Angehende Ärzte: Erlernen von Entspannungstechniken zur Stressbewältigung http://www.doeak2015.de/

Medizin am Abend Fazit:   Angehenden Ärzten drohen Depression und Burn-out

Medizin gilt als eines der Fächer, in dem die Studierenden besonders gefordert werden. Das bleibt nicht ohne Folgen: Dramatisch viele Medizinstudierende zeigen schon im Grundstudium Symptome von stressbedingten Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen. Das belegen aktuelle Studien von Wissenschaftlern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Die Forscher vermitteln aber auch Strategien, wie die Studierenden schon frühzeitig lernen können, stressbedingten Risikofaktoren vorzubeugen. 
 
„Uns ist aufgefallen, dass unsere Studierenden in Sprechstunden mit ihren Dozenten über die Jahre mehr und mehr von Stress und Prüfungsangst berichteten“, sagen die Leiter der Studie, Prof. Dr. Michael Scholz vom Institut für Anatomie der FAU und Dr. Pascal Burger von der psychiatrischen und psychotherapeutischen Spezialklinik Meissenberg im schweizerischen Zug. Deshalb haben die FAU-Forscher in ihrer Studie mehrere Jahrgänge von Medizinstudierenden vom Start an der Universität bis zum ersten Staatsexamen am Ende des vierten Semesters untersucht. Dazu haben die Studierenden Fragebögen zu verschiedenen Aspekten ihrer mentalen Befindlichkeit ausgefüllt, die anschließend wissenschaftlich ausgewertet wurden.

Das Ergebnis: Zu Beginn des Studiums entspricht der Gesundheitszustand der angehenden Mediziner dem der Normalbevölkerung.

Mit steigender Semesterzahl nehmen jedoch Depressivität, Ängstlichkeit und Burn-out-Beschwerden deutlich zu. Am Ende des zweiten Studienjahres war die Zahl der zumindest leicht depressiven Studierenden fast doppelt so hoch wie bei den Studienanfängern. Gleichzeitig waren immer weniger Studierende in der Lage, Abstand zu den Belastungen des Studiums zu gewinnen, lernten zum Beispiel Tage und Wochen am Stück ohne große Pausen, und liefen dadurch vermehrt Gefahr auszubrennen. Je ausgeprägter dieses Lernverhalten war, desto ausgeprägter waren Stresssymptome der Studierenden.

Die Schlussfolgerung der Erlanger Forscher: 

 „Wer angehenden Ärzten beibringt, die Gesundheit von Patienten zu steuern, muss ihnen auch beibringen, den eigenen Stress zu managen.“ Schließlich müssen sich Mediziner bereits von Anfang an im Studium und auch später im Beruf großen psychischen Belastungen stellen.

Wie wirkungsvoll bestimmte Stressbewältigungstechniken sind, haben die FAU-Mediziner in einer weiteren Studie untersucht. Dabei erhielten Studierende im Rahmen eines Wahlfaches Einführungen in die Anwendung von Entspannungstechniken wie zum Beispiel Autogenem Training und Progressiver Muskelentspannung. Ziel war es, den Studierenden diese Techniken so lehren, dass sie sie selbstständig und regelmäßig anwenden können.  

Die Ergebnisse waren eindeutig: Die mentale Befindlichkeit der Teilnehmer besserte sich nach Kursabschluss deutlich.

„Obwohl an unseren Studien nur Studierende der Universität Erlangen-Nürnberg teilgenommen haben, sind unsere Ergebnisse auch auf andere Universitäten übertragbar, zumal internationale und an anderen deutschen Hochschulstandorten durchgeführte Studien durchaus vergleichbare Resultate erbrachten“, erklärt Professor Scholz.

Aufgrund ihrer Ergebnisse planen die Forscher, ein Wahlfach zum Erlernen von Entspannungstechniken zur Stressbewältigung für Medizinstudierende ab dem nächsten Wintersemester regelmäßig anzubieten.


