Deutsches Herzzentrum Berlin: Ihr Kind mit einer Aortenisthmusstenose geboren?

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Computersimulation kann Kindern Herzeingriffe ersparen

Kinder mit angeborenen Herzfehlern müssen oft eine lange Reihe von belastenden Untersuchungen und Eingriffen über sich ergehen lassen. Im EU-Projekt CARDIOPROOF haben Fraunhofer-Forscher eine Software entwickelt, mit denen sich bestimmte Interventionen im Vorfeld simulieren lassen. Erste Erfahrungen zeigen, dass man dadurch künftig auf manch einen Eingriff verzichten könnte. 
 
Für die Eltern ist es zunächst ein Schock: Wird ihr Kind mit einer Aortenisthmusstenose geboren, ist die Aorta so stark verengt, dass früher oder später lebensgefährliche Herzprobleme drohen. Zum Glück lässt sich dieser Herzfehler heute gut behandeln, etwa durch das Einführen einer Gefäßstütze (Stent).

Allerdings sind, verteilt über die Jahre, oft mehrere Eingriffe nötig – eine Belastung für Kind und Eltern. 

Das Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS in Bremen hat eine Software entwickelt, die verschiedene Arten von Interventionen simulieren kann und dadurch einen Vergleich zwischen ihnen ermöglicht. Dadurch könnte die Qualität der Therapie verbessert sowie die Notwendigkeit eines Eingriffs erwogen werden. So manche Operation könnte den jungen Patienten erspart bleiben. Die Arbeiten erfolgten im EU-Projekt CARDIOPROOF, das Ende 2016 abgeschlossen sein wird.

Ausgangspunkt für die Rechnersimulation sind Bilder, die ein Magnetresonanz-Scanner (MR-Scanner) von den Herzen der Patienten macht. Die Aufnahmen zeigen nicht nur die Form der Gefäße, sondern stellen auch den Blutfluss dar. »Daraus können unsere Algorithmen ermitteln, welche Blutdruck-Verhältnisse dort herrschen«, erläutert Dr. Anja Hennemuth, Forscherin bei Fraunhofer MEVIS. »Wichtig ist unter anderem, wie stark sich der Blutdruck vor und hinter einer Gefäßverengung unterscheidet.«

Ausgehend von dieser sogenannten Druckfeldsimulation können die Experten verschiedene Arten von Interventionen im Rechner nachbilden und abschätzen, welche Auswirkungen der jeweilige Eingriff hätte.

Gefäßstützen virtuell testen

So ist es den Forschern möglich, einen virtuellen Ballonkatheter aufzublasen und zu prüfen, wie sich das auf Blutfluss und Blutdruck auswirken würde. Oder sie spielen am Rechner das Einsetzen verschiedenartiger Gefäßstützen durch. Mit diesem »virtuellen Stenting« sind sie in der Lage, herauszufinden, welches Stent-Modell am besten geeignet ist und an welcher Stelle es positioniert werden sollte. »Mit Hilfe unserer Software können die Mediziner fundierter entscheiden, welche Art von Eingriff am günstigsten ist, ob man ihn auf einen späteren Zeitpunkt verschieben sollte und ob eine Intervention überhaupt nötig ist«, erläutert Hennemuth.

CARDIOPROOF hat zum Ziel, ein praxistaugliches System für den klinischen Einsatz zu entwickeln. »Wir wollten die Methode so gestalten, dass sie für den Ablauf im Krankenhaus nutzbar ist«, betont Hennemuth. Dazu haben die Bremer Fachleute eng mit den am Projekt beteiligten Kliniken zusammengearbeitet. Unter anderem untersuchten sie, wie sich die neue Software am besten in die Abläufe in den Krankenhäusern integrieren lässt. Auch die Nutzeroberfläche wurde in enger Abstimmung mit den Ärzten entwickelt und getestet.

Software berechnet Blutströme und -drücke

Um zu prüfen, wie realitätsgetreu die Computersimulationen sind, haben die Experten klinische Studien am Deutschen Herzzentrum in Berlin durchgeführt. Dazu wurden die jungen Herzpatienten nach dem Eingriff nochmals per MR-Scanner untersucht. Dadurch ließen sich die Blutströme vor und nach der Intervention erfassen und mit den Simulationen abgleichen. Das Ergebnis: Das Softwaretool sagt die Blutströme und -drücke hinreichend genau voraus.

