Insulin degludec: Bei Kindern und Jugendlichen / Typ-1 Diabetes / Typ-2 Diabetes

Medizin am Abend Fazit:  Insulin degludec: Kein Anhaltspunkt für Zusatznutzen bei Kindern und Jugendlichen

Mehr schwere Nebenwirkungen bei Mädchen mit Typ-1-Diabetes / Keine Daten für Typ-2-Diabetes 

https://www.iqwig.de/download/A15-10_Insulin-degludec-neues-Anwendungsgebiet_Kurzfassung_Nutzenbewertung-35a-SGB-V.pdf
 
Insulin degludec (Handelsname Tresiba) ist seit Januar 2015 für Jugendliche und Kinder ab einem Jahr mit Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2 zugelassen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun in einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft, ob dieser neue Wirkstoff alleine oder in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet.

Für Jugendliche und Kinder mit Diabetes mellitus Typ 1 lässt sich aus dem Dossier kein Zusatznutzen für Insulin degludec ableiten. Allerdings zeigt sich bei Mädchen ein Anhaltspunkt für einen größeren Schaden in Bezug auf schwerwiegende unerwünschte Ereignisse. Weil der Hersteller keine Daten für Jugendliche und Kinder mit Typ-2-Diabetes vorgelegt hat, ist hier keine Aussage zu einem größeren oder geringeren Nutzen möglich.

Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 sind verschiedene Krankheitsbilder

Anders als in seinem Dossier zur Nutzenbewertung von Insulin degludec bei Erwachsenen im Sommer 2014 unterscheidet der Hersteller bei der Auswertung von Studiendaten in seinem aktuellen Dossier nicht zwischen Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes. Als Gründe dafür nennt er, dass in der Fachinformation das Anwendungsgebiet nicht differenziert und grundsätzlich eine intensivierte Insulintherapie für Jugendliche und Kinder empfohlen werde.

Bei der Dossierbewertung unterscheidet das IQWiG dagegen zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, weil es sich um zwei verschiedene Krankheitsbilder handelt: Bei Typ-1-Diabetes liegt ein absoluter Insulinmangel vor, sodass die Insulinsubstitution überlebensnotwendig ist.

Bei Typ-2-Diabetes liegt ein relativer Insulinmangel vor, der auch durch andere Maßnahmen oder Arzneimittel (teil-)kompensiert werden kann. Darauf beruhen die unterschiedlichen Therapieempfehlungen für die beiden Krankheitsbilder in der Fachinformation, von denen Kinder und Jugendliche nicht ausgenommen sind.

Keine Vorteile für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes

Die einzige Studie, die der Hersteller in seinem Dossier darlegt, untersucht Kinder und Jugendliche mit Diabetes Typ 1. Die Ergebnisse zeigen in Bezug auf Sterblichkeit, Symptome und Beschwerden sowie die meisten Nebenwirkungen (Abbrüche wegen Nebenwirkungen, schwere und symptomatische Hypoglykämien, Ketoazidosen) keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde nicht untersucht. Deshalb ließ sich für diese Endpunkte kein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen von Insulin degludec ableiten.

Mehr Nebenwirkungen bei Mädchen mit Typ-1-Diabetes

Für Jungen zeigten sich weder positive noch negative Effekte. 

Doch bei Mädchen mit Diabetes mellitus Typ 1, die mit Insulin degludec behandelt wurden, traten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse häufiger auf als in der Vergleichsgruppe: Bei etwa 15 von 100 Mädchen, die Insulin degludec erhielten, traten innerhalb von 52 Wochen schwere Nebenwirkungen auf. Bei den Mädchen, die die Standardtherapie erhielten, war das bei etwa 3 von 100 der Fall. Daraus ergibt sich für Insulin degludec gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie bei der Behandlung von Mädchen ein Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen.

Daten für Diabetes mellitus Typ 2 fehlen

Für Jugendliche und Kinder ab einem Jahr mit Diabetes mellitus Typ 2 legt der Hersteller in seinem Dossier keine Daten vor. Deshalb lässt sich kein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen von Insulin degludec im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie ableiten.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Diese Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G-BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.