Medizin am Abend DirektKontakt 

Prof. Dr. Michael Scholz
Tel.: 09131/85-26745
michael.scholz@fau.de
Dr. Susanne Langer
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

360° TOP-Thema: Wie Cortisol furchteinflößende Erinnerungen aufrechterhält

Medizin am Abend Fazit:   Wie Cortisol furchteinflößende Erinnerungen aufrechterhält

Das Stresshormon Cortisol verstärkt Erinnerungen an furchteinflößende Erlebnisse. Es übt seinen Einfluss aber nicht nur aus, während die Erinnerung zum ersten Mal gebildet wird, sondern auch später, wenn Menschen an das Erlebnis zurückdenken und sich die Erinnerung erneut festigt. Das berichten Kognitionspsychologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) in der Zeitschrift „Neuropsychopharmacology“. Sie vermuten, dass die Ergebnisse Phänomene bei Angststörungen und Posttraumatischer Belastungsstörung erklären können.
Erinnerungen an emotionale Erlebnisse verblassen normalerweise mit der Zeit

Starke Erinnerungen an stressige Erlebnisse kommen häufig vor, verblassen in der Regel aber im Lauf der Zeit.

Menschen mit Angststörungen oder Posttraumatischer Belastungsstörung hingegen leiden unter furchteinflößenden Erinnerungen, die sie immer wieder heimsuchen. 

Es war bereits bekannt, dass das Stresshormon Cortisol die Konsolidierung von Erinnerungen beeinflusst, also den mehrstündigen Prozess, in dem eine Erinnerung direkt nach dem Erlebnis gebildet und gefestigt wird.

Cortisol wirkt während der Rekonsolidierung von emotionalen Erinnerungen

Die RUB-Forscher zeigten, dass Cortisol auch während der sogenannten Rekonsolidierung bei Menschen wirkt, also während sie Erinnerungen abrufen und dabei erneut festigen.  

Das Stresshormon kann diesen Prozess verstärken.

„Die Ergebnisse können erklären, warum bestimmte unerwünschte Erinnerungen, etwa bei Angststörungen oder Posttraumatischer Belastungsstörung bestehen bleiben“, sagt Prof. Dr. Oliver Wolf.

Erinnert sich ein Mensch an ein furchteinflößendes Erlebnis, während er einen erhöhten Stresshormonspiegel hat, festigt das die Erinnerung an das Erlebnis besonders stark.

Das Experiment

Die Probanden nahmen an drei aufeinanderfolgenden Tagen an der Studie teil, die Shira Meir Drexler, RUB-Doktorandin in der International Graduate School of Neuroscience, durchführte. Am ersten Tag lernten sie eine Assoziation zwischen bestimmten geometrischen Formen und einem unangenehmen elektrischen Schlag. Am zweiten Tag erhielten einige Probanden eine Cortisoltablette, andere ein Placebo. Anschließend wurde Ihnen eine der geometrischen Formen gezeigt, die mit dem Stromschlag zusammenhingen. Am dritten Tag testeten die Forscher, wie gut sich die Probanden an die geometrischen Formen erinnerten. Teilnehmer, die Cortisol eingenommen hatten, erinnerten sich besonders gut an die furchtassoziierte Form, welche sie am Vortrag erneut gesehen hatten. Das äußerte sich in einer erhöhten Hautleitfähigkeit, welche ein etabliertes Maß für emotionale Erregung ist.

Die DFG-Forschergruppe „Extinction Learning“ (FOR 1581) förderte die Studie.

Titelaufnahme

S.M. Drexler, C.J. Merz, T.C. Hamacher-Dang, M. Tegenthoff, O.T. Wolf (2015): Effects of cortisol on reconsolidation of reactivated fear memories, Neuropsychopharmacology, DOI: 10.1038/npp.2015.160

Medizin am Abend DirektKontakt

Prof. Dr. Oliver T. Wolf, Lehrstuhl für Kognitionspsychologie, Institut für Kognitive Neurowissenschaft, Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-22670, E-Mail: Oliver.T.Wolf@rub.de
Dr. Julia Weiler Ruhr-Universität Bochum

Miniaturpumpe regelt Augeninnendruck: Glaukom, Phthise

Medizin am Abend Fazit:   Miniaturpumpe regelt Augeninnendruck

Erhöhter oder zu geringer Augendruck beeinträchtigt unser Sehvermögen und führt im schlimmsten Fall zur Erblindung. Bislang gibt es keine langfristig wirksame Therapie. Fraunhofer-Forscher entwickeln ein implantierbares Mikrofluidsystem: Mit diesem lässt sich der Augeninnendruck wirksam und dauerhaft stabilisieren. 

