Schmerztherapie nach Operationen und bei chronischen Schmerzen.

Medizin am Abend Berlin Fazit: Goldstandard für die Messung von Schmerzen

Das Universitätsklinikum Jena und die Firma Grünenthal leiten einen internationalen Forschungsverbund zur Verbesserung der Schmerztherapie nach Operationen und bei chronischen Schmerzen. 

Im jetzt gestarteten Projekt PROMPT wollen Partner aus Hochschulen, Pharmaindustrie, Patientenorganisationen, Schmerzfachgesellschaften und kleinen und mittleren Unternehmen geeignete Standards für die Beurteilung der Schmerztherapie aus Patientensicht ermitteln und evaluieren. 

Die dabei identifizierten Fragebögen sollen künftig zur Bewertung des Therapieerfolges sowohl im klinischen Alltag als auch in klinischen Studien dienen. 

PROMPT ist eines von drei Teilprojekten des IMI-PainCare-Verbundes. 

Jenaer Schmerzmediziner ermitteln in einem internationalen Forschungsverbund Standards für die Beurteilung der Schmerztherapie aus Patientensicht.
Jenaer Schmerzmediziner ermitteln in einem internationalen Forschungsverbund Standards für die Beurteilung der Schmerztherapie aus Patientensicht. Michael Szabó/ Universitätsklinikum Jena Goldstandard für die Messung von Schmerzen

 
  • Für die Schmerzbehandlung im klinischen Alltag, aber auch für kontrollierte klinische Studien ist eine möglichst exakte Erfassung der Schmerzen enorm wichtig, denn nur dann können wirksame Therapieverfahren erforscht und routinemäßig eingesetzt werden. 

„Derzeit existiert aber eine Vielzahl von Messinstrumenten, ohne dass es einen Konsens über das besten Verfahren gibt“, berichtet Winfried Meißner, Leiter der Sektion Schmerz an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Jena.

  • Diese Messinstrumente und Fragebögen werden – wenn überhaupt - uneinheitlich eingesetzt und spiegeln oft weder die Wirkung von Therapien noch die Prioritäten der Patienten wider.

Der Forschungsverbund PROMPT mit 14 europäischen Partnern aus Hochschulen, Pharmaindustrie, Patientenorganisationen, Schmerzfachgesellschaften und kleinen und mittleren Unternehmen will nun aus der Vielfalt der existierenden Patientenbefragungs- und Messinstrumente Standards für Patienteneinschätzungen zum postoperativen und chronischen Schmerz identifizieren und testen.

„Solche Standards für die Patienteneinschätzungen, die sogenannten Patient-reported outcomes, verbessern die Vergleichbarkeit klinischer Studien und erleichtern es, erfolgreiche Therapieverfahren in Studien und im Alltag sicher zu erkennen. Außerdem ist es wichtig, dass diese Messverfahren auch den klinischen Alltag widerspiegeln, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse aus den klinischen Studien auch auf ‚reale Bedingungen in der Klinik‘ übertragbar sind“, betont Hiltrud Liedgens, die für die Firma Grünenthal zusammen mit Winfried Meißner das Projekt leitet.

Auf der Grundlage großer Literaturrecherchen und von den Industriepartnern zur Verfügung gestellter Daten aus klinischen Studien werden die Teilnehmer in einem Konsensprozess zunächst diejenigen Messgrößen auswählen, die sie in den Teilprojekten einsetzen wollen. In einer groß angelegten Beobachtungsstudie werden dann jeweils 1000 Patienten nach Operationen am Thorax, an der weiblichen Brust, bei Kniegelenkersatz sowie bei Endometriose befragt und bis zu sechs Monate postoperativ beobachtet. Die Ergebnisse dieser Studie werden mit denen der Studien der Industriepartner verglichen, sodass der Nutzen der Messinstrumente im klinischen Alltag sowie in kontrollierten klinischen Studien bewertet werden kann. Ähnliche Analysen sind auch an Studiendaten von chronischen Schmerzpatienten bei Neuropathie oder Endometriose geplant.

  • Ein weiteres Ziel ist es, frühe Hinweise auf problematische Schmerzverläufe nach Operationen zu identifizieren. 

Eine Checkliste soll ermöglichen, Risikopatienten rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Daneben werden auch tragbare elektronische Geräte erprobt, die die Mobilität und Schlafqualität von Patienten nach Operationen messen und so frühzeitig Hinweise auf anhaltende Schmerzen oder andere Komplikationen geben könnten.

In einem weiteren Teilprojekt soll überprüft werden, ob die Methoden der Patienteneinschätzung auch bei chronischen Schmerzpatienten eingesetzt werden können, um erfolgreiche Therapieverfahren zu identifizieren.

