Fleischverzehr

Medizin am Abend Fazit:   Fleischverzehr unter der Lupe - Neue Auswertungsergebnisse der NVSII

Im Rahmen des 52. Wissenschaftlichen Kongress‘ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) präsentierten Wissenschaftler des Max Rubner-Instituts (MRI) neue Auswertungsergebnisse der Nationalen Verzehrsstudie II. Die Wissenschaftler haben den Fleischverzehr und die Faktoren, die den Fleischverzehr beeinflussen, genauer betrachtet – von einer Ernährung ohne Fleisch bis hin zum Verzehr einzelner Fleischarten. 
 
Wer verzehrt wie viel und welches Fleisch? Und kompensieren Personen, die kein Fleisch essen, dies mit anderen tierischen Produkten? Diese und andere Fragen untersuchen die Wissenschaftler anhand von Daten der repräsentativen Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II). Der Lebensmittelverzehr wurde dabei mit der 24h-Recall-Methode erfasst, bei der 12.915 Teilnehmer an zwei Tagen detaillierte Auskunft über den Verzehr der letzten 24 Stunden gaben.

Es zeigt sich, dass Personen, die kein Fleisch essen häufiger eine hohe Schulbildung aufweisen und jünger sind als Personen, die nicht vegetarisch leben. Vegetarier ernähren sich insgesamt anders: Sie essen mehr pflanzliche Lebensmittel, darunter auch Produkte, die aus Soja hergestellt werden. Tierische Produkte wie Eier, Käse und andere Milchprodukte hingegen werden in vergleichbarer Menge verzehrt und somit nicht als Ersatz für Fleisch genutzt.

Wer Fleisch isst, isst davon in vielen Fällen reichlich: Insgesamt überschreiten 74 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen die DGE-Empfehlungen zum Fleischverzehr. Menschen, die viel Fleisch verzehren, essen insgesamt typischerweise kalorienreich und sind nicht selten stark übergewichtig. Aber auch die Jüngeren im Alter von 18 bis 34 Jahren essen im Vergleich mit den Älteren von 65 bis 80 Jahren mehr Fleisch. Nicht zuletzt kommt in Mehrpersonenhaushalten mehr Fleisch auf den Tisch als in Single-Haushalten. Weniger Fleisch essen Frauen und Personen mit einer hohen Schulbildung.

Besonders beliebt ist Schweinefleisch, dessen Anteil knapp die Hälfte des Verzehrs von Fleisch und Fleischerzeugnissen beträgt. Mit etwa einem Fünftel liegt der Anteil des Geflügelfleisches höher als der von Rind- und Kalbfleisch.

Medizin am Abend DirektKontakt:

Max Rubner-Institut - Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel

Dr. Iris Lehmann
Leiterin
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Geflügelfleich - Antibiotikaresistenzen auf Bakterien

Medizin am Abend Fazit:   Phagen übertragen Antibiotikaresistenzen auf Bakterien – Nachweis auf Geflügelfleisch

Bakterien entwickeln immer häufiger Resistenzen gegenüber Antibiotika. Es gibt unterschiedliche Erklärungen dafür, wie diese Resistenzen in die Bakterien gelangen. Forschende der Vetmeduni Vienna fanden sogenannte Phagen auf Geflügelfleisch, die Antibiotikaresistenzen auf Bakterien übertragen können. Phagen sind Viren, die ausschließlich Bakterien infizieren können. Für Menschen sind sie unschädlich. Phagen könnten laut Studie jedoch zur Verbreitung von Antibiotikaresistenzen beitragen. Die Erkenntnisse sind nicht nur für die Lebensmittelproduktion sondern auch für die Medizin von Bedeutung. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Applied and Environmental Microbiology veröffentlicht. 

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Bakteriophagen.
Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Bakteriophagen.
Foto: Szostak/Dinhopl/Vetmeduni Vienna
 
Antibiotikaresistente Bakterien stellen weltweit ein bedeutendes Gesundheitsrisiko dar. Gängige Antibiotika sind bei der Behandlung von Infektionskrankheiten häufig unwirksam, weil sich die Krankheitskeime sogenannte Resistenzgene aneignen konnten. Die Übertragung dieser Antibiotika-Resistenzgene kann auf unterschiedliche Weise stattfinden.

