Deine Muskelkraft auf das Skelett

Medizin am Abend Berlin Fazit: Wie sich Muskelkraft auf das Skelett überträgt

Bei der Übertragung von Muskelkraft auf das Skelett spielt das Bindegewebe eine wichtige Rolle: 

Sogenannte Aponeurosen umhüllen die Muskeln, unterteilen sie in ihrem Innern, und gehen in Sehnen über. 

Dehnt man den Muskel passiv, verhalten sich die Aponeurosen wie ein Gummiband, das länger und schmaler wird. 

Beim aktiven Zusammenziehen des Muskels werden die Aponeurosen jedoch länger und zugleich breiter. 

Somit werden sie auch steifer und wirken auf den Muskel zurück. 

Das hat Dr. Brent Raiteri vom Lehrstuhl Bewegungswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gemeinsam mit Kollegen der University of Queensland mit Hilfe von Ultraschalluntersuchen herausgefunden. 

Für seine Untersuchungen nutzte Brent Raiteri 3D-Ultraschall, eine aufwendige Methode, die Einblicke in Vorgänge innerhalb von Muskeln gewährt hat.
Für seine Untersuchungen nutzte Brent Raiteri 3D-Ultraschall, eine aufwendige Methode, die Einblicke in Vorgänge innerhalb von Muskeln gewährt hat. © RUB, Marquard
 
Sie berichten im Journal PNAS in der Ausgabe vom 19. März 2018.

Elastisches Gewebe speichert Kraft

  • Eine grundlegende Aufgabe des elastischen Bindegewebes innerhalb und außerhalb der Muskulatur wie beispielsweise Sehnen und Aponeurosen ist es, Muskelkräfte auf das Skelett zu übertragen. 

Sie verhalten sich dabei ähnlich wie ein Gummiband, das sich dehnt, wenn eine Kraft auf es wirkt, wobei die Dehnung proportional zur wirkenden Kraft ist.

Diese Elastizität erlaubt es, mit zunehmender Kraft mehr Energie zu speichern und diese zurückzugeben, sobald die Kraft reduziert wird oder aufhört zu wirken. Sowohl von Sehnen als auch Aponeurosen weiß man, dass sie die Muskulatur mir ihren elastischen Eigenschaften unterstützen effizient und kraftvoll arbeiten zu können.

„Allerdings gibt es Hinweise aus Tierexperimenten, die nahelegen, dass sich Aponeurosen aufgrund ihrer flächigen Struktur nicht wie einfache elastische Gummibänder verhalten“, erklärt Brent Raiteri. „Anstatt unter der Wirkung von Muskelkräften länger und gleichzeitig schmaler zu werden, können Aponeurosen während Muskelaktivität gleichzeitig länger und breiter werden.“

Schwierige Vorhersage

Kräfte, die in einer Richtung auf Aponeurosen wirken, verändern so deren Steifigkeit in einer Richtung 90 Grad zur Kraftwirkung. Dadurch ist es schwieriger vorherzusagen, wie Muskeln ihre Kraft auf das Skelett übertragen und unter welchen Umständen Muskeln möglicherweise Verletzungen erleiden.

Um zu untersuchen, wie die dreidimensionale Muskelstruktur die Dehnung und Spannung der Aponeurosen während aktiver Muskelkontraktionen mit unterschiedlicher Kraft und bei unterschiedlichen Muskellängen beeinflusst, verwendeten Raiteri und seine Kollegen 3D-Ultraschall. Sie bestimmten die Länge und die Breite der Aponeurose des vorderen Schienbeinmuskels.

Ergebnis: Wurde der Muskel passiv gedehnt, dann wurde die Aponeurose sowohl länger als auch schmaler wie ein einfaches Gummiband. „Während willentlicher Muskelaktivität hingegen wurde die Aponeurose in der Länge gedehnt, gleichzeitig aber auch breiter, vermutlich aufgrund des Drucks innerhalb des Muskels und der Muskelverformung“, so Brent Raiteri. Diese Dehnung in die Breite bewirkt wiederum, dass die Aponeurose in Längsrichtung steifer wird, wobei die Steifigkeit der Aponeurose bei langen Muskellängen höher war als bei kürzeren.

Kraftübertragung besser verstehen

Die Änderung der Steifigkeit der Aponeurose beeinflusst während Muskelaktivität ihrerseits die Längenänderung der Muskelfaserbündel, die die aktive Muskelkraft erzeugen und sich dabei verkürzen. „Das ist deshalb bedeutend, weil die Kapazität der Muskelfaserbündel Kraft zu erzeugen maßgeblich von ihrer Länge und ihrer Verkürzungsgeschwindigkeit abhängt“, so Prof. Dr. Daniel Hahn, Inhaber des Lehrstuhls für Bewegungswissenschaft der RUB.

„Dieses Wissen hilft uns, die Wirkung von Kräften im Muskel und die Übertragung dieser Kräfte auf den Bewegungsapparat und somit die Effizienz menschlicher Fortbewegung besser zu verstehen und möglicherweise zu erklären, ob und welche Rolle Aponeurosen bei der Entstehung von Muskelverletzungen spielen“, so Hahn.