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KKH und KV Berlin starten in Berlin Hilfsangebot bei Hausärzten

Medizin am Abend Fazit:  Alkohol: Jeder Zehnte hat Probleme

 

Auch wenn das eine oder andere Glas Bier oder Wein heute oft dazugehört: Ist die regelmäßig konsumierte Menge zu groß, bedroht Alkohol die Gesundheit. Über sieben Millionen Menschen haben laut einer Studie Alkoholprobleme, fast zwei Millionen sind alkoholabhängig.

 

Vielen Menschen ist die Grenze zum problematischen Alkoholkonsum gar nicht klar. Männer, die mehr als 0,6 Liter Bier oder 0,3 Liter Wein täglich trinken, leben riskant; für Frauen gilt die Hälfte dieser Werte, denn Frauen können den Alkohol schlechter abbauen. Vor diesem Hintergrund hat die KKH jetzt gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin ein spezielles Versorgungsangebot in der Bundeshauptstadt gestartet.

 

Hierbei soll der behandelnde Hausarzt Patienten mit entsprechenden Anzeichen oder auffälligen Laborwerten dafür gewinnen, mit seiner Unterstützung den Alkoholkonsum zu reduzieren. Falls der Patient interessiert ist, folgen mehrere Beratungsgespräche sowie gegebenenfalls weitere Hilfestellungen. Ein entsprechender  Vertrag zwischen der KKH und der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin gilt seit dem 1. April dieses Jahres. 

Die Teilnahme ist für KKH-Versicherte kostenlos.

 

Wer sein eigenes Trinkverhalten einmal analysieren will, kann dazu unter www.kkh.de/alkohol einen Test machen. Dort finden Interessierte auch einen Zugang zum  kostenfreien sechswöchigen Onlinekurs der Leuphana-Universität Lüneburg. 

 

Das Training hilft bei der Reduktion des Alkoholkonsums.

 


Die KKH ist eine der größten bundesweiten gesetzlichen Krankenkassen mit 1,8 Millionen Versicherten. Sie gilt als Vorreiter für innovative Behandlungsmodelle in der gesetzlichen Krankenversicherung. Rund 4.000 Mitarbeiter bieten einen exzellenten Service, entwickeln zukunftsweisende Gesundheitsprogramme und unterstützen die Versicherten bei der Entwicklung gesundheitsfördernder Lebensstile. Das jährliche Haushaltsvolumen beträgt rund 5,3 Milliarden Euro. Hauptsitz der KKH ist Hannover.

 

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin ist die Dachorganisation der mehr als 9.000 ambulant tätigen Ärzte und Psychotherapeuten in Berlin. Sie sorgt unter anderem dafür, dass die ambulante medizinische Versorgung von gesetzlich krankenversicherten Patienten auf hohem Qualitätsniveau stattfindet und dass diese den Arzt ihrer Wahl aufsuchen können, egal in welcher Krankenkasse sie versichert sind.

 

 

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Kaufmännische Krankenkasse – KKH

Simon Kopelke, Telefon: 0511 / 2802-1620, E-Mail: simon.kopelke@kkh.de

 

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Eine kranke Leber schmerzt nicht - Tag der Organspende 6. Juni 2015 (Sonntag)

Medizin am Abend Fazit:   Leberleiden oft unbemerkt

Früherkennung kann Transplantation vermeiden

Tausende Menschen warten in Deutschland jedes Jahr darauf, durch eine Organspende ein neues Leben geschenkt zu bekommen. 2014 hofften rund 1.300 Menschen in Deutschland auf eine neue Leber. Die Deutsche Leberstiftung empfiehlt, die Gesundheit des Organs kontrollieren zu lassen, um Erkrankungen frühzeitig erkennen und irreparable Schäden vermeiden zu können. Am 6. Juni 2015 ist der „Tag der Organspende“ unter dem Motto „Richtig. Wichtig. Lebenswichtig.“ 

 
Über 3.000 Menschen in Deutschland wurde im letzten Jahr durch Organspenden die Chance auf ein neues Leben geschenkt. Davon wurden über 770 Lebern transplantiert, weil die eigene durch Vergiftung, Infektion, Autoimmunerkrankung oder Stoffwechselstörung dauerhaft geschädigt war.

