Nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR): Patienten mit Knie- und Hüftarthrose

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Paracetamol wirkt nicht besser als Placebo gegen Arthroseschmerzen

In der bisher umfassendsten Analyse von Schmerzmitteln bei Patienten mit Knie- und Hüftarthrose hat Paracetamol keine klinisch relevante Wirksamkeit gezeigt. Das Medikament Diclofenac wirkt hingegen besser als viele neuere auf dem Markt befindliche Schmerzmittel. Dies ist das Ergebnis einer gross angelegten Meta-Analyse von Berner Medizinern. 

 Magnetresonanztomographie eines arthrotischen Kniegelenkes. Zu sehen ist der Verschleiss der Knorpelschicht im linken Bereich des Bildes.
 Magnetresonanztomographie eines arthrotischen Kniegelenkes. Zu sehen ist der Verschleiss der Knorpelschicht im linken Bereich des Bildes. Wikimedia Commons
 
Arthrose ist weltweit die häufigste Gelenkerkrankung. In der Schweiz sind 20 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre betroffen. Die Krankheit führt zu Schmerzen, funktionellen Einschränkungen der Gelenke, verminderter körperlicher Aktivität und auch zu einem erhöhten Sterberisiko.

  • Die Schmerzbehandlung folgt einem abgestuften Schema, in welchem sowohl der Arzneistoff Paracetamol als auch die Klasse der sogenannten nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) eine zentrale Rolle spielen. 

Von letzteren befinden sich eine Vielzahl von Präparaten auf dem Markt. Bisher wurde in Empfehlungen und Richtlinien weder zwischen NSAR und Paracetamol differenziert, noch zwischen den einzelnen Präparaten aus der Gruppe der NSAR. Insofern war bisher nicht bekannt, ob sich die unterschiedlichen Präparate in ihrer schmerzlindernden Wirksamkeit unterscheiden.

Nun hat eine Forschergruppe um Sven Trelle vom Klinischen Studienzentrum CTU der Medizinischen Fakultät der Universität Bern und Inselspital sowie vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern dies erstmals untersucht.

  • In einer umfangreichen Meta-Analyse konnten die Forschenden nachweisen, dass Paracetamol gegen Schmerzen nicht besser wirkt als ein Placebo und dass die Medikamente Diclofenac – und, mit leichten Abstrichen – Etoricoxib bezüglich Schmerz und Funktion am besten wirken. Die Studie wurde nun im Journal «Lancet» publiziert.

Entscheidungshilfe für Medikamenten-Einsatz

Für die Analyse konnten Resultate von 74 Studien bei 58‘556 Patienten berücksichtigt werden. Untersucht wurde die Wirkung von insgesamt 22 medikamentösen Therapien und Placebo in Bezug auf Schmerzreduktion und Verbesserung der Bewegungseinschränkung. Diese 22 Therapien beinhalteten unterschiedliche Dosierungen von Paracetamol und von sieben verschiedenen NSAR. Erstmals konnte nun die Wirksamkeit dieser Behandlungen aufzeigt werden. «Ärztinnen und Ärzte müssen zusammen mit den betroffenen Patientinnen und Patienten entscheiden, welches Medikament sie einsetzen», sagt der Letztautor der Studie, Sven Trelle vom CTU. «Unsere Studie hilft, dass diese Entscheidung nun auf einer solideren Grundlage getroffen werden kann.».

Innovative Methode

Die Forschungsgruppe identifizierte in der vorliegenden Analyse alle klinischen Studien, bei denen Patientinnen und Patienten mit Knie- oder Hüft-Arthrose nach dem Zufallsprinzip Placebo oder eines der 22 unterschiedlich dosierten Medikamente erhielten und die Wirkung auf Schmerzen und Funktion gemessen wurde. Die Ergebnisse aller Studien wurden dann mit einer speziellen statistischen Methode, einer sogenannten Netzwerk-Meta-Analyse, zusammengefasst. «Normalerweise werden in einer Meta-Analyse nur Vergleiche von Therapiemethoden kombiniert, wenn sie direkt innerhalb einer Studie durchgeführt wurden. Die Methode der Netzwerk-Meta-Analyse erlaubt es jedoch, diese direkten Medikamentenvergleiche mit indirekten Vergleichen, die zwischen zwei Studien gemacht werden können, in einer Art Netzwerk zu kombinieren», sagt Bruno da Costa vom Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM), der Erstautor der Studie.

Kurzfristiger Einsatz empfohlen

Wie die Forschungsgruppe schon in früheren Arbeiten gezeigt hat, haben die hier untersuchten Medikamente zum Teil erhebliche Nebenwirkungen, insbesondere wenn sie als Dauertherapie eingesetzt werden.

So erhöht etwa Diclofenac das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen. Gerade bei Arthrosepatientinnen und -patienten stellt die Wahl des richtigen Mittels eine Herausforderung dar – wegen ihres oft fortgeschrittenen Alters und häufig mehrfacher Einnahme von Medikamenten.

  • Aus diesem Grund empfehlen die Forschenden nicht nur eine gründliche Abwägung der Wirksamkeit und aller möglichen Nebenwirkungen, sondern auch den möglichst kurzzeitigen Einsatz dieser Medikamente. 
  • «Die Arthroseschmerzen verlaufen häufig in Schüben, und aufgrund der Nebenwirkungen empfehlen wir, die NSAR so kurz wie möglich zu verschreiben», sagt Stephan Reichenbach, Rheumatologe und ebenfalls Mitautor der Studie.

