CAVE: MRT - Diagnose der diastolischen Herzschwäche - HFpEF

Medizin am Abend Berlin Fazit: DZHK-Studien: Strahlenfreie und nicht-invasive Diagnose der diastolischen Herzschwäche

Im Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) starten zwei neue Studien zur diastolischen Herzschwäche. 

Sie untersuchen, ob man diese Form der Herzschwäche mithilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) besser diagnostizieren und ihre Ursachen abklären kann. 

Studienleiter Professor Dr. Eike Nagel
Studienleiter Professor Dr. Eike Nagel Quelle: DZHK

Die diastolische Herzschwäche, die auch Heart failure with preserved ejecton fraction (HFpEF) genannt wird, ist ein Krankheitsbild, das auf den ersten Blick widersprüchlich wirkt.

Die Patienten haben die Symptome einer systolischen Herzschwäche, leiden zum Beispiel unter Atemnot und Wasseransammlungen. Aber anders als bei der systolischen Herzschwäche ist die Pumpkraft ihres Herzens nicht beeinträchtigt. 

Problematisch bei HFpEF ist vielmehr, dass die linke Herzkammer steif ist und nicht adäquat mit Blut gefüllt wird.  
  • Daher leiten sich auch die Bezeichnungen diastolische und systolische Herzschwäche ab: 
Diastole bezeichnet die Phase, wenn das Herz sich ausdehnt und mit Blut füllt,
Systole die Phase, wenn das Herz sich zusammenzieht und Blut auswirft.
Achtung: Die unzureichende Füllung des Herzens ist mit den derzeit eingesetzten nicht-invasiven Methoden, wie einer Ultraschalluntersuchung, schwierig zu messen und wird oft erst spät erkannt.

Invasive Methoden sind zwar exakter, aber teuer, belastend und sie lassen keine Rückschlüsse auf die Erkrankungsursachen zu.

Neuer Standard für die Diagnostik der HFpEF

Die multizentrische Studie DECIPHER HFpEF-DZHK12 unter Leitung von Professor Eike Nagel vom Universitätsklinikum Frankfurt hat das Ziel, die Magnetresonanztomographie (MRT) des Herzens als Standardmethode für die Diagnostik der HFpEF zu etablieren.

Hierfür vergleicht die Studie die Daten der Herz-MRT mit den Ergebnissen des bisherigen Goldstandards in der Diagnostik der HFpEF, der invasiven Hämodynamik, bei der die Patienten mit einem Herzkatheter untersucht werden. Um ein umfassendes Bild über die Aussagekraft der Herz-MRT zu erlangen, vergleichen Nagel und seine Kollegen die MRT-Messungen auch mit den Ergebnissen aus Ultraschalluntersuchungen und Analysen von Gewebeproben des Herzmuskels.

Ein Krankheitsbild mit vielen Ursachen

Damit wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob mithilfe der Herz-MRT abgeklärt werden kann, warum die Erkrankung entsteht. Denn das Problem, das einer diastolischen Herzschwäche zugrunde liegt, kann sehr unterschiedlich sein. So kommt dafür zum Beispiel eine Herzmuskelentzündung ebenso in Frage wie eine Verdickung des Herzmuskels oder eine verminderte Durchblutung durch Veränderungen kleinster Blutgefäße. In den letzten Jahren entwickelte MRT-Verfahren ermöglichen es, diese Parameter zu beurteilen und werden in der Studie erstmals in einer kombinierten Untersuchung zusammengeführt.  

Denn anders als bei einer Ultraschalluntersuchung kann man mit diesen neuen Verfahren im MRT nicht nur die Füllung der Herzkammer und den Durchfluss messen, sondern zum Beispiel auch sehen, ob der Herzmuskel entzündet ist, eine krankhafte Vermehrung des Bindegewebes vorliegt oder die kleinen Gefäße verändert sind.

„Erst wenn die Ursachen klar sind, kann man die Patienten auch gezielt medikamentös behandeln. 
  • Denn eine Entzündung des Herzmuskels wird ganz anders therapiert als eine Durchblutungsstörung“, erläutert Nagel. 

„Auch aussagekräftige therapeutische Studien sind erst möglich, wenn wir die verschiedenen Patienten-Untergruppen auseinanderhalten können.“ DECIPHER HFpEF-DZHK12 will hierfür die Basis legen. Sie ist die weltweit erste multizentrische Studie zur Diagnostik der HFpEF; an ihr beteiligen sich neben Frankfurt am Main auch die DZHK-Standorte Berlin, Heidelberg und Göttingen. Sollten die Ergebnisse positiv sein, würde die Studie zu einer Veränderung der Leitlinien für die Diagnostik der HFpEF führen.

