Infektionen mit Polyomaviren:

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Ursache für Komplikationen nach Nierentransplantation identifiziert

Nach Nierentransplantationen kommt es immer wieder zu Komplikationen durch BK-Viren. 

Die Forschungsgruppe von Prof. Hans H. Hirsch am Departement Biomedizin der Universität Basel konnten nun zeigen, dass das immunsuppressive Medikament Tacrolimus direkt die Vermehrung des Virus aktiviert und so für die Komplikationen verantwortlich sein könnte. Die Fachzeitschrift American Journal of Transplantation hat die Studie publiziert. 
 
  • Infektionen mit Polyomaviren ­– dazu gehören auch BK-Viren – sind beim Menschen weit verbreitet, verursachen aber bei gesunden Menschen meist keine Symptome. 

Problematischer ist der Virus allerdings bei Patienten, die nach einer Nierentransplantation immunsuppressive Medikamente einnehmen.

  • In zehn bis zwanzig Prozent der Fälle breiten sich die BK-Viren im Transplantat aus und lösen eine Entzündung aus. 
  • Im schlimmsten Fall wird das neue Organ dadurch zerstört und der Patient muss erneut auf eine Spenderniere hoffen.
Bei der Organtransplantation kämpft die Medizin vor allem gegen das körpereigene Immunsystem an, welches versucht, das fremde Organ abzustossen.

Diesen Vorgang unterdrückt man durch immunsuppressive Medikamente, wie beispielsweise das häufig verwendete Tacrolimus.

Dabei handelt es sich um einen Wirkstoff, der die Signalübertragung der körpereigenen Abwehrzellen hemmt.

  • Jedoch wird dadurch aber das Immunsystem so geschwächt, dass es den Körper nicht mehr ausreichend vor Infektionen durch Viren, etwa den besagten BK-Viren, schützen kann – ein Dilemma.

Medikamente mit unterschiedlichem Einfluss auf Virus

Die Forschungsgruppe Transplantation & Klinische Virologie am Departement Biomedizin der Universität Basel unter der Leitung von Prof. Hans Hirsch konnte nun zeigen, dass das BK-Virus ganz unterschiedlich auf verschiedene immunsuppressive Medikamente reagiert:

  • Während das oft verwendete Medikament Tacrolimus dazu führt, dass sich die Viren in den Nierenzellen verstärkt vermehren, wird die Virusvermehrung durch den Wirkstoff Sirolimus, einem mTOR-Inhibitor hingegen blockiert.

Die Ergebnisse der Basler Forscher erklären, warum es in den vergangenen zehn Jahren seit der Einführung von Tacrolimus in die klinische Routine zu sehr viel mehr BK-Polyomavirus-Komplikationen bei Nierentransplantierten gekommen ist.

Die Resultate bieten ausserdem wichtige Ansatzpunkte für klinische Studien, um den gezielten Einsatz von mTOR-Inhibitoren wie Sirolimus bei Patienten mit drohendem Verlust des Nierentransplantats gezielt zu überprüfen, ohne gleichzeitig das Abstossungsrisiko zu erhöhen.


Originalartikel

H. H. Hirsch, K. Yakhontova, M. Li and J. Manzetti
BK Polyomavirus Replication in Renal Tubular Epithelial Cells Is Inhibited by Sirolimus, but Activated by Tacrolimus Through a Pathway Involving FKBP-12
American Journal of Transplantation 2015; XX: 1–12 | doi: 10.1111/ajt.13541


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Hans H. Hirsch
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Olivia Poisson Universität Basel

Adventszeit: Dein Tag mit einem brandverletzten Baby oder Kind?

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Kinderchirurgen warnen vor Verbrühungen durch heiße Flüssigkeiten.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) und der Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands (BNKD) nehmen den „Tag des brandverletzten Kindes“ am 7. Dezember zum Anlass, Eltern und Angehörige auf die besonderen Gefahren für Babys und Kinder durch heiße Flüssigkeiten wie Tee, Punsch oder Suppe hinzuweisen. 
 
