Hygienerichtlinien nicht eingehalten - Ansteckungsgefahr?

Medizin am Abend Fazit: Helios: Hygienerichtlinien nicht eingehalten - Personal offenbar überlastet - möglicherweise erhöhte Ansteckungsgefahr

Die Hygienestandards in niedersächsischen Helios-Kliniken entsprechen offenbar nicht durchgehend den empfohlenen Standards. In den privaten Helios-Kliniken werden Patienten, die einen multiresistenten MRSA-Keim in sich tragen, nicht grundsätzlich von anderen Patienten isoliert. Das geht aus Dokumenten niedersächsischer Helios-Krankenhäuser hervor, die dem NDR Fernsehmagazin "Hallo Niedersachsen" vorliegen. Die Vorgehensweise widerspricht Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert-Koch-Institut (KRINKO). Sie empfiehlt die grundsätzliche Isolation aller Patienten, die mit MRSA besiedelt sind. Die Empfehlungen der KRINKO gelten für viele Fachleute als bindend.

Karin Schwegmann, Hygienefachärztin für insgesamt 8 der 14 niedersächsischen Helios-Kliniken, bestätigte im Interview, dass Helios die Empfehlungen nicht vollständig umsetzt: "Wenn ein Patient nur eine nasale Kolonisation aufweist, das heißt, er ist nur in der Nase mit MRSA besiedelt, dann muss der Patient nicht zwingend isoliert werden." Gleiches gelte für Patienten, die in einer Wunde mit MRSA besiedelt sind, die leicht zu verbinden ist.

Der Anwalt Burkhard Kirchhoff, der auch Patienten aus Niedersachsen vertritt, kritisiert die Verfahrensweise bei Helios. Die Vorgaben der KRINKO "sind keine Empfehlungen, die beliebig sind für Kliniken", sagt Kirchhoff. "Die Empfehlungen haben in Deutschland den Rang eines Gesetzes." Der wissenschaftliche Standard gelte nur dann als eingehalten, wenn sie von den Kliniken umgesetzt würden. "Und zwar eins zu eins lückenlos", so Kirchhoff.

Gleichzeitig beklagen Arbeitnehmervertreter eine Überlastung von Helios-Mitarbeitern sowohl in der Pflege als auch beim ärztlichen Personal. "Hallo Niedersachsen" liegen 75 Überlastungs - und Gefährdungsanzeigen aus unterschiedlichen Helios Krankenhäusern vor. "Die Pflegekräfte auf den Stationen sind am Anschlag. Nach meiner Auffassung können die hygienischen Maßnahmen nicht voll durchgeführt werden, weil die Zeit fehlt", so der Betriebsratsvorsitzende des Helios Klinikums in Hildesheim, Frank Zill. Eine Helios-Sprecherin teilte dazu mit, Anzeichen von Überlastung seien nicht einseitig auf Personalmangel zurückzuführen, "sondern auch auf die Frage, wie die Arbeit organisiert wird." Die Abläufe würden permanent verbessert.

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360° TOP- Einladung zur Studie - App MOSS Depressive Verstimmungen!

Medizin am Abend Fazit: MOSS – Mit einer App depressive Verstimmungen erkennen und Betroffenen helfen

Forschende des UniversitätsSpitals Zürich haben in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, der Universität St. Gallen und der makora AG eine App zur Früherkennung von Depressionen entwickelt. Betroffene werden damit mobil, alltagsnah und mit individuellen Verhaltensempfehlungen unterstützt. 

Die Verhaltensempfehlungen der MOSS App basieren auf medizinischen und verhaltenstherapeutischen Grundlagen zur Behandlung von Depressionen und betreffen die Bereiche: Körper, Gedanken, Entspannu Die Verhaltensempfehlungen der MOSS App basieren auf medizinischen und verhaltenstherapeutischen Grundlagen zur Behandlung von Depressionen und betreffen die Bereiche: Körper, Gedanken, Entspannung
 
Depressionen beginnen oft schleichend, das frühzeitige Erkennen erster Symptome ist jedoch für den Verlauf der Krankheit entscheidend. An diesem Punkt setzte das Entwicklerteam der MOSS App um die Psychiaterin Dr. Steffi Weidt (UniversitätsSpital Zürich) und Prof. Elgar Fleisch (ETH Zürich und Universität St. Gallen) an. Ziel der App ist es, eine beginnende Depression frühzeitig zu erkennen und individuelle Verhaltensempfehlungen zu geben, um die Depression abzuschwächen oder sogar zu vermeiden. MOSS wurde in Kooperation mit der ETH Zürich, der Universität St. Gallen (HSG) und der makora AG entwickelt und wird von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) finanziell unterstützt.