„Am häufigsten ist die Übertragung durch mobile genetische Elemente wie Plasmide, das sind ringförmige DNA-Elemente, die Bakterien untereinander austauschen können, oder über Transposons, sogenannte springende Gene“, erklärt die Autorin Friederike Hilbert vom Institut für Fleischhygiene an der Vetmeduni Vienna. „Der Resistenzübertragung durch Phagen wurde bisher wenig Bedeutung zugeschrieben.“

Hilbert und ihre KollegInnen isolierten Phagen aus 50 Hühnerfleischproben, die im österreichischen Handel gekauft wurden. In 49 Proben wurden Phagen nachgewiesen. Phagen kommen überall dort vor, wo es Bakterien gibt. Deshalb war der Fund an sich nicht unerwartet. „Grundsätzlich stellen Phagen kein Problem für uns Menschen dar, weil sie nur Bakterien infizieren können, jedoch keine anderen Zellen oder Lebewesen.“

Die Analyse der Phagen zeigte, dass ein Viertel der untersuchten Phagen in der Lage war Antibiotikaresistenzen unter Laborbedingungen auf E. coli Bakterien zu übertragen. Dabei wurden Resistenzen gegenüber Kanamycin, Tetrazyklin, Ampicillin, und Chloramphenicol übertragen. Kein Phage war in der Lage, eine Extended-Spectrum-Betalaktam Resistenz (ESBL) zu übertragen.

„Dieser Mechanismus könnte auch für die Humanmedizin in Krankenhäusern eine wichtige Rolle spielen, da sich dort häufig multi-resistente Keime befinden. Wir gehen davon aus, dass Phagen die Resistenzgene von bereits resistenten Bakterien in sich aufnehmen und dann wiederum auf andere Bakterien übertragen“, so Hilbert. „Unsere Ergebnisse könnten in einigen Fällen erklären, wie sich Resistenzen auch in einer natürlichen Umgebung zwischen Bakterien übertragen.“

Phagen als Treiber der Evolution

Dass Phagen Gene übertragen können, war bisher zwar bekannt, galt allerdings für Resistenzgene als eher selten. Neuere DNA-Analysen verschiedener Bakterien-DNAs zeigen allerdings, dass Phagen ihre Spuren im Genom der Bakterien hinterlassen und dass dieser Übertragungsweg wohl häufiger ist. Daher spielen Phagen eine wichtige Rolle in der Evolution der Bakterien.

Phagen sind widerstandsfähiger als Bakterien

Im Vergleich zu Bakterien sind Phagen wesentlich robuster gegenüber Desinfektionsmitteln. Vor allem Alkohol wirkt gegen Phagen kaum. „Gängige Desinfektionsmethoden sind gegen Phagen oft ungeeignet“, betont Hilbert. Bei Hygienemaßnahmen in Lebensmittelbetrieben, aber auch in Krankenhäusern werden Desinfektionsmittel gewählt, die gegen Bakterien aktiv sind, aber möglichweise nicht gegen Phagen wirken.

Phagen-Therapie als Alternative gegen resistente Bakterien

Seit einigen Jahren gilt die Behandlung von bakteriellen Infektionen mit Phagen als vielversprechende neue Alternative im Kampf gegen antibiotikaresistente Keime. Hierbei werden Phagen dazu verwendet, Bakterien zu bekämpfen. Das hilft vor allem dann, wenn Antibiotika nicht mehr wirksam sind. Hilbert empfiehlt hier: „Phagen, die für die Therapie verwendet werden sollen, müssten auf jeden Fall auf ihre Fähigkeit, Resistenzgene zu übertragen, geprüft werden. Ansonsten könnte die Kombination von Phagen und multiresistenten Keimen einen gefährlichen Cocktail ergeben.“

Service:

Der Artikel „Bacteriophages isolated from chicken meat and the horizontal transfer of antimicrobial resistance genes” von Amira Shousha, Nattakarn Awaiwanont, Dmitrij Sofka, Frans J.M. Smulders, Peter Paulsen, Michael P. Szostak, Tom Humphrey und Friederike Hilbert wurde in Applied and Environmental Microbiology veröffentlicht. doi: 10.1128/AEM.00872-15
http://aem.asm.org/content/early/2015/04/27/AEM.00872-15.long

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien

Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen. http://www.vetmeduni.ac.at


Medizin am Abend DirektKontakt:

Ao.Univ.-Prof. Friederike Hilbert
Institut für Fleischhygiene
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
T +43 1 20577-3316
friederike.hilbert@vetmeduni.ac.at

Dr. Susanna Kautschitsch
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
T +43 1 25077-1153
susanna.kautschitsch@vetmeduni.ac.at

MRSA - Killerprotein: Krankenhauskeim: prophylaktische Behandlung der Nasenbesiedlung www.hyglos.com

Medizin am Abend Fazit:  Neuer Wirkstoff gegen gefürchtete Krankenhauskeime

Hintergrundlink:

 

http://www.dw.de/t%C3%B6dliche-gefahr-resistente-keime-im-krankenhaus/av-18487107


Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) schließen sich Wissenschaftler der Universitäten Tübingen, Münster und München zusammen und bereiten gemeinsam mit der Firma Hyglos die klinische Prüfung eines Wirkstoffs gegen den gefürchteten Krankenhauskeim Staphylococcus aureus vor: Die prophylaktische Behandlung der Nasenbesiedlung könnte einer Ausbreitung insbesondere Methicillin-resistenter Erreger (MRSA) in Kliniken entgegenwirken und Infektionen beim Patienten verhindern. 

Krankenhauskeime können auch bei Operationen zum Problem werden
Krankenhauskeime können auch bei Operationen zum Problem werden
Pfree 2014
 
Jeder Dritte, so Schätzungen von Experten, beherbergt das Bakterium Staphylococcus aureus in seiner Nase - was im normalen Leben ungefährlich ist, wird bei einem Krankenhausaufenthalt schnell zum Problem.

Denn die Erreger können zum Beispiel im Zusammenhang mit Operationen in Wunden gelangen und gefährliche Infektionen auslösen. Hinzu kommt die Gefahr einer Ausbreitung des Erregers als Krankenhauskeim. Besonders gefürchtet sind die sog. Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Keime, abgekürzt MRSA, denn sie sind unempfindlich gegen viele der gebräuchlichen Antibiotika.


„Eine schnelle Erkennung und wirksame Beseitigung einer MRSA-Besiedlung der Nase vor einem Krankenhausaufenthalt ist ein entscheidender Schritt im Kampf gegen diese Krankenhauskeime“, so die Überzeugung von Prof. Dr. Karsten Becker von der Universität Münster.  

Gegen das derzeit in Kliniken gebräuchliche Antibiotikum Mupirocin sind die Bakterien in der Nase zunehmend unempfindlich, und die Dauer einer „Sanierung“ und einer Kontrolle ihres Erfolgs liegt bei etwa einer Woche. 

Für Patienten, die schnell operiert werden müssen, ist damit keine wirksame MRSA-Vorsorge möglich.


Gemeinsam mit der Hyglos GmbH in Bernried und mit Förderung des BMBF haben die Wissenschaftler am Uniklinikum Münster in den letzten Jahren einen Wirkstoff der besonderen Art entwickelt und seine Wirkung untersucht:

Ein Phagenlysin, das heißt ein Protein aus Viren, die Bakterien befallen, greift spezifisch Staphylococcus aureus-Zellen an und löst sie auf. 

Das Protein wurde künstlich hergestellt und als „Designer-Protein“ unter dem Arbeitsnamen HY-133 optimiert. „Wir sprechen allerdings gern vom MRSA-Killerprotein, auch wenn das etwas reißerisch klingt“, erklärt Dr. Wolfgang Mutter von der Hyglos GmbH.

Denn tatsächlich würden alle Staphylococcus aureus-Zellen, ob resistent oder nicht resistent, von dieser Substanz innerhalb kürzester Zeit getötet. Und das, ohne die natürliche Mikroflora in der Nase zu zerstören oder eine Resistenzbildung zu fördern.


In Kooperation mit dem Mikrobiologen Prof. Dr. Andreas Peschel, der im DZIF den Forschungsbereich „Krankenhauskeime und antibiotikaresistente Bakterien“ koordiniert, soll die Substanz nun für die klinische Prüfung vorbereitet werden.

Mehr als 1,5 Millionen Euro werden dafür im DZIF bereitgestellt: Damit soll zunächst die Substanz nach GMP-Richtlinien (Herstellungspraxis nach pharmazeutischen Standards) hergestellt werden, um anschließend in einer präklinischen Prüfung toxikologisch getestet zu werden. Der Pharmazeut Prof. Dr. Gerhard Winter von der LMU München entwickelt eine stabile Formulierung, damit der Wirkstoff als Gel oder in einer anderen Form bequem und sicher verabreicht werden kann.

