Gesundheitsprofil-Verfahren und anschliessender persönlicher Gesundheitsberatung

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Gesundheitsförderung und Prävention im Alter verlängern die Lebenszeit

Mit einem neuartigen Gesundheitsprofil-Verfahren und anschliessender persönlicher Gesundheitsberatung können die Gesundheit und die Lebenserwartung älterer Personen verbessert werden. Dies zeigt eine internationale Studie, welche unter der Leitung der Universität Bern und des Inselspitals Bern durchgeführt wurde. 

Persönliche Gesundheitsberatung einer älteren Person durch eine speziell ausgebildete Pflegefachperson. Geriatrische Universitätsklinik, Inselspital Bern
Symbolbild: Persönliche Gesundheitsberatung einer älteren Person durch eine speziell ausgebilde-te Pflegefachperson.
  • In einer Gesellschaft mit immer älter werdenden Menschen nimmt auch die Zahl von Patienten mit komplexen Erkrankungen rasch zu. Damit steigt der Pflegebedarf – und entsprechend auch die Gesundheitskosten. Zahlreiche Krankheiten liessen sich aber verhindern, etwa durch einen gesünderen Lebensstil.

Daher existieren in mehreren Ländern wie den USA bereits präventive Programme, um ältere Menschen in ihrer Gesundheit zu unterstützen.

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Über deren langfristigen Nutzen war aber noch wenig bekannt. Hier setzt eine internationale Studie an, die in Bern, Hamburg und London durchgeführt und von der EU unterstützt wurde. Der Schweizer Teil der Studie war über acht Jahre angelegt und entstand in Zusammenarbeit mit der Spitex.

«Wir konnten zeigen, dass mit einer persönlichen und mehrstufigen Beratung die Gesundheit älterer Menschen deutlich gesteigert wird», sagt Andreas Stuck von der Forschungsgruppe Geriatrie der Universität Bern und der Geriatrischen Universitätsklinik des Inselspitals. Die Studie wurde nun in der Zeitschrift «PLOS Medicine» veröffentlicht.

Im Rahmen der Studie wurden mehr als 2000 über 65-jährige, selbständig zu Hause lebende Personen in zwei Gruppen unterteilt:

Die Vergleichsgruppe erhielt die übliche medizinische Betreuung, die Interventionsgruppe zusätzlich ein neues Beratungs-Angebot. Dazu erhielten die älteren Personen der Interventionsgruppe einen Fragebogen, in dem sie umfassende Angaben zur ihrer Gesundheit machten. Dieser Fragebogen wurde danach mittels Computer ausgewertet und das Ergebnis der älteren Person und dem Hausarzt oder der Hausärztin übermittelt. Anschliessend wurde den älteren Personen eine persönliche Gesundheitsberatung durch eine speziell ausgebildete Pflegefachfrau angeboten. Stuck hält fest: «Die älteren Personen waren immer frei in ihrer Entscheidung, welche Empfehlungen sie umsetzen wollten und welche nicht.»

Gesundheitsverhalten positiv beeinflusst

Die Studie zeigte im Verlauf deutliche Unterschiede zwischen der Interventionsgruppe und der Vergleichsgruppe. So waren Personen in ersterer nach zwei Jahren körperlich aktiver, hatten eine ausgewogenere Ernährung, und auch eine umfassendere persönliche Gesundheitsvorsorge.

«Nach acht Jahren zeigten sich eindrückliche langfristige Auswirkungen auf den Gesundheitszustand», erläutert Andreas Stuck: «Die Lebenserwartung bei Personen der Interventionsgruppe war höher als diejenige der Vergleichsgruppe.» Das Forscherteam berechnete, dass pro 21 Personen, welche die präventive Beratungen erhielten, ein Todesfall vermieden werden kann.

Zentral sei dabei die Zusammenarbeit von Hausärztinnen und Hausärzten mit dem Pflegepersonal:

«Nur ein interprofessionelles Behandlungsangebot kann unter diesen Umständen den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht werden», sagt Christoph Cina, einer der beteiligten Studienärzte. «Die Studie zeigt auf, wie ein solches Angebot im hausärztlichen Umfeld erfolgreich umgesetzt werden kann.»