MOSS: Mobile Sensing and Support

Die MOSS App nutzt die zeitlich und örtlich unbeschränkte Verfügbarkeit (Mobile) von Smartphones, um Menschen mit einer depressiven Verstimmung möglichst alltagsnah und individuell zu unterstützen. Dafür erfasst, sammelt, sammelt und analysiert (Sensing) MOSS laufend Daten, und gibt anhand von Algorithmen ermittelte individuelle, an die Situation angepasste Verhaltensempfehlungen ab (Support). Diese Empfehlungen basieren auf medizinischen und verhaltenstherapeutischen Grundlagen zur Behandlung von Depressionen und betreffen die vier Bereiche: Körper, Gedanken, Entspannung und Soziales.

Antriebslosigkeit erkennen und bekämpfen

Energie- und Antriebslosigkeit sind typische Begleiterscheinungen von depressiven Verstimmungen. Die App erfasst deshalb unter anderem Informationen zur körperlichen Aktivität (Bewegung zu Fuss) oder zu sozialen Kontakten (Anzahl Anrufe). Aus diesen Angaben erkennt MOSS, dass ein Nutzer in den letzten Tagen das Haus nur selten verlassen hat und keine sozialen Kontakte mehr pflegte. Basierend auf diesen Informationen würde MOSS beispielsweise empfehlen, wieder einmal einen Spaziergang an der frischen Luft zu machen oder sich bei einer Freundin zu melden, um mit positiven Aktivitäten die Symptome zu überwinden oder sich präventiv vor einer Depression zu schützen.

Verbesserung der Versorgungssituation

«Da die App jederzeit und überall für Betroffene verfügbar ist, kann sie deutlich zur Verbesserung der Versorgungssituation beitragen. Die App läuft zudem bequem und selbständig im Hintergrund, die Nutzer müssen aktiv keine Eingaben machen. Für Menschen mit depressiven Verstimmungen oder Depressionen ist das eine wesentliche und hilfreiche Unterstützung», ist Steffi Weidt überzeugt.

Teststudie

Das UniversitätsSpital Zürich (USZ) führt unter der Leitung von Dr. Steffi Weidt die erste Teststudie der MOSS App durch. Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer können die neuartige Android App kostenlos testen. Der Schutz der persönlichen Daten ist dabei zentral; so werden alle Informationen verschlüsselt übermittelt und gespeichert und die Teilnehmenden sind nur über eine Identifikationsnummer erfasst.

Information und Anmeldung unter: http://www.health-is.ch/MOSS

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Dr. Steffi Weidt, Projektverantwortliche MOSS
UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Tel. +41 044 255 52 80, mossde@usz.ch

UniversitätsSpital Zürich, Rämistrasse 100, 8091 Zürich
Tel. +41 044 255 86 20, medien@usz.ch
lic. phil. Martina Pletscher UniversitätsSpital Zürich

360° TOP-Thema: PLACEBO - Die Macht des Medikamentes

Medizin am Abend Fazit: Placebo gegen Parkinson: Die Macht der positiven Gedanken

Patienten erwarten von einem teuren Medikament eine bessere Wirkung als von einem billigen. Tatsächlich steigert diese Erwartung den Behandlungserfolg. Diesen Zusammenhang belegt eine Pilotstudie mit Parkinson-Patienten, bei der allerdings keine echten Medikamente verabreicht wurden, sondern lediglich Scheinmedikamente (Placebos). „Diese Studie ist sehr bedeutsam für die medizinische Praxis“, erklärt Professor Ulrike Bingel von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). 