 „Im Idealfall wird eine Lebertransplantation gar nicht erst nötig für einen Patienten“ sagt Prof. Dr. Michael Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung, „viele Erkrankungen können behandelt und so eine Lebertransplantation vermieden werden.“ Regelmäßige Kontrollen der Leberwerte beim Hausarzt ließen Erkrankungen frühzeitig erkennen und damit behandeln.

Die Zahl der Organtransplantationen ist, wie in den Vorjahren, rückläufig: 

Während die Zahl der benötigten Organe steigt, sinkt die Anzahl der zur Verfügung stehenden Spenderorgane. Die Stiftung Eurotransplant teilt Spenderorgane Patienten in acht europäischen Ländern zu. Ihren Erhebungen zufolge ist die Leber derzeit auf Platz drei der am häufigsten für Organspenden benötigten Organe in Deutschland, nach Herz und Nieren.

Egbert Trowe, Vorsitzender der Lebertransplantierten Deutschlands e. V., hat ein Spenderorgan: „Ich habe meine Leber vor zwölf Jahren erhalten, als ich dringend ein neues Organ brauchte. Meine Leber war durch eine unerkannte Virushepatitis geschädigt und arbeitete nicht mehr. Ich bin meinem Spender bis heute sehr dankbar, denn ohne eine neue Leber hätte ich nicht überlebt.“


Seit knapp drei Jahren gilt für die Organspende die sogenannte Entscheidungslösung.

Sie sieht vor, dass jeder Mensch sich mit dem Thema Organspende auseinandersetzen und eine selbstbestimmte Entscheidung treffen sollte. Diese kann in einem Organspendeausweis dokumentiert werden.

Die Leber leidet stumm

Schädigungen der Leber durch Alkohol oder Medikamente sowie Übergewicht sind Risiken, die oft durch einen gesunden Lebensstil, fettarme Ernährung und regelmäßige Bewegung minimiert werden können. Andere Erkrankungen der Leber, wie Infektionen mit den Hepatitisviren B oder C, Stoffwechselstörungen oder Autoimmunerkrankungen verlaufen oft unbemerkt, denn sie verursachen kaum Beschwerden. Kontrollen helfen, diese Erkrankungen rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Schon eine routinemäßige Blutuntersuchung beim Hausarzt deckt etwaige Unregelmäßigkeiten der Leberenzyme (Gamma-GT, GOT, GPT), Cholesterin- und Eiweißwerte auf und ermöglicht die rechtzeitige Behandlung.


Die Leber spielt eine zentrale Rolle im gesamten Stoffwechsel

Die Leber entgiftet nicht nur das Blut, sondern nimmt auch eine zentrale Rolle im Stoffwechsel ein. Sie verwertet und speichert wichtige Nährstoffe und stellt lebenswichtige Eiweiße (zum Beispiel Blutgerinnungsfaktoren) her. Ist die Leber nachhaltig geschädigt, kann nur eine neue Leber, durch eine Organspende, das Leben des Patienten retten. Durch den heutigen Stand der Wissenschaft haben Empfänger einer Spenderleber gute Überlebenschancen: Wirkt der Patient aktiv an seiner Gesundung mit, kann er laut dem Bundesamt für Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz von einer Lebenserwartung ausgehen, die der eines gesunden Menschen gleicht.

Die Deutsche Leberstiftung befasst sich mit der Leber, Lebererkrankungen und ihren Behandlungen. Sie hat das Ziel, die Patientenversorgung durch Forschungsförderung und eigene wissenschaftliche Projekte zu verbessern. Durch intensive Öffentlichkeitsarbeit steigert die Stiftung die öffentliche Wahrnehmung für Lebererkrankungen, damit diese früher erkannt und geheilt werden können. Die Deutsche Leberstiftung bietet außerdem Information und Beratung für Betroffene und Angehörige sowie für Ärzte und Apotheker in medizinischen Fragen.

