Tabakrauch und Tabakkonsum + Ihr Krebsrisko

Medizin am Abend Berlin Fazit: Auch geringer Tabakkonsum erhöht Krebsrisiko

Medizin am Abend Berllin ZusatzFachThema: Gesundheitsbericht

Zellen passen sich auf Kosten eines erhöhten Mutationsrisikos an das Umweltkarzinogen Benzpyren an

Schon eine niedrige Dosis des im Tabakrauch enthaltenen Umweltgiftes Benzpyren schädigt die DNA. 

Wie Wissenschaftler des Instituts für Toxikologie an der Universitätsmedizin Mainz nun erstmalig nachgewiesen haben, können sich die geschädigten Zellen jedoch an diesen Schaden anpassen. 
  • llerdings geht diese Anpassung mit einem erhöhten Mutationsrisiko der Zellen einher. 
  • Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Krebserkrankung entwickelt. 
Die Forschungsergebnisse der Mainzer Wissenschaftler wurden jüngst in der namhaften Fachzeitschrift „Nucleic Acids Research“ veröffentlicht. 

 Eine durch Benzpyren geschädigte Zelle, die DNA-Brüche (grüne Punkte) im Zellkern aufweist.
Eine durch Benzpyren geschädigte Zelle, die DNA-Brüche (grüne Punkte) im Zellkern aufweist.
Foto: Markus Christmann, Universitätsmedizin Main

Für Raucher bedeutet diese Erkenntnis, dass sie selbst bei geringem Zigarettenkonsum ihr Risiko erhöhen, an Krebs zu erkranken. Die Forschungsergebnisse der Mainzer Wissenschaftler wurden jüngst in der namhaften Fachzeitschrift „Nucleic Acids Research“ veröffentlicht.

Damit körpereigene Prozesse ungestört funktionieren können und ein Individuum überleben kann, ist es wichtig, dass dessen Erbgut und somit die Erbinformationen unversehrt erhalten bleiben.  
  • Das Erbgut, die DNA, kann jedoch durch krebserregende Umweltgifte, sogenannte Karzinogene, schwerwiegende Schäden erleiden. 
Um diesen entgegenzuwirken, hat die Zelle spezielle DNA-Reparaturmechanismen entwickelt.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass das Umweltgift Benzpyren, ein krebserregender Stoff, der auch im Tabakrauch enthalten ist, die DNA schädigt. Wie reagieren Zellen auf diese DNA-Schäden? Können sie die Schäden reparieren und die Reparatur bei Bedarf verstärken? Und welche Auswirkungen hat dies auf das Überleben der Zelle? Das waren Fragen, die Wissenschaftler des Instituts für Toxikologie der Universitätsmedizin Mainz in der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Markus Christmann untersucht haben. Im Rahmen ihrer Studie „Adaptive upregulation of DNA repair genes following benzo(a)pyrene diol epoxide protects against cell death at the expense of mutations” richteten die Forscher ihr Augenmerk vor allem auf die adaptive Aktivierung bestimmter DNA-Reparaturprozesse.
  • Wenn eine Zelle viele DNA-Schäden erleidet, beispielsweise weil sie einer hohen Konzentration eines Karzinogens ausgesetzt ist, dann ist es ihr möglich, quasi Selbstmord zu begehen, indem sie den programmierten Zelltod einleitet. Dadurch kann sich die stark geschädigte Zelle nicht mehr vermehren und vor allem keinen weiteren Schaden anrichten, wie beispielsweise einen Tumor auszubilden.
Was passiert in der Zelle, wenn sie hingegen nur mit geringen Mengen an toxischen Substanzen wie Benzpyren in Kontakt kommt?

Dann wird die DNA-Reparatur aktiviert. Wie von Christmann und seiner Arbeitsgruppe richtig vermutet, konnten sie als Reaktion auf eine niedrige Menge der toxischen Substanz Benzpyren eine Aktivierung der sogenannten Nukleotid-Exzisionsreparatur beobachten. Bei dieser werden DNA-Bausteine um den Schaden herum sowie der Schaden selbst entfernt. Durch Ablesen der Erbinformation auf dem intakten DNA-Strang wird der geschädigte DNA-Bereich neu synthetisiert. Die Zelle kann so weiterleben, ihre DNA duplizieren und sich wieder teilen. Im Rahmen der Studie zeigte sich, dass die Zellen aufgrund der verstärkten, durch den Schadstoff Benzpyren induzierten DNA-Reparatur besser vor der toxischen Wirkung dieses Karzinogens geschützt sind.

Nicht Teil der Forschungshypothese war jedoch ein weiterer, in der Zelle beobachteter Prozess: Auch die Transläsionssynthese setzte verstärkt ein. Bei diesem fälschlicherweise mitunter auch als DNA-Reparatur bezeichneten Vorgang versucht die Zelle, mit nicht entfernten DNA- Schäden, zurechtzukommen, indem Enzyme während der DNA-Replikation über diese DNA-Schäden hinweg lesen. Auf diese Weise werden in der DNA verbliebene Schäden toleriert. Dies ist eine besondere Situation für die Zelle, die für sie allerdings vorteilhaft ist: Der Mechanismus fördert das Überleben der Zelle, denn es gibt keine Brüche in der DNA und die Zelle kann sich weiter vermehren. Dieser Vorgang der Schadentoleranz ist jedoch häufig mit Fehlern behaftet. Und tatsächlich konnte das Team um Professor Christmann nachweisen, dass Zellen, die die Behandlung mit Benzpyren überleben, vermehrt Mutationen aufweisen. Da Krebs auf Mutationen des Erbguts beruht, steigt damit zwangsläufig das Tumorrisiko.

