Komplexe Schlaganfalltherapie bei endovaskulären Therapie

Medizin am Abend Fazit: Spektakuläre Studien zur endovaskulären Therapie: komplexe Schlaganfalltherapie mit großem Nutzen

Rund 10 000 Menschen mit einem schweren Schlaganfall könnten
jährlich in Deutschland vor dauerhaften Behinderungen und Tod bewahrt
werden, wenn Neuroradiologen das Blutgerinnsel, das eine Hirnarterie
blockiert, frühzeitig mit einem Spezialkatheter entfernen können. Dies
zeigen die Ergebnisse von gleich drei neuen Studien, die vergangene Woche
auf der International Stroke Conference in Nashville, USA, vorgestellt
wurden. Die Studien sind eine wichtige Bestätigung für die Neurozentren in
Deutschland, die diese als noch experimentell eingestufte Therapie bereits
durchführen.

Nach Einschätzung der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), der
Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Gesellschaft
für Neuroradiologie (DGNR) ist es nun erforderlich, die bestehenden
Versorgungsstrukturen der akuten Schlaganfallbehandlung hierzulande zu
optimieren. Nur so kann sichergestellt werden, dass diese endovaskuläre
Therapie mit einem Katheter bestimmten Patienten mit schweren akuten
Schlaganfällen zu Gute kommt. Da nur Patienten mit einem großen
Blutgerinnsel in den Hirnarterien möglichst frühzeitig nach Symptombeginn
in Frage kommen, wird die aufwändige Therapie nur in spezialisierten
Neurozentren mit Stroke Unit, Neuroradiologie und neurologischer
Intensivstation erfolgen können.

Acht von zehn Schlaganfällen sind die Folge einer plötzlichen
Durchblutungsstörung im Gehirn. Wenn ein sehr großes Blutgerinnsel die
großen Hirnarterien verstopft, dann reicht die Standardtherapie, die
systemische Thrombolyse, meistens nicht aus, um das verantwortliche
Blutgerinnsel aufzulösen. „Seit etwa acht Jahren gibt es Katheter, mit
denen Neuroradiologen versuchen, das Blutgerinnsel mechanisch zu
entfernen“, erklärt Professor Dr. med. Joachim Röther, Chefarzt an der
Asklepios Klinik Altona. In vielen Fällen seien immer wieder spektakuläre
Erfolge erzielt worden, doch existierten keine Studienergebnisse aus
randomisierten Studien, dem Goldstandard in der Medizin. Dies änderte sich
im vergangenen Oktober mit der Vorstellung der MR CLEAN-Studie aus Holland
auf der World Stroke Conference in Istanbul, die zum ersten Mal die
Überlegenheit der interventionellen Therapie plus systemischer Lyse
gegenüber der Lyse allein zeigte. Professor Röther: „Dort wurden fast
ausnahmslos moderne Katheter eingesetzt, mit denen das Blutgerinnsel mit
einem körbchenartigen Drahtgeflecht (Stent) aus der Arterie gezogen wird.“

Komplexe Schlaganfalltherapie verbessert Behandlungsergebnis deutlich
Diese sogenannten Stent-Retriever wurden auch in drei Studien eingesetzt,
deren Ergebnisse jetzt in den USA vorgestellt wurden. In allen drei
Studien (EXTEND-IA, ESCAPE und SWIFT-PRIME) erhielten die Patienten die
Standardtherapie, eine Thrombolyse, und bei der Hälfte der Patienten kam
zusätzlich der Stent-Retriever zum Einsatz. In allen drei Studien wurden
große Erfolge erzielt. Die Chance der Patienten auf ein günstiges
Behandlungsergebnis wurde um 20 bis 30 Prozent gesteigert, ein
spektakuläres Ergebnis, so Professor Röther: „Die Behandlung konnte nicht
alle Behinderungen vermeiden, doch drei von fünf Patienten gewannen dank
der Behandlung ihre funktionelle Unabhängigkeit zurück“, erläutert der
Neurologe: „Sie waren 90 Tage nach dem Schlaganfall im Alltagsleben nicht
mehr auf fremde Hilfe angewiesen.“