Placebo bei Parkinson (c) fotolia/spinetta
 (c) fotolia/spinetta

„Es geht hier aber nicht um billig versus teuer. Vielmehr zeigt die Studie, dass nicht allein die verordnete Arznei heilt. Ärzte können den Behandlungserfolg durch Information und Kommunikation positiv beeinflussen“, so die Placebo-Expertin aus Essen.

In der Studie, die in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlicht wurde, hatten zwölf Patienten im mittleren bis fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Krankheit jeweils eine Kochsalzlösung injiziert bekommen. Während man der einen Hälfte der freiwilligen Studienteilnehmer sagte, ihr Medikament würde 1500 Dollar kosten und damit entsprechende Erwartungen weckte, bekamen die anderen Patienten angeblich eine nur 100 Dollar teure Injektion.

„Obwohl beide Placebos die motorischen Funktionen verbesserten, war der Nutzen größer, wenn die Patienten zuerst das teure Scheinmedikament bekamen“, berichten die Wissenschaftler um Dr. Alberto J. Espay vom Neurowissenschaftlichen Institut der Universität Cincinnati (USA). Im Vergleich zum echten Standardwirkstoff Levadopa schnitten beide Placebos zwar schlechter ab. Die Überlegenheit von „teurem“ gegenüber „billigem“ Placebo war jedoch ähnlich groß wie die Überlegenheit von Levadopa gegenüber dem teuren Placebo.

Placebo verbessert Beweglichkeit und Hirnaktivität

Unter dem angeblich teuren Placebo hatten sich die motorischen Fähigkeiten der Patienten gemäß der Bewertungsskala UPDRS-III um 28 Prozent verbessert, unter dem angeblich billigeren Scheinmedikament um nur 13 Prozent. Die ebenfalls in der Studie angefertigten Bilder der Hirnaktivität – gemessen mithilfe der funktionellen Kernspinresonanz – zeigten für beide Placebo-Injektionen sogar ähnliche Effekte wie für den echten Parkinson-Wirkstoff Levadopa.

„Die Fallzahl war sehr klein, daher sind die Befunde aus der Bildgebung mit Vorsicht zu interpretieren“, gibt Professor Bingel zu bedenken. „Gleichzeitig wurden jedoch auch die Auswirkungen auf die Beweglichkeit bestimmt – und die Messwerte bestätigen erneut den Einfluss positiver Erwartungen auf den Therapieerfolg. Dem Placebo-Effekt liegen messbare körperliche Vorgänge zugrunde. Bei manchen Therapien ist der Placebo-Effekt sogar noch größer als der Effekt durch das echte Medikament. Leider wird dieses große Potenzial in der klinischen Anwendung viel zu wenig beachtet“, so Bingel.

Teure Arzneien wecken positive Erwartungen

Weil Espay und Kollegen die freiwilligen Studienteilnehmer für ihr Experiment täuschen mussten, hatte eine Ethikkommission strenge Vorgaben gemacht, um Nachteile für die Patienten auszuschließen. Als man ihnen nach Abschluss des Experiments die Wahrheit sagte, berichteten acht der Teilnehmer, dass sie wirklich größere Erwartungen an die teure Arznei gehabt hatten. Tatsächlich waren in dieser Gruppe sehr deutliche Besserungen zu verzeichnen. Bei den anderen vier Teilnehmern dagegen, die keinen Unterschied zwischen teuren und billigen Arzneien erwartet hatten, registrierten die Forscher kaum positive Auswirkungen.

Motivation kann heilen helfen

Professor Bingel geht davon aus, dass die Schlussfolgerung der Studie nicht nur für Parkinson-Patienten gilt, sondern für andere Therapien verallgemeinert werden kann. Aus der Forschung an Nachahmerpräparaten (Generika) sei bereits bekannt, dass Erwartungseffekte eine große Rolle spielen. In einer anderen Studie mit einem Allergiemittel habe man festgestellt, dass dessen Wirksamkeit ebenfalls durch gezielte positive Botschaften verstärkt wurde.

