Wiederkehrende Blasenentzündung: Wie Moos in einem reißenden Fluss

Medizin am Abend Berlin Fazit:   Blasenentzündung: Wenn Bakterien die Angel auswerfen

Wie gelingt es Bakterien, die Innenwand einer Harnblase zu besiedeln? Der Berliner Forscher Adam Lange hat die feinen Fortsätze von E. coli-Bakterien analysiert – dank dieser „Pili“ könnten sich die Einzeller gezielt an die menschliche Schleimhaut anheften. Mit einer Kombination moderner Bildgebungstechnologien dringen die Biophysiker am FMP (Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie) dabei bis in atomare Details vor. Motiviert wird ihre Forschung durch die wachsende Zahl von Antibiotikaresistenzen: Die Aufklärung von Schlüsselstrukturen pathogener Keime schafft Ansatzpunkte für neue Therapeutika. 

Cartoon-Darstellung der Pilus-Struktur. Gezeigt werden sechs Pilusbausteine in einer Ansicht von oben.
Cartoon-Darstellung der Pilus-Struktur. Gezeigt werden sechs Pilusbausteine in einer Ansicht von oben. Adam Lange, FMP
 
Harnwegsinfektionen sind die häufigsten bakteriellen Entzündungen in Deutschland.

Jede zweite Frau erkrankt mindestens einmal in ihrem Leben an einer Blasenentzündung, besonders quälend sind ständig wiederkehrende Infektionen.

Dabei verfügt der Körper eigentlich über eine schlichte, aber effektive Abwehrmaßnahme: Geraten Bakterien in den Harntrakt, werden die Eindringlinge mit dem Urin wieder herausgespült. In manchen Fällen aber gelingt es ihnen, an der Innenwand der Blase Halt zu finden:

So wie Moos in einem reißenden Fluss gedeihen kann, besiedeln die Einzeller dann die Schleimhäute der Harnwege – mit schmerzhaften Folgen.

Der überwiegende Teil der Harnwegsinfekte wird von Escherichia coli-Bakterien verursacht, die normalerweise im menschlichen Darm leben, und die auf ihrer Oberfläche mit Hunderten feinster Härchen, den sogenannten Pili bestückt sind.

„Man kann sich jeden einzelnen Pilus wie eine Angelleine vorstellen“, sagt Adam Lange. „Die Leine ist fest und zugleich flexibel, und an ihrem Ende sitzt ein weiterer Eiweißbaustein, der sich wie ein Angelhaken spezifisch an bestimmte Moleküle der menschlichen Schleimhaut anheftet.“ Adam Lange untersuchte mit seiner Gruppe den Pilus vom Typ 1, durch den sich Darmbakterien an der Blaseninnenwand festsetzen. Er ist aus rund 3000 identischen Eiweißbausteinen aufgebaut, die perfekt ineinander passen und sich zu einer gewundenen Helix aneinanderlagern.

Die Analyse eines solch komplexen Gebildes ist für Strukturbiologen eine besondere Herausforderung, da der Molekülkomplex weder auskristallisiert noch löslich ist. Adam Lange, der vor zwei Jahren vom Europäischen Forschungsrat (ERC) eine Förderung über 1,5 Millionen Euro für die Erforschung von Infektionsmechanismen erhalten hat, ging das Problem daher mit einer Kombination dreier verschiedener Methoden an. Durch Elektronenmikroskopie wurde der Aufbau eines Pilus grob ersichtlich; mittels Kernspinresonanz (NMR) ermittelte er die atomare Struktur der einzelnen Eiweißbausteine. Und außerdem setzte er auch die noch junge Methode der Festkörper-NMR ein, mit der sich unlösliche Proteinaggregate analysieren lassen und zu deren Pionieren Lange gehört. „Je genauer wir Krankheitserreger bis hin ins atomare Detail verstehen, desto eher wird es gelingen, neue Wirkstoffe zu finden, die gezielt Infektionsmechanismen blockieren“, sagt Lange.

Birgit Herden

Habenstein B, Loquet A, Hwang S, Giller K, Vasa SK, Becker S, Habeck M, Lange A. Hybrid Structure of the Type I Pilus of Uropathogenic E. coli (2015)
Angew Chem Int Ed Engl. doi: 10.1002/anie.201505065. [Epub ahead of print]

Das Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) gehört zum Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB), einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Instituten in Berlin. In ihnen arbeiten mehr als 1.500 Mitarbeiter. Die vielfach ausgezeichneten Einrichtungen sind Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft. Entstanden ist der Forschungsverbund 1992 in einer einzigartigen historischen Situation aus der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR.