Neurovaskuläre Netzwerke bieten optimale Versorgungsstruktur

Dies ist ein erstaunlicher Erfolg, der jedoch nur unter bestimmten
Bedingungen zu erreichen ist. „Die Studien zeigen, dass diese Therapie in
einem Zeitfenster von sechs Stunden nach Beginn der Schlaganfallsymptome –
selten auch noch danach – sinnvoll ist“, erklärt Professor Hans-Christoph
Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen und
Europäischer Leiter der SWIFT-PRIME Studie. Voraussetzung für die rasche
Therapie ist für den Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für
Neurologie eine sichere Ortung des Blutgerinnsels in den Hirnarterien
mittels CT-Angiographie. Zum anderen dürfe das durch den Schlaganfall
bereits geschädigte Hirnareal nicht zu groß sein. Der wichtigste Faktor
bleibe aber ein möglichst frühzeitiger Beginn. „Die besten Ergebnisse sind
zu erwarten, wenn so früh wie möglich mit der endovaskulären Therapie
begonnen wird“, sagt Professor Diener: „In den nächsten Monaten muss die
Zuweisung aller für die Katheterbehandlung in Frage kommenden Patienten in
die Neurozentren verbessert werden. Die von der DSG bereits initiierten
Neurovaskulären Netzwerke, der Zusammenschluss mehrerer Kliniken mit einem
Neurozentrum, bietet die optimale Versorgungsstruktur.“

Lysetherapie bleibt Standard – aber bei Bedarf danach der Einsatz des
Stent-Retrievers


Viereinhalb Stunden ist das derzeitige Zeitfenster für die Thrombolyse.
Professor Christoph Groden, Direktor der Abteilung für Neuroradiologie der
Universitätsmedizin Mannheim und Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Neuroradiologie (DGNR), weist daraufhin, dass die Lysetherapie weiterhin
der Standard für alle Schlaganfallpatienten im 4,5-Stunden-Zeitfenster
ist. Bestätigt dann die Computer- oder Kernspin-Angiographie ein großes
Blutgerinnsel, so sollte künftig die Behandlung mit einem Stent-Retriever
angeschlossen werden. „Die Behandlung kommt für etwa fünf Prozent der
Schlaganfallpatienten infrage“, so Professor Groden. Das höre sich
zunächst nicht sehr viel an, man müsse aber bedenken, dass es sich um sehr
schwer betroffene Patienten handelt, die teils noch auf dem Angiographie-
Tisch wieder beginnen zu reden und Arme und Beine zu bewegen. „Da die
Behandlung viel Erfahrung erfordere, gehöre diese Therapie in die Hand von
Spezialisten, also den Neuroradiologen.“

Literatur
M. Goyal, A.M. Demchuk, B.K. Menon et al.: Randomized Assessment of Rapid
Endovascular Treatment of Ischemic Stroke, The New England Journal of
Medicine, published on February 11, 2015, at NEJM.org.
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1414905#t=article
B.C.V. Campbell, P.J. Mitchell, T.J. Kleinig et al.: Endovascular Therapy
for Ischemic Stroke with Perfusion-Imaging Selection, The New England
Journal of Medicine, published on February 11,
2015, at NEJM.org.
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1414792#t=article

Medizin am Abend DirektKontakt

Prof. Dr. med. Joachim Röther
Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)
Chefarzt Neurologische Abteilung, Asklepios Klinik Altona, Paul-Ehrlich-
Straße 1, 22763 Hamburg
Tel.: +49 (0)40-181881-1401, E-Mail: j.roether@asklepios.com

Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener
Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)
Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Essen, Hufelandstr. 55,
45122 Essen
Tel.: +49 (0)201-7232460, E-Mail: h.diener@uni-essen.de

Prof. Dr. med. Christoph Groden
Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR)
Direktor der Abteilung für Neuroradiologie Universitätsklinikum Mannheim,
Theodor-Kutzer-Ufer 1-3, 68167 Mannheim
Tel.: +49 (0)621 383-2443, E-Mail: christoph.groden@umm.de

Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft
Dagmar Arnold
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-380
Fax: 0711 8931-167

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dsg-info.de

Herz-Kreislauferkrankungen

Herz-Kreislauferkrankungen sind häufigste Todesursache in Deutschland

In Deutschland waren 2013 mehr als 350.000 Todesfälle (39,7 Prozent) auf Herz-Kreislauferkrankungen zurückzuführen (1). Ein erhöhter Cholesterinspiegel gehört dabei zu den Risikofaktoren.

