CAVE Narkose: Muskelrelaxanzien und postoperativen Lungenkomplikationen

Medizin am Abend Berlin Fazit: Große Studie zu Narkose-Medikamenten: Muskelrelaxanzien erhöhen das Risiko von Lungenkomplikationen

Für einige Operationen ist es notwendig, Muskeln während der Narkose mit Medikamenten zu entspannen. 

Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass damit Risiken für die Lungenfunktion verbunden sind. 

POPULAR, eine prospektive Beobachtungsstudie unter Leitung der Technischen Universität München (TUM) gefördert von der Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie (ESA) bestätigt den Zusammenhang zwischen Muskelrelaxanzien und postoperativen Lungenkomplikationen. 
 
  • Durch Narkose-Medikamente werden Patientinnen und Patienten bewusstlos und spüren keinen Schmerz. 

Das bedeutet jedoch nicht, dass ihre Muskeln vollständig regungslos sind: 

Sie können sich unwillkürlich bewegen und damit Fortgang und Erfolg der Operation gefährden.

„Um das zu vermeiden, können wir die Muskulatur vorrübergehend mit Muskelrelaxanzien lähmen“, sagt Prof. Manfred Blobner, von der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Klinikum rechts der Isar der TUM.

„Diese Medikamente sind besonders wichtig, wenn im Bauch oder im Brustkorb operiert wird. 

Sie werden auch verwendet, um Stimmband-Verletzungen zu vermeiden, wenn man einen Beatmungsschlauch in die Luftröhre platziert“, erläutert Blobner, der dem Lenkungskreis der POPULAR-Studie vorsteht, dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Fakultät für Medizin der TUM, des Karolinska Institutet, der Universitätsklinik Bonn, des Amsterdam University Medical Center, der Université de Lorraine Nancy, und der Fakultät für Medizin University of Liverpool angehören. Die prospektive Beobachtungsstudie sammelte Daten von 22.803 Patienten in 211 Klinken in 28 europäischen Ländern.

Ergebnisse bestätigen Risiko für Patienten

Erste Ergebnisse wurden jetzt in „The Lancet Respiratory Medicine“ veröffentlicht.

Sie bestätigen ein Phänomen, auf das frühere Arbeiten bereits hingedeutet hatten: 
  • Werden bei einer Narkose Muskelrelaxanzien eingesetzt, steigt das Risiko bestimmter Komplikationen, die Lunge und Atemwege betreffen, signifikant.
  • Die häufigsten Komplikationen waren eine verringerte Fähigkeit der Lunge, Sauerstoff aufzunehmen (5,2%) und Infektionen der Atemwege oder der Lunge (2,5%). 
Bei rund drei Viertel der Patienten wurden Muskelrelaxanzien eingesetzt. 

Bei ihnen war das absolute Risiko eine pulmonale Komplikation zu erleiden um 4,4% erhöht.

Weder Überwachung noch Gegenmedikamente senken das Risiko

Die genauen Ursachen der Komplikationen wurden in der Studie nicht erforscht. Frühere Untersuchungen legen nahe, dass im Körper verblieben Reste der Muskelrelaxanzien verantwortlich sein könnten. Die Daten aus der POPULAR-Studie zeigen jedoch auch, dass etablierte Maßnahmen, um Restwirkungen zu vermeiden, das Risiko nicht vermindert haben.

Weder Medikamente zur Hemmung der Wirkung von Muskelrelaxanzien noch eine Messung der Muskelfunktion, um das vollständige Abklingen der Wirkung zu garantieren, beeinflussten die Ergebnisse.

Aus Sicht der Autorinnen und Autoren bedeutet dies nicht, dass die Maßnahmen ihren Zweck nicht erfüllen würden. 

Es sei jedoch wahrscheinlich, dass es noch Verbesserungsmöglichkeiten bei der Umsetzung gebe. 

Zudem könne es weitere Ursachen für die pulmonalen Komplikationen geben.

  • Muskelrelaxanzien weiterhin wichtig und hilfreich

„Muskelrelaxanzien haben seit ihrer Einführung Operationen deutlich sicherer und effektiver gemacht “, sagt Prof. Blobner. „Im Laufe der Jahrzehnte haben wir sowohl die Medikamente als auch ihre Verabreichung ständig verbessert. Viele Eingriffe wären ohne Muskelrelaxanzien gar nicht möglich. Dennoch stellen sich durch die Ergebnisse von POPULAR neue Fragen.“

Blobner und seine Co-Autorinnen und -Autoren planen weitere Studien, um den Mechanismen hinter den Komplikationen auf den Grund zu gehen.

