Sanitäts- und Rettungsdienst: Verlust großer Blutmengen - Blutstammzellen in Eile

Medizin am Abend Fazit:  Das Tempo bestimmt die Qualität

Weltweit erstmals beschreibt die Forschergruppe von Prof. Claudia Waskow an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden jetzt einen neuen Mechanismus, bei dem die Länge der G1-Phase des Zellzyklus die Fitness humaner Blutstammzellen beeinflusst. Die verkürzte G1-Phase sorgte in der Studie dafür, dass die Blutstammzellen über einen längeren Zeitraum und in größerer Anzahl kontinuierlich reife Blutzellen bildeten. Es ist vorstellbar, dass künftig die Stammzellfunktion durch eine Beschleunigung des Zellzyklustransits auch im menschlichen Körper verbessert werden kann. Die Arbeit wurde jetzt im “Journal of Experimental Medicine” veröffentlicht. 

Eine metaphorische Darstellung der Erkenntnis, dass der Zeitpunkt des G1-Phasenübergangs von zentraler Bedeutung für die weitere Bestimmung menschlicher hämatopoetischer Stammzellen ist.
Eine metaphorische Darstellung der Erkenntnis, dass der Zeitpunkt des G1-Phasenübergangs von zentraler Bedeutung für die weitere Bestimmung menschlicher hämatopoetischer Stammzellen ist. Nicole Mende / TU Dresden
 
Durch die regelmäßige Neubildung frischer Blutzellen wird sichergestellt, dass unser Immunsystem auch über einen langen Zeitraum hinweg funktionell bleibt und auf Stresssituationen wie Infektionen oder den Verlust großer Blutmengen reagieren kann.

Um dies zu bewältigen, besitzt unser Knochenmark sogenannte blutbildende oder hämatopoetische Stammzellen, welche die Fähigkeit besitzen, alle Immunzellen je nach Bedarf nachzubilden. 

Diese besondere Eigenschaft der Blutstammzellen wird auch bei klinischen Knochenmarktransplantationen genutzt, wo erkrankte Blutzellen – wie zum Beispiel Leukämiezellen – durch gesunde Zellen ersetzt werden.

Eine große Hürde für den Erfolg einer solchen Stammzelltransplantation ist jedoch nach wie vor die stark limitierte Anzahl der für den Empfänger verträglichen Spenderstammzellen. Daher ist es weiterhin von besonderer Bedeutung, die Funktion von Stammzellen im Körper besser zu verstehen, um Lösungen für dieses Problem zu finden.

Während schon vorher bekannt war, dass der Großteil hämatopoetischer Stammzellen normalerweise in einer Ruhephase verbleibt und ihre Funktionalität durch einen kontrollierten Übergang in die Zellteilung beeinflusst wird, war bisher nicht klar, ob die Länge einzelner Zellteilungsphasen das Verhalten von Blutstammzellen reguliert. Nicole Mende, die Doktorandin in der Forschergruppe von Prof. Waskow, die das Projekt maßgeblich bearbeitete, verkürzte nun mit Hilfe von Gentransfer spezifisch die Transitzeit durch die frühe G1-Phase humaner Blutstammzellen. 

Tatsächlich wurde die Erhaltung der Stammzellen nach Stressinduktion im Reagenzglas durch die G1-Phasen-Verkürzung stark verbessert. Weitaus wichtiger waren jedoch die Transplantationsexperimente in ein spezifisches Mausmodell, welche zeigten, dass sich die Funktion der behandelten Stammzellen auch im lebenden Organismus signifikant erhöht.

Interessanterweise zeigte eine ähnliche Manipulation des Zellzyklus, welche jedoch einen späteren Zeitpunkt der G1-Phase betrifft, genau gegensätzliche Effekte und einen schnellen Verlust der Stammzellenfunktion.

Diese Ergebnisse zeigen, dass eine ausgewogene Transitgeschwindigkeit durch die frühe und späte G1-Phase ein wichtiger Regulator der Blutstammzellfunktion ist, und daher wesentlich zum Erhalt der lebenslangen Blutneubildung beiträgt. 


