Verlängert Digitalis das Leben von Patienten mit Herzschwäche?

Medizin am Abend Fazit:

MHH-Kardiologie nimmt ersten Patienten in Studie zur Verbesserung der Therapie von Herzinsuffizienz auf (DIGIT-HF-Studie) 
 
Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben den ersten Patienten in ihre Studie zur Therapie der Herzschwäche (DIGIT-HF-Studie) eingeschlossen. Sie untersuchen, ob der Wirkstoff Digitoxin das Leben von Patienten mit einer bestimmten Form der Herzschwäche verlängern und ihre Krankenhausaufenthalte verringern kann. Digitoxin gehört zur Gruppe der Digitalis-Präparate, die ursprünglich aus dem Fingerhut gewonnen wurden.

Er erhöht die Kontraktionskraft des Herzens und kann bei ausgewählten Patienten zur Behandlung der Herzschwäche oder von Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden. Professor Bauersachs und Privatdozent Dr. Udo Bavendiek, MHH-Klinik für Kardiologie und Angiologie, leiten die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 3,2 Millionen Euro geförderte Studie, an der sich 40 Zentren beteiligen. Der Studienplan wurde mehrfach durch ein international besetztes Gutachtergremium geprüft und äußerst positiv eingestuft. Zwei weitere Jahre der Vorbereitung waren erforderlich, die Logistik aufzubauen, um diese Studie, in die etwa 2.200 Patienten eingeschlossen werden sollen, erfolgreich und unter absoluter Gewährleistung der Patientensicherheit durchzuführen. An der MHH ist außer den Kardiologen auch Professor Dr. Armin Koch, Direktor des MHH-Instituts für Biometrie, und das Hannover Clinical Trials Center (HCTC) beteiligt.

Herzschwäche (Herzinsuffizienz) ist eine ernstzunehmende Erkrankung, und die Prognose ist trotz der vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten schlecht. Digitalis wird seit fast zwei Jahrhunderten zur Behandlung der Herzinsuffizienz eingesetzt. „Überraschend ist, dass es nur eine einzige randomisierte, kontrollierte Studie zur Wirksamkeit dieses vielfach eingesetzten Arzneimittels gibt“, sagt Klinikdirektor Professor Bauersachs. „Offen ist zudem die Frage, ob nicht eine niedrigere Dosis einen wesentlichen Vorteil bringen kann. Unsere Arbeit ist wichtiger denn je, um Klarheit zu schaffen, unter welchen Bedingungen Digitalis das Leben von Herzschwachen verlängert und Krankenhausaufenhalte vermindert“, ergänzt er. „Wir untersuchen das Präparat Digitoxin in niedriger Dosis. Es hat im Vergleich zu dem häufiger eingesetzten Digitalis-Präparat Digoxin einige Vorteile, deren klinische Bedeutung noch nicht ganz klar ist.“ Empfehlungen für Digitalis-Präparate beruhen bisher auf einer zu schwachen Datenlage.

Das sieht man auch an einer gerade erschienene Meta-Analyse von Frankfurter Kardiologen, die zu der Schlussfolgerung kommt, dass eine Studie wie DIGIT-HF dringend benötigt wird. Neben der einzigen randomisierten Studie, die direkt die Behandlung mit Digitalis untersucht (und eine Verminderung der Krankenhauseinweisungen, aber keinen Effekt auf die Sterblichkeit sieht), gibt es lediglich epidemiologische Studien, die Patienten mit und ohne Digitalis-Behandlung vergleichen, oder Studien, die andere Ziele verfolgten, aber auch Patienten mit und ohne eine Begleittherapie mit Digitalis eingeschlossen haben.

Bei allen Bemühungen mögliche Störgrößen zu berücksichtigen, können leicht Verzerrungen auftreten, da die mit Digitalis behandelten Patienten älter und kränker sind und per se ein höheres Sterberisiko haben. Zudem ist in fast allen ausgewerteten Studien Digoxin angewendet worden. Doch gerade bei älteren Patienten sei die richtige Dosierung aufgrund von Nierenfunktionsstörungen schwierig, erläutern die Kardiologen:  

Oft ist der Digoxin-Spiegel im Blut zu hoch. 

Digitoxin hingegen werde über einen anderen Stoffwechselweg abgebaut.