Wichtiger als der Preis eines Medikaments ist der Einfluss des Arztes: „Die Ergebnisse dürfen nicht fälschlich als Argument für den Einsatz teurer Medikamente interpretiert werden“, stellt Bingel klar. „Vielmehr ist es eine wesentliche Aufgabe für uns als Ärzte, die Erwartungen unserer Patienten an eine Therapie durch gezielte und individuell angepasste Kommunikation positiv zu beeinflussen“, schlussfolgert die Neurologin.

Quellen

Espay AJ, et al: Placebo effect of medication cost in Parkinson disease: A randomized double-blind study. Neurology. 2015 Feb 24;84(8):794-802

LeWitt PA, et al: The pharmacodynamics of placebo: expectation effects of price as a proxy for efficacy Neurology, 2015 Feb 24;84(8):766-7

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Prof. Dr. med. Ulrike Bingel
Lehrstuhl für Funktionelle Bildgebung
Klinik für Neurologie
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55, 45147 Essen
Tel.: +49 (0) 201-723 2401
Fax: +49 (0) 201-723 6882
E-Mail: ulrike.bingel@uk-essen.de

Deutschen Gesellschaft für Neurologie
Tel.: +49 (0)89 46148622, Fax: +49 (0)89 46148625,
Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen
Frank A. Miltner Deutsche Gesellschaft für Neurologie

360° TOP-Grausam-Thema: Umsatzsteuer auf Knochenspenden und - transplantate

Medizin am Abend Fazit: Keine Geschäfte mit Organspenden!

Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) fordert vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Korrektur des Umsatzsteueranwendungserlasses, der seit 1.1.2015 menschliche Knochenspenden nicht mehr als Organspenden ansieht. Die neue Auslegung des Organbegriffes durch das BMF führt zukünftig zur Besteuerung von sogenannten allogenen menschlichen Knochen. 
 
„Wir sehen keinen Sinn darin, Knochenspenden von Organspenden abzukoppeln. Auch Knochen sind Organe des menschlichen Körpers, mit einer Anbindung an das Nervensystem und an den Blutkreislauf. Menschen spenden aus altruistischen Gründen. Wir halten eine staatliche Einkommenserzielung in Form einer Umsatzsteuer auf Knochenspenden und -transplantate für falsch“, sagt Professor Bernd Kladny, Generalsekretär der DGOU.

Das BMF hatte im Schreiben vom 10.12.2014 (1) bekannt gemacht, dass der Umsatzsteueranwendungserlass, also die Anwendung des Umsatzsteuergesetzes (UStG) durch das BMF, hinsichtlich der Auslegung des Organbegriffes zum 1.1.2015 geändert wird. Das Umsatzsteuergesetz sieht im Paragraph 4 Nr. 17 a vor, menschliche Organe, menschliches Blut und Frauenmilch von der Umsatzsteuer zu befreien. Mit der neuen Verwaltungsauffassung zum Organbegriff greift das BMF in die bisher in Deutschland seit Jahrzehnten geltenden Befreiungsvorschriften für die Aufbereitung und Bereitstellung menschlicher Organ- und Gewebeteile ein.

Bisher war ohne jegliche Unterscheidung zwischen einzelnen Gewebearten die Lieferung menschlicher Gewebetransplantate zur therapeutischen Anwendung ausnahmslos umsatzsteuerbefreit. Die Änderung der langjährigen deutschen Rechtsauffassung steht zudem im Widerspruch zum europäischen Recht und lässt sich nicht mit den ethischen und gesundheitspolitischen Basisprinzipien der Europäischen Union vereinbaren:

Denn laut der EU-Grundrechtecharta besteht ein Verbot, den menschlichen Körper und Teile davon zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen. Eine Umsatzbesteuerung und Einnahmenerzielung durch den Staat ist der Sache der Organspende und Gewebetransplantation nicht zuträglich. „Die Konsequenzen dieses Umsatzsteueranwendungserlasses werden die Versorgung von Patienten mit medizinisch notwendigen Knochentransplantaten in Deutschland möglicherweise nachhaltig beeinträchtigen“, sagt Professor Reinhard Hoffmann, stellvertretender Generalsekretär der DGOU.