Der Forschungsverbund PROMPT wird im Rahmen der Innovative Medicines Initiative-Förderlinie des EU-Förderprogramms Horizon 2020 von der Europäischen Kommission und der EFPIA mit 4,1 Millionen Euro gefördert und kooperiert im Konsortium IMI-PainCare mit zwei weiteren europäischen Verbundprojekten zur Schmerztherapie.

Diese suchen, in Ergänzung zu den subjektiven Patienteneinschätzungen, nach ‚objektiven‘ Biomarkern für Schmerzen und beschäftigen sich mit chronischen Schmerzen im Becken und bei Endometriose.

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apl. Prof. Dr. Winfried Meißner
Leiter der Sektion Schmerz, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena
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Dr. Uta von der Gönna Universitätsklinikum Jena



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CAVE: Interdiziplinäre Reha: Herzinsuffizienz - Medikamenteneinnahme

Medizin am Abend Berlin Fazit: Verminderte Hirnleistung bei schwachem Herz

Eine Herzinsuffizienz bedarf einer umfassenden Therapie und exakten Medikamenteneinnahme. 
  • Diese können viele Patienten aber nicht einhalten. 
  • Dies liegt jedoch häufig gar nicht am Willen oder Nachlässigkeit der Patienten, sondern an einer durch die Herzschwäche begünstigten Störung des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit. 

Ein Würzburger Forscherteam hat jetzt bestätigt, dass 41 Prozent der untersuchten Herzschwäche-Patienten Defizite in der Reaktionszeit aufwiesen, 46 Prozent Defizite im verbalen Gedächtnis. 

Im Kopf-MRT zeigten die Patienten im Vergleich zu herzgesunden Normalpersonen eine stärkere Atrophie des Temporallappens, der eine wichtige Rolle für die Gedächtnisbildung innehat. 

Die Studie Cognition.Matters-HF zeigt: Das schwache Herz beeinflusst die Hirnfunktion; links das MRT-Bild des Hippocampus von gesunden Probanden, rechts die Atrophie bei Herzschwäche-Patienten.
Die Studie Cognition.Matters-HF zeigt: Das schwache Herz beeinflusst die Hirnfunktion; links das MRT-Bild des Hippocampus von gesunden Probanden, rechts die Atrophie bei Herzschwäche-Patienten. DZHI/UKW


Das Besondere an der jüngst im "Journal of the American College of Cardiology: Heart Failure" (JACC: Heart Failure) veröffentlichten Beobachtungsstudie Cognition.Matters-HF ist, dass am Uniklinikum Würzburg 148 Patienten mittleren Alters mit einer mindestens ein Jahr zuvor diagnostizierten Herzschwäche innerhalb von zwei Tagen zahlreichen kardiologischen, neurologischen und neuropsychologischen Tests unterzogen wurden.

Dazu zählten neben dem EKG und der Echokardiographie, also dem Herzultraschall, auch Herz-Kreislaufuntersuchen inklusive 6-Minuten-Gehtest sowie neurologische Untersuchungen mit Ultraschall der Halsgefäße, neuropsychologischen Tests und eine Kernspintomografie des Gehirns.

Diese Untersuchungen werden nach einem Jahr, drei Jahren und fünf Jahren wiederholt. Das Team unter Leitung der Kardiologen Dr. Anna Frey und Prof. Dr. Stefan Störk, sowie des Neurologen Prof. Dr. Guido Stoll der Universitätsklinik Würzburg hat im Jahr 2011 mit der Studie begonnen. Inzwischen haben gut ein Drittel der Patienten bereits die 5-Jahres-Untersuchung abgeschlossen.

Neben der zügigen und aufwändigen Evaluation unterscheidet Cognition.Matters-HF noch etwas von bisherigen Herz-Hirn-Studien. 

„Um die MRT-Bilder unserer Herzschwäche-Patienten auszuwerten, haben wir die Bilder mit insgesamt 288 gesunden Probanden gleichen Geschlechts und Alters aus einer Österreichischen Schlaganfall-Studie verglichen.

„Ohne die Kooperation mit Professor Reinhold Schmidt aus der Grazer Universitätsklinik für Neurologie hätten wir nicht solche aussagekräftigen Hinweise für eine Verbindung zwischen insuffizienten Herzen und kognitiven Defiziten und Veränderungen im Gehirn erhalten“, bedankt sich Professor Stoll, leitender Oberarzt der Neurologischen Klinik und Poliklinik am Uniklinikum Würzburg.

  • „Mit dieser wegweisenden Studie haben wir die Hypothese weiter untermauert, dass das schwache Herz die Gehirnfunktion beeinträchtigt und insbesondere Auffälligkeiten im Temporallappen als wahrscheinliche Ursache identifizieren können. 

