Gesichtszüge beeinflussen die Akzeptanz von sozialer Ausgrenzung

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Fair oder unfair?

Oft werden Menschen aus Gruppen ausgegrenzt. 

Ob dies für unbeteiligte Dritte akzeptabel ist, kann von den Gesichtszügen der Ausgeschlossenen abhängen. 

Bei kühl und wenig kompetent wirkenden Menschen wird eine Ausgrenzung am ehesten akzeptiert. Dies zeigt ein Forschungsteam der Universität Basel im Fachblatt «Journal of Experimental Social Psychology». 

 Wer kühl und wenig kompetent wirkt, erhält im Falle einer sozialen Ausgrenzung weniger Unterstützung als Personen, die liebenswürdig und inkompetent aussehen. Wer kühl und wenig kompetent wirkt, erhält im Falle einer sozialen Ausgrenzung weniger Unterstützung als Personen, die liebenswürdig und inkompetent aussehen. Bilder: mirellawalker.com
  • Soziale Ausgrenzung, ob in der Schule, im Freundeskreis oder bei der Arbeit, ist für die Betroffenen in der Regel eine schmerzhafte Erfahrung. 

Oft lässt sie auch Unbeteiligte nicht kalt: Vor allem Mobbing und Ausgrenzung mit dem Ziel, die Opfer zu verletzen, werden in der Regel als unfair und inakzeptabel wahrgenommen. Je nachdem wird eine Ausgrenzung aber auch als gerechtfertigt angesehen. So schliessen Gruppen eher Menschen aus, die für Unruhe und Streit sorgen, um damit die Harmonie in der Gruppe wiederherzustellen.

Rasche moralische Urteile

Ob Unbeteiligte soziale Ausgrenzung als moralisch gerechtfertigt betrachten oder nicht, kann für die Betroffenen sehr wichtig sein, weil davon eine mögliche Unterstützung abhängt. 

  • Ein moralisches Urteil zu treffen ist aber meist schwierig und zeitaufwendig, weshalb sich die Aussenstehenden von relativ oberflächlichen Hinweisen leiten lassen. 

Ein solcher Hinweis ist etwa das Gesicht der ausgegrenzten Person.

In mehreren Studien präsentierte das Psychologenteam der Universität Basel insgesamt 480 Probanden verschiedene männliche Gesichter, die zuvor mithilfe einer kürzlich entwickelten Methode zur Gesichtermanipulation in ihren Charakteristika verändert wurden. Die entstandenen Gesichter variierten darin, ob sie eher kühl oder liebenswürdig aussahen und ob sie eher mehr oder weniger kompetent wirkten. Die Teilnehmenden sahen ein Gesicht für jeweils zwei Sekunden und mussten spontan entscheiden, wie akzeptabel es ist, dass eine Gruppe diese Person ausgrenzt.

Mehr Schutz für Personen, die liebenswürdig und hilfsbedürftig aussehen

  • In allen Studien fanden es die Teilnehmenden als am ehesten vertretbar, Menschen auszugrenzen, die allein aufgrund ihrer Gesichtszüge kühl und wenig kompetent wirkten. 
  • Am wenigsten akzeptabel fanden es die Probanden hingegen, Menschen auszuschliessen, die zugleich liebenswürdig und wenig kompetent wirkten. 

Dies könnte daran liegen, dass solche Personen häufig als besonders schützenswert wahrgenommen werden und sie auszugrenzen als besonders grausam erscheint, sagt Studienleiterin Dr. Selma Rudert von der Abteilung für Sozialpsychologie der Universität Basel.
  • Aus früheren Forschungsarbeiten ist bekannt, dass Menschen sehr klare Vorstellungen davon haben, wie etwa eine herzliche oder eine gefühlskalte Person aussieht. 
Tatsächlich gibt es jedoch keine Belege für einen Zusammenhang zwischen den Gesichtszügen und den Persönlichkeitseigenschaften einer Person.

Mit anderen Worten: 

Der Schein trügt, und dennoch lassen sich Menschen von diesem Schein in ihrem Urteil leiten. 

Besonders die im Gesicht wahrgenommene Liebenswürdigkeit und Kompetenz einer Person spielt bei dieser Beurteilung eine wichtige Rolle.

Objektivität wäre wichtig

«Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der erste subjektive Eindruck einer Person auch moralische Urteile beeinflussen kann, bei denen Objektivität eigentlich besonders wichtig wäre», erklärt Rudert. 

Denn diese können weitreichende Folgen für das Verhalten von Menschen in Ausgrenzungssituationen haben:

«Es wäre denkbar, dass ein kühl und wenig kompetent aussehendes Ausgrenzungsopfer weniger Unterstützung erhält oder dass sich andere im schlimmsten Fall sogar auf die Seite der ausgrenzenden Gruppe schlagen – und dies nur aufgrund eines einzelnen Blicks in das Gesicht der ausgegrenzten Person.»