Laut den Forschenden könne dieses Modell einer modernen Gesundheitsversorgung mit vertretbaren Kosten das Gesundheitsverhalten der Patientinnen und Patienten nachhaltig positiv beeinflussen. Als positives Beispiel aus seiner Praxis nennt Cina einen pensionierten Stahlarbeiter, der sich nach der Beratung ein Rudergerät gekauft habe und dieses nach 10 Jahren immer noch täglich benutze.

National und international anwendbar

Erste Praxisumsetzungsstudien in der Schweiz haben gezeigt, dass sich das neue Angebot gut im bestehenden System der Gesundheitsversorgung umsetzen lässt, ohne dass neue Strukturen geschaffen werden müssen. Dabei spielt laut den Forschenden die Spitex eine wichtige Rolle. Marianne Pfister, Zentralsekretärin Spitex Verband Schweiz, sagt dazu: «Die tägliche Arbeit der Pflegefachleute in den Spitex-Organisationen besteht ebenfalls aus Abklärungen, der Vernetzung mit Hausärztinnen und Hausärzten und der Beratung von Klientinnen und Klienten im häuslichen Umfeld.» Der Unterschied betrifft laut Pfister die Zielgruppe, da sich das Verfahren der Universität Bern an Menschen richtet, die noch keine Spitex-Leistungen beziehen. Dennoch bringe der Spitex Verband Schweiz die Voraussetzungen mit, um auch ein präventives Programm zur Gesundheitsförderung zu verbreiten, sagt Pfister.

Seit Jahren wird weltweit nach wirksamen Methoden der Gesundheitsförderung und Prävention im Alter gesucht. Die jetzt veröffentlichte Studie wurde zwar in der Schweiz durchgeführt, das aus der EU stammende Forscherteam um Andreas Stuck hat jedoch festgestellt, dass regional angepasste Formen des Gesundheitsprofil-Verfahrens auch in andern Ländern eine hohe Akzeptanz haben. «Das Gesundheitsprofil-Verfahren hat damit ein hohes Potenzial für die Zukunft, da es standardisiert ist, und trotzdem Unterschiede in Sprache, Kultur oder Gesundheitsversorgung berücksichtigt werden können», sagt Andreas Stuck.

Publikation:
Stuck AE, Moser A, Morf U, Wirz U, Wyser J, Gillmann G, et al.: Effect of Health Risk Assessment and Counselling on Health Behaviour and Survival in Older People: A Pragmatic Randomised Trial. PLoS Med 12(10): e1001889. doi:10.1371/journal. pmed.1001889

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Propionat-Salz: Auswirkungen von lang- und kurzkettige Fettsäuren auf die Erkrankungen von MS

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Ernährung kann Verlauf der Multiplen Sklerose beeinflussen

Fettsäuren in der Nahrung haben einen Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf von autoimmun chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose. 

In einer Kooperationsstudie der Neurologischen Kliniken der Ruhr-Universität Bochum (St. Josef-Hospital) mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen fanden Wissenschaftler jetzt heraus, welche Auswirkungen lang- und kurzkettige Fettsäuren auf die Erkrankungen haben. 

Ihre Ergebnisse veröffentlichten Prof. Dr. med. Aiden Haghikia und Prof. Dr. med. Ralf Linker in der aktuellen Ausgabe der renommierten Zeitschrift „Immunity“. 

 
Darmbakterien spielen eine erhebliche Rolle

Der menschliche Darm mit seiner bakteriellen Besiedlung, dem so genannten Mikrobiom, rückt immer weiter in den Fokus der medizinischen Forschung.

  • Insbesondere auch bei neurologischen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose. 

  • Hier mehren sich die wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass das Mikrobiom des Darms einen erheblichen Einfluss auf die Krankheitsentstehung und den weitern Verlauf nehmen könnte. 

Dabei unterliegt die Interaktion, die zwischen dem Inhalt des Darms und dem ortsständigen Immunsystem stattfindet, unterschiedlichen Einflussfaktoren. Kaum ein Umweltfaktor hat sich in den letzten Jahrzehnten dabei so sehr gewandelt, wie die Ernährung in den industrialisierten Nationen.

Kurzkettige Fettsäuren können Entzündungsreaktionen unterdrücken

In der aktuellen Studie konnte sowohl in der Zellkulturschale als auch im experimentellen Modell gezeigt werden, dass langkettige Fettsäuren wie die Laurinsäure die Entstehung und Vermehrung von entzündlichen Zellen in der Darmwand fördern.

  • Im Gegensatz dazu führen kurzkettige Fettsäuren, allen voran die Propionsäure (oder deren Salz Propionat) zur Entstehung und Verbreitung von regulatorischen Zellen des Immunsystems in der Darmwand. Diese können sowohl überschießende Entzündungsreaktionen als auch autoreaktive Zellen, die körpereigenes Gewebe schädigen, unterdrücken.

Stoffwechselprodukte der Bakterien ausschlaggebend

Interessanterweise konnten diese Beobachtungen im Tierexperiment nicht gemacht werden, sobald der Darm völlig keimfrei war. Dies spricht für eine direkte Beteiligung des Mikrobioms an der Entfaltung der Fettsäure-Wirkung. Weitere Untersuchungen zeigen, dass die Effekte der Fettsäuren weniger auf die einzelnen Keime des Mikrobioms zurück zu führen sind, sondern eher über Stoffwechselprodukte der Bakterien vermittelt werden.

Aussicht auf neue Therapien

  • Heute gehen Forscher im Hinblick auf die Multiple Sklerose und andere Autoimmunerkrankungen davon aus, dass sie auf ein Ungleichgewicht zwischen den (geschwächten) regulatorischen und den autoimmun-entzündlichen Immunmechanismen zurückzuführen sind. 

  • Die überwiegende Mehrheit zugelassener Therapien für diese Indikationen zielt auf eine Schwächung beziehungsweise Blockierung der pro-entzündlichen Komponente des Immunsystems ab. 

Eine Stärkung der regulatorischen Komponenten, zum Beispiel mittels Propionat als Zusatz zu den etablierten Medikamenten, könnte eine bessere Therapie bedeuten. 

Die gewonnenen Erkenntnisse wollen die Forscher in Bochum und Erlangen nun nutzen, um innovative diätetische add-on Therapien zu den bekannten Immuntherapeutika zu entwickeln.


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt

Prof. Dr. med. Aiden Haghikia
Neurologische Klinik der Ruhr-Universität Bochum
St. Josef-Hospital Bochum
Gudrunstr. 56
44791 Bochum
Tel. 0234/509-2411
aiden.haghikia@ruhr-uni-bochum.de

Prof. Dr. med. Ralf Linker
Neurologische Klinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen
Universitätsklinikum Erlangen
Schwabachanlage 6
91054 Erlangen
Tel. (09131) 85-32187
Ralf.Linker@uk-erlangen.de
Raffaela Römer Ruhr-Universität Bochum


Titelaufnahme


A. Haghikia, R. Linker et al. (2015): Dietary fatty acids directly impact central nervous system autoimmunity via the small intestine, Immunity, DOI: 10.1016/j.immuni.2015.09.007

360° TOP-Frage: Wie lassen sich Unfälle im Schulalltag vermeiden?

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Unfälle und Verletzungen im Schulalltag

Studie sammelt wichtige Daten als Ansatz zur Unfallprävention 
 
Wie lassen sich Unfälle im Schulalltag vermeiden? Zur Beantwortung dieser Frage ist es notwendig, den Kontext von Unfällen und Verletzungen in der Schule zu klären. 

Im Rahmen der Studie „Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter“ (GUS) befragte ein Team des Forschungszentrums Demografischer Wandel (FZDW) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) im Schuljahr 2014/15 10.700 Schülerinnen und Schüler der fünften Jahrgangsstufe.

Ziel der Untersuchung ist es, Erkenntnisse über Ursachen von Unfällen und Verletzungen im Schulkontext zu gewinnen, damit auf dieser Grundlage Ansätze zur Unfallprävention entwickelt werden können. 

