Bauchspeichgeldrüsenkrebs: Leber und Lunge Metastasen: Protein E-Cadherin

Medizin am Abend Berlin Fazit: Pankreaskrebs: Wandelbare Tumorzellen sind gefährlicher

Beim Bauchspeicheldrüsenkrebs befallen Metastasen häufig die Leber oder die Lunge. 

  • Patienten mit Metastasen ausschließlich in der Lunge haben bessere Prognosen für den Krankheitsverlauf. 

Welches Organ aber von den Krebszellen bevorzugt wird, hängt von ihrer Fähigkeit ab, sich und ihr Erscheinungsbild zu verändern. 

Das fand ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) heraus. 

Dr. Maximilian Reichert forscht am TUM Universitätsklinikum rechts der Isar an der Metastasenbildung bei Pankreaskrebs.
Dr. Maximilian Reichert forscht am TUM Universitätsklinikum rechts der Isar an der Metastasenbildung bei Pankreaskrebs. Bild: S. Willax

Wandelbare Tumorzellen sind gefährlicher 

  • Befinden sich Zellen in einem Gewebe oder Tumor, bilden sie Kontakte zu anderen Zellen aus und haben eine pflastersteinartige Form. 

 Krebszellen, die Metastasen bilden, müssen zuerst ihre Form und Eigenschaften verändern.

Sie müssen ihren Stoffwechsel umstellen und sich aus dem Zellverband des Tumors lösen können.

  • Sie werden dadurch schmal und länglich und gelangen in angrenzende Blutgefäße. 
  • Das Blut nutzen sie als Transportmittel, um andere Organe zu erreichen und ihr Gewebe zu befallen.

Dazu ist aber erneut eine Veränderung notwendig. Die Zellen müssen wieder Kontakt zu anderen Zellen ausbilden können, um sich gewissermaßen an ihnen „festzuhalten“. Nicht alle Krebszellen besitzen diese Wandelbarkeit, die sogenannte Plastizität. Dr. Maximilian Reichert, Erstautor der neuen Studie und Forschungsgruppenleiter in der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II am TUM Universitätsklinikum rechts der Isar, hat herausgefunden, warum das so ist und welche Folgen das für die Ausbreitung von Bauchspeicheldrüsentumoren hat. Die Ergebnisse wurden in „Developmental Cell“ veröffentlicht.

Leber oder Lunge – was ist entscheidend?

„Wir konnten zeigen, dass vor allem das Befallen der Leber von der Plastizität der Tumorzelle abhängt.

Kann die Zelle keine Zell-Zell-Kontakte ausbilden, so wird sie mit dem Blutstrom passiv weiter in die Lunge gespült, wo sie hängen bleibt.“, erklärt Reichert und ergänzt: 

„Für Patienten ist dieser Verlauf günstiger, da Lungentumore besser kontrollierbar sind.“

Entscheidend für die Wandelbarkeit einer Tumorzelle ist ein molekularer „Kleber“:

das Protein E-Cadherin. Es sitzt auf der Zelloberfläche und ist für Zell-Zell-Kontakte verantwortlich.

  • Das Forschungsteam entdeckte in einem Mausmodell, dass die Abwesenheit von E-Cadherin dazu führt, dass Tumorzellen aus dem Bauchspeicheldrüsenkrebs nur in die Lunge ‚streuen‘, nicht aber in die Leber.

War das Protein vorhanden und funktionsfähig, so konnten die Tumorzellen auch in die Leber eindringen. 

Grund hierfür ist, laut der Forscherinnen und Forscher, dass sich die Krebszellen über den engen Zell-Zell-Kontakt durch E-Cadherin im Lebergewebe verankern und so das Organ auch befallen können. Das Forschungsteam war in der Lage die Anwesenheit von E-Cadherin zu verändern und somit die Metastasierung in den Tieren zu steuern.

Epigenetische Faktoren als Ursache


Im Tumor werden diese Mechanismen offenbar über so genannte epigenetische Programme gelenkt, wie das Forschungsteam herausfand. 