Originalbeitrag

Selma Carolin Rudert, Leonie Reutner, Rainer Greifeneder, Mirella Walker
Faced with exclusion: Perceived facial warmth and competence influence moral judgments of social exclusion
Journal of Experimental Social Psychology (2016), doi: 10.1016/j.jesp.2016.06.005

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com
 







Über Google: Medizin am Abend Berlin
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw -


Dr. Selma Rudert, Universität Basel
Fakultät für Psychologie, Abteilung für Sozialpsychologie
Tel. +41 61 207 06 05
E-Mail: selma.rudert@unibas.ch
Reto Caluori Universität Basel

Liveübertragung des Onlinekongresses: Diagnostikverfahren bei Blutvergiftung (Sepsis)

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Neue Diagnostikverfahren bei Blutvergiftung (Sepsis) retten Menschenleben

Unimedizin überträgt ersten Welt-Sepsis-Kongress live im Hörsaal Süd

Zusammen mit Wissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität Jena sind Greifswalder Mediziner seit vielen Jahren führend auf dem Gebiet der Sepsisforschung und im Kampf gegen die hohe Sterblichkeitsrate. 


In einer wissenschaftlichen Studie sollen die neuen Diagnoseschnellverfahren auf ihre Praxistauglichkeit untersucht werden.
In einer wissenschaftlichen Studie sollen die neuen Diagnoseschnellverfahren auf ihre Praxistauglichkeit untersucht werden. Foto: Dr. Matthias Gründling/UMG
 
Die Blutvergiftung ist weltweit die häufigste Todesursache infolge einer Infektion. In der Universitäts- und Hansestadt konnte nachgewiesen werden, dass mit konkreten Maßnahmen auch die Sterblichkeit deutlich gesenkt werden kann und sich die Heilungschancen verbessern. Jetzt testen die Greifswalder Wissenschaftler in der Klinik für Anästhesiologie sowie in der Klinik für Innere Medizin A ein neues Diagnostikverfahren, bei dem die Sepsiserreger schon nach sechs statt nach 48 Stunden im Blut nachgewiesen werden können.

Diese Innovation spielt auch auf dem ersten Welt-Sepsis-Kongress eine Rolle, der wird am 8. und 9. September online im Hörsaal Süd (Klinik-Hauptgebäude, Sauerbruchstraße) übertragen wird. Dazu sind alle Interessenten recht herzlich eingeladen.

Die Sepsis ist eine häufige Erkrankung, die sehr oft noch tödlich verläuft. Allein in Deutschland erkranken nach Daten des Kompetenznetzwerkes SepNet jährlich ca. 154.000 Patienten. Etwa 56.000 überleben die Erkrankung nicht. Weltweit erkranken jährlich etwa 50 Millionen Menschen an einer Blutvergiftung. In den vergangenen Jahren wurden zwar durch die Einführung einfacher und standardisierter Richtlinien Verbesserungen bei der Behandlung der Erkrankung erzielt, trotzdem weist die internationale Entwicklung eine zunehmende Tendenz bei der Verbreitung der Sepsis auf.


Eine Blutvergiftung tarnt sich oftmals als Begleiterscheinung einer anderen Erkrankung oder Operation und wird deshalb zu spät erkannt. Die Sepsis ist die aggressivste Form einer Infektion, hervorgerufen durch Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze und deren Gifte. Innerhalb weniger Stunden weisen alle lebenswichtigen Organe des Menschen durch außer Kontrolle geratene Entzündungsreaktionen Störungen auf und drohen zu versagen. Der Tod kommt quasi im Zeitraffer.

  • Frühe und oft im Krankenhausalltag verkannte Symptome einer Sepsis, gerade bei älteren Patienten, sind hohes Fieber, beschleunigte Atmung, schnellerer Herzschlag, niedriger Blutdruck und nachlassende Urinausscheidung sowie sehr häufig Verwirrtheit.

Höchste Überlebensquote bei Sepsis in Greifswald 

Greifswalder Forschern des Sepsisdialoges, eines Qualitätsprojektes zu Verbesserung der Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung der Sepsis an der Universitätsmedizin Greifswald, ist es gelungen, die Krankenhaussterblichkeit von schweren Verlaufsformen (schwere Sepsis, septischer Schock) in den vergangenen 7,5 Jahren von 61,1 Prozent auf 40,2 Prozent zu reduzieren und somit mehr als 300 Patienten das Leben zu retten.

„Durch intensive Schulungsprogramme zur Früherkennung, mit einem PC-Programm zur Schnellauswertung von Laborwerten und eine zügige Erstbehandlung septischer Patienten konnte das Sepsis-Notfallmanagement Schritt für Schritt optimiert werden“, sagte Projektleiter Dr. Matthias Gründling von der Klinik für Anästhesiologie. 

„Unsere Patienten erhalten eine schnellere mikrobiologische Diagnostik, die richtigen Antibiotika werden zügiger verabreicht und die Organfunktionen der Patienten somit rascher stabilisiert. Wir liegen mit diesen Ergebnissen an der Spitze im bundesweiten Vergleich.“ Eine aktuelle Auswertung von Abrechnungsdaten für die Krankenkassen aus dem ersten Quartal 2016 (Quelle: Deutsche Qualitätsbündnis Sepsis - icosmos) zeigt, dass die Krankenhaussterblichkeit mit 31 Prozent in Greifswald deutlich geringer ausfällt als in den anderen teilnehmenden deutschen Kliniken (44 %).