Innovatives MRT-Verfahren im Test

Am DZHK-Standort Göttingen startet darüber hinaus eine Pilotstudie zu einer neuartigen Diagnostik der HFpEF, die noch einen Schritt weiter geht. Unter der Leitung von Privatdozent Dr. Dr. Andreas Schuster testen die Wissenschaftler, ob die neu entwickelte Echtzeit-MRT-Technologie geeignet ist, die HFpEF frühzeitig und sicher zu diagnostizieren. Diese wegweisende Technologie wurde von Professor Dr. Jens Frahm vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen entwickelt und steht zurzeit nur wenigen Zentren weltweit zur Verfügung. Sie ermöglicht es erstmals, MRT-Messungen am Herzen unter Belastung durchzuführen, da die Patienten bei der MRT-Untersuchung weiteratmen können und nicht, wie bisher, während der Messungen den Atem anhalten müssen. Möglich wird das durch eine bisher unerreichte Beschleunigung, bei der ganze Filme der Herzbewegung in ein bis zwei Herzschlägen aufgenommen werden. Mithilfe der Technologie wollen die Göttinger Wissenschaftler in ihrer Studie nun MRT-Parameter definieren, die eine hämodynamische rechtsventrikuläre Belastungsuntersuchung ersetzen können. Diese Belastungsuntersuchung wird mithilfe eines Herzkatheters durchgeführt und gehört zu den sensitivsten und spezifischsten diagnostischen Möglichkeiten bei HFpEF.

Herz-Stress gibt Aufschluss

„Wenn man körperlich arbeitet oder Sport treibt, schlägt das Herz schneller.

  • Dadurch reduziert sich die Zeit für die Füllung des Herzens mit sauerstoffreichem Blut und eine eventuell bestehende Füllungsproblematik wird noch deutlicher“, erläutert Dr. Sören Backhaus vom Herzzentrum Göttingen das Konzept der Untersuchungen unter Stress. 

In der Studie müssen die Patienten für die Belastungsmessungen im MRT Fahrrad fahren.

  • Dafür wird auf der Untersuchungsliege eine Art Hometrainer installiert, so dass die Patienten während der MRT im Liegen radeln können. 

Die Forscher messen dabei die Herzfrequenz, die 100 bis 110 Schläge pro Minute erreichen soll, um die Füllungsproblematik zu verdeutlichen. 
  • Die MRT-Untersuchung wird auch in Ruhe durchgeführt und mit den Ergebnissen aus der invasiven Hämodynamik, ebenfalls in Ruhe und unter Belastung, verglichen. 
Für die Patienten hätte die Belastungsuntersuchung im MRT den Vorteil, dass sie nicht invasiv ist, keine Strahlenbelastung verursacht und trotzdem hoch aufgelöste, detaillierte Bilder für eine präzise Diagnostik liefert.

„Wenn wir mit diesem Ansatz im MRT Parameter finden, mit denen wir eine HFpEF sicher und frühzeitig feststellen können, werden größere multizentrische Studien folgen, um unsere Ergebnisse zu validieren und das neue MRT-Verfahren in der Diagnostik der HFpEF zu etablieren“, blickt Schuster voraus.

Studientitel:
Validation of Cardiovascular Magnetic Resonance against Invasive haemodynamics in patients with Heart Failure

with Preserved Ejection Fraction (Decipher HFpEF-DZHK12)

http://www.cardiac-imaging.org/decipher--hfpef.html

https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03251183

Studienleiter:
Prof. Dr. Eike Nagel, Institut für Experimentelle und Translationale Kardiovaskuläre Bildgebung, Universitätsklinikum Frankfurt

Studientitel:
Cardiovascular magnetic resonance real time exercise stress testing in heart failure with preserved ejection fraction (HFpEF-stress-DZHK17)

Studienleiter:
PD Dr. Dr. Andreas Schuster, Universitätsmedizin Göttingen, Herzzentrum Göttingen



Studienleiter Privatdozent Dr. Dr. Andreas Schuster
  Studienleiter Privatdozent Dr. Dr. Andreas Schuster Quelle: Universitätsmedizin Göttingen

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Harnblasenkrebs

Medizin am Abend Berlin Fazit: Harnblasenkrebs: Mit der Bürste an die Zellen

Harnblasenkrebs ist der zweithäufigste bösartige Tumor in der Urologie. Rauchen sowie Belastung durch bestimmte Chemikalien am Arbeitsplatz sind wichtige Risikofaktoren. 

Um Patienten zielgerichtet therapieren zu können, muss die Krebserkrankung weiter erforscht werden. 

Molekularbiologische Untersuchungen von vitalen Krebszellen und gesunden Zellen sind nötig. 

Frisches Gewebe ist aber kaum verfügbar. 

IfADo-Forschende konnten zusammen mit Urologen des Klinikums Dortmund zeigen, dass mit Hilfe von wiederverwertbaren Zellbürsten sowie kommerziellen Laborkits Zellen in ausreichender Menge minimalinvasiv gewonnen werden können. 

In Relation: Die Zytologiebürste ist nur wenige  Millimeter groß.
In Relation: Die Zytologiebürste ist nur wenige Millimeter groß. Foto: IfADo/Golka
 
In der Medizin werden nur wenige Millimeter lange Bürsten erfolgreich eingesetzt, um Zellen schonend aus dem menschlichen Körper zu gewinnen. Anschließend kann das Gewebe auf Marker für bestimmte Krankheiten getestet werden. Ein bekanntes Anwendungsbeispiel findet sich in der Gynäkologie:

Beim Screening für Gebärmutterhalskrebs verwenden Ärzte die Mikrobürsten, um Zellmaterial vorsichtig zu entnehmen. Auch in der Urologie haben die Bürsten eine lange Tradition. Verdächtige Stellen im Nierenbecken oder den Harnleitern können auf diese Weise für pathologische Untersuchungen gewonnen werden.