„Anhand unserer Ergebnisse würden wir jedoch bereits heute Anästhesistinnen und Anästhesisten raten, bei kleineren Eingriffen, die keine Lähmung der Muskulatur erfordern, auf Muskelrelaxanzien zu verzichten und die Atemwege statt mit einem Beatmungsschlauch in der Luftröhre mit einer Kehlkopfmaske zu sichern“, sagt Blobner.

Mehr Informationen:

Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der TUM: http://www.anaesth.med.tum.de/

Weitere Informationen zum Ablauf der POPULAR-Studie und zum Studienprotokoll auf der Website des Clinical Trial Networks der Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie:

 http://www.esahq.org/research/clinical-trial-network/published-trials/popular

Große Studie zu Narkose-Medikamenten: Muskelrelaxanzien erhöhen das Risiko von Lungenkomplikationen



Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com
























Über Google: Medizin am Abend Berlin 
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.

Prof. Dr. Manfred Blobner
Technische Universität München
Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Tel: +49-89-4140-7206
m.blobner@tum.de
www.tum.de

Arcisstr. 21
80333 München
Deutschland
Bayern
E-Mail-Adresse: presse@tum.de

Dr. Ulrich Marsch
Telefon: 089 / 289 - 22778
Fax: 089 / 289 - 23388
E-Mail-Adresse: presse@tum.de


Originalpublikation:
Kirmeier E, Eriksson LI, Lewald H, Jonsson Fagerlund M, Hoeft A, Hollmann M, Meistelman C, Hunter JM, Ulm K, Blobner M: Post-anaesthesia pulmonary complications after use of muscle relaxants (POPULAR): a multicentre, prospective observational study. www.thelancet.com/respiratory Published online September 14, 2018 http://dx.doi.org/10.1016/S2213-2600(18)30294-7

Der Schlaganfall: Akutes Notfallereignis und chronische Erkrankung www.dasgehirn.info/

Medizin am Abend Berlin Fazit: Schlaganfall - und dann?! Wie ein erneuter Hirninfarkt verhindert werden kann

Ein Schlaganfall kommt oft nicht alleine: 
  • Wer bereits einen Hirninfarkt erlitten hat, besitzt gegenüber Gleichaltrigen ohne Vorbelastung ein zehnfach höheres Risiko, erneut daran zu erkranken. 

Doch es kann vorgebeugt werden: 

Laut Experten der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) sind 90 Prozent des Risikos auf behandelbare Faktoren wie Bluthochdruck, hohes Cholesterin, Vorhofflimmern oder Rauchen zurückzuführen. 

Sie empfehlen daher eine präventive Behandlung. 

Medizin am Abend Berlin ZusatzFachThema: Versorgung mit Physiotherapie und anderen Heilmitteln sichern 

Was muss sich ändern, damit mehr erneute Schlaganfälle verhindert werden? 

Darüber diskutieren Experten der DSG auf einer Konferenz in Berlin am 25. Oktober 2018 anlässlich des Weltschlaganfalltages am 29. Oktober. 
 
„Seit vielen Jahren stehen hierzulande wissenschaftlich gesicherte Behandlungsstrategien wie Blutdrucksenkung, Cholesterinsenkung oder gerinnungshemmende Therapien zur Verfügung. Diese Strategien helfen nachweislich, einen erneuten Schlaganfall zu verhindern“, sagt DSG-Experte Professor Dr. med. Heinrich Audebert.

„Problematisch ist jedoch, dass die verfügbaren Präventionsmaßnahmen in der Langzeit-Behandlung nach einem Schlaganfall nicht konsequent genug genutzt werden.“

  • So hat eine Berliner Studie gezeigt, dass ein halbes Jahr nach dem Schlaganfall bei lediglich weniger als der Hälfte der Patienten verbreitete Risikofaktoren wie Bluthochdruck ausreichend eingestellt waren – eine solche Nachsorge sehen jedoch die Leitlinien vor. 
Nach Einschätzung von Audebert ist die Prävention in Deutschland damit im internationalen Vergleich zu wenig wirksam.

„Viele Patienten könnten von einer intensiveren ambulanten Betreuung profitieren“, so der Ärztliche Leiter der Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin. „Zudem sind offensichtlich viele Betroffene nach dem Schlaganfall mit der Umsetzung der teilweise komplexen medizinischen Empfehlungen überfordert.“

Was müsste nun konkret passieren, damit die Prävention hierzulande effektiver wird? DSG-Experte Audebert fordert ein Umdenken: „Wir sollten den Schlaganfall nicht nur als akutes Notfallereignis verstehen, sondern vielmehr als chronische Erkrankung.