„Unsere Studie zur Herzinsuffizienz soll die Datenlage verbessern und endlich Klarheit schaffen, wobei wir die Patienten im Studienverlauf optimal überwachen und das ganze Wissen zur Digitalis-Therapie in das Studiendesign eingebracht haben.“

Die Teilnehmer der DIGIT-HF-Studie leiden unter fortgeschrittener, chronischer Herzschwäche mit verminderter Pumpleistung der linken Herzkammer (systolische Herzinsuffizienz). 

In Deutschland sind davon bis zu zwei Millionen Menschen betroffen, es ist eine der häufigsten Ursachen für Tod und Krankenhausaufnahmen. Bei dieser Herzschwäche kann das Herz nur noch vermindert pumpen, was die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten stark eingeschränkt.

Der Wirkstoff Digitoxin wird auch ein Thema sein bei der 3. Hannover Herz Messe, einer Fortbildungsveranstaltung für Ärzte am 8. und 9. Mai 2015 im Hannover Congress Centrum. Das aktuelle Programm finden Sie unter http://www.hannover-herz-messe.de.


Medizin am Abend DirektKontakt:

Professor Dr. Johann Bauersachs, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie, Telefon (0511) 532-3841, bauersachs.johann@mh-hannover.de
Stefan Zorn Medizinische Hochschule Hannover

Herzrhythmusstörungen und die Arrhythmien

Medizin am Abend Fazit:  Neue Erkenntnisse zur Entstehung von Herzrhythmusstörungen

Ein hoher Anteil der alternden Bevölkerung ist von Herzrhythmusstörungen betroffen. Kölner Wissenschaftler haben nun gezeigt, dass nur wenige Herzzellen mit eingeschränkter Funktion der Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen, genügen, um solche Arrhythmien auszulösen. 

Mitochondrien sind Zellorganellen, die in eine Vielfalt von Funktionen involviert sind. Sie sind “Kraftwerke der Zelle”, weil sie Nährstoffe in Energie umwandeln. Sie sind in die Steuerung des programmierten Zelltods involviert, wenn eine Zelle nicht mehr gebraucht oder sogar gefährlich für den Körper wird. Mitochondrien verfügen über eine eigene DNA (mitochondriale DNA, mtDNA), die im Verlauf des Alterungsprozesses Punktmutationen in ihrer Sequenz ansammelt oder große Anteile verliert (mtDNA-Deletionen). Steigt die Anzahl der so veränderten mtDNA-Kopien zu sehr an, kommt es zu einer dramatischen Störung der mitochondrialen Funktion und in Folge auch der Zellfunktion. Dieses Phänomen tritt in einzelnen Zellen vieler Organe während des Alterungsprozesses auf und führt zu einem „Gewebemosaik“ von einigen Zellen mit mitochondrialer Dysfunktion, die zufällig zwischen vielen normalen Zellen verteilt sind.

Bislang war noch nicht verstanden, ob diese wenigen Zellen mit beschädigten Mitochondrien für den altersbedingten Funktionsverlust von Geweben und Organen mit verantwortlich sein können. Daher hat der Kölner Wissenschaftler Dr. Olivier Baris in der Arbeitsgruppe von Prof. Rudolf Wiesner mit seinen Kollegen dieses Gewebemosaik im Kontext von Herzrhythmusstörungen untersucht. Um sich dieser Frage experimentell zu nähern, haben die Kölner Wissenschaftler Mäuse als Modellorganismen eingesetzt, in denen spezifisch im Herzen ein mutiertes mitochondriales Protein gebildet wird. Dieses Protein wird zur korrekten mtDNA-Vervielfältigung benötigt. In der Klinik führt dieselbe Mutation bei Patienten zur Anhäufung von mtDNA-Deletionen und zu einer schweren neurologischen Erkrankung. Dr. Oliver Baris hat sich mit seinen Wissenschaftler-Kollegen zunächst für die Untersuchung des Herzens entschieden, da dieses Organ besonders stark von der mitochondrialen Energieproduktion abhängt. Dr. Baris: „Vor allem die Häufigkeit von Herz-Rhythmusstörungen (Arrhythmien) steigt im Alter drastisch an und trägt entscheidend zur Morbidität und Mortalität in der älteren Bevölkerung bei“. Das mutierte Protein im Mausherzen führt tatsächlich zur Anhäufung von beschädigter mitochondrialer DNA und der Entwicklung eines Gewebemosaiks .

