Flüchtlings-Erstaufnahme: Wachleute sollen medizinische Verantwortung tragen

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Panorama 3

Mitarbeiter von Wachdiensten wehren sich nach Informationen des Fernseh-Magazins "Panorama 3" vom NDR dagegen, die medizinische Verantwortung in Flüchtlingsunterkünften übernehmen zu müssen. In den schleswig-holsteinischen Erstaufnahmeeinrichtungen Neumünster und Boostedt sind von abends bis morgens sowie am Wochenende die Mitarbeiter der Sicherheitsdienste alleinige Ansprechpartner bei allen gesundheitlichen Fragen und Problemen der Bewohner. Medizinisches Fachpersonal ist in der Regel nur werktags zwischen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr vor Ort. Außerhalb dieser Zeiten müssen die Wachleute eigenverantwortlich entscheiden, ob ein Notarzt gerufen wird oder ob Hilfesuchende per Bus, Taxi oder mit dem Rettungswagen ins nächstgelegene Krankenhaus geschickt werden.

Übereinstimmend berichten Sicherheitsmitarbeiter in "Panorama 3" (Sendung: Dienstag, 8. September, 21.15 Uhr im NDR Fernsehen) außerdem, dass ihnen auch die Ausgabe von Medikamenten an die Bewohner übertragen wurde. Darunter seien in Einzelfällen auch verschreibungspflichtige Präparate wie Herzmedikamente oder Psychopharmaka gewesen.

Mehrere Mitarbeiter des Wachdienstes fühlen sich mit dieser Verantwortung überfordert. "Man ist unsicher und man hat natürlich Angst, was verkehrt zu machen, wenn man eben falsch reagiert", berichtet ein Wachmann gegenüber "Panorama 3". Nach eigenen Angaben verfügen die meisten nur über rudimentäre Kenntnisse in Erster Hilfe und sehen sich nicht in der Lage, die Schwere einer Erkrankung verantwortungsvoll abzuschätzen. Aus Kostengründen seien sie jedoch angehalten, nicht zu häufig Rettungswagen anzufordern.
Erschwerend kämen Verständigungsprobleme hinzu: "In einer Nachtschicht habe ich einem Bewohner, der an Darmparasiten erkrankt war, sein Medikament gebracht. Ich musste ihm den Beipackzettel übersetzen", berichtet ein Mitarbeiter. "Er sprach nicht gut englisch, das heißt, ich musste ihm quasi vorführen, wie das anzuwenden ist. Das ist ein Zustand, der ist einfach nicht tragbar."

Andrea Dallek vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein fordert, die medizinische Versorgung in den Flüchtlings-Erstaufnahmen rund um die Uhr sicherzustellen. "Dafür sind Wachmänner nicht zuständig, und die meisten haben es nicht gelernt", so Dallek zu "Panorama 3". "Da haben wir eine klare Überforderung der Wachleute."
Verantwortlich für die Organisation der medizinischen Betreuung ist das Landesamt für Ausländerangelegenheiten, das dem schleswig-holsteinischen Innenministerium unterstellt ist. Dessen Staatssekretärin Manuela Söller-Winkler weist den Vorwurf der Überforderung zurück. "Die Mitarbeiter des Sicherheitspersonals können natürlich keine Diagnose stellen, das erwartet auch niemand. Die Ansage ist, sich zu kümmern und das Notwendige zu veranlassen." In den Erstaufnahmestellen rund um die Uhr ärztliches Personal vorzuhalten, sei schlicht und einfach nicht möglich. Dass Sicherheitsmitarbeiter Medikamente ausgeben, sei allerdings nicht in Ordnung, so Söller-Winkler zu "Panorama 3": "Sie sind nicht qualifiziert, verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medikamente zu unterscheiden und solche ärztlich verschriebenen Medikamente auszuteilen. Das kann nicht das normale Verfahren sein."

Aus Sicht des verantwortlichen Sicherheitsunternehmens Secura Protect werde die "medizinische Betreuung sowie Medikamentenausgabe einzig und allein vom DRK und dem medizinischen Dienst sichergestellt. Unsere Mitarbeiter sind medizinisch nicht geschult und leisten nur Hilfe in Form von 'Erster Hilfe' wie jeder Bürger." Allerdings räume man "Schwierigkeiten in der Anfangsphase" ein und könne "nicht ausschließen, dass Mitarbeiter ihre Kompetenzen überschritten haben".

