360° TOP-Thema: Wie gesund sind Hochspannungsleitungen?

Medizin am Abend Berlin Fazit:       Wie gesund sind Hochspannungsleitungen?

Hochspannungsleitungen wirken sich auf den Hormonspiegel aus – allerdings jahreszeitlich schwankend. Ein internationales Team unter der Leitung von Prof. Dr. Hynek Burda von der Universität Duisburg-Essen (UDE) hat herausgefunden, dass Kälber, die elektromagnetischen Wechselfeldern ausgesetzt waren, im Winter weniger vom Schlafhormon Melatonin produzieren als im Sommer.
  • Melatonin entsteht nachts in der Zirbeldrüse des Gehirns. Über den Blutkreislauf gelangt es zu fast jeder Zelle des Körpers, wo es vielfältige Funktionen erfüllt. Es steuert die Tag- und Nachtrhythmik und stärkt das Immunsystem. 
Es soll auch vor Krankheiten schützen, etwa Krebs oder Alzheimer.

Studien legten einen Zusammenhang nahe zwischen der unterdrückten Melatoninproduktion und dem Auftreten von Kinderleukämie in der Nähe von Hochspannungsleitungen. Eindeutig nachweisbar war dies bislang jedoch nicht: Mal waren die Melatonin-Konzentrationen bei Tieren, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen gehalten werden, erhöht, mal erniedrigt und manchmal blieben sie auch unbeeinflusst.

Dem ging nun ein internationales Team aus tschechischen, deutschen und belgischen Wissenschaftlern genauer nach. Ihre Ergebnisse wurden gerade in Scientific Reports veröffentlicht, einem Journal der renommierten Nature Gruppe. Sie untersuchten eine zentrale Voraussetzung der „Melatonin Hypotheseanhand des Speichels junger Rinderkälber. Studienleiter Prof. Dr. Hynek Burda: „Wir haben uns deshalb für Kälber entschieden, weil Bauern bereits seit längerem darüber diskutieren, ob Hochspannungsleitungen die Gesundheit und den Ertrag ihres Milchviehs beeinflussen. Außerdem konnte unsere Arbeitsgruppe schon früher nachweisen, dass Rinder Magnetfelder wahrnehmen.“

  • Die Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass Kälbchen tatsächlich weniger Melatonin produzieren, wenn sie elektromagnetischen Magnetfeldern ausgesetzt sind. Interessanterweise aber nur im Winter, im Sommer verkehrt sich der Effekt sogar leicht ins Gegenteil. 

Burda: „Dieser saisonale Effekt des Magnetfeldeinflusses ist eine neue Erkenntnis, die die bisherigen Studien in einem neuen Licht erscheinen lässt. Er könnte auch erklären, weshalb es bislang so uneinheitliche Ergebnisse bei Wiederholungsexperimenten gab.“

  • Offensichtlich, so die Schlussfolgerung, haben magnetische Wechselfelder einen Einfluss auf die Gesundheit. 

Dieser ist jedoch deutlich komplexer als bisher angenommen. Der nun gezeigte saisonale Einfluss könnte sich als zentral für das Verständnis der Mechanismen erweisen, die der Wechselwirkung zwischen Magnetfeldern, vegetativer Physiologie und Gesundheit zugrunde liegen.

Artikel: Tereza Kolbabová, E. Pascal Malkemper, Luděk Bartoš, Jacques Vanderstraeten, Marek Turčáni, Hynek Burda (2015): Effect of exposure to extremely low frequency magnetic fields on melatonin levels in calves is seasonally dependent. Scientific Reports 5:14206.