Zu den zentralen Ursachen für Herz-Kreislaufbeschwerden zählt die Arteriosklerose. Vor allem ein gestörter Fettstoffwechsel, beispielsweise durch einen erhöhten Cholesterinspiegel, kann zu Ablagerungen an den Gefäßwänden führen, was die Grundlage für die sogenannte "Arterienverkalkung" bildet. Das Problem: 75 Prozent der Deutschen kennen ihren Cholesterinwert nicht (2), wie eine von Becel pro.activ in Auftrag gegebene europäische Studie belegt. Aber nur wer die Höhe seines Cholesterinspiegels kennt, kann gegebenenfalls aktiv werden und gesundheitlichen Risiken vorbeugen. Deshalb werden noch bis Ende März 2015 kostenlose Cholesterintests in 300 deutschen Städten durchgeführt.
Die internationale Becel pro.activ Studie hat gezeigt, dass die Mehrheit der Deutschen den eigenen Cholesterinspiegel nicht kennt. Dieses Ergebnis nahm die Marke zum Anlass, um 2013 und 2014 weit mehr als 100.000 kostenlose Cholesterintests in ganz Deutschland durchzuführen. Deren Auswertung ergab, dass mehr als 50 Prozent (3) der Testteilnehmer einen Cholesterinspiegel oberhalb der empfohlenen Richtwerte aufwiesen. Grund genug, dass sich die Deutschen mit den Risiken eines erhöhten Cholesterinwerts auseinandersetzen und sich über Handlungsmöglichkeiten informieren. Damit auch in diesem Jahr möglichst viele Verbraucher ihren Cholesterinwert kostenlos überprüfen lassen können, wird die Aktion auch 2015 wieder in 300 deutschen Städten durchgeführt.

Ausführliche Informationen zu den Teststädten und -terminen sowie zum Thema Cholesterin erhalten Sie unter www.becelproactiv.de www.becelproactiv.de und in Ihren Lokalmedien.

1= Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 421 vom 27.11.2014 
2= Repräsentative Studie von Becel pro.activ, Dezember 2012. Umfrage 
zum Thema "Cholesterin" unter 9.066 Bürgern über 45 Jahre in zehn 
europäischen Ländern (Deutschland (n=1004), England (n=1033), 
Frankreich (n=1011), Spanien (n=1008), Niederlande (n=1004), 
Griechenland (n=1002), Schweden (n=502), Finnland (n=501), Polen 
(n=1001), Belgien (n=1000)). 
3= Die Daten sind nicht repräsentativ. Sie geben das Ergebnis der 
2013 und 2014 von Becel pro.activ durchgeführten Cholesterinmessungen
wieder. 
 
Über Becel pro.activ

Becel pro.activ Produkten sind hochwirksame Pflanzensterine zugesetzt, die den Cholesterinspiegel im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung mit viel Obst und Gemüse bei einer Aufnahme von ca. 2 g Pflanzensterinen (das entspricht 30 g Becel pro.activ Diät Halbfettmargarine) am Tag in zwei bis drei Wochen um bis zu 10 Prozent senken können. Eine weitere Senkung kann durch die Umstellung von Ernährung und Lebensstil als Basismaßnahme erreicht werden. Ein optimales Ergebnis wird beim Verzehr von drei Portionen Becel pro.activ täglich erzielt, wobei eine Portion aus 10 g Diät-Halbfettmargarine besteht. Becel pro.activ Diät Halbfettmargarine gibt es im 250- und 500-g-Becher im Lebensmitteleinzelhandel (unverbindliche Preisempfehlung 2,99 EUR/5,79 EUR).

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 Tim Krawczyk Telefon: 040/37 47 98 46 E-Mail: tim.krawczyk@edelman.com

Plötzlicher Herztod: Primär-präventiven ICD ?