Die Vorhersage von Muskelkräften ist außerdem für Simulationen menschlicher Bewegung wichtig.

  • Solche Prognosen können etwa dabei helfen, motorische Beeinträchtigungen durch Erkrankungen wie beispielsweise Schlaganfall besser zu verstehen, orthopädische Eingriffe wie zum Beispiel Muskelverlängerungen zu planen oder auch bioinspirierte Prothesen zu entwickeln.
Förderung

Brent Raiteri wurde durch ein australisches Postgraduiertenstipendium gefördert.

Originalveröffentlichung

Brent James Raiteri, Andrew Graham Cresswell, Glen Anthony Lichtwark: Muscle-tendon length and force affect human tibialis anterior central aponeurosis stiffness in vivo, in: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2018, DOI: 10.1073/pnas.1712697115,

http://www.pnas.org/content/early/2018/03/13/1712697115

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com















Über Google: Medizin am Abend Berlin
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.

Prof. Dr. Daniel Hahn
Lehr- und Forschungsbereich Bewegungswissenschaft
Fakultät für Sportwissenschaft
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 27905
E-Mail: daniel.hahn@rub.de

Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Postfach 10 21 48
44780 Bochum
Deutschland
Nordrhein-Westfalen
E-Mail-Adresse: info@ruhr-uni-bochum.de

Dr. Barbara Kruse
Telefon: 0234/32-22133
Fax: 0234/32-14136
E-Mail-Adresse: barbara.kruse@presse.ruhr-uni-bochum.de


Meike Drießen
Telefon: 0234/32-26952
Fax: 0234/32-14136
E-Mail-Adresse: meike.driessen@presse.rub.de

Chronische Entzündungszustände - Modulierbares Altern

Medizin am Abend Berlin Fazit: „Inflamm-Aging“ - Ist das Alter eine Entzündung?

Rot, geschwollen, schmerzhaft – so stellen wir uns in der Regel eine Entzündung vor. 
  • Entzündungsvorgänge können aber auch sehr viel diskreter und ohne erkennbare klinische Symptome ablaufen. 
  • Gerade diese unterschwelligen, chronischen Entzündungen sind es, die seit einigen Jahren im Verdacht stehen, wesentlich zum Alterungsprozess und zu alterstypischen Erkrankungen wie Arteriosklerose, Diabetes oder Alzheimer beizutragen.  
Wie chronische Entzündungszustände entstehen und wie sich dieser auch als „Inflamm-Aging“ bezeichnete Prozess beeinflussen lässt, war eines der Themen auf der Eröffnungs-Pressekonferenz anlässlich Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), die in Mannheim stattfandt.

****************************************************************************
Den Begriff Inflamm-Aging ist aus den englischen Wörtern für Entzündung (inflammation) und Altern (ageing) zusammengesetzt und wurde bereits im Jahr 2000 geprägt.

  • Der italienische Immunologe Claudio Franceschi beschrieb damit die heute allgemein anerkannte Tatsache, dass das Immunsystem im Verlauf seines normalen Alterungsprozesses immer mehr entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzt. 

„Die Balance zwischen den verschiedenen Zelltypen des Immunsystems verändert sich mit zunehmendem Alter“, erläutert Professor Dr. med. Cornel C. Sieber, Vorsitzender der DGIM 2017/2018, Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg und Direktor am Institut für Biomedizin des Alterns, Universität Erlangen-Nürnberg.
  • So nimmt etwa die Aktivität der adaptiven, also gegen spezifische Krankheitserreger gerichteten Immunabwehr ab, die der unspezifischeren, angeborenen Immunabwehr dagegen nimmt zu.
In der Folge werden vermehrt Botenstoffe wie:
Prostaglandin E2,
Interleukin-6,
Interferon-gamma,
TNF-alpha
produziert, die für Entzündungen typisch sind. 

Dieser proinflammatorische Botenstoff-Mix wiederum fördert die Bildung freier Radikale - aggressiver Sauerstoffverbindungen, die prinzipiell jedes Gewebe schädigen können.

„Auch dieser oxidative Stress trägt vermutlich zu Alterungsvorgängen bei“, sagt Sieber. 
  • Typische Alterskrankheiten, deren Entstehung mit dem Inflamm-Aging in Verbindung gebracht wird, sind neben der Alzheimer-Demenz auch Osteoporose, Arteriosklerose, Arthritis oder Diabetes.
  • Wie stark sich das Zusammenspiel der Immunbotenstoffe verschiebt, ob sich die Folgen noch zu Lebzeiten klinisch bemerkbar machen und – wenn ja – an welchen Organen sie sich manifestieren, ist zum Teil genetisch festgelegt. 

„Die gute Nachricht ist jedoch, dass die beim Inflamm-Aging ablaufenden Prozesse sich ganz wesentlich auch durch den Lebensstil beeinflussen lassen“, sagt Sieber.

Regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und das Pflegen von Sozialkontakten – diese drei Faktoren könnten stark dazu beitragen, Entzündungsphänomene zu begrenzen und oxidativen Stress zu reduzieren. 

