CAVE: Verdacht auf orthopädische Infektionen

Medizin am Abend Berlin Fazit: Antibiotikaprophylaxe bei Verdacht auf eine Knochen- oder Gelenksinfektion ist sinnvoll

Bei Verdacht auf orthopädische Infektionen spricht nichts dagegen, eine Antibiotikaprophylaxe innert 60 Minuten vor der Operation zu verabreichen. 

Dies bestätigt eine neue Studie der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene am UniversitätsSpital Zürich und der orthopädischen Universitätsklinik Balgrist. 

Die Diagnostik wird dadurch nicht beeinflusst. 

Generell ist eine Antibiotikaprophylaxe wichtig zur Senkung der postoperativen Infektionen. 
 
Bei einer vermuteten Knochen- oder Gelenksentzündung erfolgt in der Regel eine Operation mit Entnahme von verschiedenen Gewebebiopsien, die auf Bakterien untersucht werden.

Dabei unterbleibt eine prophylaktische Antibiotika-Gabe häufig, da man besorgt ist, dass die Antibiotika kurz vor der Operation das Bakterienwachstum und damit die Identifikation der verantwortlichen Bakterien verhindert.

Die Antibiotikaprophylaxe wäre bei orthopädischen Operationen jedoch sinnvoll – besonders, wenn Implantate eingesetzt sind. Im Rahmen des chirurgischen Eingriffs kommt es selten zu einer Verunreinigung oder Infektion mit Bakterien, die auf der Haut angesiedelt sind. Dazu zählen verschiedene Staphylokokken, Streptokokken oder das Cutibacterium (Propionibacterium) acnes.

«Die Antibiotikaprophylaxe wird bei Verdacht auf eine orthopädische Infektion oft nicht durchgeführt, weil die behandelnden Ärzte befürchten, dass sie dann die bakterielle Ursache der Entzündung nicht mehr finden und folglich auch nicht gezielt behandeln können», sagt die Infektiologin Yvonne Achermann, Oberärztin an der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des UniversitätsSpitals Zürich und an der Universitätsklinik Balgrist. 

Frühere Studien zu der Frage seien entweder zu klein gewesen oder hätten nicht die direkten Auswirkungen einer kurzfristigen Prophylaxe auf die intraoperative Diagnostik untersucht.

Infekte in Schulter, Hüfte und Knie

Deshalb wertete nun ein Team von Infektiologen und Orthopäden in einer retrospektiven Studie die Daten von 110 Patienten aus, die zwischen Januar 2005 und Dezember 2015 in der Universitätsklinik Balgrist operiert und nach der Operation mindestens einmal positiv auf Cutibacterium acnes getestet wurden.

Am häufigsten betroffen waren Schultern (72), seltener Hüften (25) oder Knie (6).

Bei 64 der Patienten wurde die Infektion mit dem Akne-Bakterium eindeutig bestätigt. 44, beziehungsweise knapp 70 Prozent dieser Patienten, hatten vor dem Eingriff keine Antibiotikaprophylaxe erhalten.

Unabhängig davon, ob die Prophylaxe gegeben wurde, fanden die Studienautorinnen keinen Unterschied bezüglich der Anzahl Tage, die bis zur Diagnose des krankheitsauslösenden Bakteriums verstrichen.

Unbeeinflusst war auch das Verhältnis der positiven Proben zur Zahl der insgesamt entnommenen Proben.

Um eine homogene Gruppe von Infektionen mit dem gleichen Bakterium zu untersuchen, wurde das langsam wachsende Cutibacterium acnes ausgewählt, das besondere Schwierigkeiten in der Diagnose von orthopädischen Infektionen macht.

Ähnliche Ergebnisse sind jedoch auch bei anderen Bakterien zu erwarten.

Die bislang grösste derartige Studie zeige, dass die prophylaktische Antibiotika-Gabe die für die Behandlung entscheidende mikrobiologische Analyse nicht störe, betont Yvonne Achermann.

«Wir empfehlen, innert 60 Minuten vor einem orthopädischen Eingriff routinemässig Antibiotika zur Prophylaxe zu geben. Das verringert das Risiko bakterieller Infektionen durch die Operation und schützt zudem das Implantat.»

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CAVE: Herzinfarktrisiko bei Stickoxiden

Medizin am Abend Berlin Fazit: Schneller Anstieg von Stickoxiden vergrößert Herzinfarktrisiko

Seit längerem ist bekannt, das hohe Stickoxidkonzentrationen in der Umgebungsluft der Gesundheit schaden und unter anderem das Herzinfarktrisiko erhöhen. 

In einer epidemiologischen Studie wiesen Wissenschaftler des Universitätsklinikums Jena jetzt nach, dass sich das kurzfristige Risiko für einen Herzinfarkt auch erhöht, wenn der Stickoxidgehalt in der Umgebungsluft innerhalb von 24 Stunden rasch ansteigt. 

Dynamische Anstiege der Luftverschmutzung sind durch europäische Grenzwerte bisher nicht erfasst. 