Hierbei wird unser Erbgut – die DNA – nicht selbst verändert, sondern chemische Faktoren beeinflussen, wie stark oder schwach ein Abschnitt der DNA abgelesen wird.

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen am Klinikum rechts der Isar wird das Team um Maximilian Reichert künftig untersuchen, ob sich diese epigenetischen Programme hemmen lassen oder als Angriffspunkt für Therapien eignen.

„Je besser wir die Bildung von Metastasen verstehen, umso eher können wir sie beeinflussen.

Gerade beim Bauchspeicheldrüsenkrebs wäre das wichtig, denn fast alle Patienten sterben an den Metastasen.“, sagt Reichert.

Publikation:
Maximilian Reichert, Basil Bakir, Leticia Moreira, Jason R. Pitarresi, Karin Feldmann, Lauren Simon, Kensuke Suzuki, Ravikanth Maddipati, Andrew D. Rhim, Anna M. Schlitter, Mark Kriegsmann, Wilko Weichert, Matthias Wirth, Kathleen Schuck, Günter Schneider, Dieter Saur, Albert B. Reynolds, Andres J. Klein-Szanto, Burcin Pehlivanoglu, Bahar Memis, N. Volkan Adsay, Anil K. Rustgi, Regulation of Epithelial Plasticity Determines Metastatic Organotropism in Pancreatic Cancer, Developmental Cell Vol. 45 Iss. 6, June 18, 2018, DOI: 10.1016/j.devcel.2018.05.025
https://www.cell.com/developmental-cell/fulltext/S1534-5807(18)30418-0

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Dr. Maximilian Reichert
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II
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maximilian.reichert@mri.tum.de

Dr. Ulrich Marsch Technische Universität München
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Dr. Ulrich Marsch
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Dr. Maximilian Reichert ist Max-Eder Nachwuchsgruppenleiter und Mitglied des Sonderforschungsbereichs „Modellierung und Targeting des Pankreaskarzinoms“ (SFB1321, Sprecher: Prof. Roland M. Schmid), in dem unter anderem die klinische Anwendung von Plastizität als therapeutische Zielstruktur untersucht werden soll.

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Interdiziplinäre Reha: Familienstand - Herzerkrankung und Schlaganfälle - Überlebenschancen

Medizin am Abend Berlin Fazit: Ehe könnte vor tödlichen Herzerkrankungen und Schlaganfällen schützen

Wissenschaftler schlagen vor, den Familienstand künftig als neuen Risikofaktor für Herzerkrankungen und Schlaganfälle aufzuführen. 

Sogar die Überlebenschancen nach solchen Erkrankungen sollen vom Beziehungs- und Familienstatus der Patienten abhängen. 

Personen, die alleinstehend, geschieden oder verwitwet sind, haben laut neuen Forschungsergebnissen ein höheres Risiko zu erkranken. In Zukunft gilt es herauszufinden, ob der Familienstand auch Rückschlüsse auf andere Krankheitsbilder zulässt. 
 
Eine weltweite Studie unter der Leitung der Keele University im Vereinigten Königreich in Zusammenarbeit mit der Macquarie University in Sydney kam zu dem Ergebnis, dass die Ehe möglicherweise vor der Entstehung von Herzkrankheiten und Schlaganfällen schützt und darüber hinaus Einfluß darauf nimmt, wer eher dazu tendiert, an den Folgen der Erkrankungen zu sterben.

Aufgrund dieser Erkenntnisse, die einer Pool-Analyse der vorliegenden Daten entstammen und im Journal Heart veröffentlicht wurden, schlagen die Wissenschaftler vor, den Familienstand als eigenen Risikofaktor für Herzkrankheiten und Schlaganfälle miteinzubeziehen. Achtzig Prozent der kardiovaskulären Erkrankungen werden mit den bekannten Risikofaktoren in Verbindung gebracht: Alter, Geschlecht, hoher Blutdruck, hohe Cholesterinwerte, Rauchen und Diabetes. Aber es ist noch nicht klar, was die übrigen zwanzig Prozent beeinflusst.

