Mehr Schlaganfälle mit intrakraniellen PTAS - Stents

Medizin am Abend Fazit:   Neue Studie zeigt erneut: Mehr Schlaganfälle mit intrakraniellen    Stents     

VISSIT-Studie bestätigt Nutzenbewertung des IQWiG / Fallserien zeigen keine Unterschiede zwischen akuter und nicht akuter Behandlung 
        
Das Risiko für erneute Schlaganfälle ist höher, wenn Patientinnen und Patienten nach dem Aufweiten ihrer Blutgefäße im Gehirn nicht nur gerinnungshemmende Medikamente bekommen, sondern zusätzlich Gefäßstützen (Stents) eingesetzt werden.

Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse der VISSIT-Studie bestätigen dieses Ergebnis eines Rapid Reports des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vom Oktober 2014.

Aus der aktuellen Studienlage ergibt sich also weiterhin kein Anhaltspunkt für einen Nutzen der Behandlung mit intrakraniellen Stents (kurz PTAS genannt). Zu diesem Ergebnis kommt das am 18. Juni 2015 veröffentlichte Arbeitspapier des IQWiG.

Stents auch in Akutbehandlung problematisch
Das Arbeitspapier liefert auch Antworten auf weitere Fragen zur Versorgungssituation in Deutschland:

Demnach spricht nichts dagegen, die Ergebnisse aus den bereits bewerteten randomisierten kontrollierten Studien (RCT), die keine Patientinnen und Patienten in Akutsituationen untersuchten, auf die Akutbehandlung mit intrakraniellen Stents zu übertragen.

Wenn in Deutschland Stents in Hirngefäße implantiert werden, erfolgt dies aber meist in nicht akuten Situationen.
Auch VISSIT wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen

Von den insgesamt vier RCT, die das IQWiG für den Rapid Report im Oktober 2014 analysiert hatte, war die SAMMPRIS-Studie maßgeblich für die Bewertung.

In der kürzlich veröffentlichten VISSIT-Studie wurde bei Patientinnen und Patienten mit symptomatischer intrakranieller Stenose der Einsatz von Stents plus medikamentöser Therapie mit einer rein medikamentösen Behandlung verglichen.

Anders als in der SAMMPRIS-Studie, in der sogenannte Wingspan-Stents (selbstexpandierendes Stentsystem, SES) eingesetzt wurden, erhielten die Studienteilnehmer in der VISSIT-Studie Pharos-Vitesse-Stents (ballonexpandierendes Stentsystem, BES).

Nach der Publikation der SAMMPRIS-Daten erfolgte eine ungeplante Datenauswertung in der VISSIT-Studie und daraufhin der Studienabbruch.

VISSIT-Ergebnisse bestätigen SAMMPRIS-Ergebnisse

Die Publikation der VISSIT-Ergebnisse war für das IQWiG der Anlass, in einem Arbeitspapier zu überprüfen, ob diese das Fazit des Rapid Reports vom vergangenen Jahr infrage stellen. Aus dem Vergleich von VISSIT und SAMMPRIS geht klar hervor: Die Studienergebnisse stimmen in allen wesentlichen Punkten überein und in beiden Studien zeigt sich ein Schaden durch das erhöhte Schlaganfallrisiko.
Damit wurde auch die Nutzenbewertung des IQWiG im Jahr 2014 bestätigt – und zwar unabhängig vom Stent-Typ:

Schlechtere Ergebnisse für die Stent-Behandlung zeigten sich in beiden Studien insbesondere bei periprozeduralen Schlaganfällen (alle innerhalb von 30 Tagen nach der Behandlung).

Keine der Studien konnte Vorteile einer Behandlung mit intrakraniellen Stents darstellen.

Nur wenige Fallserien zur Akutbehandlung

Weil in der SAMMPRIS-Studie Patientinnen und Patienten mit akuten neurologischen Symptomen (Akutbehandlung) ausgeschlossen waren, wurde vielfach infrage gestellt, ob die Ergebnisse überhaupt auf die Versorgungssituation in Deutschland übertragbar sind.