Querschnitt des Auges mit Implantat.
Querschnitt des Auges mit Implantat. © Fraunhofer EMFT
 
Glaukom und Phthise sind unheilbare und tückische Augenerkrankungen. 

Während beim Glaukom das Kammerwasser im Auge nicht richtig abfließen kann und der Augeninnendruck dadurch steigt, wird bei der Phthise zu wenig Kammerwasser produziert. Das Auge schrumpft in sich zusammen – man spricht daher auch von Augapfelschwund.

In beiden Fällen heißt das für die Betroffenen schwere Sehstörungen bis hin zur Erblindung. Derzeitige Therapien können den Krankheitsverlauf zwar verlangsamen, sind allerdings nur für eine gewisse Zeit wirksam.

Beim Glaukom etwa schafft man operativ einen zusätzlichen künstlichen Abfluss in der vorderen Augenkammer. Das Problem: Bei rund einem Viertel der Patienten kommt es nach dem Eingriff zu Vernarbungen, die den Kammerwasserabfluss behindern – der Augendruck steigt wieder, die Operation muss wiederholt werden. 

Im Fall von Phthise wird dem Patienten dagegen in regelmäßigen Abständen Flüssigkeit wie etwa Hyaluronsäure ins Auge injiziert eine unangenehme Prozedur, die ein Erblinden über kurz oder lang dennoch nicht verhindern kann.

Forscher der Fraunhofer-Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien EMFT arbeiten an einem neuen Therapieansatz: Im Projekt MIKROAUG, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm KMU Innovativ gefördert wird, entwickeln sie zusammen mit mehreren mittelständischen Unternehmen ein aktives Implantat, das den Augendruck effektiv und dauerhaft regulieren soll. Die Geuder AG koordiniert das Vorhaben. »Damit ersparen wir dem Patienten nicht nur belastende Folgeoperationen, sondern können das Sehvermögen über einen längeren Zeitraum erhalten und im besten Fall ein Erblinden komplett verhindern«, sagt Christoph Jenke, Projektleiter an der EMFT.

Implantat wird auf dem Augapfel angebracht

Das Implantat besteht aus einem Mikropumpensystem, einer sensorbasierten Pumpensteuerung, einem integrierten Akku zur kontaktlosen Energieversorgung sowie einem Telemetriemodul zur Datenübertragung.

Es lässt sich direkt auf dem Augapfel aufbringen. »Das Implantat soll der Patient natürlich nicht spüren und auch die Augenbewegung darf nicht eingeschränkt werden«, so Jenke. Die Systemkomponenten mussten daher miniaturisiert werden. Mit einer Größe von nur 7x7x1 Kubikmillimeter haben die Münchner Forscher eine winzige, biokompatible Silizium-Mikromembranpumpe mit einer Förderrate von maximal 30 Mikroliter pro Sekunde entwickelt.  

Je nach Krankheitsbild kann sie das Auge benetzen oder Kammerwasser abpumpen.

Die Experten nutzen dabei die natürlichen Abflusswege im Auge, so dass es zu keinen Vernarbungen kommt. In regelmäßigen Überwachungszyklen kann der behandelnde Mediziner nach einer konventionellen Augendruckmessung ambulant die Flüssigkeitsmenge auf den gewünschten Wert einstellen. Langfristig soll das System mit einem implantierbaren Sensor kombiniert und automatisch geregelt werden. Der neue Therapieansatz ist nicht nur schonender für den Patienten, sondern bietet weitere Vorteile: So lässt sich der Augendruck wesentlich exakter einstellen als bei medikamentösen Behandlungen oder Operationen.

Bislang führt die Phthise unweigerlich zum Erblinden und meist muss das Auge darüber hinaus aus kosmetischen Gründen entfernt werden. 