Nach Informationen von "Panorama 3" wird den Sicherheitsmitarbeitern von ihrem Arbeitgeber, der Secura Protect, nur der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von brutto 8,50 Euro pro Stunde gezahlt. Das geht aus Arbeitsverträgen hervor, die dem NDR vorliegen. Vorgeschrieben ist jedoch der schleswig-holsteinische Landesmindestlohn in Höhe von 9,18 Euro pro Stunde. Secura Protect teilte auf Nachfrage mit, die Firma zahle nach dem Vergabegesetz. Staatssekretärin Söller-Winkler bestätigte, dass der Landesmindestlohn verbindlich für öffentliche Auftragnehmer in Schleswig-Holstein ist und bei 9,18 Euro liegt: "Das kläre ich gerne auf, und dann ist das abzustellen."

Informationen zur Sendung auch unter www.NDR.de/panorama3

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360° TOP-Thema: Austausch der Hauptschlagader - ECMO

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Neue OP-Methode in Dresden: ECMO-Einsatz unterstützt Austausch der Hauptschlagader

Mit einer neuen Operationsmethode hat ein Ärzteteam um den Gefäßchirurgen Prof. Dr. Christian Reeps am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden ersten Patienten ein entzündetes Teilstück der Hauptschlagader, das zu platzen drohte, entfernt und gegen biologisches Ersatzmaterial ausgetauscht. Die Experten der Klinik für Viszeral , Thorax- und Gefäßchirurgie griffen während der knapp sechsstündigen Operation auf das Verfahren der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) zurück, dessen Anwendung am Uniklinikum die Spezialisten der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie ermöglichen. 

 Gefäßspezialist Prof. Dr. Christian Reeps regte die Etablierung des neuen Verfahrens am Dresdner Uniklinikum an.
Gefäßspezialist Prof. Dr. Christian Reeps regte die Etablierung des neuen Verfahrens am Dresdner Uniklinikum an.
Uniklinikum Dresden / Holger Ostermeyer
 
  • Dank des ECMO-Einsatzes, bei dem das Blut des Patienten außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert wird, gelang es den Ärzten Herz, Kreislauf und Lunge zu entlasten. 
  • Dadurch eignet sich die Behandlung insbesondere auch für ältere oder sehr kranke Patienten. 

Den Anstoß zur Etablierung der neuen OP-Methode gab der vor kurzem zum Professor berufene und erst im Mai aus München ans Dresdner Uniklinikum gewechselte Gefäßspezialist Prof. Christian Reeps.

  • Bei akuten Veränderungen der Hautschlagadern ist rasches Handeln gefragt, da eine plötzliche Blutung in vielen Fällen tödlich endet.

 „Diese Veränderungen entstehen etwa durch die Entzündung einer Gefäßstütze oder Stentprothese in der Hauptschlagader. Durch die Sepsis weicht die Blutbahn auf und droht zu platzen. Patienten in diesem Stadium kann dann oftmals nur noch ein Ersatz der Aorta helfen“, erklärt Gefäßchirurg Prof. Christian Reeps.

Während vor wenigen Jahren eine solche Erkrankung nur mit extremem Risiko behandelt werden konnten, haben sich die Chancen durch den Einsatz der maschinellen Kreislauf und Lungenunterstützung, der so genannten extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO), erheblich verbessert. Dieses Verfahren, das bisher schon in der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie bei Patienten mit akutem Lungenversagen eingesetzt wird, entlastet das Herz und unterstützt die Atmung sowie den Kreislauf des Patienten deutlich.

 „Das Blut des Patienten wird dazu vor dem Herzen entnommen, über eine Anlage außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert und zur Durchblutung der unteren Körperhälfte und Eingeweidearterien genutzt.

Nach dem Abschluss der Operation wird der Patient zunächst noch so lange künstlich beatmet, bis sich die Lungen- und Kreislauffunktion nach ein bis zwei Tagen wieder normalisiert hat“, erklärt Prof. Reeps weiter. Diese neue Methode schont durch Zuhilfenahme maschineller Herz-Lungen-Unterstützung insbesondere jene Patienten, die schon vor dem Eingriff gesundheitlich geschwächt waren.