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt

Prof. Dr. Hynek Burda
Tel. 0201/183-2453
hynek.burda@uni-due.de

Dr. E. Pascal Malkemper
Tel. 0201/183-4310
pascal.malkemper@uni-due.de

Tel. 0203/379-2430
Beate Kostka M.A. Universität Duisburg-Essen



Weitere Informationen für International Medizin am Abend Berlin Beteiligte 

http://www.nature.com/articles/srep14206

Empagliflozin: Medikament schützt auch vor Herz-Kreislauf-Tod und Übergewicht

Medizin am Abend Berlin Fazit:     Durchbruch in der Diabetes-Therapie

Der Blutzuckersenker Empagliflozin schützt Menschen mit einem Diabetes mellitus Typ 2 vor Komplikationen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, welche eine häufige Todesursache bei dieser Stoffwechselstörung sind. Zudem nehmen die Patienten ab und ihr Blutdruck sinkt. Dies zeigt jetzt eine klinische Studie, die nach Ansicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 maßgeblich verändern wird. Der Mehrfachschutz des Wirkstoffs ist bisher unerreicht und bringt den Patienten vielfach Vorteile. 
Medizin am Abend Berlin Fachhinweis - Link lautet:
 
  • In Deutschland erkranken etwa zwölf Prozent der Menschen an einem Typ 2-Diabetes, der auf einen Wirkungsverlust des Hormons Insulin zurückzuführen ist.

Zu den Folgen gehören neben Schäden an Augen, Nieren und Nerven auch eine beschleunigte Verkalkung der Blutgefäße, die Atherosklerose.

„Die Mehrzahl der Patienten mit Typ 2 Diabetes sterben frühzeitig an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall“, erläutert Professor Dr. med. Martin Hausberg, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL®. Bisher gelingt es selbst bei konsequenter Senkung des Blutzuckers bei Diabetes nicht, dies vollständig zu verhindern.

Die amerikanische Arzneimittel-Agentur FDA verlangt deshalb, alle neuen Diabetes-Medikamente im Rahmen des Zulassungsverfahrens darauf zu prüfen, dass sie hinsichtlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht schaden bzw. sicher sind. Eine dieser sogenannten Endpunkt- oder Outcome-Studien wurde jetzt auf der Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Stockholm vorgestellt:

 „Der 2014 zugelassene Wirkstoff Empagliflozin aus der neuen Wirkstoffklasse der SGLT2-Hemmer zeigt nicht nur Sicherheit, sondern senkt sogar die relative Rate an Herz-Kreislauf-Tod um 38 Prozent und auch die Gesamtsterblichkeit um 32 Prozent bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und bereits bestehender kardiovaskulärer Erkrankung“, erklärt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft aus Tübingen.

Die Schutzwirkung tritt bereits nach wenigen Monaten Therapie auf.

„Das Ausmaß der Protektion ist vergleichbar zu früheren Studien zur Cholesterinsenkung mit Statinen und zur Blutdrucksenkung mit ACE-Hemmern“, ergänzt Hausberg. Der Hypertonieexperte vermutet, dass der günstige Effekt mit dem multimodalen Wirkmechanismus von Empagliflozin zusammenhängt:

  • Blutdrucksenkung, Gewichtsreduktion, Senkung der Harnsäure, Verringerung des Bauchumfangs, auch eine gewisse entwässernde Wirkung. Davon profitierten auch Menschen mit einer Herzmuskelschwäche, einer bedrohlichen Komplikation bei Diabetes mellitus. Sie mussten zu 35 Prozent seltener im Krankenhaus behandelt werden, wenn sie Empagliflozin einnahmen.

Die DDG spricht deshalb von einem Durchbruch in der Therapie.

„Empagliflozin ist nach Metformin erst das zweite Diabetesmittel, für das eine Überlegenheit bezüglich kardiovaskulärer Endpunkte belegt werden konnte“, sagt Professor Dr. med. Jochen Seufert, Leiter der Abteilung Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Freiburg und Vorsitzender des Ausschusses Versorgungsforschung und Register der DDG.

