Lebensmittelvergiftungen und Bakteriengifte Bakterium Bacillus cereus

Medizin am Abend Fazit: Lebensmittelvergiftungen: 18 neue Varianten eines Bakteriengifts entdeckt

Das Bakterium Bacillus cereus ist ein Erreger, der eine Lebensmittelvergiftung hervorrufen kann. Dabei erweist sich der Keim als ausgesprochen vielseitig: Eine aktuelle Studie in Analytical and Bioanalytical Chemistry zeigt, dass der Erreger 19 verschiedene Varianten eines Giftes produziert, das beim Menschen zu Übelkeit und Erbrechen führt. Dies könnte erklären, warum manche Krankheitsfälle eher harmlos, andere aber sogar tödlich verlaufen können. 

Bakterien der Art Bacillus cereus unter dem Mikroskop. Die weißen Einschlüsse in den stäbchenförmigen Bakterien sind Sporen, die auch bei Hitze überleben.
Bakterien der Art Bacillus cereus unter dem Mikroskop. Die weißen Einschlüsse in den stäbchenförmigen Bakterien sind Sporen, die auch bei Hitze überleben.
H. Seiler / TUM
 
Europaweit steigt die Anzahl der durch Bacillus-Arten verursachten Lebensmittelvergiftungen. Die von B. cereus ausgelösten Infektionen sind zwar unangenehm, aber meist nicht lebensbedrohlich. Je nachdem, welches Toxin der Keim freisetzt, leiden die Patienten an Durchfall oder an Übelkeit und Erbrechen. Allerdings gibt es auch schwere, in sehr seltenen Fällen sogar tödliche Krankheitsverläufe.

Die Krankheitsform, die Übelkeit und Erbrechen auslöst, bezeichnet man als emetisch. Dafür verantwortlich ist das Gift Cereulid. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) und der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben ein Nachweisverfahren für das Toxin entwickelt. Dabei konnten sie neben einem bereits bekannten Cereulid 18 weitere Varianten identifizieren.

Fertiggerichte erhöhen Risiko für Lebensmittelinfektionen

Erst kürzlich erkrankten in verschiedenen Kitas im Kreis Paderborn etwa 100 Kinder und Betreuer an einer B. cereus-Infektion*: Es stellte sich heraus, dass sie Milchreis vom gleichen Caterer verzehrt hatten. Tatsächlich steigt mit dem Konsum vorgefertigter Gerichte das Risiko einer Lebensmittelvergiftung.

Besonders vom B. cereus-Befall betroffen sind stärkehaltige Speisen wie Reis, Pasta und Kartoffeln.

„Dabei spielt oft fehlerhaftes Temperaturmanagement eine Rolle“, erläutert Prof. Thomas Hofmann vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und sensorische Analytik.

Die Bakterien vermehren sich zum Beispiel in vorgekochten Lebensmitteln, die beim Aufwärmen nicht stark genug erhitzt bzw. davor nicht ausreichend gekühlt wurden.“

Außerdem kann B. cereus Sporen bilden, die auch bei starker Hitze überleben - und bei kühleren Temperaturen wieder funktionsfähige Bakterien hervorbringen. Häufig bilden diese dann Bakteriengifte, die wiederum hitzestabil sind – wie das Cereulid.

Toxin greift Zellmembran an

Das Toxin greift die Membran lebender Zellen an. Ihrem Aufbau nach ähneln Cereulide einer Zange, die ein Kalium-Ion umschließt. Die Kalium-Ionen ändern die elektrische Spannung an der Zellmembran, es kommt zur Schädigung der Membran bis hin zum Zelltod.

„Wie toxisch die einzelnen Cereulid-Formen wirken, hängt von ihrer chemischen Struktur ab: Je lipophiler, also fettliebender sie sind, umso besser können sie an die aus Fettsäuren bestehenden Membran andocken“, sagt Prof. Siegfried Scherer, der den Lehrstuhl für Mikrobielle Ökologie leitet.

Neues Nachweisverfahren wird erprobt

„Vor diesem Projekt gab es kein befriedigendes Nachweisverfahren für das Cereulid-Toxin in Lebensmitteln“, erklärt Hofmann „Mit unserem auf Massenspektrometrie basierenden Verfahren haben wir einen wichtigen Grundstein gelegt, das Bakteriengift zuverlässig nachzuweisen.“

Damit lässt sich künftig auch abschätzen, welches Risiko von kontaminierten Produkten ausgeht – und welche Bedeutung die verschiedenen Cereulid-Varianten dabei haben. Das neue Nachweisverfahren wird zur Zeit auf europäischer Ebene sowie zusammen mit der Food & Drug Administration (FDA) der USA evaluiert und auf den Einsatz vorbereitet.