  • Aber auch ältere Patienten vertragen dieses neue Verfahren sehr gut. 
So konnte beispielsweise der erste Dresdner Patient von Prof. Reeps, dem ein Hauptschlagaderersatz eingesetzt wurde, trotz seines hohen Alters von 80 Jahren bereits nach 14 Tagen die Klinik wieder verlassen.

Prof. Christian Reeps wechselte erst im Mai 2015 ans Dresdner Uniklinikum, nachdem er zuvor am Lehrstuhl und der Klinik für vaskuläre und endovaskuläre Chirurgie am Klinikum rechts der Isar an der TU München einen breiten Erfahrungsschatz in diesem Fachbereich erworben hatte. Diesen würdigte zuletzt die Medizinische Fakultät der TU München, als sie den Gefäßspezialisten zum außerplanmäßigen Professor ernannte.

 „Mit dem Know-How von Prof. Reeps erweitert sich das Portfolio des Bereichs für Gefäß- und Endovaskuläre Chirurgie am Uniklinikum erheblich“, stellt Prof. Dr. Jürgen Weitz, Direktor der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Uniklinikum fest. „Die neuen Operationsmöglichkeiten helfen dabei, die medizinische Maximalversorgung in Dresden und Ostsachsen weiter auszubauen und geben uns weitere Möglichkeiten an die Hand unsere Patienten optimal zu behandeln.“

Medizin am Abend Berlin DirektzKontakt

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie
Direktor: Prof. Dr. med. Jürgen Weitz
Tel.: 0351 458 27 42
E-Mail: juergen.weitz@uniklinikum-dresden.de
Holger Ostermeyer Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden


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360° TOP-Thema: Hohes Influenza-Risiko für Flüchtlinge in Notunterkünften Saison 2015/2016

Medizin am Abend Berlin Fazit:   GfV: Ende Oktober gegen Grippe impfen –




Die diesjährige saisonale Influenza steht in den Startlöchern. Die Zahl der Todesopfer infolge von Grippe wird in Deutschland auf jährlich 5000 bis 20.000 geschätzt. Besonders gefährdet, sich mit dem Influenza-Virus zu infizieren, sind Menschen in Notunterkünften, die auf engem Raum zusammen leben, warnt die Gesellschaft für Virologie (GfV). Möglichst viele Flüchtlinge sollten daher Ende Oktober eine Influenza-Impfung erhalten. 

Gleichzeitig ruft die GfV medizinisches Personal dazu auf, konsequenter auf den eigenen Impfschutz zu achten. Denn damit schützen sie nicht nur sich selbst, sondern auch ungeimpfte und immungeschwächte Patienten. 
 
Etwa 800.000 Menschen werden in diesem Jahr nach Schätzungen des Bundesinnenministeriums in Deutschland Schutz suchen. Viele Flüchtlinge leben zunächst auf engstem Raum in Erstaufnahmeeinrichtungen. Zudem sind sie meist nach langer Flucht schwach und krank. „Das sind optimale Voraussetzungen für das Influenza-Virus, sich schnell auszubreiten“, warnt Professor Dr. med. Hans-Dieter Klenk, Experte der wissenschaftlichen Fachgesellschaft für Virologie (GfV) von der Universität Marburg.

Zu den Risikogruppen zählen auch Menschen in Alters- und Pflegeheimen. Zudem sollten sich ganz allgemein Menschen ab 60 Jahren impfen lassen, sowie chronisch Kranke, wie etwa Menschen mit Diabetes oder Herzleiden, und Schwangere.

„Ärzte und Pfleger, die in Pflegeheimen, Kliniken oder Flüchtlingsunterkünften arbeiten, sollten ebenfalls unbedingt eine Schutzimpfung erhalten“, betont der GfV-Experte.

So könnten sie das Risiko für von ihnen betreute ungeimpfte und immungeschwächte Menschen reduzieren.

In 20 Prozent der Fälle nimmt die Influenza-Grippe einen schweren Verlauf mit hohem Fieber, Gliederschmerzen manchmal bis hin zu einem akuten Atemnotsyndrom.