Orthopäden und Unfallchirurgen setzen menschliche Knochenspenden beispielsweise bei der Therapie von Knochentumoren ein, indem sie Teile der von Tumorzellen befallenen Knochen entfernen und durch gesundes gespendetes Knochengewebe ersetzen. Ähnliches gilt für den Aufbau großer Knochendefekte bei gelockerten Endoprothesen oder nach Unfällen. Die sogenannten allogenen Knochentransplantationstechniken sind in der heutigen Medizin zu einem unverzichtbaren Bestandteil geworden und haben ganz maßgeblich Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen.

Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (DGOU) mit Sitz in Berlin ist eine medizinische Fachgesellschaft mit rund 10.000 Mitgliedern. Als Vereinsverband bündelt sie die Ziele und Aufgaben ihrer beiden Trägervereine, der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC) und der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU). Damit vertritt sie die Interessen des Faches Orthopädie und Unfallchirurgie im Bereich der Forschung, Lehre, Fort- und Weiterbildung, Klinik und Praxis sowie im ordnungspolitischen Rahmen der Gesundheitspolitik.

Quellen:
(1) BMF-Schreiben vom 10.12.2014 (IV D 3 – S 7015/14/10001)

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Susanne Herda
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 340 60 36 -06 oder -00


Weitere Informationen für Medizin am Abend Beteiligte ist:

http://www.dgou.de

Medikament gegen Morbus Crohn: entzündungshemmenden Botenstoffes (TGF-ß1)

Medizin am Abend Fazit: Neues Medikament gegen Morbus Crohn

Morbus Crohn ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung mit hohem Leidensdruck. Ständige Durchfälle und krampfartige Bauchschmerzen machen es den Betroffenen schwer, ein normales Leben zu führen. Ärzte der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) testeten nun einen neuen Behandlungsansatz. 

Prof. Dr. Markus F. Neurath
Prof. Dr. Markus F. Neurath Uni-Klinikum Erlangen


Die Medizinische Klinik 1 des Universitätsklinikums Erlangen (Direktor: Prof. Markus F. Neurath) erprobte als einziges deutsches Zentrum zusammen mit 16 italienischen Partner­institutionen den Einsatz eines neuen Medikaments.

Diese Therapie hemmt ein Molekül (SMAD7), das seinerseits die Freisetzung eines entzündungshemmenden Botenstoffes (TGF-ß1) blockiert.

160 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Morbus Crohn-Erkrankung wurden nach dem Zufallsprinzip bei dieser Phase-2 Studie in Gruppen eingeteilt und bekamen über zwei Wochen täglich unterschiedlich hohe Dosen des Studienmedikaments Mongersen (10, 40, oder 160 mg) oder eines Placebos als Tablette verabreicht. Die Behandlung zielte auf klinische Remission ab, also auf ein Nachlassen der Krankheitssymptome und damit auf eine deutliche Verbesserung des Patientenbefindens.

Dies gelang insbesondere bei den Gruppen, die täglich 40 oder 160 Milligramm oral verabreicht bekamen: Hier erfuhren jeweils 55 Prozent und 65 Prozent die gewünschte Reduktion der Krankheitsaktivität, wohingegen in der Placebo-Gruppe nur 10 Prozent einen verringerten Wert verzeichneten. „Eine ähnlich starker therapeutischer Effekt konnte bei der Morbus Crohn-Erkrankung bisher mit keinem anderen Medikament in klinischen Studien erreicht werden“, erklärt Prof. Neurath.

Darüber hinaus hielt der Effekt lange an, nämlich über drei Monate hinweg, obwohl die Medikamentengabe nur zwei Wochen lang erfolgte. Am 84. Tag der Studie konnte bei 62 Prozent der Probanden, die 40 Milligramm Mongersen erhalten hatten, klinische Remission nachgewiesen werden; bei der Gruppe, die 160 Milligramm erhalten hatten, waren es sogar 67 Prozent. Die hohe Wirksamkeit wertet Prof. Neurath als einen möglichen Durchbruch in der Morbus Crohn-Behandlung, der durch weitere Studien abgesichert werden muss. Beim Einsatz bisher vorhandener entzündungshemmender Mittel seien die Symptome nach Absetzen des Medikaments sehr rasch wieder zurückgekehrt. Bei der Anwendung des Medikaments ergaben sich nicht mehr Nebenwirkungen als in der Placebo-Gruppe.