Für Metformin wurde dies 1988 in der „UKPDS-Studie“ gezeigt. „Dies ist einer der Gründe, warum Metformin heute beim Typ 2-Diabetes das Mittel der ersten Wahl ist, mit dem die Therapie begonnen wird“, erläutert Seufert.

Der DDG-Experte weist darauf hin, dass Empagliflozin auch aus diabetologischer Sicht günstige Nebeneffekte hat: „Viele übergewichtige Patienten verlieren unter der Therapie einige Pfunde, während es unter der Behandlung mit anderen Medikamenten oder auch mit Insulin oft zur Gewichtszunahme kommt.“

Beide Fachgesellschaften messen den Ergebnissen große Bedeutung zu und gehen davon aus, dass die Studienergebnisse auch international die Leitlinien zur Behandlung des Typ 2-Diabetes beeinflussen werden.

  • Allerdings ist Empagliflozin im Gegensatz zu Metformin kein kostengünstiges Generikum. 

„Wir hoffen, dass die laufenden Preisverhandlungsverfahren im Rahmen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes zu einer Einigung zwischen dem Hersteller und den Krankenkassen führen“, sagt DDG Präsident Gallwitz. „Das Mittel ist für viele Menschen mit Diabetes, die bereits unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, ein großer Gewinn.

Es wäre unverantwortlich, wenn wir unseren Patientinnen und Patienten aufgrund gesetzlicher Vorgaben und gescheiterter Preisverhandlungen Empagliflozin vorenthalten müssten“.



Medizin am Abend Berlin DiretkKontakt

Kerstin Ullrich
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-641/552, Fax: 0711 8931-167
ullrich@medizinkommunikation.org
voormann@medizinkommunikation.org
http://www.ddg.info

Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL®
Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention
Stephanie Priester
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-605, Fax: 0711 8931-167
priester@medizinkommunikation.org
http://www.hochdruckliga.de

Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Geschäftsstelle
Reinhardtstr. 31, 10117 Berlin
Tel.: 030 3116937-0, Fax: 030 3116937-20
info@ddg.info
http://www.ddg.info  

Julia Voormann Deutsche Diabetes Gesellschaft

Weitere Informationen für internatinal Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.ddg.info
http://www.hochdruckliga.de

Adipositas und Bluthochdruck - Sprech-und Singstimme

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Erwachsenenstudie: Adipositas und Bluthochdruck auf dem Vormarsch

Im Dezember 2014 begrüßte das Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen (LIFE) der Universität Leipzig seinen 10.000. Teilnehmer bei der Erwachsenenstudie und erreichte damit das vorgesehene Ziel. Danach begann die Datenauswertung. Am Donnerstag stellte das Projektteam unter Leitung von Prof. Markus Löffler ausgewählte Ergebnisse der Öffentlichkeit vor. 
 
Das Projekt ist eines der größten der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. "Die Resonanz und Teilnahmebereitschaft der Leipziger Bevölkerung war überwältigend", meint PD Dr. Kerstin Wirkner. Sie leitet die LIFE-ADULT-Studienambulanz.

Adipositas und Körperformen

Bereits in der Zwischenauswertung 2013 berichteten die Forscher, dass Adipositas und Bluthochdruck auf dem Vormarsch sind. Insbesondere mit höherem Alter wächst der Anteil an übergewichtigen Personen. Besorgnis erregend ist jedoch, dass dieser Trend zunehmend bei den jüngeren Altersgruppen zu finden ist. Bereits acht Prozent der unter 40-jährigen Studienteilnehmer weisen einen Body-Mass-Index (BMI) von über 30 auf.
Mit der 3D-Bodyscan-Technik wurde in LIFE eine neue Methode eingesetzt, um Körperformen und Fettverteilung zu erfassen. Die Wissenschaftler konnten an dem bisher größten derartigen Datensatz die Einteilung der Körperformen wesentlich verfeinern.

 "Insgesamt haben wir 17 verschiedene Körperformen ermitteln können", erklärt Dr. Henry Löffler-Wirth, der die Daten des Bodyscanners ausgewertet hat.

"Allein für Menschen mit Präadipositas und Adipositas haben wir acht verschiedene Körperformen gefunden. Es reicht also nicht aus, die Menschen nur nach Apfel- und Birnenform zu unterscheiden". Die Forscher hoffen, mit dieser verfeinerten Einteilung Frühzeichen bestimmter Erkrankungen zu finden und Risikofaktoren für Erkrankungen besser abschätzen zu können.

Stoffwechsel und Gene

Ein wichtiges Ziel des LIFE-Forschungszentrums besteht in der Aufklärung genetischer Mechanismen, die zu Krankheiten führen können. In einem sehr aufwändigen Analysegang von Labormedizinern und genetischen Statistikern wurden sechs neue genetische Varianten entdeckt, die mit Veränderungen des Energiestoffwechsels im Zusammenhang stehen. Darüber hinaus gelang es nachzuweisen, dass die Stoffwechselveränderungen durch veränderte Aktivität der Gene ausgelöst werden. "Dies eröffnet perspektivisch Therapieansätze zur Behandlung von stoffwechselassoziierten Erkrankungen wie Übergewicht, Diabetes oder Herzerkrankungen", sagt Markus Scholz, Professor für genetische Statistik. Die Ergebnisse wurden gerade in der renommierten Fachzeitschrift PLOS Genetics publiziert.

Essverhalten

Erstmals überhaupt wurde in einem so großem Rahmen wie der LIFE-Studie das Essverhalten der Teilnehmer untersucht. Die Auswertung der Daten zeigt, dass bei sechs Prozent der Probanden das Essverhaltens stark gestört ist.

  • Dies äußert sich beispielsweise in vermehrtem Essen bei Angst, Anspannung oder in Gesellschaft. 

Über 28 Prozent der Probanden kontrollieren ihr Essverhalten bewusst. "Diese Kontrolle ist nicht unbedingt negativ zu sehen. Es handelt sich eher um das Bemühen, Übergewicht zu vermeiden", erläutert Ernährungswissenschaftlerin Antje Löffler. Als schwierig zu kontrollieren wird von vielen Studienteilnehmern das Verlangen nach Süßem betrachtet, von dem sowohl 30 Prozent der Männer als auch 47 Prozent der Frauen berichten.

Blutdruck und kardiovaskuläre Risiken

Ein bedeutendes Gesundheitsproblem stellt der Bluthochdruck dar. 56 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen in der ADULT-Studie sind betroffen. Unter den 70- bis 79-Jährigen haben mehr als 75 Prozent einen behandlungsbedürftigen Bluthochdruck. Hochgerechnet auf die Leipziger Erwachsenenbevölkerung wird die Prävalenz für Männer auf 38 Prozent und für Frauen auf 32 Prozent geschätzt. Bluthochdruck ist die häufigste Indikation für medikamentöse Behandlung in Leipzig. Hoher Blutdruck trägt wesentlich zu einem hohen Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall bei.

Schlaf


Schlafstörungen sind häufig und belasten das Wohlbefinden. Knapp 40 Prozent der LIFE-Teilnehmer beklagen eine subjektiv schlechte Schlafqualität. In fast zehn Prozent der Fälle werden Schlafprobleme berichtet, die als klinisch relevant zu bewerten sind. Frauen sind stärker betroffen als Männer. "Eine Besonderheit von LIFE ist, dass nicht nur die Zufriedenheit mit dem Schlaf erfragt wurde, sondern in einer Gruppe von 3.000 Probanden auch eine einwöchige objektive Messung des Schlaf-Wach-Verhaltens mit Hilfe von Aktometern erfolgte", berichtet Psychologe Dr. Christian Sander.