Medizin am Abend Fazit: Auch gering ausgeprägte Herzschwäche kann zu plötzlichem Herztod führen

Der plötzliche Herztod ist eine mögliche Todesursache bei PatientInnen mit nicht-ischämischer Herzmuskelschwäche, also einer Herzschwäche, die genetisch bedingt ist, bzw. deren Ursache unbekannt ist. Nun ist es ForscherInnen der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien (Klinische Abteilung für Kardiologie) im Rahmen einer internationalen Kooperation gelungen, die Vorteile eines implantierten Defibrillators (ICD) als geeignete Präventionsmaßnahme bei PatientInnen mit mäßig eingeschränkter Herzfunktion nachzuweisen und zu zeigen, dass die Betroffenen genauso behandelt werden müssen wie PatientInnen mit einer ischämischen Herzschwäche etwa in Folge eines Herzinfarkts.

Menschen mit nicht-ischämischer Herzschwäche und krankhafter Erweiterung des Herzmuskels haben meistens normale Herzkranzgefäße. Die Pumpschwäche entsteht bei diesen PatientInnen nicht, wie bei der ischämischen Herzmuskelschwäche, durch abgestorbene oder narbig verheilte Muskelareale. 

Die Pumpschwäche basiert hier auf einer krankhaft fibrotischen Umwandlung und Erweiterung des Herzens.

"Dieser Unterschied findet sich in der Risikobewertung für einen plötzlichen Herztod wieder", sagt Studienautor Thomas Pezawas von der Abteilung für Klinische Kardiologie. "PatientInnen mit nicht-ischämischer Herzmuskelschwäche werden mit einem geringeren plötzlichen Herztod-Risiko beurteilt und erhalten daher seltener einen primär-präventiven ICD."

Als Standard-Test für die Risikobewertung für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen gilt derzeit die so genannte links-ventrikuläre Auswurffraktion, die ein Maß für die Herzfunktion darstellt und das Schlagvolumen im Verhältnis zum Gesamblutvolumen der Herzkammer misst. 

Zudem werden nicht-invasive Tests (Messung von EKG-Parametern) empfohlen. 

Die aktuelle Studie konnte nun zeigen, dass die derzeit üblichen Tests, über einen Zeitraum von zehn Jahren betrachtet, aber nur ungenaue Prognosen erlauben und dass PatientInnen mit nicht-ischämischer Herschwäche genauso gefährdet sind und entsprechend behandelt werden müssen.

"Wir haben Herzmuskelschwäche-PatientInnen mit ungefährlichen Herzrhythmusstörungen untersucht. Die Anzahl der potenziell tödlich verlaufenden Fälle ist viel häufiger als erwartet. Leider betrifft der plötzliche Herztod auch PatientInnen mit nur gering ausgeprägter Herzmuskelschwäche", fasst Pezawas die Ergebnisse zusammen, die nun im Top-Journal "Circulation AE" veröffentlicht wurden.

Diese neuen Erkenntnisse sollten künftig in eine neue Risikobewertung der Personen mit nicht-ischämischer Herzmuskelschwäche einfließen, so die Wissenschafter. Mit dem Ziel, einen besseren Schutz vor dem plötzlichen Herztod zu erreichen und nicht zielführende Untersuchungsmethoden zu reduzieren. 

Die Empfehlung der StudienautorInnen, den Einsatz eines implantierbaren Defibrillator auch bei gering ausgeprägter Herzmuskelschwäche zu erwägen, könnte einen Paradigmenwechsel in der Behandlung einleiten.

Multizentrale, internationale Kooperation

Die vorliegende Publikation ist aus einer Kooperation der MedUni Wien (Abteilung für Kardiologie, Studienleiter Thomas Pezawas), des Gesundheits- und Vorsorgezentrums Hera, Wien, und der Vanderbilt University (Autonomic Dysfunction Center, Nashville, TN, USA) entstanden und wurde vom National Institute of Health (NIH), Bethesda, USA, unterstützt.

Service: Circulation AE

Pezawas T, Diedrich A, Winker R, Robertson D, Richter B, Wang L, Byrne DW, Schmidinger H. "Multiple Autonomic and Repolarization Investigation of Sudden Cardiac Death in Dilated Cardiomyopathy and Controls". Circulation AE, 2014. doi:10.1161/CIRCEP.114.001745.

