Johanniter Unfallhilfe: 35. Deutsche Evangelische Kirchentag in Stuttgart

Medizin am Abend Fazit:  29.600 Stunden im Einsatz während des Kirchentages / Tausende Besucher nutzten Hilfeleistungen der Johanniter 


obs/Johanniter Unfall Hilfe e.V./Johanniter/ Julian Rossig



Mit der Abreise von rund 95.000 Besuchern ging heute der 35. Deutsche Evangelische Kirchentag in Stuttgart vom 3. bis 7. Juni zu Ende. Für Johanniter aus dem ganzen Bundesgebiet und benachbarten Ausland war auch dieses Mal der Großeinsatz Ehrensache: Über 1.000 ehrenamtliche Helfer der Johanniter bezogen das "Johanniterdorf" und sorgten fünf Tage lang bei hochsommerlichen Temperaturen erfolgreich im Sanitätsdienst, in den Fahr- und Begleitdiensten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und in der Kinderbetreuung für das Wohl der Gäste - 29.600 Helferstunden kamen dabei zusammen. 

Insgesamt 1.806 Fälle zählten die rund 400 Sanitäter und 14 Ärzte, in denen sie Erste Hilfe leisteten.181 Mal musste der Rettungsdienst ausrücken. "Ein Großteil der Einsätze entfiel aufgrund der hohen Temperaturen auf Kreislaufbeschwerden, aber auch leichtere Verletzungen wurden versorgt", berichtet Dr. Thorsten Lukaschewski, ärztlicher Leiter der Johanniter-Unfall-Hilfe beim Kirchentag.

In vielen Fällen hatten die Patienten nicht genug getrunken oder litten an Erschöpfung, das gesamte Einsatzaufkommen sei aber für eine Großveranstaltung eher gering gewesen und ohne ernstere Zwischenfälle verlaufen. Vielen Besuchern sei mit Sonnencreme, Wasser und Sonnencaps, die die Johanniter bereithielten, geholfen worden.

Einen besonderen Schwerpunkt bildete der Veranstaltungstag am Donnerstag, an dem 763 Hilfeleistungen und 51 Einsätze mit dem Rettungsdienst registriert wurden.

Der Johanniter-Fahrdienst beförderte 5.634 Menschen mit Mobilitätseinschränkungen auf insgesamt 1.295 Fahrten und machte auch vor dem Bordstein nicht halt: Von dort begleiteten Helfer der Johanniter-Jugend die Gäste zwischen Unterkunft und Veranstaltungen sicher ans Ziel. Besonders am Ankunfts- und am Abreisetag waren die Ehrenamtlichen verstärkt auch am Hauptbahnhof im Einsatz, um an- und abreisenden Kirchentagsbesuchern ihre Hilfe anzubieten. Insgesamt 1.150 Stunden wurden im Begleitdienst erbracht.

Erstmals bei einem Kirchentag gab es einen emmisionsfreien Fahrdienst mit Fahrradrikschas, die auch für Rollstühle geeignet sind. 

In der Kinderbetreuung spielten und tobten täglich über 100 Kinder der Kirchentagsgäste, sodass die Eltern entspannt die Veranstaltungen besuchen konnten. Im Zentrum Jugend wurde 300-mal der Handyladeservice in Anspruch genommen.

"Ich ziehe ein positives Fazit - wir sind mit dem Einsatzverlauf sehr zufrieden", resümierte Projektleiter Thomas Hanisch bei der abschließenden Stabsbesprechung. "Dank des beeindruckenden Helfer-Engagements meisterten wir auch kurzfristige Einsatzspitzen am Donnerstag. Trotz der Hitze, den besonderen strukturellen Herausforderungen in der Stadt Stuttgart und der doch knappen Helferzahlen lief alles noch besser und reibungsloser als wir erwartet hatten. Ich denke, dass wir unsere vielfältigen Dienstleistungen für den Kirchentag und seine Besucher bewährt zuverlässig und professionell erbracht haben."