Die starke Trennung zwischen krankenhausbasierter Akutbehandlung und ambulanter Nachbetreuung macht eine wirksame und patientenorientierte Sekundärprävention zu einer großen Herausforderung.“

Mit einem überschaubaren Aufwand ist es nach Einschätzung von Audebert möglich, nach einem ersten Schlaganfall einen wesentlich besseren Schutz zu bewirken. „Unmittelbar nach der Erkrankung sollten gezielte Nachbetreuungsprogramme einsetzen“, meint der Neurologe.

  • „Dafür ist es wichtig, dass die behandelnden Ärzte – sowohl in der Akuteinrichtung als auch in Hausarztpraxen – eng zusammenarbeiten.“

Zudem sei eine gute Logistik entscheidend.

Besonders wichtig sind dabei gute Anbindungen an Kliniken mit Schlaganfallspezialeinrichtungen, sogenannten Stroke Units.

 „In Ballungszentren mit universitären Hochschulambulanzen ist dies natürlich eher gegeben“, so Audebert.

„Für eine ideale Versorgung müssen jedoch bundesweit möglichst flächendeckend spezialisierte Ambulanzen einrichtet werden.“ Solche Unterstützungsprogramme werden momentan von Schlaganfall-Experten hinsichtlich ihrer Effektivität untersucht, Studien dazu stehen teilweise kurz vor ihrem Abschluss. Die Ergebnisse der multizentrischen und internationalen Studie zur „Intensivierten Sekundärprävention mit Intention einer verringerten Rezidivrate bei TIA- und minor-stroke Patienten“ (INSPiRE-TMS-Studie) sollen beispielsweise im Frühjahr kommenden Jahres vorliegen.

Die Unterstützungsprogramme sollen dabei in Ergänzung zur Hausarztbehandlung und in enger Abstimmung mit den niedergelassenen Ärzten durchgeführt werden. 

„Ziel ist es, die Patienten in ihrer Eigenverantwortung zu stärken“, sagt der Experte.

„Die Programme sollen den Betroffenen helfen, ihre medikamentösen Behandlungen einzuhalten und einen gesünderen Lebensstil zu führen.“

Wenn solche gezielten Maßnahmen zukünftig häufiger umgesetzt würden, könnte das zu einer spürbaren Senkung der Schlaganfallhäufigkeit in Deutschland führen – denn circa ein Viertel der Betroffenen erleidet einen Schlaganfall als Wiederholungsereignis. 
 

Von der regionalen Klinik bis zur spezialisierten Stroke Unit: Über die Schlaganfall-Versorgung in Deutschland
Professor Dr. med. Darius G. Nabavi
Vorsitzender der Stroke Unit Kommission der DSG und Chefarzt der Klinik für Neurologie am Vivantes Klinikum Neukölln

Ist die Schlaganfall-Versorgung in Deutschland gefährdet? Auswirkungen des aktuellen Urteils des Bundessozialgerichts (BSG)
Professor Dr. med. Armin Grau
1. Vorsitzender der DSG, Direktor der Neurologischen Klinik mit Klinischer Neurophysiologie und Stroke Unit am Klinikum Ludwigshafen

Schlaganfall-Versorgung in der Fläche sichern
Dr. Markus Wagner
Stroke Unit-Beauftragter der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe

Den zweiten Schlaganfall verhindern: Neue Ansätze in der Sekundärprophylaxe
Professor Dr. med. Heinrich Audebert
Ärztlicher Leiter der Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin

Hirnaneurysmen: Wie vorbeugen? Wann handeln?
Professor Dr. med. Helmuth Steinmetz
3. Vorsitzender der DSG, Direktor am Zentrum der Neurologie und Neurochirurgie am
Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt

Schlaganfall - und dann?!Wie ein erneuter Hirninfarkt verhindert werden kann




Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com



























Über Google: Medizin am Abend Berlin 
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.

Prof. Dr. med. Heinrich Audebert
Leiter der INSPiRE-TMS-Studie
Charité Universitätsmedizin Berlin
Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie
Hindenburgdamm 30
12200 Berlin
Telefon: 030/8445 2277

Prof. Dr. med. Wolf-Rüdiger Schäbitz
Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)
Evangelisches Klinikum Bethel
Klinik für Neurologie
Haus Gilead I | Bethel
Burgsteig 13
33617 Bielefeld
Telefon: 0521/77278301


Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)
Friederike Gehlenborg
Tel.: +49 (0)711 8931-295, Fax: +49 (0)711 8931-167
E-Mail: gehlenborg@medizinkommunikation.org
http://www.dsg-info.de  

Birkenstraße 67
10559 Berlin
Deutschland
Berlin
E-Mail-Adresse: office@awmf.org

Dennis Makoschey
Geschäftsführer / Pressesprecher
Telefon: 030 2009 7777
E-Mail-Adresse: makoschey@awmf.org