Die Studie wurde am 19. März im New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Originalveröffentlichung:
Giovanni Monteleone, Neurath MF et al., Mongersen, an Oral SMAD7 Antisense Oligonucleotide, and Crohn’s Disease, N Engl J Med 2015;372:1104-13.
DOI: 10.1056/NEJMoa1407250

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Prof. Dr. med. Raja Atreya
Tel: 09131-85-45107
Raja.Atreya@uk-erlangen.de
Dr. Susanne Langer
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

100.000 Euro für Masernviren - Nachweis

100.000 Euro für den Nachweis von Masernviren - Dr. David Bardens erklärt live bei stern TV: "Das Geld der Impfgegner werde ich in Impfkampagnen investieren"

"Es gibt eine Unmenge an Impfgegnern und selbsternannten Experten im Internet, die sich anmaßen falsche Tatsachenbehauptungen aufzustellen", erklärte Dr. David Bardens live bei stern TV. "Dr. Lanka sagt, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass Masern eine psychosomatische Erkrankung sind. 

Es gibt mehr als 30.000 Wissenschaftler, die bisher an Masern geforscht haben. 
Und er wischt alle als bemühte Mediziner und Studenten beiseite."

Für Eltern, die Ihr Kind an den Folgen einer Maserninfektion verloren haben, seien solche Theorien eine unglaubliche Belastung. Deshalb sei es ihm ein Anliegen gewesen diese Behauptungen zu widerlegen. Auch er habe miterleben müssen, wie ein Kind an den Folgen des Masernvirus gestorben ist. "Es haben sich bereits betroffene Familien gemeldet und sich bei mir bedankt, dass ich diese Sache richtig stelle", erklärte er im Gespräch mit Steffen Hallaschka. Von Impfgegnern sei er jedoch über das Internet bedroht und verleumdet worden.

Trotzdem werde er nicht aufhören die Wahrheit zu sagen.

Am Ende appellierte Dr. Bardens an die stern TV-Zuschauer: "Bitte gehen Sie zum Arzt, lassen Sie sich beraten, überprüfen Sie ihren Impfstatus und den Ihrer Kinder. Denn Sie haben eine Verantwortung. Nicht nur Ihrer eigenen Familie, sondern auch den Menschen gegenüber, die zum Beispiel nicht geimpft werden können, weil sie zu jung oder zu schwach sind."

100.000 Euro für den Nachweis von Masernviren 

Am vergangenen Donnerstag bekam der Arzt David Bardens vor dem Landgericht Ravensburg 100.000 Euro zugesprochen. Hintergrund war ein skurriler Wettbewerb. Der Biologe Dr. Stefan Lanka hatte, demjenigen ein Preisgeld versprochen, der ihm den Nachweis für die Existenz und Größe von Masernviren erbringt. Anhand von wissenschaftlichen Publikationen lieferte Bardens mühelos die Beweise. Das bestätigte nun auch das Gericht. Wettbewerbsinitiator Lanka ist entsetzt: "Das Gericht hat eine massive Fehlentscheidung getroffen, in jeder Hinsicht", erklärte er nach der Urteilsverkündung. Der Impfgegner leugnet seit Jahren die Existenz von Masernviren. Lanka will in Berufung gehen. Dr. David Bardens jedoch freut sich: "Es fühlt sich gut an, dass Herr Lanka in die Schranken verwiesen wurde, dass es ein klares Statement ist, dass man nicht jeden Unsinn verzapfen kann, ohne dafür die Konsequenzen tragen zu müssen", erklärte er im stern TV-Interview. Die 100.000 Euro will der 30-Jährige jetzt in Impfkampagnen investieren.

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Vogelgrippe, Influenza-A-Virus

Medizin am Abend Fazit: Vogelgrippe: Wirtswechsel mit kleinstmöglichem Aufwand

Der Eindringling bleibt unerkannt: Ein einziger ausgetauschter Proteinbaustein reicht aus, damit das Vogelgrippevirus neue Wirte befallen kann. Das berichten Virologinnen und Virologen um Professor Dr. Friedemann Weber von der Philipps-Universität in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Cell Host & Microbe“, die am 11. März erscheint. Das Team fand heraus, dass die Abwehr der Säugerzellen keinen Angriffspunkt an Virenproteinen findet, die leicht abgewandelt sind. 