  • Die Haut von Kindern unter fünf Jahren ist nur einen halben Millimeter und damit teilweise nur ein Viertel so dick wie die Haut von Erwachsenen. 
  • Versehentlich ausgeschüttete heiße Flüssigkeiten richten bei den Kleinen daher häufig großen Schaden an. 
  • So kann bei Kindern bereits eine Tasse heißen Tees bis zu 30 Prozent der Körperoberfläche schwer schädigen und zu bleibenden Narben führen. 
  • Über 70 Prozent der thermischen Verletzungen von Kindern beruhen auf Verbrühungen, so die Kinderchirurgen.

„Aufgrund ihres geringeren Hautdurchmessers und ihrer relativ größeren Körperoberfläche erleiden Kinder im Vergleich zu Erwachsenen schon bei vermeintlich kleinen thermischen Unfällen viel tiefer gehende Verletzungen der Hautschichten“, erläutert Dr. Verena Ellerkamp, Kinderchirurgische Oberärztin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen. 

„Schon zehn Sekunden mit über 50 Grad heißer Flüssigkeit reichen aus, um kindliche Haut nachhaltig zu verletzen und eine bis zu drittgradige Verbrennung, also vollständige Zerstörung der Haut, zu verursachen“, ergänzt sie. 

Zum Vergleich: Bei einem Erwachsenen führt dies lediglich zu einer kurzzeitigen, schmerzhaften Rötung und vielleicht zur Blasenbildung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit heilt sie folgenlos ab. 

Bei Kindern jedoch sind lebenslange Narben die Folge. Oft sind sie nicht nur entstellend, sondern ziehen zudem zahlreiche Korrekturoperationen nach sich. „Das kann sich bis in das Erwachsenenalter hineinziehen“, so Ellerkamp, die an der Leitlinie über thermische Verletzungen im Kindesalter federführend beteiligt war.

Dieses Leid für Betroffene und ihre Angehörigen gilt es möglichst zu vermeiden. 

Experten schätzen, dass Sicherheitsvorkehrungen und Wachsamkeit etwa 60 Prozent dieser Verletzungen verhindern könnten. 

 „Dazu gehört, die Teetasse abzustellen, wenn man ein Kleinkind auf den Arm nimmt, oder ein Herdgitter anzubringen“, sagt Ellerkamp. 

Zudem sei es wichtig, die Sicherheitsmaßnahmen laufend an den wachsenden Radius des Kindes anzupassen. 

Ist nach einer leichten Verbrühung die Haut nur gerötet oder bildet kleine Blasen, können Eltern sie mit Kühlung und Salben selber behandeln. Das Wasser dürfe jedoch nicht eiskalt, sondern sollte lauwarm sein, so die Empfehlung der Kinderchirurgen. 

Cool Packs oder gar Eis können die Haut schädigen und zu Unterkühlung führen.

„Alle anderen Verletzungen gehören in die Hand eines Arztes“, betont Dr. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH aus Augsburg. 

Dieser könne Ausmaß und Schwere der Verletzung einschätzen und rasch die richtigen Schritte einleiten, um die Wunde angemessen zu versorgen und Narben und Infektionen zu vermeiden. 

  • Der erstbehandelnde Arzt kann zudem entscheiden, ob der Transport in ein Zentrum oder eine Spezialisierte Klink für brandverletzte Kinder notwendig ist. In Deutschland gibt es 19 Zentren für Kinderchirurgen warnen vor Verbrühungen durch heiße Flüssigkeiten. schwerbrandverletzte Kinder mit 59 Betten sowie an vielen größeren Krankenhäusern auf Verbrennungen spezialisierte Abteilungen. 

 „Wenn die thermischen Schädigungen bei zweitgradigen Verbrennungen mehr als zehn Prozent der Körperoberfläche und/oder Gesicht, Hände, Genitalien oder Füße betreffen, sollte die Behandlung in einer spezialisierten Einrichtung erfolgen, bei drittgradigen Verbrennungen sogar schon, wenn fünf Prozent Körperoberfläche verletzt sind“, sagt Schuster, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg ist. 

Neben der umfassenden Versorgung in Zentren helfen Spezialisierte Kliniken, die fachgerechte Versorgung von thermisch verletzten Kindern in der Breite sicher zu stellen. 