Interessant ist, dass bei der Verstärkung der DNA-Reparatur ein als Tumorsuppressor bekanntes Protein, nämlich p53, involviert ist. Dieses Protein entscheidet bei der DNA-Schädigung häufig zwischen Leben und Tod der Zelle. Benzpyren regt p53 an, die DNA-Reparatur zu stimulieren und ebenso die Transläsionssynthese der geschädigten DNA zu verstärken. Mit diesen Erkenntnissen ist es den Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Mainz gelungen, die Regulation der adaptiven DNA-Reparatur in Zellen, die mit einem Umweltgift wie Benzpyren in Kontakt kamen, erstmalig aufzuklären.

Die Aktivierung dieser DNA-Reparaturprozesse beobachteten die Wissenschaftler nicht nur in menschlichen Zellkulturen, sondern auch in Zellen der Mundschleimhaut von Rauchern. Das bedeutet, dass die Zellen ihrer Mundschleimhaut und wahrscheinlich auch die ihres Lungengewebes der toxischen Schädigung durch Karzinogene adaptiv entgegenwirken und sich folglich anpassen können
Doch der Preis hierfür ist hoch: Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich in ihrem Körper ein Tumor entwickelt.

Weitere Informationen:
Christmann et al., Adaptive upregulation of DNA repair genes following benzo(a)pyrene diol epoxide protects against cell death at the expense of mutations, Nucleic Acids Research, 44 (22), 10727-10743; DOI: https://doi.org/10.1093/nar/gkw873

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Univ.-Prof. Dr. Markus Christmann, Institut für Toxikologie der Universitätsmedizin,
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Univ.-Prof. Dr. Bernd Kaina, Leiter des Instituts für Toxikologie der Universitätsmedizin,
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Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.300 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de

Prof. Dr. Ulf Landmesser: Fettmolekül Cholesterin: PCSK9

Medizin am Abend Berlin Fazit: Molekulare Therapie soll Risikopatienten vor Herzinfarkt und Schlaganfall schützen

siRNA Behandlung inaktiviert schädliches Protein

Bereits die einmalige Therapie mit einer Ribonukleinsäure – einer „small-interfering RNA“ (siRNA) – schützt Patienten mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen nachhaltig vor erhöhten LDL-Cholesterinwerten, einem Hauptrisikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall. 
 
Dies ist das Ergebnis einer klinischen Studie, die Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung gemeinsam mit Kollegen des Imperial College London durchgeführt haben. Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe des *New England Journal of Medicine publiziert.

  • Als Bestandteil von Zellwänden und als Baustein vieler Hormone spielt das Fettmolekül Cholesterin eine wichtige Rolle im Zellstoffwechsel. 
 
Befindet sich jedoch zu viel Cholesterin im Blut, steigt das Risiko für Gefäßverkalkung und Krankheiten wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. 
 
Besonders gefährdet sind Hochrisiko-Patienten, die aufgrund einer erblichen Erkrankung unter sehr hohen LDL-Cholesterin-Werten leiden. 
  • Bei diesen Patienten hindert ein Protein mit dem Akronym PCSK9 (Proprotein-konvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) die Leber daran, das LDL-Cholesterin aus dem Blut zu entfernen.
Die Wissenschaftler um die beiden Erstautoren Prof. Ulf Landmesser, Direktor der Klinik für Kardiologie an der Charité am Campus Benjamin Franklin und Prof. Kausik Ray vom Imperial College London, nutzten in ihrer Studie das Wirkprinzip der sogenannten RNA-Interferenz („small interfering RNA“), ein Zellmechanismus, der vor einigen Jahren entdeckt wurde und effektiv schädliche Proteine im Körper ausschalten kann. 
 
Gelangt nämlich doppelsträngige siRNA in die Zelle, wird diese von einem bestimmten Komplex (RISC Komplex) gebunden. Dies lässt sich zielgerichtet für die Stummschaltung von Genen einsezten.
In ihrer Studie untersuchten die Forscher deshalb die Wirksamkeit und Effizienz einer siRNA gegen das Protein PCSK9. 
 
Insgesamt 501 Hochrisiko-Patienten mit erhöhten LDL-Cholesterinwerten erhielten subkutan entweder verschiedene Dosierungen des Wirkstoffes Inclisiran oder ein Placebo. 
Es zeigte sich, dass Inclisiran sowohl die Menge des Proteins als auch die LDL-Cholesterinwerte signifikant senkte, letztere um bis zu 41,9 Prozent nach einer einzelnen und um bis zu 52,6 Prozent nach einer zweifachen Dosis.
„Besonders interessant ist für uns der langanhaltende Effekt der Behandlung, der bereits nach einer einmaligen Gabe noch über neun Monate lang sichtbar war“; kommentiert Prof. Ulf Landmesser die Ergebnisse der Studie. 
 
„Im nächsten Schritt wollen wir die Behandlung jetzt in einem großen klinischen Studienprogramm als neue Therapie zur Vermeidung des Herzinfarkts und Schlaganfalls bei Hochrisiko-Patienten weiter entwickeln“, fügt er hinzu. 

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