Besonders die so genannte mediterrane Diät, die reich an Obst und Gemüse und somit an Antioxidantien ist, hält Sieber für geeignet, um entzündliche und gewebeschädigende Prozesse zu bremsen.

Sein ermutigendes Fazit: Man kann zwar nicht verhindern, dass man altert – aber das Altern ist modulierbar.

- „Inflamm-Aging“ – Ist das Alter eine Entzündung?
Professor Dr. med. Cornel C. Sieber
Vorsitzender der DGIM 2017/2018, Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, Direktor Institut für Biomedizin des Alterns, Universität Erlangen-Nürnberg

- Internisten in Diktatur und junger Demokratie: Die DGIM von 1933 bis 1970
Professor Dr. med. Ulrich R. Fölsch
Generalsekretär der DGIM aus Kiel

- Medizin für und mit alten Menschen: Haben Internisten ausreichend „Handwerkszeug“ dafür?
PD Dr. med. Katrin Singler
Kongressteam der DGIM 2018, Oberärztin der Klinik für Innere Medizin 2, Schwerpunkt Geriatrie, Klinik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Nürnberg

- Die Videosprechstunde als neue Versorgungsform – Aus für das Fernbehandlungsverbot?
Professor Dr. med. Friedrich Köhler
Leiter des Zentrums für kardiovaskuläre Telemedizin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin

- Robotik in der Kranken- und Altenpflege: Aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Chancen
Professor Dr. Elisabeth André
Inhaberin des Lehrstuhls für Multimodale Mensch-Technik-Interaktion am Institut für Informatik der Universität Augsburg

Thema: „Masern, MRSA, Mikrobiom: Infektionen vorbeugen, bekämpfen und besiegen“


- Antibiotikaentwicklung in Zeiten neuer Infektionen
Prof. Dr. Hans-Georg Sahl
Universitätsklinikum Bonn, Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie

- Masern: Was Sie über die unterschätzte Infektion wissen sollten
Prof. Dr. Dr. Sabine Wicker
Vorsitzende der Nationalen Verifizierungs-kommission Masern/Röteln beim Robert Koch-Institut

- Infektionen bestmöglich vermeiden und behandeln: Welchen Unterschied die Ausbildung des Arztes macht
Prof. Dr. med. Dr. h. c. Ulrich R. Fölsch
Generalsekretär der DGIM, Kiel

- Gesundheitsfaktor Mikrobiom: Modulation durch Präbiotika, Probiotika oder Antibiotika
Prof. Dr. Andreas Stallmach
Universitätsklinikums Jena, Klinik für Innere Medizin IV, Jena


- Brainfood: Welche Lebensmittel unser Gehirn leistungsfähiger machen
Professor Dr. med. Cornel C. Sieber
Vorsitzender der DGIM 2017/2018, Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, Direktor Institut für Biomedizin des Alterns, Universität Erlangen-Nürnberg

- Internistische Versorgung beim Hausarzt: Was können Check-Up-35 & Co zur Prävention beitragen
Professor Dr. med. Ulrich R. Fölsch
Generalsekretär der DGIM aus Kiel

- Das Mikrobiom: Darmkeime als Allheilmittel? Wo sie heute schon helfen
Professor Dr. med. Stephan C. Bischoff
Professor für Innere Medizin und Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin an der Universität Hohenheim

- Personalisierte Ernährung: Was Gene uns über die „richtige“ Ernährung sagen können
Professor Dr. oec. troph. habil. Hannelore Daniel
Leiterin des Lehrstuhls für Ernährungsphysiologie an der Technischen Universität München
 
Klug entscheiden-Empfehlungen der DGIM bei Amboss
Dr. med. Kenan Hasan
Product Manager AMBOSS Professional, Berlin

- Fazit zum 124. Internistenkongress
Professor Dr. med. Cornel C. Sieber
Vorsitzender der DGIM 2017/2018, Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, Direktor Institut für Biomedizin des Alterns, Universität Erlangen-Nürnberg

- Gesundheitspolitik im Koalitionsvertrag – Wie sich die DGIM dazu positioniert
Professor Dr. med. Ulrich R. Fölsch
Generalsekretär der DGIM aus Kiel

- Steigendes Durchschnittsalter bis zum „Ewigen Leben“? Wann der Körper sein Verfallsdatum erreicht
Professor Dr. rer. nat. Henrik Oster
Direktor des Instituts für Neurobiologie an der Universität Lübeck
Klinik Codex der DGIM: Aktuelle Entwicklung der Initiative
Professor Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger
Ärztliche Direktorin des Zentrums Innere Medizin / Fünf Höfe, München

- 125. Internistenkongress: Ausblick und Schwerpunkte
Professor Dr. med. Claus Franz Vogelmeier
Vorsitzender der DGIM 2018/2019, Direktor der Klinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie des Universitätsklinikums Gießen/Marburg



Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com













Über Google: Medizin am Abend Berlin
idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.

Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)

Anne-Katrin Döbler
Janina Wetzstein
Dr. Adelheid Liebendörfer
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-457
Fax: 0711 8931-167

http://www.dgim2018.de |

http://www.facebook.com/DGIM.Fanpage/ |

 http://www.twitter.com/dgimev