Medizinische Indikation: Herzinfarkt, Schlaganfall, Blutungsrisiko

Medizin am Abend Berlin Fazit: Eine Tablette Aspirin täglich hat keinen gesundheitlichen Vorteil für fitte und gesunde Senioren

Viele gesunde Menschen über 70 nehmen jeden Tag eine geringe Dosis Aspirin zu sich, um sich vor Herzinfarkt und Schlaganfall zu schützen. 

Wissenschaftler der Monash University in Melbourne haben nun herausgefunden, dass sich die Gesundheit der betroffenen Personen hierdurch nicht verbessern lässt. 

Im Gegenteil:

die bekannte Nebenwirkung des erhöhten Blutungsrisikos wurde bestätigt. 

Also lieber Finger weg vom Aspirin? 
 
Millionen von Senioren nehmen jeden Morgen eine geringe Dosis Aspirin zu sich, ohne dass es hierfür eine medizinische Indikation gibt. 

Sie tun dies in der Hoffnung, so unter anderem dem ersten Herzinfarkt oder Schlaganfall vorzubeugen.

Dabei gibt es in der Forschung kaum Beweise, die diese Annahme unterstützen.

Obwohl in klinischen Richtlinien durchaus auf diesen Mangel an Nachweisen hingewiesen wird, sieht es in der Praxis ganz anders aus:

Schon seit Jahrzehnten wird vor diesem Hintergrund täglich Aspirin eingenommen.

Jetzt hat eine große Studie der Monash University ergeben, dass die tägliche Einnahme von niedrig dosiertem Aspirin (100 mg), wenn es gesunde Menschen ab einem Alter von 70 Jahren nehmen, nicht dazu beiträgt, dass das Risiko eines erstmaligen Herzinfarktes oder Schlaganfalls in erheblichem Ausmaß verringert wird.

Die Studie, welche 2010 ihren Anfang genommen hat, wurde in Australien von den Professoren John McNeill und Robyn Woods von der Monash University geleitet. Beide forschen und lehren an der School of Public Health and Preventive Medicine.

Die Studie war eine Zusammenarbeit australischer und amerikanischer Wissenschaftler und vergleicht die Wirkung von niedrig dosiertem Aspirin mit einem Placebo-Wirkstoff bei gesunden Menschen ab 70 Jahren.

Mehr als 19.000 Menschen in Australien und den USA – 16.700 davon im südöstlichen Australien – wurden über einen Zeitraum von sieben Jahren untersucht. Die Studie nannte sich ASPREE: Aspirin in Reducing Events in the Elderly (Aspirin-Einnahme in Hinsicht auf das Vermeiden von Herzinfarkt oder Schlaganfall bei Senioren).

  • Die Ergebnisse zeigen, dass niedrig dosiertes Aspirin ein gesundes Leben nicht verlängert. 

Es trägt auch nicht dazu bei, länger zu leben oder die Gefahr eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalls in erheblichem Ausmaß zu reduzieren. Zwischen den Versuchsgruppen mit Aspirin und denen mit Placebo gibt es nur sehr geringfügige Unterschiede.

„Aus dieser komplexen, groß-angelegten und durch Placebo-Präparate kontrollierten Studie kann geschlussfolgert werden, dass gesunde, ältere Menschen, die darüber nachdenken, wie sie ihre Gesundheit am besten fördern können, sehr wahrscheinlich keinen Nutzen aus der Aspirin-Einnahme ziehen.", sagt Professor McNeil, der Leiter des Department of Epidemiology and Preventive Medicine an der Monash University.

Erhöhtes Blutungsrisiko, eine bekannte Nebenwirkung von Aspirin, konnten von der Studie bestätigt werden. Es lässt sich ein kleiner Anstieg (3,8 Prozent) in Fällen von ernsten Blutungen bei den Probanden, welche Aspirin nahmen, feststellen. Bei den Placebo einnehmenden Probanden beträgt der Anstieg hingegen nur 2,8 Prozent.

„Das bedeutet, dass Millionen von gesunden, älteren Menschen weltweit, welche ohne einen medizinischen Grund niedrig dosiertes Aspirin nehmen, dieses völlig unnötig einnehmen.