Mit Hilfe der webbasierten Software kann der Mediziner innerhalb von 30 Minuten Blutfluss und Blutdruck in der Aorta rekonstruieren. 

Anschließend lässt sich virtuell ein Eingriff durchspielen. Das Ergebnis dieser Simulation liegt in der Regel nach einer weiteren halben Stunde vor. »Wir haben die Eignung für die klinische Praxis gezeigt«, sagt Anja Hennemuth. »Die nächsten Schritte wären Qualitätssicherung, Zulassung und Überführung in eine kommerzielle Lösung.« Ein entsprechendes Anschlussprojekt ist bereits von LYNKEUS, einem der CARDIOPROOF-Industriepartner, bei der EU beantragt.

Dass die Computersimulationen nicht nur die Belastung für Kinder und Eltern senkt, sondern auch Kosten fürs Gesundheitssystem spart, hat ein weiterer Projektpartner ermittelt: Die London School of Economics analysierte im Detail, welchen finanziellen und organisatorischen Nutzen das neue Verfahren gegenüber der derzeitigen Praxis haben könnte. Das Ergebnis: Da die Software die Zahl von Komplikationen und Nachfolgebehandlungen verringern dürfte, könnten die Behandlungskosten pro Patient in einem Idealszenario bis zu zehn Prozent sinken.

Medizin  am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com








Über Google: Medizin am Abend Berlin
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw -


Hansastraße 27 c
80686 München
Deutschland
Bayern

Britta Widmann
Telefon: (089) 1205 - 1302
E-Mail-Adresse: britta.widmann@zv.fraunhofer.de

 


Diabetes Selbstmanagement

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Mobile Health bei Diabetes: Selbstmanagement vereinfachen

Diabetes ist eine chronische Krankheit unter der weltweit, mit stetig steigenden Zahlen, mehr als 415 Millionen Menschen leiden. Auch bei einem behandelten Diabetes sind Spätschäden und Folgeerkrankungen möglich, wenn die Diabetestherapie nicht rechtzeitig angepasst wird. Von einem guten Selbstmanagement der Patienten, das eine engmaschige Verlaufskontrolle durch die behandelnden Ärzte ermöglicht, hängt daher viel ab. Welche Chancen neue Technologien hier bieten, darüber spricht eine Expertin auf der Vorab-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) zur MEDICA EDUCATION CONFERENCE am 13. September 2016 in Berlin. 
 
  • Die ausreichende Kontrolle des Blutzuckerspiegels, auch glykämische Kontrolle genannt, ist Ziel der Behandlung von Diabetes-Patienten. 

Eine mangelnde glykämische Kontrolle mit ständig erhöhten Blutzuckerwerten verursacht Diabeteskomplikationen, wie Augen-, Herz- und Nierenerkrankungen. Aber auch Hypoglykämie, ein zu niedriger Blutzuckerspiegel, kann lebensgefährlich sein und stellt eine schwerwiegende Komplikation bei mit Insulin behandelten Patienten dar.

„Sowohl Patienten mit Typ 1, als auch Patienten mit Typ 2 Diabetes mellitus benötigen daher sehr gute Kenntnisse über ihre Krankheit, um ein Selbstmanagement mit engmaschige Verlaufskontrolle durch ihren jeweiligen Diabetesexperten zu ermöglichen,“ betont Dr. Julia Mader von der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie an der Medizinischen Universität Graz. „So kann die Diabetestherapie rechtzeitig angepasst werden.“

Bis vor kurzem konnte die Interaktion zwischen Patient und Arzt nur während der Sprechstunden stattfinden, und es gab etliche limitierende Faktoren – beispielsweise den Facharztmangel auf dem Land, die Arbeitszeiten der Diabetesexperten oder die Erreichbarkeit der Diabetesexperten im Allgemeinen – die eine fachärztliche Behandlung bei einem Großteil der betroffenen Patienten behinderte. „In den letzten Jahren wurden aber mehrere mobile Lösungen für Patienten mit chronischen Krankheiten entwickelt“, berichtet die Expertin, „Der Diabetesmarkt umfasst heute eine ganze Reihe neuer Technologien, die auf die Bedürfnisse der Patienten eingehen.“

Die neuen Technologien umfassen beides, Geräte beziehungsweise Lösungen sowohl für Patienten als auch für medizinisches Fachpersonal (Health Care Professionals, kurz HCP). Oft besteht eine Interaktion zwischen der patientenorientierten Lösung und der HCP-Anwendung für eine gemeinsame Datennutzung, um dem behandelnden Arzt die Möglichkeit zu geben, mit dem Patienten auf Wunsch zu interagieren.