BUCHTIPP: „Das Leber-Buch“ der Deutschen Leberstiftung informiert umfassend und allgemeinverständlich über die Leber, Lebererkrankungen, ihre Diagnosen und Therapien: ISBN 978-3-89993-642-1, € 16,95: www.deutsche-leberstiftung.de/Leber-Buch.

Medizin am Abend DirektKontakt:

Deutsche Leberstiftung
Bianka Wiebner
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Rita Wilp Deutsche Leberstiftung

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360° TOP-Thema: Darmflora und das Gehirn

Medizin am Abend Fazit:   Darmbakterien sorgen für gesundes Gehirn

Die Darmflora beeinflusst lebenslang die Immunabwehr des Gehirns und damit möglicherweise auch den Verlauf von Hirnerkrankungen wie Alzheimer und Multipler Sklerose. Dies haben Forscher des Universitätsklinikums Freiburg erstmals an Mäusen festgestellt. Bakterielle Abbauprodukte steuern Reifung und Funktion von Fresszellen des Gehirns, die bei Mäusen ohne Darmflora verkümmert sind. Nach Etablierung einer Darmflora waren die Zellen wieder gesünder. Daraus ergeben sich Hinweise für einen Einfluss des Darms auf mögliche Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen, sondern auch auf die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung. Die Studie erscheint in der Zeitschrift „Nature Neuroscience“. 

Links: gesunde Mikroglia eines Tieres mit Darmflora; Mitte: ohne Darmflora sind die Mikroglia unreif; Rechts: Tiere ohne Darmflora, die ein bakterielles Abbauprodukt fressen, haben gesunde Mikroglia
Links: gesunde Mikroglia eines Tieres mit Darmflora; Mitte: ohne Darmflora sind die Mikroglia unreif; Rechts: Tiere ohne Darmflora, die ein bakterielles Abbauprodukt fressen, haben gesunde Mikroglia Universitätsklinikum Freiburg
 
Mikroglia sind die sogenannten Fresszellen des Gehirns, auch Gehirn-Makrophagen genannt. Sie beseitigen eingedrungene Keime und abgestorbene Nervenzellen und sind an der lebenslangen Formbarkeit des Gehirns beteiligt.

Fehlgesteuerte Mikroglia-Zellen spielen bei mehreren Hirnerkrankungen eine Rolle. Wie die Reifung und Aktivierung dieser Zellen gesteuert wird, war bislang unklar.

Ohne Darmbakterien verkümmern die Immunzellen des Gehirns

Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor des Instituts für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg und assoziiertes Mitglied des BIOSS Centre for Biological Signalling Studies Freiburg, leitete die Forschungsgruppe mit Mitgliedern aus Freiburg, Rehovot (Israel), München, Mainz, Köln, und Bern (Schweiz). Gemeinsam mit den Erstautoren Dr. Daniel Erny und Anna Lena Hrabě de Angelis konnte er erstmals im Tierversuch zeigen, dass ein intaktes Immunsystem des Gehirns von einer gesunden bakteriellen Darmflora abhängt. Dafür untersuchten sie Tiere, die in einer komplett sterilen Umgebung aufgezogen und gehalten wurden. Diese besaßen verkümmerte und unreife Mikroglia, die auf Entzündungsreize im Hirn kaum reagierten. „Unsere Ergebnisse weisen auf einen ständigen Informationsfluss zwischen Darmbakterien und Hirnmakrophagen hin“, sagt Prof. Prinz.

Auch Tiere, deren Darmbakterien durch eine vierwöchige Antibiotika-Therapie abgetötet worden waren, wiesen eine gestörte Immunantwort auf.