  • Männer haben im Tagesdurchschnitt eine Netto-Schlafdauer von etwa 6 Stunden 30 Minuten und Frauen von ungefähr 6 Stunden 50 Minuten bei jeweils großen individuellen Unterschieden. 

Ein wichtiger Parameter ist die Schlafeffizienz (Anteil der schlafend verbrachten Zeit an der gesamten Bettzeit). "Bei über 35 Prozent der Probanden fand sich eine geringe Schlafeffizienz von weniger als 80 Prozent, was für das Vorliegen von Schlafstörungen spricht. Bei über 12 Prozent ergab sich eine sehr hohe Schlafeffizienz von über 90 Prozent, was auf Erschöpfung und Übermüdung hinweist", erklärt Sander.

Depression - Soziale Isolation

Erwartungsgemäß fielen die Ergebnisse zur Häufigkeit depressiver Symptome aus. So deuten die Ergebnisse an, dass 6,4 Prozent aller Leipziger zwischen 18 und 79 Jahren depressive Symptome aufweisen, wobei hier Frauen mit 8,3 Prozent nahezu doppelt so häufig betroffen sind wie Männer mit 4,5 Prozent. "Auffällig war bei unseren Auswertungen, dass die Häufigkeit depressiver Symptome stark vom sozioökonomischen Status abhängt. Neu für uns ist ein enger Zusammenhang mit der sozialen Isolation, sagt Psychologe PD Dr. Tobias Luck. Dabei untersuchten die Forscher unter Leitung von Prof. Dr. Steffi Riedel-Heller, wie viel Kontakt die Probanden zu Familienmitgliedern, Freunden und Nachbarn pflegen oder ob es Vertraute gibt, die sie um Hilfe bitten können. Soziale Isolation stellt einen Risikofaktor für unser psychisches Wohlbefinden und unsere Gesundheit dar. Wie die Ergebnisse von LIFE zeigen, wiesen insgesamt 13 Prozent der Erwachsenbevölkerung ein erhöhtes Risiko für soziale Isolation auf. "Spannend war hier zu beobachten, dass sich das Verhältnis Männer - Frauen im Vergleich zur Depression umkehrt. Das heißt, dass Männer mit 14,6 Prozent häufiger von sozialer Isolation betroffen waren als Frauen mit 11,6 Prozent", erklärt Riedel-Heller. Analog zur depressiven Symptomatik zeigten allerdings auch hier Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status das höchste Risiko für eine soziale Isolation (21,1 Prozent vs. 7,8 Prozent bei Menschen mit hohem Status).

Kognitive Leistungsfähigkeit und Neurodegeneration

Bestätigt wurden frühere vorläufige Ergebnisse bezüglich der kognitiven Leistungsfähigkeit.

Diese erfasst mehrere Fähigkeiten wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und Orientierung. Diese Fähigkeiten nehmen mit zunehmenden Alter im Mittel ab, aber mit erheblichen Unterschieden zwischen den Probanden. Unter den Teilnehmern hatte jeder Zweite das Gefühl, dass sich das eigene Gedächtnis verschlechtern würde. "Nicht jeder, der sich selbst ein schlechtes Gedächtnis bescheinigt, hat allerdings auch gleich ein erhöhtes Risiko, an Demenz zu erkranken", erklärt Psychologin Dr. Francisca Then. Nur bei jedem fünften Probanden (20,3 Prozent) über 60 Jahre konnten die Wissenschaftler eine sogenannte leichte neurokognitive Störung ermitteln, die mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Demenz einhergeht.