„Diese in Deutschland einmaligen Ergebnisse sind nur durch das langjährige gemeinsame Engagement von Pflegekräften, Ärzten, Hygienikern und Mikrobiologen möglich geworden“, betonte der Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Prof. Klaus Hahnenkamp. „Darauf wollen wir uns jedoch nicht ausruhen, sondern weitere Verbesserungen erarbeiten“, so Hahnenkamp.

Ein gewaltiger Zeitgewinn von 42 Stunden 

Wesentlich für den Erfolg der Behandlung bei einer Blutvergiftung ist die gezielte und zügige Therapie von Sepsispatienten mit Antibiotika.

Um dieses zu ermöglichen, werden den Betroffenen Blutproben entnommen (Blutkulturen) und in speziellen Brutschränken bei 37 °C untersucht.

Wenn in einer Blutkultur Bakterien wachsen, dann schließen sich weitere Untersuchungen an, die in der Regel nach etwa 48 Stunden vorliegen und genaue Auskunft über den Erreger und dessen Empfindlichkeit gegenüber Antibiotika geben.

„Im Greifswalder Team des Sepsisdialoges werden nun neueste Techniken eingesetzt (Accelerate Pheno™ System, Accelerate Diagnostics, Inc. USA und Univero-System, Curetis GmbH, Deutschland), die es ermöglichen, diese Ergebnisse bereits nach vier bis sechs Stunden zu erhalten“, erläuterte Dr. Matthias Gründling. „Für die Patienten bedeutet dieser Zeitgewinn, dass die Sepsiserreger noch schneller und effektiver bekämpft werden können. Bei Sepsis kommt es auf jede Stunde an.“

„Die neuen Diagnostikverfahren sollen im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie in Greifswald erstmals für Patienten auf der Intensivstation und in der internistischen Notaufnahme eingesetzt werden“, kündigte Prof. Markus M. Lerch, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin A, an. „Wir setzen große Erwartungen in die schnellen Diagnoseverfahren, die die bisherige positive Entwicklung noch weiter befördern sollen. Es kommt immer darauf an, sowohl den medizinischen Notfall einer Blutvergiftung möglichst frühzeitig zu erkennen als auch sofort entsprechend zu handeln. Jeder Zeitgewinn ist dabei kostbar. Dieses konsequente Vorgehen rettet, wie die bisherigen Greifswalder Ergebnisse eindrucksvoll belegen, vielen Sepsiskranken das Leben.“

Wie die Welt gegen Sepsis kämpft
 
Anlässlich des jährlichen Weltsepsistages am 13. September findet vom 8. bis 9. September 2016 der erste Welt-Sepsis-Kongress statt. Für Interessenten hat das Team des Sepsisdialoges Greifswald im Hörsaal Süd des Klinikums eine Liveübertragung des Onlinekongresses organisiert. Internationale und nationale Sepsisexperten berichten über die globalen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Erkrankung und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse.



1. Welt-Sepsis-Kongress
Programm http://www.worldsepsiscongress.org/program
Die Zeitverschiebung von +2 Stunden beachten!

Donnerstag, 8. September 2016, 15:30-23:00 Uhr
Freitag, 9. September 2016, 09:00-23:00 Uhr
Klinik-Hauptgebäude, Hörsaal Süd, Sauerbruchstrasse
Der Eintritt ist frei!


Bei einer Blutvergiftung ist die Zeit der entscheidende Faktor, um zügig helfen zu können.




Bei einer Blutvergiftung ist die Zeit der entscheidende Faktor, um zügig helfen zu können.
Foto: Dr. Matthias Gründling/UMG

Weitere Informationen

http://www.sepsisdialog.de
  http://www.kompetenznetz-sepsis.de
  http://www.worldsepsiscongress.org

http://www.world-sepsis-day.org



Medizin am Abend Berlin DirektKontakt
www.medizin-am-abend.blogspot.com




 









Über Google: Medizin am Abend Berlin
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw -

Universitätsmedizin Greifswald
Klinik für Anästhesiologie
Anästhesie-, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin
Direktor: Prof. Dr. med. Klaus Hahnenkamp
Ferdinand-Sauerbruch-Straße,17475 Greifswald
T +49 3834 86-58 00
E anaesthesiologie@uni-greifswald.de

Qualitätsmanagementprojekt Sepsisdialog
Projektleiter: Dr. med. Matthias Gründling
Qualitätsmanagementprojekt Sepsisdialog
T +49 3834 86-58 62
M +49 173-20 35 446
E sepsis@uni-greifswald.de
http://www.sepsisdialog.de

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin A
Direktor: Prof. Dr. med. Markus M. Lerch
Ferdinand-Sauerbruch-Straße, 17475 Greifswald
T +49 3834 86-72 30
E gastro@uni-greifswald.de
http://www.medizin.uni-greifswald.de
http://www.facebook.com/UnimedizinGreifswald
Twitter @UMGreifswald
Constanze Steinke Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald