Herzschwäche: Darmbakterien: Risikofaktor Trimethylamin-N-oxid (TMAO)

Medizin am Abend Berlin Fazit: Herzschwäche geht mit dem Verlust wichtiger Darmbakterien einher

Im Darm von Patienten mit einer Herzschwäche kommen wichtige Bakteriengruppen seltener vor und die Darmflora ist nicht so vielfältig wie bei gesunden Personen. 

Die Daten der Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) liefern wertvolle Ansatzpunkte, um zu verstehen, wie die veränderte Besiedlung des Darms mit der Entwicklung und dem Fortschreiten der Herzschwäche zusammenhängt.  
  • Schon länger ist bekannt, dass Herzschwäche und Darmgesundheit miteinander verknüpft sind. 
  • So ist der Darm bei einer Herzschwäche schlechter durchblutet, die Darmwand verdickt und durchlässiger, wodurch Bakterien und bakterielle Bestandteile ins Blut gelangen können. 

Außerdem wissen Wissenschaftler, dass bei anderen Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2 die Zusammensetzung der Darmbakterien verändert ist. Vor diesem Hintergrund haben Forscher am DZHK-Standort Hamburg/Kiel/Lübeck untersucht, ob und wie sich die Darmflora bei Patienten mit einer Herzschwäche verändert.

Dafür haben sie die Darmbakterien aus Stuhlproben von gesunden Personen und Personen mit einer Herzschwäche analysiert. Das Projekt unter Leitung von Professor Norbert Frey vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, fand in enger Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Professor Andre Franke an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel statt, die Teile des bakteriellen Erbguts zur Unterscheidung der Mikroorganismen entschlüsselte.  

Die Ergebnisse zeigen, dass bei Herzschwäche-Patienten signifikant weniger unterschiedliche Bakterien im Darm vorkommen als bei gesunden Kontrollpersonen.  

Einzelne wichtige Bakterienfamilien sind stark reduziert. Noch ist unklar, ob die Darmflora als Folge der Herzschwäche verändert ist oder ob sie eventuell auch ein Auslöser für diese Erkrankung sein könnte.

Einflussreiche Faktoren: Ernährung, Medikamente, Rauchen

„Natürlich beeinflussen auch andere Faktoren die Zusammensetzung unserer Darmbakterien. Man weiß, dass sich die Darmflora eines Veganers, der anfängt Fleisch zu essen, innerhalb von drei Tagen verändert“, erläutert Privatdozent Dr. Mark Lüdde vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel. Deshalb haben die Kieler Forscher die Ernährungsgewohnheiten vorher abgefragt.

Personen mit einer extremen Diät, wie einer veganen Ernährung, haben sie nicht für ihre Untersuchung zugelassen, sondern für beide Gruppen Personen ausgewählt, die eine Standarddiät mit Fleisch und Gemüse zu sich genommen haben.

Neben der Ernährung wirken sich auch Medikamente auf die Darmflora aus. Daher war es wichtig, dass auch die Kontrollgruppe Arzneimittel eingenommen hat, die Patienten mit einer Herzschwäche routinemäßig nehmen müssen. Antibiotika durften seit mindestens drei Monaten nicht mehr verabreicht worden sein. Ebenso waren in beiden Gruppen Raucher vertreten. Alle Teilnehmer kamen aus derselben Region und Alter, Geschlechterverteilung sowie BMI waren in beiden Gruppen gleich.

Krankheitsfolge oder -auslöser?

Das beobachtete Muster der reduzierten Bakteriengattungen und -familien scheint sehr charakteristisch für die Herzschwäche zu sein, weshalb diese Ergebnisse Ansatzpunkte für neue Therapien sein könnten.

So kamen die Abweichungen zwischen gesunden und Personen mit Herzschwäche hauptsächlich durch den Verlust von Bakterien der Gattungen Blautia und Collinsella zustande, sowie durch zwei bislang unbekannte Gattungen, die zu den Familien Erysipelotrichaceae und Ruminococcaceae gehören.

Andere Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass das Vorkommen von Blautia Entzündungen eindämmt.

Ebenso ist die Gattung Faecalibacterium mit entzündungshemmenden Mechanismen assoziiert

Sie ist auch, aber nicht nur, bei Herzinsuffizienz-Patienten verringert.

  • Da Herzschwäche von einer chronischen Entzündung begleitet wird, ist eine Theorie, dass die Darmflora selbst die systemische Entzündung fördert. 

Allgemein nehmen Wissenschaftler zurzeit zwar eher an, dass sich die Darmflora als Konsequenz aus der Herzschwäche verändert.

Lüdde und seine Kollegen halten es aber für plausibel, dass ein verändertes bakterielles Profil auch ein Risikofaktor oder früher Krankheitsmarker für die Herzschwäche sein könnte.

Dafür spricht, dass ein Stoffwechselprodukt von Darmbakterien, das Trimethylamin-N-oxid (TMAO) kürzlich als ein unabhängiger Risikofaktor für die Sterblichkeit bei Herzschwäche-Patienten beschrieben wurde. 

