Stressantwort in meiner Zelle: ADP-Ribosylierung des Chromatins: zelllären Stressreaktion

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Exaktere Analyse der Zellreaktionen auf Stress

Stress in den Zellen des Körpers sind sowohl Ursache als auch Konsequenz von Entzündungskrankheiten oder Krebs. 

Die Zellen reagieren auf diesen Stress, um sich vor Schädigungen zu schützen. 

Forschende der Universität Zürich haben nun ein neues Verfahren entwickelt, mit der sich eine elementare Stressantwort viel detaillierter als bisher untersuchen lässt: 

die ADP-Ribosylierung des Chromatins. 

Langfristig soll diese Methode helfen, krankmachende Prozesse zu unterbinden. 

 Zellen in Kultur reagieren auf Stress mit massiver ADP-Ribosylierung (rot) im Zellkern (blau).
Zellen in Kultur reagieren auf Stress mit massiver ADP-Ribosylierung (rot) im Zellkern (blau).
Bild: Universität Zürich
 
  • Sind Zellen Stress ausgesetzt, werden verschiedene Reparatur- und Entgiftungsprozesse in Gang gesetzt, damit sich die Zellen vor Schädigungen schützen können. 
  • Stress wird durch Umweltfaktoren oder durch die körpereigene Reaktion auf Entzündungen verursacht, was zu Krebs oder Herzkrankheiten führen kann. 
Die Zellen reagieren, indem sie diverse Proteine chemisch modifizieren, so dass sich deren Aktivität und Funktion verändert. 

Zentral in dieser Stressantwort ist die ADP-Ribosylierung: 
  • Enzyme fügen dabei an bestimmten Stellen eines Proteins kleine Moleküle an oder entfernen sie, womit das Protein aktiviert oder deaktiviert wird. 
  • Dieser Schritt löst eine Kaskade von Prozessen aus, mit denen sich die Zelle dem Stress anpasst, um zu überleben.
  • Besonderes Augenmerk gilt unter anderem dem Schutz der Chromosomen, den Trägern der Erbinformation. 

Diese bestehen einerseits aus der genetischen Information sowie andererseits aus diversen Proteinen, um die die fadenförmige DNA gewickelt ist, dem Chromatin

  • Seit langem ist bekannt, dass einige der Chromatin-Proteine unter bestimmten Stressbedingungen ADP-ribosyliert werden, was der Zelle hilft, Stress-induzierte Schädigungen zu bewältigen. 

Doch wo genau die ADP-Ribosylierung am Chromatin stattfindet, war bislang unklar. Geeignete Verfahren, um diese Frage zu beantworten, fehlten.
Neue Methode erlaubt besseres Verständnis der zellulären Stressreaktion

Eine Gruppe von Wissenschaftlern des Instituts für Molekulare Mechanismen bei Krankheiten (ehemals Institut für Veterinärbiochemie und Molekularbiologie) der Universität Zürich hat nun eine neue Methode mit dem Namen «ADPr-ChAP» entwickelt, die den Nachweis der modifizierten Chromatin-Stellen erlaubt, die nach Zellstress entstehen. 

«Damit können wir genauer untersuchen, wo und wie die ADP-Ribosylierung die Struktur des Chromatins reguliert und diverse Prozesse wie die Vervielfältigung der DNA, deren Reparatur oder die Genaktivität steuert», erläutert Prof. Michael O. Hottiger, Leiter der Studie.

«Mit dieser Technik lässt sich viel detaillierter erforschen, welche Proteine ADP-ribosyliert werden – sowohl in Bezug auf das gesamte Genom wie auch an spezifischen Stellen. 

  • Und dies ermöglicht es, besser zu verstehen, wie eine Zelle auf einen bestimmten Stress reagiert», fasst Hottiger zusammen. 

Damit steht der Wissenschaft nun ein zuverlässiges Instrument zur Verfügung, um jene molekularen Signalwege zu identifizieren, die bei zellulären Stressreaktionen eine zentrale Rolle spielen. Langfristiges Ziel der Forschenden ist es, neue Möglichkeiten zu finden, um gezielt die krankmachenden Prozesse im Körper, beispielsweise bei chronischen Entzündungen oder Krebserkrankungen, zu unterbinden.