Entscheidend für einen guten Schutz ist auch der Zeitpunkt der Impfung, sagt Professor Dr. med. Thomas Mertens, Präsident der GfV. Denn nach einer Influenza-Immunisierung bilden sich zwar Antikörper, ihre Zahl nimmt aber relativ rasch ab.

Deshalb sollte die Grippeimpfung nicht zu früh erfolgen. 

„Sinnvoll ist die Zeit zwischen Ende Oktober und Anfang November“, so Professor Mertens, Virologe am Universitätsklinikum Ulm und Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO).

Eine Impfung kann auch später gegebenfalls nachgeholt werden.

„Der Impfstoff steht seit Anfang September in ausreichender Menge zur Verfügung“, so die Experten der GfV. Jetzt müsse zeitnah geklärt werden, wie die logistische Herausforderung gemeistert werden kann, auch möglichst viele Menschen in Notunterkünften zu impfen.

Weitere Informationen für Medizin am Abend Berlin Beteiligte:

Impfstoffe mit Stammanpassung für die Saison 2015/2016

http://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoff-impfstoffe-fuer-den-menschen/influen... 

(Stand: 2.9.2015)


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt 

GfV
Kathrin Gießelmann
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-981
Fax: 0711 8931-984
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Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte:
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360° TOP-Thema: Auszubildende zeigen riskantes Gesundheitsverhalten

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Fehlzeiten-Report 2015: Mehr als jeder fünfte Auszubildende zeigt riskantes Gesundheitsverhalten

Auszubildende weisen zum Teil erhebliche Defizite bei Gesundheitszustand und Gesundheitsverhalten auf. Dies zeigt die erste repräsentative Befragung zur Gesundheit von Auszubildenden im Fehlzeiten-Report 2015 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Ein Drittel der Auszubildenden berichtet über häufig auftretende körperliche und psychische Beschwerden. 

Gesundheitsgefährdendes Verhalten wie wenig Bewegung, schlechte Ernährung, wenig Schlaf, Suchtmittelkonsum oder übermäßige Nutzung der digitalen Medien ist bei jedem fünften Auszubildenden zu beobachten.

Bei beinahe jedem zehnten Befragten treten gesundheitliche Beschwerden und gesundheitsgefährdendes Verhalten gleichzeitig auf. "Es braucht gesundheitsförderliche Maßnahmen, die auf die speziellen Bedürfnisse der Auszubildenden abgestimmt sind", sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO und Mitherausgeber. "Betriebliche Gesundheitsförderung für diese Zielgruppe stellt auch einen Wettbewerbsfaktor für die Unternehmen dar. Mittelfristig werden in vielen Branchen und Regionen gesunde Auszubildende händeringend gebraucht." Der Fehlzeiten-Report macht deutlich, wie wichtig zielgruppenspezifische Präventionsangebote sind, die auf die jeweiligen Bedürfnisse eingehen.

Ende 2014 gab es knapp 1,4 Millionen Auszubildende in Deutschland, ca. 37.000 Ausbildungsstellen blieben unbesetzt. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung haben Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten, die vorhandenen Ausbildungsstellen zu besetzen. Junge und gut ausgebildete Fachkräfte nützen dem Unternehmen nur, wenn sie gesund und leistungsfähig sind und auch bleiben. Die erste repräsentative Studie zum Gesundheitszustand der Auszubildenden in Deutschland, für die rund 1.300 Auszubildende Anfang des Jahres 2015 befragt wurden, zeigt jedoch, dass dies nicht überall gegeben ist.

Zahlreiche körperliche und psychische Gesundheitsbeschwerden 

Wie bei jüngeren Beschäftigten zu erwarten ist, schätzen vier von fünf Auszubildenden (83,6 Prozent) ihren allgemeinen Gesundheitszustand selbst als gut oder sehr gut ein. Zugleich berichten mehr als die Hälfte der Auszubildenden (56,5 Prozent) über häufige körperliche Beschwerden und 46,1 Prozent auch über psychische Beschwerden. So klagt jeder vierte Auszubildende über häufige Kopfschmerzen (25,7 Prozent), mehr als jeder fünfte leidet häufig an Rückenschmerzen (21,1 Prozent) und Verspannungen (22,1 Prozent).