Im Kontakt mit gesunden Tieren etablierte sich bei den zuvor steril gehaltenen Tieren schnell eine Darmflora. Dies hatte einen positiven Einfluss auf die Immunabwehr. Dabei galt: „Je größer die Vielfalt der Darmbakterien war, desto besser entwickelten sich auch die Mikroglia“, fasst der Neuropathologe zusammen.

Zersetzte Ballaststoffe steuern Immunreaktion im Gehirn

Die Forscher zeigten, dass kurzkettige Fettsäuren als Botenstoff zwischen Darmflora und Mikroglia dienen. Diese werden bei der bakteriellen Verwertung von Ballaststoffen, Milchprodukten und weiteren Nahrungsmitteln produziert.

Über das Blut könnten sie ins Gehirn gelangen und dort Mikrogliazellen helfen, Entzündungsreaktionen schnell und effizient zu bekämpfen. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, wie wichtig für die geistige Gesundheit eine ausgewogene Ernährung ist, die zur bakteriellen Bildung von kurzkettigen Fettsäuren beiträgt“, sagt Prof. Prinz.

Hat die Darmflora auch Einfluss auf Alzheimer, Parkinson und Multiple Sklerose?

Die Studie dürfte auch für den Menschen eine hohe Relevanz haben. „Die Ergebnisse passen sehr gut zu früheren klinischen Studien und zu Untersuchungen anderer Forschungsgruppen“, so Prof. Prinz.  

So werden Autoimmunerkrankungen des Darms wie Morbus Crohn mit einem Mangel an kurzkettigen Fettsäuren in Verbindung gebracht. Hier wird seit einiger Zeit die Behandlung durch eine so genannte Stuhltransplantation geprüft, bei der die Darmflora von einem auf einen anderen Menschen übertragen wird.

Wie groß der Einfluss der Darmflora auf Funktion und Entwicklung des Gehirns beim Menschen genau ist, müssen zukünftige Studien prüfen.

Ein Video-Interview mit Prof. Marco Prinz finden Sie unter:
https://youtu.be/6_IJty7nnus


Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Dr. med. Marco Prinz
Ärztlicher Direktor
Institut für Neuropathologie
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-51050
marco.prinz@uniklinik-freiburg.de
Benjamin Waschow Universitätsklinikum Freiburg


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte:
http://www.uniklinik-freiburg.de/neuropathologie.html Institut für Neuropathologie

Tatort Gehirn: Der Gärtner ist doch der Mörder!
http://www.bioss.uni-freiburg.de BIOSS Centre for Biological Signalling Studies

Neue Leitlinie zu Magen-Darm-Infekten: Leitlinie „Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple“

Medizin am Abend Fazit:  Bei Durchfall Antibiotika sparsam einsetzen

Auslöser plötzlicher Durchfallerkrankungen sind oft Bakterien. Dennoch ist ein Einsatz von Antibiotika gründlich abzuwägen, mahnt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Wie eine neue Leitlinie der DGVS hervorhebt, sollten Antibiotika nur in bestimmten Fällen, etwa bei Infektionen mit Shigellen oder auch Salmonellen, zum Einsatz kommen. 

Hier gehts zur aktuellen Leitlinie:

http://www.dgvs.de/fileadmin/user_upload/Leitlinien/Gastrointestinale_Infektionen_und_Morbus_Whipple/S2k-Leitlinie_Gastrointestinale_Infektionen_und_Morbus_Whipple_20_02_2015.pdf
 


Die Experten betonen, dass Antibiotika häufig auch Ursache schwerer Durchfallerkrankungen sind: In den letzten Jahren verzeichnen vor allem Krankenhäuser einen starken Anstieg von teils schweren, manchmal . lebensbedrohlichen Clostridium difficile-Infektionen. Besonders ältere Patienten seien hierdurch gefährdet, so die Experten der Fachgesellschaft.

In Deutschland kommt es jährlich zu etwa 65 Millionen akuter Magen-Darm-Erkrankungen bei Erwachsenen.