In beiden Einrichtungen sei die bestmögliche Behandlung dieser Kinder durch qualifizierte, komplexe und interdisziplinäre Behandlung und Nachsorge gewährleistet, so Ellerkamp.

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Quellen:

S2k-Leitlinie 006-128 „Thermische Verletzungen im Kindesalter (Verbrennung, Verbrühung), Behandlung“, Stand: 30.04.2015 , gültig bis 31.12.2017; 

http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/006-128.html


Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder e.V. und Veranstalter des Aktionstags: http://www.paulinchen.de

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Dr. Adelheid Liebendörfer, Anna Julia Voormann
Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
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http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/006-128.html

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360°TOP-Termin: Sport auf Rezept – Dein Sport in der Herz-Kreislauf-Medizin

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Sport auf Rezept – Expertentagung zu Sport in der Herz-Kreislauf-Medizin

Sport sollte auf Rezept verordnet werden, denn er ist gut für die Gesundheit. Darin sind sich Experten und Laien einig. Nicht so klar ist jedoch, welcher und wieviel Sport für wen geeignet ist, um gesund zu bleiben oder sogar als Therapie für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung in Frage zu kommen. Kardiologen und Sportmediziner diskutieren neue Erkenntnisse aus diesem Bereich auf dem 5. Sportkardiologischen Symposium am 5. Dezember 2015 in München. 
 
Genau wie in der Therapie mit Medikamenten geht auch beim gesundheitlichen Effekt von Sport der Trend hin zur individualisierten Medizin.

Denn was für den einen gut ist, kann dem anderen sogar schaden.

Schon länger ist etwa bekannt, dass Extremsport zwar gut für das Herz-Kreislauf-System ist, jedoch bei einigen Personen auch gesundheitliche Probleme verursachen kann. 

  • So werden im Blut von fast allen Marathonläufer nach dem Wettkampf erhöhte Biomarker gefunden, die auf geschädigtes Herzgewebe hindeuten. 

Bei einigen von ihnen könnte diese Erhöhung auf ernsthafte kardiovaskuläre Vorerkrankungen hindeuten, bei anderen sind sie vermutlich harmlos.

Prof. Martin Halle von der Technischen Universität München und vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) untersucht dieses Phänomen gegenwärtig in einer groß angelegten Studie.

„Im Ergebnis könnte es sein, dass wir Personen, die sich eigentlich gesund fühlen, vom Extremsport abraten müssten“, sagt der Sportmediziner, der die Tagung veranstaltet.

Sport treiben wird in der Regel mit Menschen in Verbindung gebracht, die gesund sind.

Dass körperliche Bewegung eine vollwertige Therapie sein kann, etwa bei Herzschwäche, ist den wenigsten bewusst. 

Und wie bei Medikamenten hilft auch beim Sport nur die optimale Dosis. 

Sportwissenschaftler und Kardiologen untersuchen deshalb, welche Trainingsintensität und -häufigkeit für welches Krankheitsbild geeignet sind.

  • Die derzeitige Studienlage deutet darauf hin, dass etwa bei Herzschwäche kurzes intensives Training einen besseren Effekt erzielt als langes moderates Training.

Und selbst hochbetagten Patienten mit Herz-Problemen oder sogar Patienten, die eine Herztransplantation vor sich haben oder die einen implantierten Defibrillator haben, empfiehlt Martin Halle Sport, natürlich unter ärztlicher Aufsicht.

  • Bei dieser Patientengruppe kommt es ganz besonders auf die geeignete Dosis an, denn Nutzen und Gefährdung liegen eng beieinander. 

„Hier wird derzeit viel geforscht“, sagt Halle. Er ist optimistisch, dass bald für jeden Patienten ein ganz individuelles Sportprogramm zusammengestellt werden kann, ähnlich wie bei einer individualisierten Medikamententherapie.