Angaben zur Publikation:

Da Costa B. et al.: Effectiveness of non-steroidal anti-inflammatory drugs for the treatment of pain in knee and hip osteoarthritis: a network meta-analysis, Lancet, 17.03.2016, doi:10.1016/S0140-6736(16

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360° TOP-Thema: Neue Studie - Mammographie-Screening: www.mammo-programm.de

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Niedrigere 2-Jahresinzidenz fortgeschrittener Tumorstadien in Folgerunde

Frauen können sich informieren unter www.mammo-programm.de

  • Die Inzidenz fortgeschrittener Brustkrebsstadien ist ein wichtiger Surrogatparameter für die zu erwartende Brustkrebsmortalität. 
Eine neue Studie aus Nordrhein-Westfalen zeigt im Sinne des „Proof of Principle“ anhand der 2-Jahresinzidenzen auf, dass durch wiederholte Teilnahme am Mammographie-Screening UICC II- bis IV-Stadien einschließlich von Intervallkarzinomen seltener auftreten als bei Erstuntersuchungen. 

Mammographie
 Mammographie © Referenzzentrum Mammographie Münster
 
Die Studie von Weigel, Heindel, Heidinger et al. schließt 19.563 Erstuntersuchungen sowie 18.034 Folgeuntersuchungen einer Screening-Einheit im Zeitraum von Januar 2008 bis Dezember 2010 ein.

Erhoben wurden die im Screening diagnostizierten Brustkrebsstadien sowie erstmals die Stadien der Brusterkrankungen, die bei Screening-Teilnehmerinnen im folgenden 2-Jahreszeitraum im Intervall außerhalb des Screenings auftraten. Die Daten stammen aus einem Abgleich der Screening-Daten mit den Daten des Epidemiologischen Krebsregister Nordrhein-Westfalen.

Die 2-Jahresinzidenzrate aller Stadien lag bei Frauen in der Folgeuntersuchung signifikant niedriger (0,85 %, bzw. 8,5 von 1000 Frauen) als bei Frauen in der Erstuntersuchung (1,29 % bzw. 12,9 von 1000 Frauen). 

Für die fortgeschrittenen Stadien zeigt sich nach Folgerundenteilnahme eine deutlich niedrigere 2-Jahresinzidenz (0,26 %) als nach Erstrundenteilnahme (0,48 %). 

Bei Frauen zwischen 50 und 59 Jahren ist der Inzidenzunterschied geringer (0,21 % versus 0,35 %) als bei Frauen zwischen 60 und 69 Jahren (0,31 % versus 0,70 %).

Betrachtet man die Stadienverteilung getrennt für die im Screening entdeckten Karzinome und die Intervallkarzinome, bestätigt sich der günstigere Trend für die Folgeuntersuchungen:

Der Anteil der fortgeschrittenen Stadien bei Ersteilnehmerinnen im Screening lag bei 0,17 %, und für die Intervallkarzinome bei 0,33 %. In den Folgeuntersuchungen sinkt der Anteil der UICC II bis IV-Stadien der im Screening entdeckten Brustkrebserkrankungen auf 0,09 % und für das nachfolgende 2-Jahresintervall auf 0,15 %.

Unter den fortgeschrittenen Brustkrebserkrankungen war der Anteil ohne Fernmetastasierung in den Folgeuntersuchungen (93,3 %) höher als in den Erstuntersuchungen (86,0 %).

Ein ähnliches Ergebnis zeigte sich für die fortgeschrittenen Tumoren ohne Lymphknotenbefall (Folgeuntersuchungen: 40,0% / Erstuntersuchungen: 34,4%).

Die Intervallkarzinomrate für alle Stadien war unter den Teilnehmerinnen in den Folgeuntersuchungen und bei den Ersteilnehmerinnen in etwa gleich hoch (0,20 % versus 0,19 %).

Die Studie weist Limitationen auf. Zum einen stammen die Daten aus nur einer Screening-Einheit und sind somit nicht ohne weiteres auf die Gesamtsituation in Deutschland übertragbar.

Zum anderen waren in den Erstuntersuchungen die jüngeren Altersgruppen stärker vertreten, was sich auf die Brustkrebsentdeckungsrate auswirken kann.

Allerdings wäre bei jüngeren Frauen eine geringere Brustkrebsinzidenz als bei älteren Frauen zu erwarten.

„Unsere Analyse zeigt, dass das Mammographie-Screening den Anteil fortgeschrittener Krebsstadien senken kann. Das ist eine wichtige Bedingung, die Sterblichkeit an Brustkrebs zu senken“, sagt Prof. Walter Heindel, einer der Studienautoren. 


Reduction of Advanced Breast Cancer Stages


 Reduction of Advanced Breast Cancer Stages © Referenzzentrum Mammographie Münster

Aktuell wird die Auswirkung der systematischen Brustkrebs-Früherkennung durch Screening auf fortgeschrittene Tumorstadien für das Bundesland Nordrhein-Westfalen evaluiert.

Literaturhinweis

Weigel S, Heindel W, Heidrich J et al.
Reduction of Advanced Breast Cancer Stages
at Subsequent Participation in Mammography Screening.
Fortschr Röntgenstr 2016; 188(01): 33-37
DOI: 10.1055/s-0041-107835

https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0041-107835

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Kooperationsgemeinschaft Mammographie

2002 beschließt der Deutsche Bundestag parteiübergreifend, das Mammographie-Screening-Programm in Deutschland einzuführen. Im August 2003 wird in gemeinsamer Trägerschaft von den gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) die Kooperationsgemeinschaft Mammographie gegründet. Ihre Aufgabe ist die Koordination, Qualitätssicherung und Evaluation des Mammographie-Screening-Programms. Im Jahr 2005 gehen die ersten Screening-Einheiten an den Start. Seit 2009 ist das Programm in Deutschland flächendeckend umgesetzt. Heute wird das Mammographie-Screening von 95 Screening-Einheiten an rund 400 Standorten angeboten.


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