Die Studie zeigt, dass es keinen größeren Vorteil gibt, der das möglicherweise erhöhte Blutungsrisiko wettmacht.", sagt Professor McNeil.

Des Weiteren führt er aus, dass Aspirin ein relativ sicheres Medikament bleibt. Dennoch ist es nicht völlig bedenkenlos einzunehmen, und Patienten sollten sich im Hinblick auf den täglichen, niedrig dosierten Gebrauch an die Anweisungen ihres Arztes halten.

Gleichzeitig warnte er, dass sich die Ergebnisse der Studie nicht auf jene Menschen beziehen lassen, die bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben oder von einer Angina Pectoris betroffen sind. 

In diesen Fällen ist Aspirin als wichtiges Medikament zur Vorbeugung empfohlen.

Was passiert als Nächstes?

Laut Professor McNeil werden die ASPREE-Ergebnisse dazu führen, dass globale Richtlinien rund um die Aspirin-Verwendung zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Alter überdacht werden.

„Obwohl Aspirin schon seit mehr als 100 Jahren auf dem Markt ist, wussten wir bislang nicht, ob ältere Menschen es zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einnehmen sollten und ob es ihnen ein längeres Leben in Gesundheit ermöglicht. Die Studie hat die Antwort auf diese Fragen nun geliefert", sagte Professor McNeil.

„Diese Ergebnisse werden dabei helfen, die verschreibenden Ärzte darüber zu informieren.

Die Ärzte waren lange Zeit unsicher, ob die Empfehlung von Aspirin für gesunde Patienten ohne klaren medizinischen Grund Sinn ergibt."

Professor McNeil erläuterte, dass präventive Versuchsreihen in der älteren Bevölkerungsgruppe – so wie ASPREE – zunehmend wichtig werden, da es einen enormen Anstieg von dieser Bevölkerungsgruppe gibt. Deshalb ist es notwendig, neue Methoden zu entdecken, um die Lebensqualität dieser Altersgruppe aufrecht zu erhalten und das Auftreten von gesundheitlichen Einschränkungen zu verzögern.

„Es wird prognostiziert, dass es bis 2056 in Australien 8,7 Millionen Menschen in dieser Altersgruppe geben wird. Und bis 2096 werden 12,8 Millionen Menschen 65 Jahre oder älter sein. Ohne neue Strategien, um das Einsetzen von körperlichen Einschränkungen und Demenz zu verzögern, werden die Kosten in der Pflege die folgenden Generationen signifikant treffen", erläuterte er.

Die durchgeführte Studie, ASPREE, wurde vom US National Institute of Health, vom Australian National Health and Medical Council, von der Victorian Cancer Agency und der Monash University finanziert.

In den Vereinigten Staaten wurde die Studie von den Professoren Anne Murray und Brenda Kirpach geleitet, welche am Berman Center for Outcomes and Clinical Research in Minneapolis forschen und lehren.

Diese neuen Ergebnisse werden in drei Aufsätzen im New England Journal of Medicine dargelegt.

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Bluthochdruck, Herzschwäche und ACE-Hemmer

Medizin am Abend Berlin Fazit: ACE-Hemmer und Lungenkrebs – ein Zusammenhang?

Laut einer Studie aus Großbritannien sollen ACE-Hemmer, eine Substanzgruppe, die fast bei sehr vielen Patienten mit Bluthochdruck [und Herzschwäche] zum Einsatz kommt, das Risiko für Lungenkrebs erhöhen. 

  • Es handelt sich dabei jedoch um eine Beobachtungsstudie, deren Beweiskraft begrenzt ist. 

Die Deutsche Hochdruckliga rät dazu, die Medikamente keinesfalls ohne Rücksprache mit dem Arzt abzusetzen, sondern gemeinsam mit dem Hausarzt den individuellen Nutzen und Risiko gegeneinander abzuwägen. 

Auch bei großer Verunsicherung wegen eines möglicherweise erhöhten Krebsrisikos muss die Bluthochdrucktherapie fortgesetzt werden – der Arzt kann dann andere blutdrucksenkende Präparate verschreiben. 
 
Eine Beobachtungsstudie aus Großbritannien kam zu dem Ergebnis, dass Menschen, die ACE-Hemmer einnehmen, ein um 6% erhöhtes Lungenkrebsrisiko haben.