Interessanterweise waren die häufig angeschuldigten Läsionen in der weißen Substanz des Gehirn bei den Herzinsuffizienzpatienten und dem Kontrollkollektiv gleich stark ausgeprägt“.


Würzburger Forscher fanden heraus, dass die Atrophien des Temporallappens bei Herzschwächepatienten im Zusammenhang mit ihren kognitiven Beeinträchtigungen standen.
 Würzburger Forscher fanden heraus, dass die Atrophien des Temporallappens bei Herzschwächepatienten im Zusammenhang mit ihren kognitiven Beeinträchtigungen standen.
DZHI/Kochanowski

Doch wieso beeinflusst das kranke Herz die Herzfunktion?

„An der Pumpfunktion scheint es nicht zu liegen“, erklärt die Erstautorin der Studie Dr. Anna Frey. 

„Es findet sich nämlich kein direkter Zusammenhang zwischen der eingeschränkten Pumpleistung und den Einschränkungen der Kognition. Auffällig bei den Patienten mit kognitiven Störungen war jedoch die geringere Ausdauer.

Beim 6-Minuten-Gehtest schnitten die Patienten mit verminderter Herz- und Hirnfunkton nicht so gut ab wie diejenigen, deren Hirnfunktion unauffällig war.

„Die Ergebnisse von Cognition.Matters-HF zeigen den Bedarf an weiteren Studien, die auf eine Verbesserung der kognitiven Funktionen bei herzinsuffizienten Patienten abzielen“, bestätigt der Ärztliche Direktor des Uniklinikums Würzburg, Professor Georg Ertl.

„Denn die durch die verminderte Herz- und Hirnleistung betroffenen Patienten befinden sich in einem Dilemma. 
  • Eine Herzschwäche erhöht aufgrund des komplexen Therapieplans mit regelmäßiger Prüfung der Vitalwerte, konsequenter Einnahme der Medikamente und Beschränkung der Trinkmenge die kognitiven Anforderungen. 
Demgegenüber stehen die verminderten kognitiven Fähigkeiten.

Viele Patienten können aus diesem Grund den Therapieplan schlichtweg nicht einhalten.

Das hat zur Folge, dass sich sowohl die Lebensqualität als auch die Erkrankung zunehmend verschlechtern.

Unseren Untersuchungen zufolge droht den Herzinsuffizienzpatienten mit linksventrikulärer Ejektionsfraktion und Defiziten in verschiedenen kognitiven Domänen das Risiko, innerhalb des ersten Jahres nach Studienbeginn zu versterben.“

Professor Stefan Störk, Leiter der Herzinsuffizienz-Ambulanz des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz Würzburg zieht folgendes Fazit aus der Studie für die Arbeit mit den Patienten:

„Cognition.Matters-HF bestärkt uns Ärzte darin, dass wir die Herzschwäche-Patienten künftig noch intensiver betreuen müssen.


Das fängt bei der Diagnose an, die wir patientengerecht vermitteln müssen, idealerweise in Gegenwart eines Angehörigen, geht weiter über den Behandlungsplan, den wir möglichst schriftlich mitgeben, und hört auf bei der Unterstützung der Patienten durch eine Herzinsuffizienz-Schwester, die den Patienten regelmäßig kontaktiert, seine Werte überprüft, die Medikamenteneinnahme kontrolliert und ihn somit bis zur Stabilisierung der Symptome begleitet. 

Wir wussten bereits aus eigenen früheren Studien, dass dieser Ansatz von entscheidender Bedeutung ist.

Auf dem Boden der Ergebnisse von Cognition.Matters-HF verstehen wir jetzt zunehmend besser, warum das so ist.

Mit Hilfe von kognitiven Tests können wir in Zukunft hoffentlich bereits bei der Diagnosestellung hierzu eine Aussage treffen und den Patienten noch zielgerichteter helfen.“

Anna Frey warnt jedoch vor einer Pauschalisierung, dass jeder Patient mit einer Herzschwäche zwangsläufig eine Gedächtnisstörung hat oder haben wird:

„Immerhin haben wir bei 32 Prozent aller Studienteilnehmer mit Herzinsuffizienz keine Auffälligkeiten im Gehirn gefunden.

Lediglich 16 Prozent unserer Patienten hatten ernsthafte kognitive Störungen.“

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Dr. Anna Frey, frey_a@ukw.de
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Kirstin Linkamp, DZHI Universitätsklinikum Würzburg


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Originalpublikation:
Die ausführliche Publikation finden Sie hier:
http://heartfailure.onlinejacc.org/content/6/7/583