»Da bei der Phthise die fehlende Augenwasserproduktion der ausschließliche Krankheitsauslöser ist, sind wir optimistisch, den Krankheitsverlauf stoppen und das Augenlicht dauerhaft erhalten zu können«, so Jenke. »Unser Implantat imitiert quasi die natürliche Kammerwasserproduktion eines gesunden Auges«.

Derzeit bauen die Partner einen Funktionsdemonstrator auf, der alle Qualitätsanforderungen bezüglich Platz, Energiemanagement, Pumpensteuerung und Mikrofluidik im Labormaßstab erfüllt. Anschließend stehen weitere Zuverlässigkeits- und Lebensdauertests an. Ein weiterer Arbeitspunkt ist die hermetisch dichte Verbindung des Mikropumpenchips am Titangehäuse des Implantats.

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Beate Koch
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77.500 Menschen nicht krankenversichert

Medizin am Abend Fazit

Ungeachtet der seit Jahren in Deutschland geltenden Krankenversicherungspflicht sind hochgerechnet noch immer rund 77.500 Menschen nicht versichert.

Durch gesetzliche Anreize konnte die Zahl der Nichtversicherten in den vergangenen Jahren allerdings schon deutlich gesenkt werden, wie Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU) am Mittwoch (gestern) im Gesundheitsausschuss berichtete.

Demnach lag die Zahl der Nichtversicherten im Jahre 2003 noch bei rund 188.000 Fällen, 2011 waren es rund 137.000. 

Seit April 2007 gilt in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine Versicherungspflicht, in der Privaten Krankenversicherung (PKV) seit Anfang 2009.

Wer der Versicherungspflicht verspätet nachkam, musste zunächst zusätzlich zu den offenen Beiträgen einen Säumniszuschlag in Höhe von fünf Prozent pro Monat zahlen. Dies führte zu einer enormen Anhäufung von Beitragsschulden.

In der Folge beschloss der Bundestag 2013 das "Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung".

Das Gesetz beinhaltete eine Stichtagsregelung, wonach Nichtversicherte, die bis Ende 2013 bei einer Krankenkasse eine Mitgliedschaft beantragten, von Säumniszuschlägen und Altbeiträgen befreit wurden. 

Wer sich erst ab 2014 versicherte, musste Säumniszuschläge in Höhe von einem Prozent entrichten.

Zudem sollten die Kassen den Neuversicherten die nachzuzahlenden Beiträge angemessen ermäßigen. 

In der PKV wurde ein Notlagentarif eingeführt.

Bis August 2014 kamen den Angaben zufolge rund 55.000 bis dahin Nichtversicherte neu in die GKV.

Hinzu kommen rund 4.500 Nichtversicherte, die bis Ende 2013 in die PKV wechselten.

Unter den bis heute nicht krankenversicherten Menschen in Deutschland sind laut Fischbach viele Ausländer.

Das gelte zum Beispiel für EU-Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien. In vielen Fällen sei hier die Vorversicherung nicht ohne weiteres zu ermitteln.

Hinzu kommen Asylbewerber und Personen ohne Asylantrag, die sich in Deutschland ausreisepflichtig aufhalten. 

Nach einer Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) im März 2015 sind die eingeschränkten Grundleistungen nun auf 15 Monate beschränkt, während es zuvor 48 Monate waren.

In den ersten 15 Monaten bekommen Flüchtlinge lediglich eine Akut- und Schmerzversorgung. Anschließend haben sie Anspruch auf eine Versorgung auf GKV-Niveau.

Das gilt auch für psychotherapeutische Behandlungen.

Eine weitere Gruppe von Nichtversicherten sind Obdachlose und sogenannte kleine Selbstständige, die offenkundig nicht in der Lage sind, ihre Beiträge zu zahlen. 

Fischbach merkte an, in einigen Fällen sei den Betroffenen womöglich nicht klar gewesen, dass es mit der befristeten Beitragsamnestie eine sehr günstige Rückkehrmöglichkeit in die Krankenversicherung gegeben habe.