Das Projekt dient der Vorbereitung nachfolgender klinischer Studien, in denen die schnelle Sanierung von Staphylococcus aureus-Stämmen in der Nasenflora von Freiwilligen untersucht wird. „Neben neuen Antibiotika und Impfstoffen brauchen wir dringend spezifische Wirkstoffe zur Sanierung von Problemkeimen.

Das HY-133-Protein ist ein hoch innovativer Wirkstoff für diesen Zweck, der viele ähnliche Entwicklungsprogramme anstoßen könnte“, erklärt Prof. Dr. Andreas Peschel dazu.

Dass die Bekämpfung resistenter Krankenhauskeime auch auf politischer Ebene sehr ernst genommen wird, zeigt sich in der kommenden Woche: Auf dem G7-Gipfel in Elmau steht das Thema Antibiotika-Resistenzen auf der Tagesordnung.



Medizin am Abend DirektKontakt

Prof. Dr. Andreas Peschel
Universität Tübingen
DZIF-Koordinator „Krankenhauskeime und antibiotikaresistente Bakterien“
T +49 7071-29-81515
E-Mail: Andreas.Peschel@med.uni-tuebingen.de

Prof. Dr. Karsten Becker
Universitätsklinikum Münster
T +49(0) 251-83-55375
E-Mail: kbecker@uni-muenster.de

Prof. Dr. Gerhard Winter
Ludwig-Maximilians-Universität München
T +49(0) 89-2180-77022
E-Mail: gerhard.winter@cup.uni-muenchen.de

Dr. Wolfgang Mutter
Hyglos GmbH, Bernried am Starnberger See
T +49(0)8158-9060-201
E-Mail: wolfgang.mutter@hyglos.de

Karola Neubert und Janna Schmidt
T +49531-6181-1170/1154 Deutsches Zentrum für Infektionsforschung
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Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) entwickeln bundesweit rund 300 Wissenschaftler aus 32 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Einer der Schwerpunkte ist die Forschung zu Krankenhauskeimen und antibiotikaresistenten Bakterien. Das DZIF wird vom BMBF gefördert. Mehr Informationen finden Sie unter www.dzif.de.

Universität Tübingen - Infektions- und Mikrobiologie bildet einen bedeutenden Forschungsschwerpunkt an der Universität Tübingen, vor allem im Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin (IMIT). Die Erforschung von Staphylokokken, das sind Bakterien, die sehr häufig Antibiotikaresistenzen entwickeln und Infektionen im Krankenhaus auslösen, ist besonders im Fokus der IMIT-Forscher. www.uni-tuebingen.de

Universitätsklinikum Münster steht für Spitzenmedizin in der deutschen Kran-kenhauslandschaft sowie Forschung auf höchstem internationalem Niveau. Wichtige Forschungsschwerpunkte des UKM-Instituts für Medizinische Mikrobiologie sind Staphylokokken - Erreger und Infektionen - sowie Diagnostik, Typisierung, Charakterisierung und Resistenzbestimmung von Mikroorganismen. www.klinikum.uni-muenster.de

Ludwig-Maximilians-Universität München, Department Pharmazie - Die Entwicklung stabiler Formulierungen für Proteinarzneimittel sowie die Verabreichung neuer Biotech-Arzneimittel in Depot-Formen oder ihre lokale Applikation sind Arbeitsschwerpunkte in der Pharmazeutischen Technologie an der LMU. Nur mit geeigneten Zubereitungsformen wird es am Ende möglich sein, empfindliche Sub-stanzen wie die neuen Phagenlysine erfolgreich anzuwenden. www.uni-muenchen.de

Hyglos GmbH ist ein Biotechnologieunternehmen mit Sitz im Biotechnologie Zent-rum Bernried südlich von München. Mit der firmeneigenen Technologie entwickeln die Hyglos-Wissenschaftler hochspezifische Bakteriophagen-basierte Wirkstoffe zum Nachweis und zur Beseitigung von schädlichen Bakterien und bakteriellen Giftstoffen. Hyglos wurde u.a. der IAFP Innovation Award für derartige technologische Fortschritte verliehen. www.hyglos.com

Akutes Nierenversagen - ischämische Präkonditionierung (IPC)

Medizin am Abend Fazit:  Herz und Nieren: "Selbstverteidigung" verhindert OP-Komplikationen

Akutes Nierenversagen ist eine der häufigsten Komplikationen bei Herzoperationen – die Nieren funktionieren nur eingeschränkt und können Giftstoffe nur noch unzureichend ausscheiden. Ein internationales Team um den münsterschen Anästhesiologie-Professor Dr. Alexander Zarbock brachte die Nieren dazu, sich selbst zu "verteidigen", und senkte die Komplikationswahrscheinlichkeit damit deutlich. 