Eine eindrucksvolle Auswertung kommt aus dem Max-Planck-Institut für Neurokognition. Mittels bildgebender Verfahren können strukturelle Veränderungen des Gehirns, wie Marklagerläsionen - Schädigungen in Bereichen unter der Hirnrinde - oder das Volumen bestimmter Hirnareale qualitativ und quantitativ bestimmt werden. Ein interessantes Areal ist zum Beispiel der Hippocampus, eine Struktur im Inneren des Gehirns, die für Lernen und Gedächtnis eine wichtige Rolle spielt. Die Auswertung der mehr als 2.600 MRT-Bilder zeigt, einhergehend mit der Literatur, dass das mittlere Volumen des Hippocampus in der LIFE-Adult-Kohorte ab einem Alter von etwa 60 Jahren kontinuierlich abnimmt, während die Marklagerläsionen zunehmen. Gleichzeitig korrelierten ein größeres Hippocampus-Volumen und ein vermindertes Marklagerläsion-Volumen mit einem besseren Abschneiden in kognitiven Aufgaben.

Stimmprofil

Im Rahmen der Studie wurde erstmals eine Untersuchung der Sprech- und Singstimme an knapp 2.500 Probanden durchgeführt. Phoniater Prof. Dr. Michael Fuchs erklärt dazu: "Wir konnten weltweit erstmals bei einer so großen Gruppe die Normwerte einer Stimme definieren. Diese Werte sind ein wichtiger Parameter für die klinische Untersuchung von Stimmstörungen". Zukünftig wird es damit sicherer zu beurteilen, wie hoch und wie tief, wie laut und wie leise ein Patient singen kann und in welchen Tonhöhen und Lautstärken er seine Stimme benutzt, wenn er im Gespräch ist, einen Vortrag hält oder ruft und ob das dem Durchschnitt der Bevölkerung entspricht oder davon abweicht.

"Ein überraschendes Ergebnis war, dass stimmgesunde Frauen ihre Sprechstimme deutlich tiefer einsetzen, als gemeinhin angenommen wird und in den Lehrbüchern zu lesen ist. Statt einer ganzen Oktave liegt die Frauenstimme nur noch etwa eine Quinte - also die Hälfte des Wertes - über der Männerstimme", erörtert Prof. Fuchs. Zum anderen erstaunte, dass sich die Grundfrequenzen der Sprechstimmen von Nichtrauchern und Ex-Rauchern nicht unterschieden, während die Stimmen der Raucherinnen und Raucher deutlich tiefer waren.

  • Das könnte ein Indiz dafür sein, dass die Stimmveränderungen durch das Rauchen reversibel sind - ein weiterer guter Grund, mit dem Rauchen aufzuhören.

Ausblick

Die vorgestellten Themen stellen nur einen kleinen Teil der aktuellen Auswertungen dar. "Diese Basisauswertung zeigt das große Forschungspotenzial der LIFE-Studie, aber sie erweist sich auch als ein Instrument, den Gesundheitszustand der Leipziger Bevölkerung tiefgreifend zu erfassen und daraus Hinweise für praktischen Handlungsbedarf zu erhalten", erläutert Prof. Dr. Markus Löffler.

Die umfassenden Ergebnisse, die Notwendigkeit die Entstehung von Zivilisationserkrankungen über lange Zeiträume zu beobachten und nicht zuletzt die sehr gute Resonanz in der Leipziger Bevölkerung haben die Forscher bestärkt, neue Gelder für eine Nachbeobachtungsuntersuchung aller 10.000 Teilnehmer ab Herbst 2016 einzuwerben. "Nur so können wir die Dynamik der Gesundheitsveränderungen einschätzen und verlässliche Vorhersagen für Risiken erlangen", so Löffler.


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt

Prof. Dr. Markus Löffler
Telefon: +49 341 97-16100
E-Mail: markus.loeffler@imise.uni-leipzig.de
Web: http://www.imise.uni-leipzig.de


Prof. Dr. Joachim Thiery
Telefon: +49 341 97-22200
E-Mail: thiery@medizin.uni-leipzig.de


PD Dr. Kerstin Wirkner
LIFE
Telefon: +49 341 97-16717
E-Mail: kerstin.wirkner@life.uni-leipzig.de
Web: http://www.uni-leipzig-life.de

Susann Huster Universität Leipzig