Denn hierzulande würden intrakranielle Stents vorrangig in Akutsituationen eingesetzt.

Auch dieser Frage ging das IQWiG in seinem Arbeitspapier nach.

Lediglich sechs kleine retrospektive Fallserien geben Auskunft über die Endpunkte Sterblichkeit (Gesamtmortalität) und Schlaganfälle (zerebrovaskuläre Morbidität) bei der Akutbehandlung (≤ 48 h nach Schlaganfall) mit einem Stent bei intrakranieller Stenose in Deutschland:

Von den insgesamt 31 Patientinnen und Patienten in den Fallserien, die meisten mit eher schlechter Prognose, verstarben 13 (42 %) und bei 11 (35 %) traten mittlere bis schwere Beeinträchtigungen auf. Bei 7 Patienten (23 %) zeigte sich ein günstiges Ergebnis.

Mangels aussagefähiger Vergleiche sind diese Daten schwer zu interpretieren. Sie liefern aber keinen Anhalt dafür, dass das intrakranielle Stenting in der Akutbehandlung ganz anders zu bewerten ist als in einer nicht akuten Behandlung.
RCT-Ergebnisse übertragbar auf Akutbehandlung

„Es spricht nichts dagegen, dass sich die Ergebnisse aus den bereits bewerteten RCT, in denen Patientinnen und Patienten in nicht akuten Situationen untersucht wurden, auf die Akutbehandlung in Deutschland übertragen lassen“, stellt Stefan Sauerland, Leiter des Ressorts Nichtmedikamentöse Verfahren beim IQWiG, fest.

„Ob intrakranielle Stents in der Akutbehandlung mehr Nutzen als Schaden mit sich bringen, lässt sich nur in vergleichenden, möglichst randomisierten Studien untersuchen. Dass solche Studien möglich sind, zeigen aktuelle Ergebnisse zum Einsatz von mechanischen Thrombektomieverfahren bei akutem Schlaganfall“, so Stefan Sauerland.

Intrakranielle Stents selten in der Akutbehandlung

Zehn Fallserien aus Deutschland betrachteten Patientinnen und Patienten mit einer Indikation zur Stentbehandlung bei intrakranieller arterieller Stenose. Dabei wurde auch der Anteil der akut behandelten Patienten untersucht, also solchen mit einem Schlaganfall in den letzten 48 Stunden. Bei 40 der insgesamt 299 Patientinnen und Patienten (rund 13 %) wurde ein Stent im Rahmen einer Akutbehandlung eingesetzt, also nur bei einem kleineren Teil der Patienten.

„Nach diesen Daten wurde die große Mehrzahl intrakranieller Stents nicht ein oder zwei Tage, sondern doch erst mehrere Tage oder Wochen nach einem Schlaganfall eingesetzt“, fasst Institutsleiter Jürgen Windeler zusammen. „Deshalb haben die Ergebnisse der SAMMPRIS- und der VISSIT-Studie eine hohe Bedeutung für die Stent-Behandlung auch in Deutschland.“

Gesetzgeber erhöht Anforderungen an Medizinprodukte

In Deutschland werden immer wieder risikoreiche Medizinprodukte verwendet, noch bevor Nutzen und Schaden der Behandlung ausreichend untersucht sind. Kenntnisse über deren Risiken wurden bis dato meist erst nachträglich gewonnen – anhand konkreter Schadensfälle bei Patientinnen und Patienten nach der Behandlung – und leider meist außerhalb der Kontrolle in einer Studie.
Um ähnliche Probleme wie mit den intrakraniellen Stents künftig zu vermeiden, hat der Deutsche Bundestag am 11. Juni 2015 eine Gesetzesänderung beschlossen:

In Zukunft müssen sich neue invasive Behandlungsverfahren, die auf einem Medizinprodukt beruhen, regelhaft einer frühen Nutzenbewertung stellen. Jürgen Windeler begrüßt diese Änderung: „Hätte es das neue Gesetz schon bei Einführung der intrakraniellen Stents gegeben, hätte sich die Verbreitung von schädlichen Behandlungen vermeiden lassen. Und wir wüssten dank guter Studien bereits heute mehr über die Stents in der Akutbehandlung.“

Zum Ablauf der Berichtserstellung
Der vorliegende Bericht wurde in Form eines Arbeitspapiers im Rahmen des Generalauftrags erstellt.