Bei häufig auftretenden psychischen Beschwerden wurden vor allem Müdigkeit/Mattigkeit/Erschöpfung (36,0 Prozent), Lustlosigkeit/Ausgebranntsein (15,1 Prozent), Reizbarkeit (10,7 Prozent) und Schlafstörungen (10,0 Prozent) genannt. 

Problematisches Gesundheitsverhalten 

Da das Gesundheitsverhalten einen maßgeblichen Einfluss auf den aktuellen und auch zukünftigen Gesundheitszustand hat, ist es wichtig zu wissen, ob sich Auszubildende ausreichend bewegen, gesund ernähren oder ausreichend schlafen.

Wie bei jüngeren Menschen zu erwarten, zeigen sich hier teilweise Defizite in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Schlaf sowie im Umgang mit Suchtmitteln und digitalen Medien. Ein Viertel der Auszubildenden ist kaum sportlich aktiv (26,1 Prozent). 27 Prozent der Befragten nehmen kein regelmäßiges Frühstück zu sich, und 15,8 Prozent verzichten auf ein tägliches Mittagessen. Zu den gesundheitsproblematischen Essgewohnheiten zählt darüber hinaus ein hoher Konsum an Fast-Food und zuckerhaltigen Lebensmitteln: Mehrfach pro Woche konsumieren 17,0 Prozent Fast-Food und 57,4 Prozent Süßigkeiten. Weibliche Auszubildende essen häufiger Süßigkeiten, während Männer zu einem höheren Anteil Fast-Food-Produkte zu sich nehmen.

Problematisch erscheint, dass mehr als ein Drittel der männlichen Auszubildenden und jede vierte weibliche Auszubildende werktags mit weniger als sieben Stunden Schlaf pro Nacht die Arbeit antreten - obwohl sie in ihrer Lebensphase eigentlich mehr Schlaf benötigen.

Dies empfindet ein Teil der Auszubildenden selbst als zu wenig: Mehr als 12 Prozent fühlen sich wochentags in Arbeit und Schule "fast nie" oder "niemals" ausgeruht und leistungsfähig. Darüber hinaus raucht mehr als jeder dritte Auszubildende und fast jeder Fünfte zeigt einen riskanten Alkoholkonsum.

Nahezu jeder zehnte Auszubildende pflegt einen risikobehafteten Gesundheitsstil 

Werden Auszubildende hinsichtlich ihrer gesundheitsbezogenen Lebensweise und ihrer individuellen Gesundheitsbeschwerden in entsprechenden Gesundheitsstilgruppen kategorisiert, zeigt sich:

Mehr als die Hälfte der Auszubildenden (54,3 Prozent) lebt gesundheitsbewusst und hat kaum körperliche und psychische Gesundheitsbeschwerden. Sie bilden die größte Gruppe der Auszubildenden. 

Dagegen erreicht das Gesundheitsverhalten bei mehr als jedem fünften Auszubildenden (21,9 Prozent) einen überdurchschnittlichen Gefährdungswert. Kriterien für diesen Typ sind beispielsweise, weniger als einmal im Monat einer sportlichen Betätigung nachzugehen oder mindestens einmal die Woche übermäßigen Alkohol zu trinken. Mehr als die Hälfte dieser Auszubildenden hat trotz dieser hohen gesundheitlichen Gefährdung nur wenige Gesundheitsbeschwerden (12,6 Prozent aller Auszubildenden). Bei den Auszubildenden mit "risikobehafteten" Gesundheitsstil (9,3 Prozent) trifft ein ungesunder Lebensstil bereits mit körperlichen und psychischen Beschwerden zusammen.

