauchende Braune Fettgewebe, was Sättigung auslöst. 

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) in Zusammenarbeit mit einem internationalen Team ist dieser wichtige Schritt gelungen. 

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Krankenhausabrechnung  
 
„Wir identifizierten völlig überraschend Sekretin als entscheidenden Faktor“, berichtet Professor Martin Klingenspor vom 
Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin
. Sekretin ist ein seit langem bekanntes Darmhormon.

Bisher ging die Ernährungsmedizin davon aus, dass dieses Peptid als Botenstoff im Wesentlichen gastrointestinale Funktionen erfüllt.

  • Wie etwa die Sekretion von Wasser und Bicarbonat aus der Bauchspeicheldrüse anzuregen, sobald der angesäuerte Speisebrei aus dem Magen in den Dünndarm abgegeben wird. 

Zusätzlich soll Sekretin über die Blutbahn als Botenstoff im Gehirn das Sättigungsgefühl fördern.

Soweit der Kenntnisstand bis vor Kurzem.

Sekretin feuert Energieverbrauch an

Die neue Studie deckte mit molekularbiologischen Untersuchungen auf (Transkriptom-Sequenzierung), dass das Gen für den Sekretin Rezeptor auch im Braunen Fettgewebe exprimiert wird. „Stimulierten wir diesen Rezeptor in den Braunen Fettzellen mit Sekretin, konnten wir eine unmittelbare Aktivierung der Zitterfreien Thermogenese beobachten“, erklärt Prof Klingenspor.

Kommunikation zwischen Braunem Fett und Gehirn

Zitterfreie Thermogenese ist der für Braunes Fett typische Mechanismus der Wärmebildung, der jedoch nicht nur Energie verbraucht. 

  • Die Untersuchungen legen offen, dass Zitterfreie Thermogenese auch die Voraussetzung dafür ist, dass das Sättigungsgefühl im Gehirn einsetzt.

Dabei gibt es drei mögliche Kommunikationswege vom Braunen Fett zum Gehirn:

1. Ein Anstieg der Temperatur im Gehirn,
2. Nervenverbindungen vom Braunen Fett zum Gehirn, oder
3. spezielle Botenstoffe des Braunen Fetts, sogenannte BATokine.


Professor Klingenspor vom EKFZ betrachtet die Wärmebildung selbst als die momentan plausibelste Möglichkeit: 

„Die Thermogenese im Braunen Fett führt zur Erwärmung des Blutes und einem leichten Temperaturanstieg im Gehirn; dies aktiviert Neurone, die Sättigung signalisieren.“

Braunes Fett übernimmt Schlüsselrolle bei der Sättigung

Die bisher geltende Lehrmeinung, dass Sekretin direkt im Gehirn auf bestimmte Nervenzellen wirkt, damit zu Sättigung führt und das Hungergefühl dämpft, wird durch diese Erkenntnisse revidiert. „Braunes Fettgewebe ist sozusagen wie eine Relaisstation dazwischengeschaltet“, fasst Prof. Klingenspor das Ergebnis zusammen.

Die neu entdeckte Kommunikationskette zwischen Darm und Hirn beginnt mit der Sekretinfreisetzung beim Essen, der daraus folgenden Aktivierung der Thermogenese im Braunen Fett und einer Erwärmung im Gehirn, die das Sättigungsgefühl steigert.

So verbraucht die nahrungsinduzierte Thermogenese im Braunen Fett Energie und macht satt – beides wichtige Faktoren für die Therapie und Prävention der fast schon weltweiten Epidemie Adipositas.

Sekretinproduktion natürlich anregen und schneller satt werden

Wäre Sekretin in diesem Zusammenhang die richtige „Medizin“?

„Nein“, stellt Klingenspor klar.

Denn eine chronische Stimulierung der Bauchspeicheldrüse wäre ungünstig.

Er sieht allerdings eine Möglichkeit, durch bestimmte Lebensmittel die Sekretin Produktion natürlich anzuregen, „die richtige Vorspeise könnte schneller satt machen und damit die aufgenommene Kalorienmenge reduzieren.“ 

Welche Nährstoffe hier in Frage kommen würden, sei Gegenstand weiterer Studien.

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Professor Martin Klingenspor

Technische Universität München

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Originalpublikation:
Yongguo Li*, Katharina Schnabl*, Sarah-Madeleine Gabler, Monja Willershäuser, Josefine Reber, Angelos Karlas, Sanna Laurila, Minna Lahesmaa, Mueez u Din, Andrea Bast-Habersbrunner, Kirsi A. Virtanen, Tobias Fromme, Florian Bolze, Libbey S. O’Farrell, Jorge Alsina-Fernandez, Tamer Coskun, Vasilis Ntziachristos, Pirjo Nuutila, and Martin Klingenspor: Secretin-Activated Brown Fat Mediates Prandial Thermogenesis to Induce Satiation, Cell 11/2018. *equal contribution https://doi.org/10.1016/j.cell.2018.10.016