Um die wissenschaftliche Unabhängigkeit des Institutes zu stärken, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Dezember 2004 einen Generalauftrag erteilt und diesen 2006 auf Informationen zur Qualität und Effizienz des Gesundheitswesens ausgeweitet. Dieser ermöglicht es dem IQWiG, eigenständig Themen aufzugreifen und wissenschaftlich zu bearbeiten. Im Unterschied zu anderen Berichtsformen gibt es keine Fristen für die Publikation von Arbeitspapieren. Das Arbeitspapier wurde am 21. Mai 2015 an den G-BA versandt.

Das Arbeitspapier ergänzt den Auftrag des G-BA vom 28. Februar 2014 für einen Rapid Report über Stents zur Behandlung intrakranieller arterieller Stenosen. Der Rapid Report wurde am 11. September 2014 an den Auftraggeber versandt.

Einen Überblick über Hintergrund, Vorgehensweise und weitere Ergebnisse des Berichts gibt folgende Kurzfassung.


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Gestörter Kupfertransport macht das Herz krank

Medizin am Abend Fazit:  Details geklärt  

  

Göttinger Forscher entschlüsseln: Veränderungen in einem bestimmten Protein führen zur Entstehung von mitochondrialen Myopathien. Veröffentlicht in „Cell Metabolism“. 


Energiefabriken der Zelle: Das Mitochondrien-Netzwerk einer humanen Zelle wird durch die Immunfluoreszenzmikroskopie sichtbar.
Energiefabriken der Zelle: Das Mitochondrien-Netzwerk einer humanen Zelle wird durch die Immunfluoreszenzmikroskopie sichtbar. Abbildung: umg/zellbiochemie
     
Wenn in den Kraftwerken unserer Zellen die Atmungskette nicht mehr richtig funktioniert, kann dies schwerwiegende Folgen für die Gesundheit haben.

So führen Fehler in einem besonders wichtigen Proteinkomplex der Atmungskette, der Cytochrom-c-Oxidase (COX), oft schon im Säuglingsalter zu schweren Krankheiten wie degenerativen Veränderungen des Gehirns (Enzephalopathien) oder Erkrankungen der Herzmuskulatur (Kardiomyopathien).

Wie es dazu kommt, dass COX bei manchen Menschen nicht richtig arbeitet, ist noch weitgehend unbekannt. Ein Forscherteam um Prof. Dr. Peter Rehling und Dr. Markus Deckers, Institut für Zellbiochemie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften (GZMB), haben jetzt ein Protein entdeckt, das für den richtigen Zusammenbau von COX eine entscheidende Rolle spielt.

Die Ergebnisse der Forscher zeigen, dass ein wichtiges Kupfer-Ion nicht mehr in COX eingebaut werden kann, wenn das sogenannte COA6 Protein mutiert ist. Die Forschungsergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Cell Metabolism“ veröffentlicht.

Originalpublikation: Pacheu-Grau D, Bareth B, Dudek J, Juris L, Vögtle FN, Wissel M, Leary SC, Dennerlein S, Rehling P, Deckers M. (2015) Cooperation between COA6 and SCO2 in COX2 Maturation during Cytochrome c Oxidase Assembly Links Two Mito-chondrial Cardiomyopathies. Cell Metabolism 21, 823-833

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass COA6 ein wichtiger Bestandteil des mitochondrialen Kupfer-Lieferwegs ist“, sagt Prof. Rehling, Senior-Autor der Studie.

„Mutationen in COA6 und SCO2 führen zu Funktionsstörungen von COX, weil sie verhindern, dass Kupfer an COX geliefert werden kann.“

Die Erkenntnisse der Göttinger Wissenschaftler tragen dazu bei, durch mitochondriale Defekte verursachte Erkrankungen besser zu verstehen.