Professor Dr. Friedemann Weber Professor Dr. Friedemann Weber (Foto: Jürgen Brandel, Uniklinikum Freiburg)
 
„Das Influenza-A-Virus führt weltweit immer wieder zu Grippeausbrüchen, indem es sich aus einem anscheinend unbegrenzten Vorrat neuer Varianten bei Geflügel erneuert“, erläutert der Marburger Hochschullehrer Friedemann Weber, Mitverfasser der Studie. Wie schafft es das Vogelgrippevirus, auf Säugetiere überzuspringen? Der Antwort auf diese Frage sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt ein Stück näher gekommen. Sie untersuchten, wie das Virus mit einem Molekül der Wirtszelle interagiert, das für die Abwehr einer Infektion verantwortlich ist.

Das Enzym RIG-I sorgt in der Zelle von Säugetieren dafür, dass das Erbmaterial von eingedrungenen Viren erkannt wird. „Unsere neuen Daten zeigen, dass schon die Bindung von RIG-I an das Virus dessen Vermehrung hemmen kann“, erklärt Weber.

Hühnern fehlt das Abwehrenzym RIG-I. Damit Grippeerreger von ihnen auf Säugetiere überspringen können, muss das Virus mit RIG-I zurande kommen, das im neuen Wirt vorliegt. Die Autorinnen und Autoren zeigen, dass hierbei das Virus-Enzym Polymerase von Bedeutung ist. Vogelgrippeviren unterscheiden sich in einem einzigen Baustein ihrer Polymerase von Viren, die sich in Säugern vermehren können – an Position 627 befindet sich Glutaminsäure statt Lysin.

Hängt dieser Austausch mit dem Abwehrenzym RIG-I zusammen? Das Team infizierte Zellen mit Viren verschiedenen Typs und maß die Aktivität von RIG-I. Das Ergebnis: RIG-I reagiert auf Vogelgrippeviren viel stärker als auf Grippeviren, deren Polymerase an den Säugerorganismus angepasst ist. Offenbar bewirkt die Mutation von Glutaminsäure zu Lysin, dass die Polymerase das virale Erbmaterial besser abschirmt, so dass dieses nicht für einen Angriff durch RIG-I zugänglich ist. „Unsere Befunde weisen darauf hin, dass diese Mutation eine Gegenstrategie ist, um das virale Erbmaterial vor RIG-I zu verstecken“, fasst Weber zusammen. Die Ergebnisse lassen sich möglicherweise dereinst nutzen, um neuartige Wirkstoffe gegen Virusinfektionen zu entwickeln, hoffen die Autoren.

An der Veröffentlichung sind neben Weber und seinen Mitarbeiterinnen auch die Arbeitsgruppen von Professor Dr. Hans-Dieter Klenk aus der Virologie und von Professor Dr. Ralf Jacob aus der Zellbiologie der Philipps-Universität sowie weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Freiburg und Bonn sowie der „Icahn School of Medicine at Mount Sinai” in New York beteiligt. Die Arbeit der beteiligten Forscherinnen und Forscher wurde unter anderem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die „Leibniz Graduate School EIDIS“ der Leibniz-Gemeinschaft, die Europäische Kommission, das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) und das Bundesforschungsministerium finanziell gefördert.

Originalveröffentlichung: Michaela Weber; al.: Influenza virus adaptation PB2-627K modulates nucleocapsid inhibition by the pathogen sensor RIG-I, Cell host & microbe 2015, DOI: 10.1016/j.chom.2015.01.005

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Ansprechpartner: Professor Dr. Friedemann Weber,
Institut für Virologie
Tel.: 06421 28-24525
E-Mail: friedemann.weber@staff.uni-marburg.de
Internet: http://www.uni-marburg.de/fb20/virologie/forschung/ag-weber
Johannes Scholten Philipps-Universität Marburg