Medizin am Abend Berlin DirektKontakt:

Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP)
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Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP)

Vier Kinderschutzambulanzen für Berlin

Vier Kinderschutzambulanzen für Berlin

Aus der Sitzung des Senats am 25. August 2015:

Das Land Berlin wird ab dem 1. Januar 2016 sein Netzwerk Kinderschutz um vier Kinderschutzambulanzen erweitern. Die Realisierung dieses Vorhabens hat der Senat heute auf Vorlage der Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Sandra Scheeres, des Senators für Gesundheit und Soziales, Mario Czaja, und des Senators für Justiz und Verbraucherschutz, Thomas Heilmann, beschlossen. Damit wird eine flächendeckende Versorgung der Stadt mit medizinisch-psychologisch-sozialpädagogisch kompetenten Anlaufstellen für die Bewertung von Kindeswohlgefährdungen hergestellt.

Senatorin Scheeres: „Wir dürfen in unseren Anstrengungen um einen bestmöglichen Kinderschutz nicht nachlassen. Im Zuge von Gefährdungseinschätzungen gibt es immer wieder auch Grenzfälle, in denen es Fachkräften schwerfällt, eine Kindeswohlgefährdung zweifelsfrei festzustellen. Je frühzeitiger wir aber Misshandlungen und Vernachlässigungen erkennen, desto besser können wir Kinder schützen. Mit den Kinderschutzambulanzen entstehen Kompetenzzentren, in denen speziell geschultes Personal künftig in Zweifelsfällen mehr Klarheit schaffen kann.“

Senator Czaja: „Mit der Etablierung von regionalen Kinderschutzambulanzen wird vor allem eine ärztliche Expertise zum medizinischen Kinderschutz zur Verfügung gestellt und dadurch das bestehende ‚Netzwerk Kinderschutz‘ in Berlin um einen wichtigen Baustein erweitert. Ich freue mich sehr, dass die Koordinierung der Arbeit durch eine Kinderkrankenschwester bzw. einen Kinderkrankenpfleger geleistet wird. Damit sind sie und alle anderen beteiligten Professionen ein unverzichtbares Bindeglied zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und dem Gesundheitssystem.“

Senator Heilmann: „Wir wollen die Kinder schützen und die Täter bestrafen. Die gerichtsfeste und zeitnahe Sicherung von Misshandlungs- und Missbrauchsspuren ist deshalb von großer Bedeutung für ein eventuelles späteres Gerichtsverfahren. Der rechtsmedizinische Dienst der Gewaltschutzambulanz, der seit über einem Jahr auf diesem Feld erfolgreiche Arbeit leistet, wird die betroffenen Kinder begutachten und diese wichtige gerichtsfeste Dokumentation sicherstellen.“

Die Kinderschutzambulanzen richten sich an Fachkräfte, die beruflich mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt stehen. Das sind z. B. niedergelassene Kinderärztinnen und -ärzte, Familienhelferinnen und -helfer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kinder- und Jugendpsychiatrien, Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten, Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diensten, Jugendämtern sowie in Kinderschutzprojekten und andere Kontaktpersonen. Als kompetente Ansprechpersonen stehen die Ärztinnen und Ärzte der Kinderschutzambulanz zur Klärung von Verdachtsfällen von Kindesmisshandlung (akute und chronische Formen von körperlicher oder seelischer Misshandlung, Vernachlässigung und/oder sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche) zur Verfügung.

Die Kinderschutzambulanzen werden an vier der insgesamt acht Kinderkliniken angesiedelt, die bereits über interdisziplinäre Kinderschutzgruppen verfügen. Hier wird jeweils eine zusätzliche, im Kinderschutz kompetente Kinderkrankenschwester eingestellt, die vor Ort die Koordination des multiprofessionellen Teams der Kinderschutzambulanz übernimmt. 

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Sprecher für Jugend und Familie, Telefon: (030) 90227-6059

Paritätische Finanzierung des Gesundheitssystems durch Beschäftigte und Unternehmen

Medizin am Abend Berlin Fazit:   neues deutschland: Kassenchef fordert Rückkehr zu paritätischer Gesundheitsfinanzierung

Für eine neue Debatte über die paritätische Finanzierung des Gesundheitssystems durch Beschäftigte und Unternehmen hat sich der Vorsitzender der Ersatzkassen, Christian Zahn, ausgesprochen.

Man müsse prüfen, "ob es richtig ist, dass der Gesetzgeber die Arbeitgeberbeiträge für die gesetzlichen Krankenkassen dauerhaft auf 7,3 Prozent festgelegt hat und alle künftigen Zusatzkosten den Versicherten alleine aufs Auge drückt. 