Weitere Untersuchungen sind geplant, um die Frage nach Ursache und Wirkung bei der veränderten Darmflora von Herzschwäche-Patienten zu klären. Daraus erhoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse darüber, wie eine Herzschwäche entsteht und verläuft.

Über das DZHK

Das Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) ist das größte nationale Zentrum zur Erforschung von Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. Sein Ziel ist es, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung schnellstmöglich in den klinischen Alltag zu überführen. Dazu vereint es exzellente Grundlagenforscher und klinische Forscher aus 30 Einrichtungen an sieben Standorten. Das DZHK wurde 2011 auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gegründet und wird zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent von den Sitzländern der Partnereinrichtungen gefördert. Es gehört zu den sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die sich der Erforschung großer Volkskrankheiten widmen.

Originalarbeit:
Heart failure is associated with depletion of core intestinal microbiota. Luedde, M., Winkler, T., Heinsen, F.-M., Rühlemann, M. C., Spehlmann, M. E., Bajrovic, A., Lieb, W., Franke, A., Ott, S. J. & Frey, N. ESC Heart Failure, (2017)
DOI: 10.1002/ehf2.12155
Internet: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ehf2.12155/full

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Prof. Dr. Norbert Frey, Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Norbert.Frey@uksh.de

Christine Vollgraf, Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Tel.: 030 3465 529 02, presse@dzhk.de

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SonntagsFrühstücksthema: Pflegefreibetrag und Erbschaftssteuer

Medizin am Abend Berlin Fazit: ErbStG: Freibetrag für Kinder bei der Pflege ihrer Eltern

Urteil vom 10. Mai 2017 II R 37/15

Hat ein Kind einen pflegebedürftigen Elternteil zu Lebzeiten gepflegt, ist es berechtigt, nach dem Ableben des Elternteils bei der Erbschaftsteuer den sog. Pflegefreibetrag in Anspruch zu nehmen. 

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 10. Mai 2017 II R 37/15 entgegen der Verwaltungsauffassung entschieden hat, steht dem die allgemeine Unterhaltspflicht zwischen Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, nicht entgegen.

Im Streitfall war die Klägerin Miterbin ihrer Mutter. Diese war ca. zehn Jahre vor ihrem Tod pflegebedürftig geworden (Pflegestufe III, monatliches Pflegegeld von bis zu 700 €).

Die Klägerin hatte ihre Mutter auf eigene Kosten gepflegt. Das Finanzamt (FA) gewährte den Pflegefreibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe von 20.000 € nicht.

Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen erhobenen Klage statt.

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung des FG. Der Begriff "Pflege" ist grundsätzlich weit auszulegen und erfasst die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person. Es ist nicht erforderlich, dass der Erblasser pflegebedürftig i.S. des § 14 Abs. 1 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI a.F.) und einer Pflegestufe nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI a.F. zugeordnet war.

Eine gesetzliche Unterhaltspflicht steht der Gewährung des Pflegefreibetrags nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG nicht entgegen. Dies folgt aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie der Historie der Vorschrift. Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG schließt gesetzlich Unterhaltsverpflichtete nicht von der Anwendung der Vorschrift aus. Weder aus der gesetzlichen Unterhaltspflicht nach §§ 1601 ff., § 1589 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) noch aus der Verpflichtung zu Beistand und Rücksicht zwischen Kindern und Eltern nach § 1618a BGB folgt eine generelle gesetzliche Verpflichtung zur persönlichen Pflege. Damit entspricht die Gewährung des Pflegefreibetrags auch für gesetzlich Unterhaltsverpflichtete dem Sinn und Zweck der Vorschrift, ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person zu honorieren. Zudem wird der generellen Intention des Gesetzgebers Rechnung getragen, die steuerliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen zu verbessern. Da Pflegeleistungen üblicherweise innerhalb der Familie, insbesondere zwischen Kindern und Eltern erbracht werden, liefe die Freibetragsregelung bei Ausschluss dieses Personenkreises nahezu leer.

Die Höhe des Freibetrags bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Vergütungssätze von entsprechenden Berufsträgern können als Vergleichsgröße herangezogen werden. Bei Erbringung langjähriger, intensiver und umfassender Pflegeleistungen -wie im Streitfall- kann der Freibetrag auch ohne Einzelnachweis zu gewähren sein.

  • Der Entscheidung des BFH kommt im Erbfall wie auch bei Schenkungen große Praxisrelevanz zu.
  • Die Finanzverwaltung hat bislang den Freibetrag nicht gewährt, wenn der Erbe dem Erblasser gegenüber gesetzlich zur Pflege oder zum Unterhalt verpflichtet war (Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 R E 13.5 Abs. 1 Satz 2). 

Auf dieser Grundlage hatte das FA die Gewährung des Freibetrags auch im Streitfall verwehrt.

Dem ist der BFH entgegengetreten.

Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der Erbe den Pflegefreibetrag nach dem Urteil des BFH auch dann in Anspruch nehmen kann, wenn der Erblasser zwar pflegebedürftig, aber z.B. aufgrund eigenen Vermögens im Einzelfall nicht unterhaltsberechtigt war.



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