FORSCHUNGSERGEBNISSE IM DETAIL

Erst seit Kurzem weiß man, dass bei manchen Neugeborenen mit schweren Herzerkrankungen und defektem COX das Protein COA6 mutiert ist.

„Diese Ergebnisse brachten uns zu der Hypothese, dass COA6 am Zusammenbau von COX beteiligt ist. Wir haben daher genauer untersucht, was COA6 tut“, sagt Prof. Rehling. Erste Versuche der Göttinger Biochemiker zeigten, dass COA6 an eine COX-Untereinheit bindet. Darüber hinaus fanden die Forscher heraus, dass sich COA6 auch mit einem weiteren Protein, dem sogenannten SCO2, zusammenlagert. „Von SCO2 ist bekannt, dass es wichtig ist, um die COX-Untereinheit mit Kupfer auszustatten“, sagt Dr. Markus Deckers, ebenfalls Autor der Studie.

Kupfer-Ionen sind ein unverzichtbarer Bestandteil von COX, sie sind entscheidend am Transport der Elektronen beteiligt.
Eine Beobachtung aus der Klinik brachte die Forscher auf weitere Ideen: „Interessanterweise haben Mutationen in SCO2 die gleiche Folge wie Mutationen in COA6:

In beiden Fällen funktioniert COX nicht mehr richtig und betroffene Menschen zeigen die gleichen Krankheitsbilder“, sagt Dr. Deckers. Die Wissenschaftler vermuteten daher, dass auch COA6 daran beteiligt ist, Kupfer an COX zu liefern. Um im Detail zu verstehen, wie Mutationen in COA6 und SCO2 zu COX-Defekten führen, sahen sich die Forscher die Veränderungen in den beiden Proteinen genauer an.

WIE GENAU FÜHREN MUTATIONEN ZU DEFEKTEN IN COX?

 In Patienten mit COX-Defekt ist häufig ein ganz bestimmter Baustein in COA6 oder SCO2 verändert. Weitere Versuche ergaben, dass eine solche typische Mutation von SCO2 dazu führt, dass es nicht mehr an COA6 binden kann. „Bei COA6 hatte der veränderte Baustein noch gravierendere Folgen“, sagt Dr. David Pacheu-Grau, Erstautor der Studie und ebenfalls Mitarbeiter im Institut für Zellbiochemie der UMG.

„Mutiertes COA6 landet an einem völlig falschen Ort im Mitochondrium, wo weder SCO2 noch COX zu finden sind.“
Dass eine einzelne Mutation zu dieser Fehlplatzierung führen kann, liegt an einer Besonderheit der Mitochondrien: Sie stellen nur manche der Proteine, die sie benötigen, selbst her.

Den Großteil produziert die Zelle außerhalb der Kraftwerke. Diese Proteine müssen dann über ein ausgeklügeltes Transportsystem zu ihrem Bestimmungsort innerhalb der Mitochondrien geliefert werden.

Eine besondere Peptidsequenz in den Proteinen fungiert dabei als Adresse, die zum richtigen Ort weist. Zu den Proteinen, die außerhalb der Mitochondrien hergestellt und erst anschließend importiert werden, zählt auch COA6.

Die Mutation in COA6 führt also offenbar zu einer Adress-Änderung und das Protein landet im falschen „Briefkasten“.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen. Sie produzieren einen Großteil der Energie, die wir zum Leben benötigen.

Mitochondrien produzieren Energie vor allem in Form von Adenosintriphosphat (ATP). Um ATP in großen Mengen herstellen zu können, benötigen die Zellkraftwerke 95 Prozent des Sauerstoffs, den wir einatmen.

Am Ende der mitochondrialen Atmungskette überträgt COX Elektronen auf die Sauerstoff-Moleküle.

Dieser letzte Schritt ist notwendig, damit die Massenproduktion von ATP funktioniert.

Es ist bekannt, dass Mutationen in bestimmten Genen dazu führen können, dass COX keine Elektronen auf den Sauerstoff laden kann.

Die Folge: Den Zellen fehlt ATP und damit Energie, um ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können. Davon Betroffene erkranken schwer.