Prof. Alexander Zarbock
Prof. Alexander Zarbock Foto: privat

 
Herz-OPs gefährden die Nieren: Operationen am offenen Herzen können zu akutem Nierenversagen führen, einen wirksamen Schutz dagegen gibt es bisher nicht. Ein internationales Team um den münsterschen Anästhesiologie-Professor Dr. Alexander Zarbock brachte die Nieren mit einem Trick dazu, sich selbst zu verteidigen. Die Ergebnisse der Studie sind am Freitag (29. Mai) in der amerikanischen Fachzeitschrift JAMA (The Journal of the American Medical Association) veröffentlicht worden.

Das Blut der Patienten muss häufig durch eine Dialyse künstlich gereinigt werden, im schlimmsten Fall führt das Versagen der Nieren zum Tod. Zarbock und seine Kollegen senkten die Komplikationswahrscheinlichkeit nun deutlich, indem sie die Nieren vorwarnten.

"Der Trick ist einfach“, erläutert Zarbock: "Wir täuschen dem Körper eine Verletzung vor, indem wir eine Arterie im Arm des Patienten für wenige Minuten abbinden. Dadurch kann kein Blut mehr in den Unterarm fließen, der Körper schüttet verschiedene Botenstoffe in den Blutkreislauf aus. Die Nieren filtern diese Moleküle heraus, erkennen sie als Alarmsignale für Schäden im Körper und fahren ihre Abwehr hoch.“

Das Verfahren – als ischämische Präkonditionierung (IPC) bekannt – hat sich in einigen Studien bereits bewährt, um Schäden am Herzen bei koronarer Herzkrankheit vorzubeugen.

In der aktuellen Studie fand das Team einige Signale, mit denen sich Nierenzellen gegenseitig vor Verletzungen warnen, so Zarbock, der als Oberarzt in der münsterschen Uniklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin arbeitet und eine Heisenberg-Professur der Deutschen Forschungsgemeinschaft innehat. "Wir konnten im Urin der vorbehandelten Patienten die Biomarker TIMP2 und IGFBP7 nachweisen.


Diese Proteine signalisieren normalerweise, dass die Nieren gestresst sind und nicht richtig funktionieren – in diesem Fall schützten sie allerdings vor Folgeschäden.“

"Das System funktioniert ähnlich wie ein Feuermelder“, erläutert Ko-Autor Dr. John Kellum, Direktor des Zentrums für intensivmedizinische Nephrologie (Nierenheilkunde) der University of Pittsburgh (Pennsylvania/USA): "Feuermelder werden angebracht, um Gebäude und Bewohner zu schützen. Wenn ein Melder schrillt, zeigt das zwar eine gefährliche Lage an – der Alarm selbst wirkt aber positiv. Wir haben es geschafft, ihn auszulösen, bevor das Feuer ausbricht.“

Insgesamt betrachteten die Forscher 240 Herz-OP-Patienten mit hohem Komplikationsrisiko, in Münster, Tübingen, Freiburg und Bochum. 38 Prozent der Patienten, deren Nieren vor der Herzoperation auf Verletzungen vorbereitet worden waren, erlitten akutes Nierenversagen; bei den nicht vorbehandelten Patienten waren es 53 Prozent.  

Die IPC-Patienten verbrachten durchschnittlich einen Tag weniger auf der Intensivstation, nur sechs Prozent von ihnen waren nach der Operation auf eine Dialyse angewiesen – gegenüber 16 Prozent der unvorbehandelten Patienten. 

Ob die Sterblichkeit nach Herzoperationen durch IPC verringert werden kann, können die Forscher aufgrund der Studiengröße noch nicht sagen.