Professor Mamas Mamas, der leitende Autor der Studie, Professor der Kardiologie an der Keele University und beratender Kardiologe an dem Royal Stoke University Hospital sagt: „Unsere Arbeit legt nahe, dass der Beziehungsstatus beachtet werden muss, wenn es um das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen geht. Darüber hinaus sollte der Beziehungsstatus zusammen mit den gängigen Risikofaktoren betrachtet werden, wenn es darum geht, die Patienten zu identifizieren, die ein höheres Erkrankungsrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben."

Die Erkenntnisse der bisherigen Forschung zum Einfluss des Familienstands waren uneindeutig, so dass die Wissenschaftler für ihren Versuch, Klarheit zu schaffen, eine große Anzahl an relevanten Forschungsprojekten durchforsteten. Sie haben auf vierunddreißig von zweihundertfünfundzwanzig Studien zurückgegriffen (alle veröffentlicht zwischen 1963 und 2015) und dabei mehr als zwei Millionen Menschen im Alter von zweiundvierzig bis siebenundsiebzig Jahren aus Europa, Skandinavien, Nordamerika, dem mittleren Osten und Asien betrachtet.

Die Pool-Analyse der Daten hat offengelegt, dass verglichen mit Menschen, die verheiratet waren, die unverheirateten (nie verheiratet, geschieden oder verwitwet) ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (42%) und Herzgefäßerkrankungen (16%) aufwiesen. Nicht verheiratet zu sein, wurde außerdem mit einem erhöhten Risiko für tödliche Herzgefäßerkrankungen (42%) oder tödliche Schlaganfälle (55%) in Zusammenhang gebracht.

  • Bei genauerer Betrachtung der Daten hat die Analyse gezeigt, dass geschiedene Männer und Frauen ein fünfunddreißig Prozent höheres Risiko für Herzkrankheiten aufwiesen, wohingegen Witwen und Witwer zu sechszehn Prozent wahrscheinlicher einen Schlaganfall erleiden. 
  • Während es keine Unterschiede bei Tod durch Schlaganfall gab, war das Risiko für einen tödlichen Herzinfarkt bei Menschen, die nie verheiratet waren, um zweiundvierzig Prozent höher, als bei Ehepaaren.

Dr Anastasia Mihailidou vom Department of Biomedical Sciences von der Macquarie University meint dazu: „Unsere Analysen haben gezeigt, dass verglichen mit verheirateten Menschen, unverheiratete Personen eher in Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und tödlichen Schlaganfällen gebracht werden konnten."

  • Es ist wichtig, die sozialen Umstände und den Familienstand des Patienten genauer zu betrachten sowie gegebenenfalls spezielle Unterstützung im Rahmen der Patientenfürsorge einzubringen.

Der leitende Wissenschaftler Chun Wai Wong von der Keele University fasst zusammen:

  • „Künftige Forschung sollte sich darauf konzentrieren, ob der Familienstand ein Ersatzmarker für andere negative Gesundheitsverhalten oder kardiovaskuläre Risikoprofile ist oder ob der Familienstand als eigener Risikofaktor angesehen werden muss."

Die Studie wurde von der Keele University in Zusammenarbeit mit Dr Anastasia Mihailidou vom Department of Biomedical Sciences der Macquarie University in Sydney und mit dem Rolling Institute, dem Royal North Shore Hospital, den Universitäten von Aberdeen und Arizona, den University Hospitals of North Midlands NHS Trust (UHNM) und dem King Fahd Armed Forces Hospital durchgeführt.

Wong CW, Kwok CS, Narain A, et al. Marital status and risk of cardiovascular diseases: a systemic review and meta-analysis. Heart. doi 10.1136/heartjnl-2018-313005

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Originalpublikation:
https://heart.bmj.com/content/early/2018/06/06/heartjnl-2018-313005