Erst- und Seniorautoren der Publikation: (v.l.) Dr. David Pacheu-Grau, Dr. Markus Deckers, Prof. Dr. Peter Rehling. Foto: umg
Erst- und Seniorautoren der Publikation: (v.l.) Dr. David Pacheu-Grau, Dr. Markus Deckers, Prof. Dr. Peter Rehling. Foto: umg


 Medizin am Abend DirektKontakt

Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Institut für Zellbiochemie
Prof. Dr. Peter Rehling, Telefon: 0551 / 39-5947
Humboldtallee 23, 37073 Göttingen
peter.rehling@medizin.uni-goettingen.de
Stefan Weller Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

Vorhofflimmern Komplikationen - rhythmuserhaltende Behandlung

Medizin am Abend Fazit:   EAST Studie: Kann frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei Vorhofflimmern Komplikationen verhindern?   

 

Heute wurde der 2.000. Patient in die EAST – AFNET 4 Studie eingeschlossen. Die europaweite klinische Studie „Early treatment of atrial fibrillation for stroke prevention trial (EAST)“, die das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) in Kooperation mit der European Heart Rhythm Association (EHRA) durchführt, untersucht zurzeit, ob Patienten mit Vorhofflimmern von einer frühen rhythmuserhaltenden Behandlung profitieren. 
        
Mehrere Millionen Menschen in Europa, ein bis zwei Prozent der Bevölkerung, leiden an Vorhofflimmern.

http://www.praxisvita.de/die-10-gesundesten-sportarten-furs-herz

Diese häufigste Herzrhythmusstörung kann zu Schlaganfällen und anderen schweren Komplikationen führen. Obwohl die Behandlungsmöglichkeiten in den vergangenen Jahren durch neue Medikamente und verbesserte nicht-medikamentösen Behandlungsverfahren wesentlich erweitert wurden, müssen Patienten mit Vorhofflimmern weiterhin häufig wegen kardiovaskulärer Komplikationen im Krankenhaus behandelt werden, erleiden schwere Schlaganfälle und haben ein erhöhtes Risiko, früher zu sterben.

Vor diesem Hintergrund führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. die EAST – AFNET 4 Studie durch. Die Durchführung der Studie wird seit dem 01.01.2015 auch vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) unterstützt.

Die Studie untersucht, ob bei Patienten mit Vorhofflimmern eine frühzeitige rhythmuserhaltende Behandlung zusätzlich zur Gerinnungshemmung im Vergleich zur üblichen Behandlung schwere Komplikationen verhindert [1, 2].

Über 100 Kliniken und Praxen in elf europäischen Ländern sind an der EAST Studie beteiligt. Seit dem Studienstart im Sommer 2011 wurden bis jetzt 2.000 der insgesamt geplanten 2.745 Patienten in die Studie eingeschlossen.

Die Studienteilnehmer werden nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Behandlungsgruppen zugeordnet:

frühe rhythmuserhaltende Therapie“

oder

 „übliche Behandlung“.

Die übliche Behandlung entspricht den in den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) empfohlenen Maßnahmen, bestehend aus:

- einer gerinnungshemmenden Therapie (Antikoagulation) zur Senkung des Schlaganfallrisikos
- einer Frequenzregulierung zum Schutz des Herzmuskels.

Das Vorhofflimmern selbst wird durch diese Maßnahmen nicht beseitigt.
In der frühen rhythmuserhaltenden Therapie werden zusätzlich zur Gerinnungshemmung und Frequenzregulierung sämtliche zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt, um das Vorhofflimmern schnell zu beenden und den normalen Sinusrhythmus wiederherzustellen und möglichst dauerhaft zu erhalten.

Bei den Patienten dieser Studiengruppe wird das Vorhofflimmern zunächst durch eine elektrische Kardioversion oder durch ein Rhythmusmedikament (Antiarrhythmikum) beendet. Falls Vorhofflimmern erneut auftritt, werden weitere Maßnahmen eingeleitet, um den Sinusrhythmus wieder herzustellen, entweder durch wirksamere Antiarrhythmika oder durch eine frühe Katheterablation oder durch eine Kombination beider Verfahren.