Dies ergab eine Umfrage des Robert-Koch-Instituts. Nur ein Drittel der Erkrankten sucht deshalb einen Arzt auf. Doch auch bei diesen sollten sich Mediziner mit der Verschreibung von Antibiotika zurückhalten, empfiehlt die neue Leitlinie „Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple“ der DGVS: „Selbst bei Kenntnis des Erregers ist eine Antibiotikabehandlung häufig nicht sinnvoll, da sie die Dauer der Erkrankung kaum verkürzt“, erläutert Professor Dr. med. Andreas Stallmach, Direktor der Klinik für Innere Medizin IV am Universitätsklinikum Jena und einer der beiden Leitlinienkoordinatoren der DGVS.  

Durchschnittlich dauere eine Durchfallerkrankung drei bis vier Tage und verschwände dann von selbst.

Sowohl bei Infektionen mit Bakterien wie Campylobacter, als auch bei Erkrankungen durch Yersinien und Escherichia coli empfehlen die Autoren der Leitlinie, in der Regel auf Antibiotika zu verzichten.

Selbst bei EHEC-Bakterien, die 2011 in Norddeutschland eine Epidemie ausgelöst hatten, ist laut der Experten nicht sicher, dass Antibiotika den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen, betont Professor Ansgar Lohse, Direktor der I. Medizinische Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der gemeinsam mit Stallmach die Leitlinie koordiniert hat.

Bei Shigellen, die häufig schwere Erkrankungen auslösen, sollten die Ärzte hingegen Antibiotika verschreiben. 

Professor Lohse: „Allerdings sind Shigellen oft gegen Antibiotika resistent, sodass eine Resistenztestung erfolgen sollte.“ Auch bei Salmonellen und in Ausnahmefällen bei Reisedurchfällen könne eine Antibiose sinnvoll sein, erklärt Lohse, insbesondere bei einer „Bakteriämie“, also dem Vorhandensein von Bakterien im Blut.

Durchfallerkrankungen seien keineswegs immer harmlos, betont Lohse. Gerade ältere oder immungeschwächte Patienten könne eine Gastroenteritis stark schwächen. Manchmal verlaufe ein Infekt sogar tödlich, so der Experte.

Patienten mit blutigen Durchfällen, einem schweren Krankheitsbild, Fieber über 38,5 Grad Celsius oder starkem Flüssigkeitsmangel sollten sich immer bei einem Arzt vorstellen.

Auch für die Betreuung im Krankenhaus gibt die Leitlinie klare Empfehlungen: 

Eine rationale Diagnostik und begründete Therapie ist demnach genauso wichtig wie das Einhalten der Hygienevorschriften. „Den damit verbundenen Bedarf an Personal und räumlichen Voraussetzungen wie zum Beispiel Isolationseinheiten gibt es leider nicht umsonst“, sagt Andreas Stallmach. Gerade in der Klinik verschärfe wiederum der häufige Einsatz von Antibiotika die Problematik: 

Zerstören diese die gesunde „Darmflora“ kann sich der Erreger Clostridium difficile ausbreiten und schwere Durchfallsymptome hervorrufen. 

 „Wichtig ist, dass Antibiotika in allen Fächern der Medizin – sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich – stets mit Bedacht eingesetzt werden“, so Stallmach.

Bei weniger gravierenden Magen-Darm-Infekten helfen normalerweise einfache Mittel um die Symptome zu lindern: So kann der Arzt den Patienten Medikamente mit dem Wirkstoff Loperamid verschreiben, die den Darm beruhigen. Zum Ausgleich des Flüssigkeitsverlusts empfiehlt die Leitlinie eine Salz- und Glukosetrinklösung, die in Apotheken erhältlich ist.

Fruchtsäfte, Leitungswasser oder Cola seien dagegen ungeeignete Hausmittel, so die Experten.

Die Leitlinie gibt erstmals auch Empfehlungen für den Morbus Whipple, einer seltenen Darminfektion, die mit Gelenkbeschwerden und einer langfristigen Gewichtsabnahme einhergeht.

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5.000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.

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