Medizin am Abend DirektKontakt

Sabine Zeller Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. Landesverband Baden-Württemberg Eichwiesenring 9 70567 Stuttgart 

http://www.juh.de 

Neuartige Leukämiebehandlung: STUDIENEINLADUNG: für verträglichere Therapie bei älteren Menschen

Medizin am Abend Fazit:  Blutkrebs: Europaweite Studie untersucht verträglichere Therapie bei älteren Menschen

Neuartige Leukämiebehandlung könnte stark belastende Chemotherapie bei Risikopatienten ersetzen oder ergänzen / Studie misst auch die Lebensqualität der Patienten

Krebszellen im Detail: Myeloblasten zeichnen sich durch ihren sehr großen, rund-ovale Zellkern aus. Transparent: andere Blutzellen Krebszellen im Detail: Myeloblasten zeichnen sich durch ihren sehr großen, rund-ovale Zellkern aus. Transparent: andere Blutzellen
Universitätsklinikum Freiburg
 
Bei einer häufigen Form von Blutkrebs (akute myeloische Leukämie, AML) ist eine Chemotherapie bislang die Standardbehandlung, trotz starker Nebenwirkungen und schlechter Heilungschancen. 

Eine europaweite Studie unter Federführung des Universitätsklinikums Freiburg untersucht nun, wie stark ältere Patienten mit dieser Form von Blutkrebs von einer neuen, weniger belastenden Therapie profitieren. Untersucht werden Heilungschancen, Nebenwirkungen und Lebensqualität. Insgesamt sollen 600 Patientinnen und Patienten an 70 Standorten in zehn Ländern Europas behandelt werden (11 deutsche Zentren). Federführender Koordinator ist Prof. Dr. Michael Lübbert, Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Freiburg (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Justus Duyster).

Die Studie läuft derzeit in Deutschland an. Patienten, die an einer Studienteilnahme interessiert sind, können sich am Universitätsklinikum Freiburg melden (Kontaktdaten siehe unten). 


Die Akute Myeloische Leukämie (AML) wird meist bei Menschen über 60 Jahren diagnostiziert. Doch nur ein kleiner Teil dieser Patienten überlebt die Diagnose mehr als fünf Jahre, entweder weil die alleinige Standard-Chemotherapie nicht zur Heilung führt, oder weil sie wegen des schlechten Gesundheitszustands der Patienten gar nicht erst angewendet werden kann. Neue Forschungsansätze zur Verbesserung der Chemotherapie waren in den vergangenen Jahren zudem wenig erfolgreich, so dass die Blutstammzell-Transplantation immer noch die höchste Heilungsrate bei diesen Patienten erzielt (Leiter der Sektion Allogene Stammzelltransplantation der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Freiburg: Prof. Dr. Jürgen Finke).

Nun wird in einer europaweiten Studie untersucht, ob eine Behandlung mit dem epigenetisch aktiven Wirkstoff Decitabin erfolgreich ist. Dieser zerstört - im Gegensatz zu Medikamenten der herkömmlichen Chemotherapie - die Krebszellen nicht sofort, sondern beeinflusst primär, welche Gene in den Krebszellen abgelesen werden und verhindert so ihre krankhafte Vermehrung. „In früheren klinischen Studien haben wir bereits gesehen, dass durch Substanzen wie Decitabin die Leukämie erfolgreich zurückgedrängt werden kann, so dass danach eine Blutstammzell-Transplantation als Heilungsansatz möglich wird“, sagt Prof. Lübbert.

Neue Therapie: Normales Leben ohne Krankenhausaufenthalte?

„Für manche älteren Patienten kann eine intensive Chemo-Therapie gesundheitlich eine größere Belastung sein, als dass sie eine langfristige Hilfe im Kampf gegen den Krebs wäre“, erklärt Prof. Lübbert die Notwendigkeit einer weniger aggressiven Therapieform.