Bisher ist es nicht gelungen, in kontrollierten Studien zu beweisen, dass eine rhythmuserhaltende Behandlung den Krankheitsverlauf des einzelnen Patienten tatsächlich positiv beeinflusst.

Trotzdem sind viele Kardiologen davon überzeugt, dass die Patienten vom Erhalt des Sinusrhythmus profitieren könnten.

Priv.-Doz. Dr. Laurent Haegeli, Zürich, Schweiz, ein Mitglied des wissenschaftlichen Leitungsgremiums der EAST Studie, erläutert, wodurch sich EAST von früheren Studien zur rhythmuserhaltenden Behandlung unterscheidet: „In bisherigen Studien kamen rhythmuserhaltende Maßnahmen meist sehr spät zum Einsatz, das heißt bei Patienten, deren Vorhofflimmern schon lange bestand.

Wenn Rhythmusmedikamente oder Katheterablationen dagegen in einem frühen Stadium angewandt werden, solange das Vorhofflimmern noch keine irreversiblen Schäden angerichtet hat, erwarten wir einen wesentlich größeren Erfolg.

Deshalb werden in die EAST Studie ausschließlich Patienten mit neu aufgetretenem Vorhofflimmern (weniger als ein Jahr) eingeschlossen.“ [3]

EAST ist eine wissenschaftsinitiierte klinische Studie (investigator initiated trial (IIT)). Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET), das die Studie in Kooperation mit der European Heart Rhythm Association (EHRA) ins Leben gerufen hat, trägt die Gesamtverantwortung für die Studie. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei den vier Kardiologen Prof. Paulus Kirchhof, Birmingham und Münster, Prof. Günter Breithardt, Münster, Prof. Harry Crijns, Maastricht, und Prof. John Camm, London. Finanzielle Unterstützung für die Durchführung der Studie wird vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und von der Deutschen Herzstiftung sowie von den Firmen Sanofi und St. Jude Medical zur Verfügung gestellt.

„Wenn die Ergebnisse der EAST – AFNET 4 Studie unsere Hypothese, dass eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung Komplikationen verhindern kann, bestätigen, dann wird dies die Therapie von neu diagnostiziertem Vorhofflimmern entscheidend verändern“, prognostiziert der wissenschaftliche Studienleiter Prof. Kirchhof.

Für die EAST Studie werden noch weitere Zentren zur Teilnahme gesucht.

Interessierte Ärzte mit entsprechender Studienerfahrung wenden sich bitte an das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V.: info@kompetenznetz-vorhofflimmern.de 

Literatur zur EAST Studie

 [1] Kirchhof P et al. Improving outcomes in patients with atrial fibrillation: Rationale and design of the Early treatment of Atrial fibrillation for Stroke prevention Trial. Am Heart J 2013; 166:442-8. doi:10.1016/j.ahj.2013.05.015
[2] Van Gelder I et al. Rationale and current perspective for early rhythm control therapy in atrial fibrillation. Europace 2011; 13:1517-25. doi:10.1093/europace/eur192.
[3] Haegeli L et al. The EAST study: redefining the role of rhythm control therapy in atrial fibrillation: EAST, the Early treatment of Atrial fibrillation for Stroke prevention Trial. Eur Heart J 2015; 36:255-6. doi: 10.1093/eurheartj/ehu476.

Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)

 Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ist ein interdisziplinäres Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler und Ärzte aus Kliniken und Praxen deutschlandweit zusammenarbeiten. Ziel des Netzwerks ist es, die Behandlung und Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern in Deutschland und Europa durch koordinierte Forschung zu verbessern. Dazu führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. wissenschaftsinitiierte klinische Studien (investigator initiated trials = IIT) und Register auf nationaler und internationaler Ebene durch. Der Verein ist aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen. Seit Januar 2015 werden einzelne Projekte und Infrastrukturen des AFNET vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert.

Medizin am Abend DirektKontakt

Dr. rer. nat. Angelika Leute
E-Mail: a.leute@t-online.de
Tel: 0202 2623395

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte:
http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de

http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/de/east-afnet-4-studie

http://www.easttrial.org