Allerdings handelt es sich bei dieser Studie um eine Beobachtungsstudie, die lediglich Assoziationen aufzeigen kann, aber nicht beweist, dass ein tatsächlicher Ursache-Wirkungs-Zusammenhang vorliegt.

Dafür wäre eine prospektive randomisierte Studie notwendig, bei der mögliche „Störeinflüsse“ vorab ausgeschlossen werden.

Lungenkrebs ist eine Erkrankung, die multifaktoriell ist, also deren Entstehung durch verschiedene Faktoren begünstigt werden kann. 

Risikofaktoren sind neben der genetischen Disposition vor allem das Rauchen, aber auch Schadstoffe in der Luft oder die Belastung, beispielsweise im Job, mit krebserregenden Substanzen (Asbest, Arsen, Chrom, Nickel). 

Ebenfalls können Übergewicht und Alkoholkonsum das Risiko, an einigen Krebsarten zu erkranken, erhöhen.

 Letztlich ist auch das Alter ein Risikofaktor für Krebs und bei Lungenkrebs sogar (noch) das Geschlecht:

Laut Robert Koch Institut [2] erkrankten 2012 Deutschland 34.490 Männer an Lungenkrebs, aber nur 18.030 Frauen.

Schaut man sich die Patientendaten dieser Studie an, erkennt man, dass die Risikoverteilung in den Gruppen nicht einheitlich war.

Beispielsweise waren in der Gruppe, die mit ACE-Hemmern behandelt worden waren, mehr adipöse Menschen (32,3% vs. 19,9%), mehr Menschen mit Alkoholproblemen (8,7% vs. 6,8%) und weniger Menschen, die niemals geraucht haben (47,9% und 49,1%).

Zudem war die Gruppe der Studienteilnehmer, die ACE-Hemmer erhalten hatten, älter, das mittlere Alter betrug 57,8 Jahre (vs. 54,9 Jahre).

Auch waren in dieser Gruppe 63,9% männlich, in der Gruppe der nicht behandelten Studienteilnehmer nur 41,2%.

Diese Unterschiede könnten das Ergebnis der Studie und das höhere Lungenkrebsrisiko der mit ACE-Hemmern behandelten Patienten mit beeinflusst haben. 

Weiterhin kann die typische ACE-Hemmer-Nebenwirkung Reizhusten zu einer früheren Feststellung von Lungenkrebs geführt haben.

„Die Beweiskraft der vorliegenden Studie ist somit eher gering und die Studienautoren selbst haben weitere Untersuchungen gefordert“, erklärt Professor Dr. Bernhard Krämer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® | Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention.

  • „Wir hoffen, dass das Ergebnis nicht dazu führt, dass Patienten aus Sorge vor Krebs ohne Absprache mit ihrem Hausarzt die Blutdruckmedikation abbrechen.“ 

ACE-Hemmer haben in großen, randomisierten, kontrollierten Studien beim Bluthochdruck und bei der Herzschwäche eine deutliche Verminderung der Sterblichkeit auf Grund von Herz-Kreislauferkrankungen und der Gesamtsterblichkeit ermöglicht.

Die Blutdruckmedikamente einfach wegzulassen, kann gravierende Folgen haben, unbehandelt kann Bluthochdruck zu Schlaganfällen, Herzinfarkten, Nierenversagen oder Demenz führen – und das oft weit früher, als sich eine eventuelle Krebserkrankung entwickelt. 

„Verunsicherte Patienten sollten daher mit ihrem Hausarzt oder Kardiologen reden und das individuelle Risiko besprechen. 

Bei Bedarf, also wenn der Patient beispielsweise ein erhöhtes familiäres Risiko für Lungenkrebs aufweist oder starker Raucher ist, kann der Arzt erwägen, eine andere blutdrucksenkende Therapie zu verschreiben.

In jedem Fall muss aber die Bluthochdrucktherapie fortgesetzt werden“, erklärt der Experte.

[1] Hicks BM, Filion KB, Yin H et al. Angiotensin converting enzyme inhibitors and risk of lung cancer: population based cohort study. BMJ. 2018 Oct 24;363: k4209. Vollpublikation abrufbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6199558

[2] https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2015/11_2015.htm...



ACE-Hemmer und Lungenkrebs – ein Zusammenhang?




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