Der epigenetisch aktive Wirkstoff Decitabin ist gerade für ältere Menschen wesentlich besser verträglich als die klassische Chemotherapie. „Unter der besser verträglichen Epi-Therapie können die Patienten oft ihr ganz normales Leben führen, ohne stationäre Krankenhausaufenthalte. Das ist für uns neben der Heilung ein ganz wichtiges Ziel“, so Prof. Lübbert.

In der nun anlaufenden klinischen Studie werden die Patienten zu Beginn entweder zehn Tage lang mit Decitabin oder mit der Standard-Chemotherapie behandelt.

Im Anschluss soll eine Stammzelltransplantation durchgeführt werden. Sollte dies nicht möglich sein, erhalten die Patienten entweder weiterhin Decitabin oder drei weitere Chemotherapie-Kurse. „Wir sind zuversichtlich, mit dieser Studie eine Therapie-Sequenz etablieren zu können, die der klassischen intensiven Chemotherapie bei älteren AML-Patienten gleichwertig oder vielleicht sogar überlegen ist“, sagt Prof. Lübbert.


Ausstrich einer Knochenmarksprobe; Bei AML vermehren sich Myeloblasten, dunkel eingefärbt) übermäßig und verdrängt andere Blutzell-Typen. Die neue Therapie unterbricht diese Zell-Vermehrung.
 Ausstrich einer Knochenmarksprobe; Bei AML vermehren sich Myeloblasten, dunkel eingefärbt) übermäßig und verdrängt andere Blutzell-Typen. Die neue Therapie unterbricht diese Zell-Vermehrung. Universitätsklinikum Freiburg


Die Studie EORTC 1301 (EudraCT-Nummer 2014-001486-27) wird von der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC, Brüssel) in Zusammenarbeit mit mehreren anderen europäischen Studiengruppen organisiert und voraussichtlich bis Mitte 2019 laufen. Die wissenschaftliche Projektleitung haben Forscher der Universitäten Freiburg, Nijmegen, Den Haag und Rom inne.

Die EORTC (Brüssel, Belgien) vereint ein Netzwerk von mehr als 2.500 klinischen Onkologie-Experten der unterschiedlichsten Fachrichtungen aus über 30 europäischen Ländern in internationalen Kollaborationen. Die Organisation ermöglicht eine integrative Entwicklung und Beforschung von Wirkstoffen im Rahmen großer klinischer Studien.

Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Dr. med. Michael Lübbert
Klinik für Innere Medizin I: Hämatologie, Onkologie und Stammzell-Transplantation
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-35340
michael.luebbert@uniklinik-freiburg.de
Benjamin Waschow Universitätsklinikum Freiburg

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte:
http://www.uniklinik-freiburg.de/medizin1/forschung/experimentelle-forschung/can... Arbeitsgruppe Prof. Lübbert

http://www.eortc.org/ European Organisation for Research and Treatment of Cancer

Leukämie - Therapie für chronischer myeloischer Leukämie (CML): Interferon + Imatinib


Medizin am Abend Fazit:  Kombinationstherapie kann Leukämie heilen

Ein neuer Behandlungsansatz bei chronischer myeloischer Leukämie (CML)
erlaubt vielen Betroffenen, ihre Medikamente dauerhaft abzusetzen. Das
berichten Krebsforscher um Professor Dr. Andreas Burchert von der
Philipps-Universität Marburg sowie Professor Dr. Andreas Hochhaus vom
Universitätsklinikum Jena. Das Team veröffentlicht seine Ergebnisse in der
Juni-Ausgabe der Fachzeitschrift „Leukemia“.

„Leukämie betrifft in Deutschland eine zunehmende Zahl von Menschen“,
erklärt Mitverfasser Professor Dr. Andreas Neubauer, der den Schwerpunkt
Hämatologie, Onkologie und Immunologie an der Philipps-Universität Marburg
leitet. 