Literatur:
Giody Bartolomei, Mario Leutert, Massimiliano Manzo, Tuncay Baubec, and Michael O. Hottiger. Analysis of Chromatin ADP-Ribosylation at the Genome-wide Level and at Specific Loci by ADPr-ChAP. Molecular Cell, January 28, 2016. doi:10.1016/j.molcel.2015.12.025

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Prof. Michael O. Hottiger
Institut für Molekulare Mechanismen bei Krankheiten
Universität Zürich
Tel. +41 44 635 54 74
E-Mail: hottiger@dmmd.uzh.ch
Kurt Bodenmüller Universität Zürich

Biologicals: Blut-Hirn-Schranke

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Mit neuen Wirkstoff-Fähren ins Gehirn vordringen

Neue Ansätze zur Behandlung von Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie zum Beispiel Alzheimer oder Gehirntumore erforschen Wissenschaftler des Instituts für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie der Universität Heidelberg. Zusammen mit einem Forscherteam aus den USA entwickeln Prof. Dr. Gert Fricker auf dem Gebiet der Pharmazeutischen Technologie und die Neurobiologin Prof. Dr. Ulrike Müller sogenannte Trägersysteme, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden und damit wie eine Fähre bestimmte Wirkstoffe in das Gehirn einschleusen können. Das dreijährige Vorhaben wird als Schlüsselprojekt von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung mit rund 560.000 Euro unterstützt. Die Forschungsarbeiten beginnen im April 2016.

  • Die Blut-Hirn-Schranke, die das zentrale Nervensystem vom Blutkreislauf abschottet, wird von den Gefäßwänden der Gehirnkapillaren gebildet und erlaubt nur wenigen Nährstoffen den freien Durchtritt. 
  • Insbesondere für Makromoleküle wie Proteine, DNA oder RNA ist die Barriere praktisch völlig undurchlässig. 
Genau diese Moleküle, sogenannte Biologicals, sind aber für die Therapie von Erkrankungen wie Alzheimer oder zur Behandlung von aggressiven Hirntumoren, den Glioblastomen, von besonderem Interesse, wie Prof. Fricker erläutert.

Seine Arbeitsgruppe hat nun spezielle Polymer-Nanopartikel entwickelt, die an ihrer Oberfläche modifiziert sind und ganz gezielt an die Blut-Hirn-Schranke andocken, diese überwinden und sich anschließend im Gehirn auflösen.

Nach Angaben von Prof. Fricker können diese Partikel mit niedermolekularen Wirkstoffen, das heißt Stoffen mit geringer Molekülmasse, „hoch“ beladen werden. Sie befördern dann die ansonsten nicht gehirngängigen Stoffe in das zentrale Nervensystem, wo therapeutisch notwendige Konzentrationen erreicht werden.

Das zugrundeliegende Konzept wird nun auf Biologicals übertragen, die von Prof. Müller und ihrer Kollegin Prof. Dr. Olivia Merkel von der Wayne State University Detroit (USA) bereitgestellt werden.

Ulrike Müller ist Spezialistin für die Erforschung der Alzheimer-Erkrankung. Die Heidelberger Neurobiologin und ihre Arbeitsgruppe liefern das Peptid APPsα, das Nervenzellen schützt und als Gegenspieler des toxischen ß-Amlyoids gilt.

Die ß-Amlyoid-Ablagerungen werden als eine der Hauptursachen von Alzheimer angesehen. 

Olivia Merkel und ihr Forschungsteam stellen sogenannte small interfering RNA-Moleküle zur Verfügung.

Mit Hilfe dieser kurzen Moleküle aus Ribonukleinsäure soll die Expression bestimmter Gene in Gehirntumoren abgeschaltet werden.

Die gemeinnützige Else Kröner-Fresenius-Stiftung dient der Förderung medizinischer Wissenschaft. Als Schlüsselprojekte unterstützt die Stiftung Vorhaben, die das Potential aufweisen, grundlegende und für ein ganzes Forschungsfeld richtungweisende Entdeckungen zu ermöglichen.

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Prof. Dr. Gert Fricker und Prof. Dr. Ulrike Müller
Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie
Telefon (06221) 54-8336 (Fricker) und -6717 (Müller)
gert.fricker@uni-hd.de, u.mueller@urz.uni-hd.de
Marietta Fuhrmann-Koch Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

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Flynn-Effekt: Die größe meines Gehirn + mein IQ

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Wenn das Gehirn wächst, steigt der IQ

Michael A. Woodley of Menie, PhD, Scientist in Residence an der TU Chemnitz, belegt erstmals einen Zusammenhang zwischen dem Wachstum des Gehirns und dem langfristigen Anstieg der Intelligenz 
 
Die Größe des Gehirns ist bei Menschen in Deutschland und Großbritannien im vergangenen Jahrhundert gewachsen.

  • Damit einher ging ein Anstieg des Intelligenzquotienten. 
Diesen Zusammenhang haben internationale Wissenschaftler unter Leitung von Michael A. Woodley of Menie, PhD, nun erstmals nachgewiesen.