Die Möglichkeit, nicht nur tote, sondern vitale Zellen von Tumoren und gesundem Gewebe durch den Einsatz von winzigen Bürsten zu gewinnen, ist vielversprechend. Für den Patienten ist das Bürsten im Vergleich zu anderen Methoden der Zellgewinnung das am wenigsten belastende Verfahren. Gleichzeitig können die Forschenden anhand des frischen Gewebes analysieren, welche Gene unter welchen Bedingungen aktiv sind und diese Informationen mit der Situation in gesunden Zellen vergleichen. Um sogenannte Genexpressionsanalysen durchzuführen, werden bei Patienten mit beispielsweise Harnblasenkrebs jedoch noch keine Zellbürsten eingesetzt. Denn die Proben müssen bislang unmittelbar nach Entnahme aufgearbeitet und in flüssigen Stickstoff bei dreistelligen Minusgraden gesichert werden, um vitales Gewebe für spätere Forschungszwecke zu erhalten – ein technisch zu aufwendiger Prozess für den Klinikalltag.

Wiederverwertbare Bürsten und Tiefkühler

Forschende des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) konnten zusammen mit Experten des Klinikums Dortmund nachweisen, dass sich durch eine minimalinvasive Technik Zellen von Patienten mit Harnblasenkrebs in verwertbarer Menge für Genexpressionsanalysen gewinnen lassen.

Dazu haben sie zwei kommerziell verfügbare Methoden erstmalig kombiniert: Sie testeten zertifizierte, wiederverwertbare und daher kostengünstige Bürsten, die nur wenige Millimeter groß sind (s. Foto), sowie ein Kitset, mit dem die Zellen auch vom Kliniker für molekularbiologische Analysen aufbereitet und konserviert werden können. Diese Methoden wendeten sie bei 25 Patienten an, denen im Rahmen eines endoskopischen Eingriffs der Tumor entfernt werden sollte. Während dieses medizinisch notwendigen Eingriffs wurde den Patienten mit einer Bürste oberflächliches Tumorgewebe und mit einer weiteren Bürste gesunde Schleimhautzellen der Harnblase entnommen.

„Die durch den Bürsteneinsatz minimal verlängerte Dauer des Eingriffs ist akzeptabel. Denn wir konnten qualitativ geeignetes Material für eine beachtliche Anzahl von Analysen gewinnen“, sagt Studienautor Dr. Alexander Kress vom Klinikum Dortmund. Zudem könnten die Bürsten im Klinikalltag unproblematisch gesäubert und sterilisiert werden. Durch das Kit entfällt die Konservierung in flüssigem Stickstoff, die Proben könnten schon im Tiefkühlfach bei -18 Grad gelagert werden.

Die in der aktuellen Studie vorgestellte Techniksynthese ermöglicht den Forschenden neue Erkenntnisse über das Harnblasenkarzinom. Auf lange Sicht könnten auch Patienten durch mögliche Fortschritte in der personalisierten Medizin profitieren. „Wenn es gelingt, bestimmte Muster in der Genexpression von Tumorgewebe zu identifizieren, könnten wir dieses Wissen in Zusammenhang mit der individuellen Prognose oder Wahl der geeigneten medikamentösen Therapie stellen“, erklärt Prof. Dr. Klaus Golka, Studienautor und Leiter der Arbeitsgruppe „Klinische Arbeitsmedizin“ am IfADo. Denkbar wäre es auch, die vorgestellte Methode für Forschungsprojekte zu Erkrankungen endoskopisch zugänglicher Organe wie dem Darm oder der Lunge anzuwenden.

Harnblasenkrebs:
In Deutschland erkranken nach Schätzungen des Robert Koch-Institutes rund 29.500 Menschen jährlich neu an einem bösartigen Harnblasentumor (inklusive nicht-invasiven Formen). 

Das durchschnittliche Erkrankungsalter von Harnblasenkrebspatienten beträgt in Deutschland bei Männern 69 Jahre und bei Frauen 73 Jahre. 

  • Männer sind häufiger betroffen als Frauen. 

Zu den wichtigsten Risikofaktoren, welche die Entstehung eines Harnblasenkarzinoms begünstigen, zählen Tabakrauchen sowie die Belastung durch bestimmte Chemikalien am Arbeitsplatz. 

  • Der Tumor entsteht meist in der Schleimhautschicht der Harnblase.

Publikation:
Kuhn, C., Lehmann, M., Kress, A., Truss, M., Hermes, M., Blaszkewicz, M., Hengstler, J., Golka, K. (2017): Micro-brushing-based technique to gain fresh urothelial cells for gene expression analysis. J. Toxicol. Environ. Health A 80, 411-416. doi: 10.1080/10937404.2017.1304723

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