Technologien, die hauptsächlich zur Nutzung für Patienten konzipiert wurden, umfassen elektronische Tagebücher, Ernährungsratgeber und Bewegungstracker, in die Patienten ihre Daten eingeben können und Empfehlungen vom System erhalten. Anspruchsvollere Geräte beinhalten individualisierte, sogenannte Bolusrechner, die den Patienten bei ihrer Entscheidung hinsichtlich der Insulindosis helfen. Außerdem besteht bei der Mehrheit der momentan erhältlichen Insulinpumpen und (kontinuierlichen) Glukosemessgeräten die Möglichkeit des Datenaustausches mit dem medizinischen Fachpersonal zur Anpassungen der Therapie. Da jedoch die Frage nach der Vergütung für Telemedizin noch nicht geklärt ist, ist die Bereitschaft begrenzt, eine derartige Dienstleistung anzubieten. Darüber hinaus müssen auch noch Rahmenbedingungen hinsichtlich des Datenschutzes geschaffen werden.

Für die Nutzung durch medizinisches Fachpersonal sind nicht nur Risikokalkulatoren beispielsweise zur Berechnung des individuellen kardiovaskularen Risikos, wie den „Heart Risk Calculator“ (http://www.cvriskcalculator.com), sondern auch Entscheidungshilfesysteme für Diabetesmanagement im Krankenhausumfeld (GlucoTab http://www.glucotab.at, Glucommander https://www.glytesystems.com) erhältlich. 

„Neuere Versionen werden in Zukunft sowohl individualisierte Therapieansätze als auch eine zeitnahe Einleitung des Entlassungsmanagements umfassen – beispielsweise ein Patiententraining zur Handhabung von Blutzuckermessgeräten, Insulin-Pens und Diabetes-Selbstmanagement“, erläutert Dr. Mader.

In einem nächsten Schritt werden diese Systeme im ambulanten Bereich und zur Hausarzt-Nutzung verfügbar gemacht werden. Derartige Systeme werden die Barriere zur Einleitung einer Insulintherapie durch nicht-fachkundige Nutzer, wie beispielsweise Hausärzte, reduzieren, weil sie nicht nur bei der Einleitung einer Insulintherapie, sondern auch bei der Anpassung der Insulindosis helfen. Zusätzlich ermöglichen sie eine Interaktion des Hausarztes mit einem Diabetesexperten, falls der Hausarzt die für notwendig hält. „Als ganzheitliches System besteht das Ziel darin, den Patienten als Ganzes zu sehen,“ erklärt Dr. Mader. Also nicht nur den Diabetes zu behandeln, sondern auch den Nichtfachmann daran zu erinnern, regelmäßig nach Folgekomplikationen wie Neuropathie, Retinopathie, Nephropathie oder kardiovaskuläre Erkrankungen zu screenen und die bestehenden Folgekomplikationen bei einer Intensivierung oder Deintensivierung der Therapie zu berücksichtigen. „Schlussendlich wird Mobile Health dabei helfen, das Diabetesmanagement zu vereinfachen,“ fasst die Expertin zusammen, „Trotzdem wird eine regelmäßige Fachberatung erforderlich sein.“ Über solche Ansätze auf dem Gebiet der Telemedizin berichtet Dr. Julia Mader, Keynote Speakerin der MEDICA EDUCATION CONFERENCE 2016, auf der Pressekonferenz am 13. September in Berlin.


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com 
 



 






Über Google: Medizin am Abend Berlin 
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw -


DGIM/MEDICA EDUCATION CONFERENCE
Anne-Katrin Döbler/Stephanie Priester
Postfach 30 1 20
70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-605
Telefax: 0711 8931-167
E-Mail:priester@medizinkommunikation.org
Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

 

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.medica.de/mec1