Die Analyse von Langzeit-Elektrokardiogrammen zeigt bei 18 Monate alten Mäusen typische Herz-Rhythmusstörungen, wie sie bei älteren Menschen beschrieben sind: Spontane vorzeitige Kontraktionen und Blockaden der elektrischen Erregungsausbreitung der Herzen, die sich unter Stress noch verstärken. Bei 12 Monate alten Mäusen mit dreimal weniger Zellen mit mitochondrialer Dysfunktion wurde kein erhöhtes Auftreten von Arrythmien beobachtet.

Die Ergebnisse geben Hoffnung für künftig neue therapeutische Ansätze. Dr. Baris fasst zusammen: „Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass der Anteil von Herzzellen mit eingeschränkter mitochondrialer Funktion einen Schwellenwert überschreiten muss, um zur Funktionsstörung des Organs zu führen. Ein wesentliches Ergebnis war, dass keine anderen Zeichen kardialer Dysfunktion (erhöhte Vernarbung, Vergrößerung der Herzen oder erniedrigte Pumpleistung) in den mutierten Herzen beobachtet werden konnte. Wir konnten also zeigen, dass die typischerweise im alternden menschlichen Herzen auftretende Neigung zu Rhythmusstörungen von der zufällig auftretenden Anhäufung von beschädigten Mitochondrien in wenigen einzelnen Zellen und dem daraus resultierenden Gewebemosaik hervorgerufen werden könnte“.

Die Herausforderung in der Zukunft ist, zu verstehen, wie die veränderte mitochondriale Funktion in einigen wenigen Herzzellen die Funktion des ganzen Organs beeinträchtigt.

Die Wissenschaftler erwarten, dass sich daraus neue pharmakologische Behandlungsstrategien für diese Störung der elektrischen Erregungsausbreitung im Herzen ableiten lassen – wichtige neue Erkenntnisse in der Alternsforschung des Exzellenzclusters CECAD.

Medizin am Abend DirektKontakt:

Dr. Olivier Baris
Exzellenzcluster CECAD in der Universität zu Köln
Telefon +49 221 478-7901
olivier.baris@uni-koeln.de

Astrid Bergmeister MBA
Telefon + 49 (0) 221-478 84043
astrid.bergmeister@uk-koeln.de

Weitere Informationen für Medizin am Abend Beteiligte:
http://www.cecad.uni-koeln.de

360° TOP - Einladung zu Prof. Dr. med. Burkert Pieske - Charité am Sonntag, 17. Mai 2015 um 11.00 Uhr

Medizin am Abend Fazit

https://www.herzstiftung.de/medikamenten-pass

Was können wir aktiv für unsere Herzgesundheit tun und wie zeigen sich ernst zu nehmende Symptome? Kann der plötzliche Herztod auch junge Menschen treffen? Diese und andere Fragen beantwortet der Kardiologe Prof. Dr. Burkert Pieske in der nächsten Sonntagsvorlesung der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Das Herz des Menschen beginnt schon frühzeitig im Mutterleib zu schlagen. Bei einem Erwachsenen pumpt es dann pro Tag rund 10.000 Liter Blut durch die Gefäße, um sie mit Sauerstoff zu versorgen. Das komplexe System reagiert empfindlich auf Emotionen, Stress oder körperliche Bewegung. Kommt das innere Gleichgewicht jedoch dauerhaft aus dem Takt, führt das zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in Deutschland immer noch die häufigste Todesursache sind.

Prof. Pieske, Direktor der Klinik für Kardiologie am Campus Virchow-Klinikum der Charité sowie Direktor der Klinik für Kardiologie am Deutschen Herzzentrum Berlin spricht über Risikofaktoren und vorbeugende Maßnahmen sowie über neue Möglichkeiten in Diagnostik und Therapie.

Der Kardiologe geht insbesondere auf die Herzmuskelschwäche und deren Ursachen, wie Herzinfarkt und Herzklappenerkrankungen, ein.

Im Anschluss an den Vortrag steht der Referent für Fragen zur Verfügung.

Die Vorlesung „Herztod vermeiden!“ findet am Sonntag, den 17. Mai 2015 um 11 Uhr im Hörsaal Innere Medizin am Campus Charité Mitte, Charitéplatz 1 in 10117 Berlin (Geländeadresse Sauerbruchweg 2), statt. 


Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Dr. Burkert Pieske
Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie
Campus Virchow-Klinikum
t: +49 30 450 553 702