An der Studie beteiligten sich insgesamt 590 Schulklassen aus 148 Schulen in elf Bundesländern – damit ist GUS eine der größten nationalen Kindes- und Jugendstudien. Gefördert wird das Forschungsprojekt von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).

  • Jedes vierte Schulkind der Jahrgangsstufe 5 (24,3%) berichtete, sich während der letzten 12 Monate mindestens einmal verletzt zu haben und von einem Arzt oder einer Ärztin behandelt worden zu sein. 

  • Dabei ereignen sich die meisten Schulunfälle auf dem Schulhof (36,7%), im Sportunterricht (32,3%) und im Schulgebäude, wie z.B. im Klassenzimmer oder im Treppenhaus (12,4%). 


In mehr als der Hälfte aller Fälle (55,4%) zogen sich die Schulkinder nach eigenen Angaben eine Verstauchung, Prellung, Überdehnung oder Zerrung zu. Jede vierte Verletzung (26,2%) hatte Abschürfungen der Haut, Schnitte oder Stiche zur Folge.

Blickt man auf persönliche Merkmale, so verletzen sich Jungen (bis zu 25,7% der Altersgruppe) häufiger im Schulkontext als Mädchen (bis zu 22,6% der Altersgruppe). 

Auch tragen sowohl das eigene als auch das Risikoverhalten des Freundeskreises zu einer erhöhten Verletzungsgefahr bei. 

Interessant ist aber vor allem, dass sich zwischen den teilnehmenden Schulen erhebliche Unterschiede in den Verletzungsquoten zeigen: So verunfallen an einigen wenigen Schulen nur rund 10 Prozent der Fünftklässler, während sich an anderen Schulen mehr als jedes dritte Schulkind verletzt.

Dabei spielen auf Seiten der Schule sowohl deren baulicher Zustand als auch das Wohlbefinden der Kinder in der Schule bzw. in der Schulklasse eine wichtige Rolle. 

  • So gaben mehr als 30 Prozent der Schulkinder, die sich von ihren Mitschülern nicht akzeptiert fühlen, eine Schulverletzung zu Protokoll. Unter jenen, die sich besonders akzeptiert fühlen, sind es dagegen nur 23 Prozent. „Dies deutet auf einen Zusammenhang zwischen Mobbing und Verletzungsgefahr hin. Programme zur Bekämpfung von Mobbing an Schulen scheinen daher auch helfen zu können, Unfälle zu vermeiden“, so Prof. Dr. Andreas Klocke vom FZDW.

Diesen und anderen Zusammenhängen wird in den nächsten Erhebungsjahren näher auf den Grund gegangen. Die teilnehmenden Schulkinder sollen auf jährlicher Basis bis zur zehnten Jahrgangsstufe wiederbefragt werden, um Muster und Ursachen von Unfällen besser erkennen und verstehen zu können. 

Die zweite Befragungswelle ist aktuell in Vorbereitung und startet im November 2015.

Weitere Informationen zur Studie  http://fzdw.de/projekte/gus/


Das Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW):

Das Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW) an der Frankfurt University of Applied Sciences untersucht mit einem interdisziplinären Zugang die Folgen und Herausforderungen des demografischen Wandels. Hintergrund ist die niedrige Geburtenrate und die gleichzeitige Steigerung der Lebenserwartung in Deutschland. Dies hat schon in naher Zukunft eine deutliche Alterung und später auch eine Schrumpfung der Bevölkerung zur Folge. Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind vielfältig und zeigen sich zuvorderst auf der kommunalen Ebene. Das FZDW möchte anwendungsbezogen wissenschaftliche Beiträge zur Gestaltung und Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels in Hessen und in Deutschland aufzeigen.

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt

Frankfurt University of Applied Sciences
Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW)
Telefon: 069/1533-2188
E-Mail: info@fzdw.de
Sarah Blaß Frankfurt University of Applied Sciences

Nibelungenplatz 1
60318 Frankfurt am Main
Deutschland
Hessen


Nicola Veith
Telefon: 069/1533-3047
E-Mail-Adresse: veith@kom.fra-uas.de


Dr. Sven Stadtmüller
Telefon: 069 / 1533-3187
E-Mail: sven.stadtmueller@fzdw.de
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