Woodley of Menie ist Scientist in Residence an der Technischen Universität Chemnitz und Wissenschaftler des Center Leo Apostel for Interdisciplinary Research an der Vrije Universiteit Brussel. Beteiligt waren mit David Becker ein weiterer Forscher der TU Chemnitz sowie Wissenschaftler aus Kanada, Brasilien und Neuseeland. Ihre Ergebnisse haben sie im Januar 2016 in der Fachzeitschrift „Learning and Individual Differences“ veröffentlicht, die im Verlag Elsevier erscheint.

Die Psychologen stützen ihre Aussagen auf die Sekundär-Analyse von zwei Datensätzen, die mehrere Studien repräsentieren und Hinweise geben auf eine langfristige Steigerung der Gehirnmasse in Großbritannien und Deutschland.

In Großbritannien zeigen sich für einen Zeitraum von 80 Jahren folgende Zahlen: Bei Männern stieg die Masse des Gehirns um 52 Gramm, bei Frauen um 23 Gramm an.

In Deutschland lag der Anstieg innerhalb von 99 Jahren bei Männern bei 73,16 Gramm, bei Frauen bei 52,27 Gramm.

Hieraus haben die Forscher um Woodley of Menie nach einer Methode des US-amerikanischen Psychologen Arthur R. Jensen berechnet, wie hoch der Anstieg des IQ ist, der sich durch das Wachstum des Gehirns begründet: Bei den Männern in Großbritannien liegt der so ermittelte Anstieg bei 0,19 Punkte pro Jahrzehnt, bei den Frauen sind es 0,08 Punkte.  

In Deutschland zeigt sich ein Anstieg des IQ pro Jahrzehnt von 0,2 Punkten bei Männern und 0,15 bei Frauen.

Diese Zahlen haben die Wissenschaftler wiederum ins Verhältnis gesetzt zu den Prognosen des so genannten Flynn-Effekts.

„Einer der Co-Autoren unserer Veröffentlichung ist Prof. Dr. James Flynn, der als einer der ersten nachgewiesen hat, dass der Intelligenzquotient in unterschiedlichen Bevölkerungen mit der Zeit konstant ansteigt. 

Dieser IQ-Anstieg wird in Anerkennung seiner Entdeckung als Flynn-Effekt bezeichnet“, erklärt Woodley of Menie.

  • Der Flynn-Effekt beschreibt, dass der Intelligenzquotient in westlichen Staaten seit Beginn des 20. Jahrhunderts stetig um durchschnittlich drei Punkte pro Jahrzehnt gestiegen ist. 

Die aktuelle Studie zeigt nun, dass ein Teil des Flynn-Effektes durch das Wachstum des Gehirns erklärt werden kann.

In Großbritannien, wo der Gesamtanstieg des IQ Untersuchungen zufolge von 1932 bis 2008 bei 1,1 Punkte pro Dekade lag, beziffert sich der Beitrag des Anstiegs der Gehirnmasse auf fast 13 Prozent.

  • In Deutschland, wo für den Zeitraum von 1956 bis 2008 ein Gesamtanstieg um 6,1 IQ-Punkte nachgewiesen wurde, beträgt der Anteil rund drei Prozent.

Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Learning and Individual Differences“ veröffentlicht: Michael A. Woodley of Menie, Mateo A. Peñaherrera, Heitor B.F. Fernandes, David Becker & James R. Flynn (2016): It’s getting bigger all the time: Estimating the Flynn effect from secular brain mass increases in Britain and Germany. Learning and Individual Differences, 45, 95-100. DOI 10.1016/j.lindif.2015.11.004

Stichwort: Scientist in Residence

Das „Scientist in Residence“-Stipendium wurde zum 1. April 2015 an der TU Chemnitz eingerichtet und ermöglicht der Universität, weltweit renommierte Gastwissenschaftler einzuladen, um den wissenschaftlichen Austausch zu fördern und internationale Beziehungen zu pflegen. Der Fokus liegt dabei auf der Kernkompetenz „Mensch und Technik“ der TU Chemnitz. Michael A. Woodley of Menie, Wissenschaftler des Center Leo Apostel for Interdisciplinary Research (CLEA) an der Vrije Universiteit Brussel, forscht und arbeitet für zwei Jahre im Rahmen des Stipendiums an der Chemnitzer Universität. Der gebürtige Engländer beschäftigt sich interdisziplinär mit Aspekten der menschlichen Intelligenz und des Humankapitals und fokussiert dabei die Einflüsse auf den technologischen sowie wirtschaftlichen Fortschritt.



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Michael A. Woodley of Menie  PhD
E-Mail michael.woodley-of-menie@hrz.tu-chemnitz.de
Katharina Thehos Technische Universität Chemnitz