"Diese Studie zeigt gleich mehrere hilfreiche Dinge“, so Kellum: "Einen neuen Behandlungsansatz für eine gefährliche Krankheit, neue Tests zur Beurteilung der Behandlungseffizienz und Erkenntnisse zu den Ursachen der Krankheit. Selten bringt eine einzige Studie so viel.“

Originalliteratur:

Zarbock A. et al.: Effect of Remote Ischemic Preconditioning on Kidney Injury Among High-Risk Patients Undergoing Cardiac Surgery: Randomized Clinical Trial. JAMA. Published online May 29, 2015. doi:10.1001/jama.2015.4189

Medizin am Abend DirektKontakt:

Dr. Thomas Bauer
Referent für Forschung und Lehre
Medizinische Fakultät, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Telefon: 0251-83-58937
E-Mail: thbauer@uni-muenster.de

Dr. Christina Heimken Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Telefon: 0251/8322115
Fax: 0251/8322258
E-Mail-Adresse: christina.heimken@uni-muenster.de


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte:
http://jama.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=2299339 Originalartikel

Rezeptorenfund: Körpereigenes Peptid blockiert Viren-Eintrittspforte

Medizin am Abend Fazit:  HIV-Hemmstoff mit vielfältigen Wirkungen auf Krebs- und Immunkrankheiten entdeckt

Körpereigenes Peptid blockiert Viren-Eintrittspforte und wichtigen Signalweg bei Krebs und Entzündungen

Professor Wolf-Georg Forsmann 
 Professor Wolf-Georg Forsmann MHH/ Karin Kaiser
 
Gemeinsam mit Forschern der Universität Ulm ist es der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Dr. Wolf-Georg Forssmann von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gelungen, ein körpereigenes Peptid zu finden, das die Infektion mit einem Subtypen von HIV-1 verhindert. Es bindet an den Rezeptor CXCR4 auf der Zelloberfläche.

Dieses Forschungsergebnis könnte die HIV-Therapie verbessern, aber auch die Behandlung von Krebserkrankungen, chronischen Entzündungen oder Asthma.  

Die Erkenntnisse, an denen auch zahlreiche weitere Arbeitsgruppen beteiligt waren, veröffentlichte die Fachzeitschrift Cell Reports.

Die Peptidbank von Professor Forssmann, dessen Arbeitsgruppe zur MHH-Klinik für Immunologie und Rheumatologie gehört, enthält Peptide des menschlichen Blutes, die aus tausenden Litern Hämofiltrat stammen – einem Abfallprodukt der Blutwäsche. Darin befand sich das nun entdeckte Peptid. Der Zellrezeptor CXCR4, an den es bindet, beeinflusst wichtige Prozesse im menschlichen Körper – beispielsweise die Organentwicklung, die Immunantwort und die Blutbildung. Zudem ist er wichtig für die Einschleusung des AIDS-Erregers in die Immunzellen und somit ein Angriffspunkt für Wirkstoffe. „Ein derartig wichtiges Molekül ist seit langem nicht entdeckt worden: Die weitere Forschung kann ganz schnell zu Anwendungen und Fortschritten auf den Gebieten der Stammzelltherapie, der Immunerkrankungen sowie der malignen Tumoren führen“, sagt Professor Dr. Reinhold E. Schmidt, Direktor der MHH-Klinik für Immunologie und Rheumatologie.

Die Wissenschaftler fanden auch heraus, dass Protein EPI-X4 ein Abbauprodukt des Eiweißmoleküls Albumin ist, dem häufigsten Protein im menschlichen Körper.

Es könnte für die AIDS-Therapie bedeutsam sein. Zudem ermöglicht sein Auffinden, den Rezeptor gezielt auszuschalten, an den es bindet. Dieser spielt bei Krebs, chronischen Entzündungen, Herzkreislauferkrankungen und Immunschwäche eine Rolle.

Das Protein eignet sich möglicherweise auch als Biomarker, so dass es bei der Diagnose helfen könnte, beispielsweise bei entzündlichen Nierenerkrankungen.

Bei der Firma Pharis Biotec GmbH, die mit der MHH zusammenarbeitet, ist bereits die Synthese des Wirkstoffes soweit entwickelt, dass er in zahlreichen Varianten und in größeren Dimensionen hergestellt werden kann.




Medizin am Abend DirektKontakt

Hella Mainitz unter Telefon (0511) 5466431, hmainitz@pharis.de
Stefan Zorn Medizinische Hochschule Hannover