Das 5. Sportkardiologische Symposium München wird veranstaltet von der Technischen Universität München, Zentrum für Prävention und Sportmedizin und vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK).
http://www.kongress.sport.med.tum.de/

 
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Prof. Martin Halle
Technische Universität München
Lehrstuhl für Prävention, Rehabilitation und Sportmedizin
Georg-Brauchle-Ring 56
80992 München
Fon +49.(0)89.289.24441

Christine Vollgraf,  Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)
Fon 030 3465 529 02
christine.vollgraf@dzhk.de

Muskuloskelettalen Krankheiten:

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Fortschritte in der Therapie muskuloskelettaler Erkrankungen

„In einer Gesellschaft des immer längeren Lebens, des Übergewichts und der ausgeprägten Bewegungsarmut müssen wir mit immer mehr Patienten mit Krankheiten an Muskeln, Knochen und Gelenken rechnen. 

Neben Leid für die Patienten bringen diese Erkrankungen auch erhebliche volkswirtschaftliche Konsequenzen mit sich, da sie zu Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung führen. Erfreulicherweise werden aber immer bessere Behandlungsmöglichkeiten entwickelt.“ Das erklärte Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, beim Symposium „Therapie muskuloskelettaler Erkrankungen“ in Berlin, das er am 27. und 28.11.2015 zusammen mit Prof. Dr. Stefan Endres, München, leitete. 
 
Veranstalter war die Paul-Martini-Stiftung (PMS) in Verbindung mit der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

In Deutschland sind rund 30 Millionen Menschen – europaweit 120 Millionen – von Krankheiten des Muskel- und Skelettsystems betroffen.

Zu diesen gehören entzündliche Erkrankungen (wie rheumatoide Arthritis, ankylosierende Spondylitis oder Myositiden) degenerative Krankheiten (wie etwa Arthrose, Osteoporose oder Sarkopenie), aber auch chronische Schmerzsyndrome wie Rückenschmerzen und Fibromyalgien.

Die muskuloskelettalen Krankheiten haben Rang 1 bei der Analyse der Krankheitslasten („burden of disease“) in entwickelten Ländern. 

Gerade deshalb, so Stefan Endres, München, könne mit besseren Therapiemöglichkeiten ein großer Beitrag zur Bewältigung dieser Folge der demographischen Entwicklung geleistet werden. Die vielfältigen Forschungsarbeiten, die auf dem Symposium zur Sprache kommen, stärkten die Hoffnung, dass das gelingt.

Auffällig ist bei einigen Krankheiten die ungleiche Häufigkeitsverteilung bei den Geschlechtern, wie Anja Strangfeld, Berlin, ausführte:

  • An rheumatoider Arthritis erkranken Frauen etwa dreimal häufiger als Männer.  
  • Dafür kommt es bei Männern doppelt so häufig wie bei Frauen zur ankylosierenden Spondylitis (Morbus Bechterew). 

  • Bei der juvenilen idiopathischen Arthritis – der häufigsten rheumatischen Erkrankung von Minderjährigen – findet sich je nach Subtyp eine andere Geschlechterverteilung. 
  • Osteoporose wiederum tritt ab dem 50. Lebensjahr deutlich häufiger bei Frauen als bei Männern auf. Die Ursachen sind noch weitgehend ungeklärt.

Rheumatische Erkrankungen

Für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Beschwerden konnten die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten 20 Jahren enorm verbessert werden. Dazu haben neben den klassischen chemisch-synthetischen Medikamenten vor allem Biologika beigetragen: eine Gruppe meist Antikörper-basierter Wirkstoffe, die in verschiedene Immunprozesse eingreifen. In der Behandlung der rheumatoiden Arthritis sollten die Biologika dennoch auch nach der neuesten S1 Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie weiterhin erst zum Einsatz kommen, wenn konventionelle Therapien nicht genügen. Wie Ulf Müller-Ladner, Gießen, erläuterte, könnte die Kostenintensität der Biologika-Verordnung in den nächsten Jahren durch den Markteintritt von Biosimilars sinken.

Auch die Therapie der axialen Spondyloarthritis habe wesentlich von der Entwicklung der Biologika, zunächst vor allem der TNF-alpha-Inhibitoren, profitiert, so Jürgen Braun, Herne. Erst seit wenigen Tagen hat zudem der gegen Interleukin-17A gerichtete monoklonale Antikörper Secukinumab eine EU-Zulassung für die Behandlung von axialer Spondyloarthritis und Psoriasisarthritis erhalten. Die Erstzulassung hatte das Medikament bereits vor einigen Monaten für schwerere Verlaufsformen der Schuppenflechte erhalten.