Deutliche Auswirkungen auf Ausbildung und Schule 

Es zeigt sich erwartungsgemäß, dass Auszubildende mit einem gesundheitsbewussten Stil die Arbeitsbedingungen wie auch die der Belastungssituation im Betrieb insgesamt positiver wahrnehmen. So schätzen diese definierten gesunden Auszubildenden ihre Arbeitsbedingungen in nahezu allen Aspekten am positivsten ein. Die Gruppe der risikobehafteten Auszubildenden nimmt eine deutlich kritischere Bewertung vor. Von ihnen fühlen sich 14,2 Prozent nicht angemessen im Betrieb gefordert, von den gesunden Auszubildenden sagen dies nur 5,7 Prozent. Jeder Vierte (28,5 Prozent) der risikobehafteten Befragten sieht die beruflichen Entwicklungschancen pessimistisch, die gesunden Auszubildenden sind mit 12,5 Prozent optimistischer. Auch das Verhalten des Vorgesetzten bewerten sie unterschiedlich: Während ein Fünftel der risikobehafteten Auszubildenden (20,6 Prozent) bemängelt, dass sich ihr Vorgesetzter nicht ausreichend Zeit für sie nimmt, liegt der Vergleichswert bei gesunden Auszubildenden deutlich niedriger (8,6 Prozent).

Hohe Zufriedenheit mit den Ausbildungsbetrieben 

Alles in Allem stellen die Auszubildenden der Gesamtsituation in ihren Betrieben ein positives Zeugnis aus: Drei Viertel der Auszubildenden (73,7 Prozent) sind zufrieden bzw. sehr zufrieden, lediglich 6,1 Prozent sind nicht zufrieden. Aber auch hier macht sich der Einfluss der Gesundheitsstile bemerkbar: Während mehr als jeder zehnte der risikobehafteten Auszubildenden (10,9 Prozent) mit der Arbeit im Betrieb nicht zufrieden ist, sind dies bei den gesunden Auszubildenden nur 3,3 Prozent. Es ist zu vermuten, dass eine hohe Zufriedenheit mit einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss sowie einer Weiterbeschäftigung im Ausbildungsbetrieb einhergeht.

Großes Interesse an betrieblichen Gesundheitsangeboten 

Die Befragung zeigt, dass die Auszubildenden gegenüber betrieblichen Gesundheitsangeboten sehr aufgeschlossen sind. Fast drei Viertel der Auszubildenden halten Gesundheitsförderangebote des Betriebs für gut. Fast zwei Drittel von ihnen würden speziell auf Auszubildende zugeschnittene betriebliche Angebote bevorzugen. "Die Studienergebnisse zeigen auch, dass von Seiten der Auszubildenden ein hoher Bedarf an Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung besteht. Für Unternehmen, die dies erkennen, bietet sich die Chance, Fehlzeiten bei Auszubildenden frühzeitig zu begegnen. Dafür sollten sie von Beginn an zielgruppengerechte gesundheitsförderliche Angebote entwickeln", so Schröder.

Krankenstand: Psychische Erkrankungen nehmen wieder zu 

Insgesamt ist der Krankenstand bei den elf Millionen AOK-versicherten Arbeitnehmern im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr mit einem Anstieg von 0,1 Prozentpunkt fast gleich geblieben und liegt nunmehr bei 5,2 Prozent.  

Damit hat jeder Beschäftigte im Durchschnitt 18,9 Tage aufgrund einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Betrieb gefehlt. 

Bei Betrachtung der Fehlzeiten nach ursächlichen Krankheitsarten fällt auf: 

  • Psychische Erkrankungen sind im Durchschnitt wieder deutlich angestiegen. Nach einer Stagnation im Jahr 2013 legten sie entsprechend dem langjährigen Trend vor 2013 mit 9,7 Prozent wieder deutlich zu. Sie führen außerdem zu langen Ausfallzeiten. Mit 25,2 Tagen je Fall dauerten sie mehr als doppelt so lange wie der Durchschnitt mit 11,9 Tagen je Fall im Jahr 2014. 

Der Fehlzeiten-Report, der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO), der Universität Bielefeld und der Beuth Hochschule für Technik Berlin herausgegeben wird, informiert jährlich umfassend über die Krankenstandsentwicklung in der deutschen Wirtschaft und beleuchtet dabei detailliert einzelne Branchen.

Schwerpunkt in diesem Jahr sind Beschäftigtengruppen, die bisher weniger im Fokus gestanden haben.


Medizin am Abend Berlin DirektKontakt

AOK-Bundesverband:
Kai Behrens

030 / 346 46 2309

presse@bv.aok.de