Publikation:
Nicole Mende et al.: CCND1–CDK4–mediated cell cycle progression provides a competitive advantage for human hematopoietic stem cells in vivo; in: Journal of Experimental Medicine, Published July 6, 2015, doi: 10.1084/jem.20150308


Medizin am Abend DirektKontakt:

Technische Universität Dresden
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus
Prof. Dr. Claudia Waskow
Regeneration in der Hämatopoese
Institut für Immunologie
Tel.: +49(0)351 458 6448
E-Mail: claudia.waskow@tu-dresden.de
Internet: http://tu-dresden.de/Members/claudia.waskow
Konrad Kästner Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden


Herzinsuffizienz - Leitlinie für DMP - Disease-Management-Programm (DMP)

Medizin am Abend Fazit:  Herzinsuffizienz: IQWiG legt vorläufige Ergebnisse von Leitlinien-Recherche vor

Vorbericht identifiziert Empfehlungen für mögliches DMP / Stellungnahmen erbeten 



https://www.iqwig.de/download/V14-01_Vorbericht_Leitlinienrecherche-und-bewertung-fuer-ein-DMP-Chronische-Herzinsuffizienz.pdf 


 
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat heute, am 13. Juli 2015,  die vorläufigen Ergebnisse einer Recherche nach evidenzbasierten Leitlinien zur chronischen Herzinsuffizienz vorgelegt.

Bis zum 10. August können interessierte Personen und Institutionen Stellungnahmen zu diesem Vorbericht abgeben.

G-BA diskutiert eigenes DMP Herzinsuffizienz

Ziel des Berichts ist es, in aktuellen, methodisch hochwertigen Leitlinien diejenigen Empfehlungen zu identifizieren, die für ein Disease-Management-Programm (DMP) von Bedeutung sein könnten.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zieht in Erwägung, ein eigenes DMP für chronische Herzinsuffizienz einzurichten und beauftragte deshalb das IQWiG mit der Recherche.

Bisher gibt es lediglich ein Modul Herzinsuffizienz innerhalb des DMP für koronare Herzkrankheit (KHK).

Viele Empfehlungen zu Therapie von Begleiterkrankungen

Breiten Raum nehmen in den Leitlinien – und im Vorbericht – Diagnostik und medikamentöse Therapie ein.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Therapie von Begleiterkrankungen wie etwa KHK, Hypertonie oder Myokarditis.

Thematisiert werden aber auch 

interventionelle Maßnahmen: 
(z. B. kardiale Resynchronisationstherapie, 
implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren),
spezielle Personengruppen mit Herzinsuffizienz
(Schwangere, Kinder und Jugendliche),
die dekompensierte Herzinsuffizienz oder
die Palliativversorgung bei terminaler Herzinsuffizienz.

 
Zum Ablauf der Berichtserstellung


Den vorläufigen Berichtsplan für dieses Projekt hatte das IQWiG im Januar 2015 vorgelegt und um Stellungnahmen gebeten. Diese wurden zusammen mit einer Würdigung und dem überarbeiteten Berichtsplan im April 2015 publiziert. Stellungnahmen zu dem jetzt veröffentlichten Vorbericht werden nach Ablauf der Frist gesichtet. Sofern sie Fragen offen lassen, werden die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen.

Weitere Informationen:

https://www.iqwig.de/de/projekte-ergebnisse/projekte/versorgungsqualitat/v14-01-... - zu Vorbericht und Stellungnahme

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Mundschleimhautzellen: Art und Zeit der Nahrungsaufnahme meiner Nahrungsaufnahme

Medizin am Abend Fazit:  Zellen im Takt

Leben unterliegt natürlichen Rhythmen wie beispielsweise dem Tag- und Nachtrhythmus oder jahreszeitlichen Temperaturschwankungen. Forschende der Vetmeduni Vienna haben nun gezeigt, dass sich auch menschliche Zellmembranen je nach Tageszeit anders zusammensetzen. Diese zyklischen Veränderungen in den Zellmembranen könnten Gesundheit und Krankheit wesentlich mit beeinflussen. Die Resultate wurden im Journal of Biological Rhythms veröffentlicht. 

Menschliche Zellmembranen sind morgens anders zusammengesetzt als abends.
Menschliche Zellmembranen sind morgens anders zusammengesetzt als abends.
Foto: Susanne Schwaiger
 
Fettsäuren sind wichtige Bestandteile von Zellmembranen.

Sie leiten Signale in die Zelle weiter und steuern Stoffwechselvorgänge im gesamten Körper. Thomas Ruf und Walter Arnold vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Vienna sind diesen zyklischen Schwankungen bei menschlichen Zellen nachgegangen.

„Nahezu alle physiologischen Vorgänge bei Mensch und Tier, wie Körpertemperatur oder Herzfrequenz, unterliegen tagesperiodischen Rhythmen, viele von ihnen zeigen auch jahresperiodische Schwankungen.

Wir wollten herausfinden, ob diese Rhythmen mit Veränderungen von Zellmembranen zusammenhängen können“, erzählt der Erstautor Ruf.