Trotz vielfältiger Therapiealternativen kann noch nicht allen Patienten mit entzündlich-rheumatischen Krankheiten wirksam geholfen werden.
Für diese Patienten werden unter anderem neue monoklonale Antikörper und Immunkonstrukte in verschiedenen Formaten entwickelt und Kinasehemmer aus der Krebstherapie geprüft.  

Auch in anderer Hinsicht könnte die Onkologie künftig die Therapie der Autoimmunkrankheiten befördern, da sie im Rahmen der Immunonkologie ähnliche Effektorzellen und Steuerkreise betrachtet, allerdings aus anderem Blickwinkel, wie Martin Gramatzki, Kiel, darstellte.

Gabriela Riemekasten, Lübeck, berichtete von erfolgreichen Versuchen, Entzündungsprozesse durch Stärkung regulatorischer T-Zellen mit Interleukin-2 zu dämpfen. Ihre Arbeitsgruppe hat dazu nun eine Phase I/II-Pilotstudie mit Patienten initiiert, die an systemischem Lupus erythematodes leiden.

Weitere Ansatzpunkte für künftige Therapien stellen microRNAs in Fibroblasten am Entzündungsort dar, wie Steffen Gay, Zürich, erläuterte. Denn einige von ihnen stellen proinflammatorische Regulatoren dar. Geplant ist, sie mit komplementären RNA-Analoga, sogenannten antago-miRs, spezifisch zu neutralisieren.

Um entzündlich-rheumatische Krankheiten wirklich ausheilen zu können, ist es laut Andreas Radbruch, Berlin, nötig, das pathogene immunologische Gedächtnis des Körpers zu löschen. An diesem Phänomen dürften langlebige Gedächtnis-Plasmazellen beteiligt sein, die die Entzündung durch dauerhafte Ausschüttung von Autoantikörpern aufrecht¬erhalten.

Auch Gedächtnis-B- und -T-Lymphozyten könnten in ähnlicher Weise beitragen. Eine selektive Dezimierung von Gedächtniszellen vom B-, T- oder Plasmazelltyp ist möglich und zeigt auch für die Dauer der Anwendung Wirkung, führt aber nicht zu dauerhafter Therapiefreiheit.

Nötig wäre es wohl, sämtliche pathogenen Gedächtniszellen zu zerstören – idealerweise allerdings unter Schonung der physiologischen Gedächtniszellen. Tatsächlich gebe es erste Ansätze für einen so selektiven Eingriff in das Immungedächtnis.

Osteoarthrose

Wesentlich häufiger als alle entzündlichen Erkrankungen ist die Osteoarthrose der Gelenke: Sie betrifft mehr als die Hälfte aller 65-Jährigen.

  • Behandelbar ist sie heute im Wesentlichen nur symptomatisch oder durch operativen Austausch des betroffenen Gelenks durch eine Endoprothese.
Gesucht werden kausale Therapien, etwa Medikamente, die die arthrotischen Degenerationsprozesse aufhalten können. Doch wächst das Verständnis für die zellulären und molekularen Vorgänge bei Arthrose, so Thomas Pap, Münster.

So kommt es in den Chondrozyten der Gelenkknorpel zur Reaktivierung embryonaler Differenzierungsmuster.

Möglicherweise spielt auch eine Rolle, dass im Knorpel gebundene lösliche Chemokine unter Belastung oder mit dem Alter verloren gehen. Hier könnten Ansatzpunkte für neue Therapien liegen. Ihre Entwicklung steht allerdings vor der besonderen Herausforderung, dass das wichtigste Symptom – der Arthroseschmerz – nur schlecht mit dem Grad der Knorpeldegeneration assoziiert ist.

Ein Ansatz, der bereits klinisch erprobt wird, ist die Injektion des gentechnisch hergestellten Wachstumsfaktors rhFGF18. Wie Kurt Marhardt vom Unternehmen Merck, Darmstadt, berichtete, fördert er die Proliferation von Chondrozyten und mittelbar die Bildung von mehr Knorpelmatrix. Ob das der Arthrose in klinisch relevanter Weise entgegen wirken kann, soll eine laufende Phase II-Studie zeigen.