*http://www.nw.de/lokal/kreis_paderborn/salzkotten/salzkotten/20412380_Milchreis-...

Publikation:
Chemodiversity of cereulide, the emetic toxin of Bacillus cereus; Sandra Marxen, Timo D. Stark, Elrike Frenzel, Andrea Rütschle, Genia Lücking, Gabriel Pürstinger, Elena E. Pohl, Siegried Scherer, Monika Ehling-Schulz, Thomas Hofmann; Analytical and Bioanalytical Chemistry; DOI: 10.1007/s00216-015-8511-y (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25665710)

Medizin am Abend DirektKontakt:


Technische Universität München
Prof. Dr. Thomas Hofmann
Lehrstuhl für 
Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik
Tel.: +49 8161 71-2902
thomas.hofmann@tum.de
http://www.molekulare-sensorik.de/startseite.html

Prof. Dr. Siegfried Scherer
Lehrstuhl für Mikrobielle Ökologie
Tel.: +49 8161 71-3516
siegfried.scherer@wzw.tum.de
http://micbio.wzw.tum.de/index.php

Dr. Ulrich Marsch Technische Universität München
 

Einführung und Umsetzung eines neuen Pflegebegriffes: + 0,2 % Erhöhung der Beiträge


Medizin am Abend Fachlink:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/045/1804573.pdf

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff einschließlich eines neuen Begutachtungsverfahrens soll nach wie vor noch in dieser Wahlperiode umgesetzt werden. Zur Vorbereitung wurden im Frühjahr 2014 zwei Erprobungsstudien in Auftrag gegeben. In einem Fall liege ein Bericht im Entwurf vor. Die Arbeiten am datenreichen Bericht zum zweiten Modellprojekt hätten sich hingegen verzögert, schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke. Nach derzeitigem Stand könnten die endgültigen Ergebnisse der beiden Studien Ende April zur nächsten geplanten Sitzung des Begleitgremiums vorgelegt werden.

Das „Gemeinsame Begleitgremium für die beiden Modellprojekte zur Erprobung des Neuen Begutachtungsassessments NBA“ wurde beim GKV-Spitzenverband eingerichtet. In der Fachwelt sei unstreitig, dass es der Einführung eines neuen Pflegebegriffs bedürfe. Das Ziel sei die Gleichbehandlung von somatisch, kognitiv und psychisch bedingten Beeinträchtigungen bei Pflegebedürftigen, heißt es in der Antwort weiter.

Um die professionelle Pflege mit Fachkräften zu stärken, will die Regierung die Attraktivität der Ausbildung in der Altenpflege sowie des Berufsbildes insgesamt verbessern. Diesem Ziel diene die im Dezember 2012 von Bund, Ländern, kommunalen Spitzenverbänden, Träger-, Berufs- und Betroffenenverbänden beschlossene Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege.

Der im Januar 2015 veröffentlichte Zwischenbericht zeige bereits Erfolge. So seien die Ausbildungszahlen in der Altenpflege im Schuljahr 2013/2014 um rund 14 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen. Die Bundesregierung erkenne zugleich die Leistungen pflegender Angehöriger an und setze sich dafür ein, „dass sie mehr Beachtung und Unterstützung erhalten“.

Noch nicht geklärt sind die Auswirkungen des neuen Pflegebegriffs in den verschiedenen Sozialgesetzbüchern. Auf die Frage, inwieweit die Regierung das Ziel verfolge, den neuen Pflegebegriff „im SGB I und einheitlich in allen relevanten Sozialgesetzbüchern (SGB XII und SGB IX) sowie im angekündigten Bundesteilhabegesetz zu verankern“, heißt es in der Antwort, hierzu befinde sich die Regierung noch im Meinungsbildungsprozess. Dies gilt auch für die Frage, ob der neue Pflegebegriff im Rahmen der „Hilfe zur Pflege“ (SGB XII/Sozialhilfe) eingeführt wird.

Nach den Plänen der Bundesregierung soll es künftig statt drei Pflegestufen fünf Pflegegrade geben, um die Pflegebedürftigkeit genauer zuordnen zu können. 

Dabei wird nicht mehr zwischen körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen unterschieden. Vielmehr soll der Grad der Selbstständigkeit im Alltag entscheidend sein. 

Das soll Demenzkranken nachhaltig zugutekommen. Finanziert werden sollen die neuen Leistungen durch eine Anhebung der Pflegeversicherungsbeiträge um 0,2 Prozentpunkte.


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