Die Forscher untersuchten ein Jahr lang die Mundschleimhautzellen von 20 Testpersonen. Alle Personen sammelten an einem bestimmten Tag im Monat alle drei Stunden ihre eigenen Mundschleimhautzellen, indem sie die Mundhöhle mehrmals täglich kräftig mit Wasser spülten und diese Lösungen in speziellen Röhrchen einfroren.

Zusammensetzung der Fettsäuren verändert sich mit der Tageszeit

Die Analyse der Zellmembranen zeigte klare tageszeitabhängige Rhythmen bei elf verschiedenen Fettsäuren.

Einige Fettsäuren waren nachts in höheren Mengen vorhanden, andere eher tagsüber. „Die zellulären Veränderungen haben eines gemeinsam, sie fanden bei allen Personen immer ungefähr zur gleichen Tageszeit statt. Es ist also ein klarer Rhythmus sichtbar“, erklärt Ruf.

„Aus der Tierphysiologie wissen wir, dass Tiere die Fettsäurenkomposition in ihren Zellmembranen an Umwelterfordernisse anpassen. Die Zusammensetzung unterliegt vor allem jahreszeitlichen Schwankungen. Bei den von uns untersuchten Personen zeigten sich zwar tageszeitliche Schwankungen, jahreszeitliche Schwankungen traten eher individuell auf.“

Anders als bei Wildtieren zeigte sich bei den Testpersonen kein klarer Jahresrhythmus im Fettsäuremuster. Bei etwa der Hälfte der Testpersonen gab es zwar jahresperiodische Rhythmen, sie verliefen aber nicht synchron. Bei manchen Testpersonen gab es einen Gipfel im Frühjahr oder Sommer, bei anderen war dieselbe Fettsäure im Herbst oder Winter erhöht.

„In westlichen Ländern nimmt der Einfluss der Jahreszeiten auf den Körper tendenziell ab.

Grund dafür sind künstliches Licht, das die Tage verlängert und lange Heizperioden, die Temperaturschwankungen mildern. Jahresrhythmen existieren zwar, werden aber nicht mehr mit der Jahreszeit synchronisiert“, so Ruf.

Bestimmte Krankheiten treten jahresperiodisch auf

Die von den Wissenschaftern entdeckte Umstrukturierung der menschlichen Zellmembranen könnte von medizinischer Bedeutung sein. Es ist bekannt, dass bestimmte Fettsäuren wie beispielsweise die Omega-3-Fettsäuren vor bestimmten Erkrankungen schützen, während andere, wenn sie im Übermaß aufgenommen werden, ungünstig sein können. Die Zusammensetzung der Fettsäuren in den Membranen könnte also verschiedenste gesundheitliche Auswirkungen haben.

„Möglicherweise erklärt sich daraus auch, warum bestimmte Krankheiten und Todesfälle tageszeitabhängig auftreten. Morgens kommt es statistisch gesehen häufiger zu Herzinfarkten als abends. Auch der der Blutdruck zeigt normalerweise vormittags einen Anstieg. Derzeit wissen wir nicht genau, was die Veränderungen in der Zusammensetzung der Zellmembran hervorruft.  

Die Art und Zeit der Nahrungsaufnahme könnte dabei eventuell auch eine Rolle spielen. Diese Fragen gilt es noch zu erforschen“, betont Ruf.

Möglicherweise ist es nicht nur wichtig gesundheitsfördernde Omega-3-Fettsäuren in Fischöl oder Ölsäure in Olivenöl in ausreichenden Mengen zu sich zu nehmen, sondern auch den richtigen Zeitpunkt zu wählen.

Ob dies tatsächlich der Fall ist, wollen die Forscher in Zukunft herausfinden.

Service:
Der Artikel „Daily and Seasonal Rhythms in Human Mucosa Phospholipid Fatty Acid Composition” von Thomas Ruf und Walter Arnold wurde in der internationalen Zeitschrift Journal of Biological Rhythms veröffentlicht. doi: 10.1177/0748730415588190
http://jbr.sagepub.com/content/early/2015/06/29/0748730415588190.full.pdf+html

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen. http://www.vetmeduni.ac.at


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Dr. Thomas Ruf
Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie
Veterinärmedizinische Universität Wien
T 43 1 250 777 150
T 43 681 84243101
thomas.ruf@vetmeduni.ac.at

Dr. Susanna Kautschitsch
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
T +43 1 25077-1153
susanna.kautschitsch@vetmeduni.ac.at