Osteoporose

Bei Osteoporose ist die Balance zwischen Knochenabbau und -neuaufbau gekippt: Das führt zu verringerter Knochenmasse und einer defizitären Mikroarchitektur.

  • Dagegen sind eine Reihe von Medikamenten verfügbar, die teils den Abbau verlangsamen, teils den Aufbau anregen; mit keinem davon gelingt allerdings eine volle Wiederherstellung belastbarer Knochen. 

Wie Lorenz C. Hofbauer, Dresden, berichtete, ließen sich aber in der Steuerung der Knochenhomöostase weitere Ansatzpunkte für Medikamente finden, die noch wirksamer sein könnten. Inhibitoren der Protease Cathepsin K beispielsweise greifen wirksam in den Knochenabbau ein; einer hat mittlerweile Phase III der klinischen Erprobung erreicht. In Phase II befinden sich Antikörper, die den Botenstoff Sclerostin abfangen (der auf gedrosselte Knochenaufbau hinwirkt); im Tiermodell waren sie zur Steigerung der Knochenbildung imstande.

Krankheiten der Muskulatur

  • Während die Krankheiten der Knochen und Gelenke hohe Aufmerksamkeit erfahren, werden die Krankheiten der Muskulatur weit weniger beachtet. Dabei führen auch sie zu viel individuellem Leid und einer hohen Belastung für das Gesundheitswesen.

Das gilt beispielsweise für die idiopathischen Myositiden. Diese durch Autoimmunprozesse hervorgerufenen Muskelentzündungen lassen sich Heinz Wiendl, Münster, zufolge in der Mehrzahl der Fälle mit konventioneller Immunsuppressiver Therapie kontrollieren. In Einzelfällen werden Biologika eingesetzt, am meisten Erfahrung besteht momentan mit Rituximab.

Schwieriger ist die Therapiesituation bei Muskeldystrophien einer klinisch und genetisch heterogenen Gruppe von Erbkrankheiten, die Maggie C. Walter, München, vorstellte. Die Krankheiten führen zu fortschreitendem Verlust von Muskelfunktion. Eine Reihe von Therapien in der Entwicklung zielen darauf ab, zugrunde liegende Defekte im Dystrophin-Gen zu überwinden: durch zellbasierte Therapieansätze, virusbasierte Gentherapie oder Medikamente, die die Translation des betroffenen Gens beeinflussen (Exon Skipping oder Stop-Codon Readthrough). Andere bezwecken, durch Eingriff in Stoffwechselwege das Muskelwachstum anzuregen und Entzündung sowie Fibrose im Muskel zu reduzieren.

Von wachsender Bedeutung ist auch die Sarkopenie, die meist altersassoziierte Abnahme der Skelettmuskulatur, auf die Kristina Norman, Berlin, einging. Eine Sarkopenie kann jedoch auch im Rahmen von Erkrankungen oder bei Adipositas auftreten. 

Ihre Auswirkungen sind erhöhte Sturz- und Frakturgefahr, reduzierte Insulinsensitivität, verminderte Lebensqualität, verbunden mit einer erhöhten Belastung für das Gesundheitswesen. 

In der Erforschung der Sarkopenie sei noch viel Grundlagenarbeit zu leisten. So bemühe sich eine europäische und eine multinationale Arbeitsgruppe darum, die Diagnosekriterien zu überarbeiten, um die verschiedenen Sarkopeniephänotypen erfassen zu können. Als möglicherweise klinisch aussagefähigstes Maß für die Sarkopenie wird seit kurzem der Quotient von Muskelmasse und Body-Mass-Index verwendet.

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Die gemeinnützige Paul-Martini-Stiftung, Berlin, fördert die Arzneimittelforschung so-wie die Forschung über Arzneimitteltherapie und intensiviert den wissenschaftlichen Dialog zwischen medizinischen Wissenschaftlern in Universitäten, Krankenhäusern, der forschenden Pharmaindustrie, anderen Forschungseinrichtungen und Vertretern der Gesundheitspolitik und der Behörden. Träger der Stiftung ist der vfa, Berlin, der als Verband derzeit 46 forschende Pharma-Unternehmen vertritt.

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