Ich glaube, das ist nicht erträglich und ist auch sozial nicht aushaltbar", sagte Zahn der Tageszeitung "neues deutschland"(Mittwochausgabe). "Wir müssen zu einer echten Parität zurückkehren." Wenn die Arbeitgeber nicht an den steigenden Kosten beteiligt werden, sinke ihr Interesse an der weiteren Entwicklung im Gesundheitswesen. 

Es sei im übrigen absurd, wenn der Gesetzgeber die Kassen zwinge, für Krankheitsvorsorge in den Betrieben erheblich mehr Geld auszugeben, die Unternehmen das aber nicht mitfinanzieren müssten.

Zahn hofft, dass die Parteien dieses Thema vor den Bundestagswahlen 2017 aufnehmen.

Einem Medienbericht zufolge geht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in seinem neuen Finanzplan von einer Steigerung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags bei der Gesetzlichen Krankenversicherung aus.

Die Höhe des erwarteten Anstiegs sei allerdings noch unklar. Derzeit liegt der Durchschnittsbeitrag der gesetzlichen Krankenkassen bei 15,5 Prozent.

Laut Zahn werden in den nächsten Jahren 3,8 Milliarden Euro zusätzlich gebraucht.

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neues deutschland
Redaktion

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Gesetzlichen Patientenberatung- Unabhängige Patientenberatung (UPD)

Medizin am Abend Berlin Fazit: 


http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/056/1805678.pdf 


https://www.gbe-bund.de/gbe10/abrechnung.prc_abr_test_logon?p_uid=gasta&p_aid=0&p_sprache=D&p_knoten=NE2509 


Bei der gesetzlichen Patientenberatung ist nach Darstellung der Bundesregierung die unabhängige Hilfe auch künftig garantiert. So müsse sichergestellt sein, "dass die Verbraucher- und Patientenberatung frei von jeglichen Interessenkonflikten" angeboten werde, heißt es unter Bezug auf die neue Auftragsbekanntmachung in der Antwort der Regierung (18/5678) auf eine Kleine Anfrage (18/5566) der Fraktion Die Linke.

2010 war zuletzt der Auftrag an die gemeinnützige Gesellschaft "Unabhängige Patientenberatung (UPD)" gegangen, eine Bietergemeinschaft aus Sozial- und Verbraucherverbänden, die schon seit 2006 den Service erbringt. Die UPD bietet an 21 regionalen Stationen in Deutschland kostenlose Beratungen an.

Da die aktuelle Laufzeit des Vertrages am 31. Dezember 2015 endet, ist der Auftrag neu ausgeschrieben worden. Die Förderphase wurde unlängst gesetzlich von fünf auf sieben Jahre verlängert, die Fördermittel von 5,2 auf neun Millionen Euro jährlich erhöht. 

Insgesamt geht es also nun um 63 Millionen Euro.

In der Presse war gemutmaßt worden, die Firma Sanvartis, die in Duisburg ein Callcenter betreibt, könnte den Zuschlag erhalten. Das wird von Gesundheitsexperten kritisch gesehen, da die Firma offenkundig auch Aufträge von Krankenkassen und Pharmakonzernen bekommt. Eine unabhängige Beratung von Patienten wäre so nicht gewährleistet, hieß es.
 Wer die Gelder in der neuen Förderperiode ab 2016 bekommt, ist jedoch offenbar noch nicht entschieden.

Nach Angaben der Regierung läuft das europaweite Ausschreibungsverfahren noch. Vergeben werden die Fördermittel letztlich vom GKV-Spitzenverband im Einvernehmen mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung. Dieser habe seine Zustimmung davon abhängig gemacht, "dass Neutralität und Unabhängigkeit sowie ein hohes Maß an Qualität, Regionalität und Bürgernähe gewährleistet sind".

Künftig soll die Zahl der Beratungen noch deutlich gesteigert und die Erreichbarkeit des unabhängigen Informations- und Beratungsangebots verbessert werden.

Angestrebt wird ein Mix aus nutzerorientierten, möglichst barrierefreien Beratungen per Telefon, E-Mail, Fax, Brief, online oder im persönlichen Gespräch.

Der Einfluss auf Beratungsinhalte oder -standards durch Dritte, etwa Träger oder Kooperationspartner, müsse ausgeschlossen sein. Das Angebot müsse so ausgestaltet sein, "dass eine unabhängige und neutrale Verbraucher- und Patientenberatung gewährleistet ist, die die Nutzer auch als eigenständig, unabhängig und neutral wahrnehmen können", was insbesondere die Zurückstellung eigener institutioneller Interessen der Träger bedinge, heißt es den Angaben zufolge in der Auftragsbekanntmachung weiter.

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