Leukämie (Blutkrebs) ist eine Störung der Blutbildung, bei der
sich weiße Blutkörperchen unkontrolliert vermehren. Die Krankheit verläuft
tödlich, wenn sie nicht behandelt wird.

Das Arzneimittel Imatinib ist das Standardpräparat gegen chronische
myeloische Leukämie.

Es hemmt die Aktivität des krebsauslösenden Gens BCR- ABL, woraufhin die Krebszellen ein Zelltodprogramm anschalten, so dass sie absterben. Das bewirkt eine deutliche Verbesserung der Therapieergebnisse bei dieser Unterform der Leukämie.

„Die Gefahr bei Imatinib besteht allerdings darin, dass trotz der Behandlung immer einige Leukämiezellen übrig bleiben, weil sie gegen das Medikament resistent sind oder im Verlauf der Behandlung eine Resistenz entwickeln“, führt der Marburger Onkologe Andreas Burchert aus, Erstautor der Publikation.

Um das zu vermeiden, erprobten die Forscher in der aktuellen Studie eine
neue Therapie, bei der sie neben Imatinib auch das körpereigene Hormon
Interferon einsetzten. „Interferon aktiviert das Immunsystem und
kontrolliert dadurch Leukämiezellen, die gegen Imatinib resistent sind“,
erläutert der Jenaer Studienkoordinator Andreas Hochhaus.

Das Team behandelte 20 Patientinnen und Patienten mit Imatinib in
Kombination mit Interferon. Burchert und Hochhaus beobachteten, dass
viele Patienten krankheitsfrei blieben, obwohl sie Imatinib absetzen
mussten und weiter ausschließlich Interferon erhielten. Selbst nach bis zu
zwölf Jahren seit Diagnosestellung blieben mehr als 70 Prozent der
Patienten rückfallfrei. Fast die Hälfte der Patienten konnte später auch
Interferon absetzen und lebt ohne jede Therapie seit bis zu fünf Jahren
rückfall- und beschwerdefrei.

Die Autoren schlussfolgern, dass eine Kombinationstherapie von Imatinib
und Interferon es den meisten Patienten ermöglichen könnte, komplett
therapiefrei zu werden.

Die Frage, ob dieses neuartige Behandlungskonzept die Zahl derjenigen Patienten erhöhen kann, die dauerhaft ohne Medikamente auskommen, steht derzeit im Fokus der deutschlandweiten klinischen Studie „TIGER“, die durch das Uniklinikum Jena koordiniert wird und in über 100 Behandlungszentren deutschlandweit stattfindet, unter anderem in Marburg und Mannheim.

Die aktuelle Veröffentlichung geht aus einer Klinischen Forschergruppe der
Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Philipps-Universität hervor, die
sich mit Resistenzen gegenüber Krebsmedikamenten befasst (KFO 210). Die
zugrundeliegende wissenschaftliche Arbeit wurde außerdem durch die
„Deutsche José-Carreras Leukämiestiftung“ und das Universitätsklinikum
Gießen und Marburg (UKGM) finanziell gefördert sowie durch das
pharmazeutische Unternehmen Roche unterstützt.

Originalveröffentlichung: Andreas Burchert & al.: Interferon alpha 2
maintenance therapy may enable high rates of treatment discontinuation in
chronic myeloid leukemia, Leukemia 2015, doi: 10.1038/leu.2015.45


Medizin am Abend DirektKontakt 

Professor Dr. Andreas Burchert,
Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Immunologie der
Philipps-Universität Marburg
Tel.: 06421 58-65112
E-Mail: burchert@staff.uni-marburg.de

Professor Dr. Andreas Hochhaus,
Abteilung für Hämatologie und Internistische Onkologie,
Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641 9324206
E-Mail: Andreas.Hochhaus@med.uni-jena.de
Philipps-Universität Marburg, Johannes Scholten