Ein schneller Anstieg der Luftverschmutzung durch Stickoxide vergrößert das Herzinfarktrisiko, so eine Studie des Uniklinikum Jena.Schneller Anstieg von Stickoxiden vergrößert Herzinfarktrisiko:  Ein schneller Anstieg der Luftverschmutzung durch Stickoxide vergrößert das Herzinfarktrisiko, so eine Studie des Uniklinikum Jena. Foto: Michael Szabó/ UKJ
 
In ihrem aktuellen Bericht zur Luftqualität listet die Europäische Umweltbehörde unter anderem die Lebensjahre auf, die die Luftverschmutzung die Bevölkerung kostet. Demnach verloren im Jahr 2016 die Europäer insgesamt über 800.000 Lebensjahre wegen der Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid – bei konservativer Rechnung. Dieses Gas entsteht in der Europäischen Union vor allem in Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen und insbesondere von Diesel-PKWs sowie in Heizanlagen, es reizt und schädigt nachweislich die Atmungsorgane und erhöht das Herzinfarktrisiko. Die europaweit geltenden Grenzwerte, 200 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft als maximaler Stundenwert und 40 Mikrogramm im Jahresmittel, werden deshalb mit einem dichten Netz vom Messpunkten überwacht.

In einer jetzt im European Journal of Preventive Cardiology veröffentlichten Studie weisen Ärzte und Medizinstatistiker aus Jena nach, dass auch der schnelle Anstieg des Stickoxidanteils in der Luft Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Dazu betrachteten die Wissenschaftler alle Patienten, die mit einem akuten Herzinfarkt in den Jahren 2003 bis 2010 im Universitätsklinikum Jena behandelt wurden. In die Auswertung flossen nur die Daten derjenigen Patienten ein die aus einem Umkreis von zehn Kilometer um das Klinikum stammten und für die sich der Zeitpunkt, zudem die Beschwerden begannen, genau rekonstruieren ließen.

Die Daten dieser knapp 700 Patienten wurden dann mit den Aufzeichnungen der Immissionsdaten für Stickoxide (NO_X/2), Ozon (O₃) und Feinstaub (PM₁₀) der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie abgeglichen, die diese Parameter für die Luftverschmutzung in Jena erfasst. Im Detail untersuchten die Wissenschaftler, ob sich die Konzentrationen der wichtigsten Luftschadstoffe kurz vor den ersten Herzinfarktsymptomen über einen Zeitraum von 24 Stunden ungewöhnlich stark verändert haben. Als Studienort haben sich die Wissenschaftler bewusst eine ‚saubere‘ Stadt ausgewählt: In den betrachteten acht Jahren wurden die derzeit geltenden europäischen Grenzwerte für alle gemessenen Luftverschmutzungsparameter in Jena bis auf wenige Tage eingehalten.

Die Mediziner vermuteten zu Beginn der Studie, dass das Risiko für Herzinfarkte mit der Änderung der Luftqualität zusammenhängt. „Die Deutlichkeit des Zusammenhangs hat uns dann doch überrascht, sie ist nahezu linear“, so Dr. Florian Rakers, Seniorautor der Studie. Der Jenaer Wissenschaftler und Arzt forscht schwerpunktmäßig zum Einfluss von Umwelteinflüssen auf die Entstehung von Krankheiten.

Prof. Matthias Schwab, Leitender Oberarzt der Klinik für Neurologie und Koautor der Studie erklärt: „Das akute Herzinfarktrisiko in unserer Studie verdoppelte sich in etwa, wenn die Stickoxidkonzentration innerhalb eines Tages um 20 Mikrogramm pro Kubikmeter anstieg“.

„Rasche Anstiege der Stickoxidkonzentrationen treten auch in einer vermeintlich sauberen Stadt wie Jena etwa 30-mal pro Jahr auf. Verantwortlich hierfür ist wahrscheinlich ein ungewöhnlich hohes Verkehrsaufkommen oder meteorologische Faktoren, die eine Smogentwicklung begünstigen“, führt Dr. Rakers weiter aus.


Für Feinstaub und Ozon waren die Ergebnisse weniger eindeutig. „Ein Zusammenhang zwischen einem schnellen Anstieg beider Luftschadstoffe und dem akuten Herzinfarktrisiko ließ sich nicht bestätigen. Nichts desto trotz sind hohe Konzentrationen von Feinstaub und Ozon insbesondere für Patienten mit Lungenerkrankungen schädlich“, betont Prof. P. Christian Schulze, Direktor der Klinik für Innere Medizin I und Koautor der Studie.

Mit ihrer Untersuchung erweitern die Jenaer Wissenschaftler das Wissen zur Gesundheitsschädlichkeit der Stickoxide. Dr. Florian Rakers: „Das Risiko für einen Herzinfarkt erhöht sich offenbar nicht nur, wenn Menschen kurz oder langzeitig hohen Stickoxidkonzentrationen in der Umgebungsluft ausgesetzt sind, sondern auch, wenn der Stickoxidgehalt schnell ansteigt. Auf diese Weise könnten sich Stickoxide auch in vergleichsweise ‚sauberer‘ Luft schädlich auswirken. Wegen der klinischen Relevanz unserer Ergebnisse sollten dringend Untersuchungen in größerem Maßstab und anderen geografischen Regionen durchgeführt werden, um dann gegebenenfalls die EU-Grenzwerte um eine dynamische Komponente zu erweitern.“

Originalliteratur:
Rasche M, et.al. Rapid increases in nitrogen oxides are associated with acute myocardial infarction: A case-crossover study, 2018, Eur J Prev Cardiol, doi: 10.1177/2047487318755804

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