Fünf Forschungscluster an der MedUni Wien

Insgesamt sind fünf Forschungscluster der MedUni Wien etabliert. Dort werden in der Grundlagen- wie in der klinischen Forschung vermehrt Schwerpunkte an der MedUni Wien gesetzt. Die Forschungscluster umfassen medizinische Bildgebung, Krebsforschung/ Onkologie, kardiovaskuläre Medizin, medizinische Neurowissenschaften und Immunologie. Die vorliegende Arbeit fällt inhaltlich in den Bereich des Clusters für kardiovaskuläre Medizin.

Medizin am Abend DirektKontakt

Medizinische Universität Wien
Mag. Johannes Angerer
Tel.: +43 1 40160 - 11 501
Mobil: +43 664 800 16 11 501
johannes.angerer@meduniwien.ac.at
http://www.meduniwien.ac.at

Fehlzeitenreport der AOK

WAZ: Verschnupft zur Arbeit - Kommentar von Petra Koruhn zur Erkältungswelle

Es kratzt im Hals, die Augen tränen, die Nase läuft - man fühlt sich krank und will nur noch Ruhe. Doch wer bleibt mit einer Erkältung schon zu Hause? Laut Fehlzeitenreport der AOK schleppt sich jeder Zweite krank zur Arbeit.
Nur was bringt es der Firma und den Kollegen, wenn der Mitarbeiter total verschnupft seinem Job nachgeht? Es bringt nichts Gutes. Wer sich wie zerschlagen fühlt, und trotzdem einen Bus lenkt, eine Hausfassade saniert oder ein Auto repariert, handelt leichtsinnig: Er bringt sich und andere in Gefahr. Unternehmensberatungen sprechen schon davon, dass der Löwenanteil der finanziellen Belastungen daher stamme, dass sich Arbeitnehmer krank in die Firma schleppten und Fehler machten. "Präsentismus" nennt man das, klingt ja auch schon wie eine Krankheit.

Doch woher kommt es, dass die Leute sich nicht trauen, zu Hause zu bleiben und lieber die Kollegen anstecken? In vielen Fällen haben sie schlicht Angst, schlechte Karten beim Chef zu haben. In Zeiten von unsicheren Arbeitsplätzen will das keiner. Es müsste also so sein, dass ein Chef seinen kranken Mitarbeiter auch mal nach Hause schickt und ergänzend zum Hausarzt und Facharzt motiviert. Oder ist das zu viel verlangt?

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Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 - 804 6519 zentralredaktion@waz.de

Nächtliches Alkoholverkaufsverbot

Medizin am Abend Fazit: Nächtliches Alkoholverkaufsverbot verringert Zahl der
Krankenhausaufenthalte

Infolge des nächtlichen Alkoholverkaufsverbots in Baden-Württemberg ist
die Zahl der alkoholbedingten Krankenhausaufenthalte von Jugendlichen und
jungen Erwachsenen um sieben Prozent gesunken. Bei älteren Erwachsenen hat
die im Jahr 2010 in Kraft getretene Regelung hingegen keine Auswirkungen.

Das haben Forscher des Hamburg Center for Health Economics (HCHE) und des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) erstmals
herausgefunden.

„Das sogenannte Komasaufen unter Jugendlichen ist für die Betroffenen mit
hohen Gesundheitsrisiken verbunden und gesellschaftlich ein Problem. Wenn
dies durch den erschwerten Zugang zu Alkohol reduziert werden kann, ist
ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot auch für andere Bundes-länder ein
interessanter politischer Ansatz“, sagen die beiden Studienautoren Thomas
Siedler vom HCHE und Jan Marcus vom DIW Berlin.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben sich die alkoholbedingten
Krankenhausaufenthalte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in
Deutschland innerhalb von nicht einmal zehn Jahren (2002 bis 2010) mehr
als verdoppelt. Im März 2010 reagierte Baden-Württemberg mit einem
Alkoholverkaufsverbot: Zwischen 22 und 5 Uhr gehen dort seitdem an
Tankstellen, Supermärkten und Kiosken keinerlei alkoholische Getränke mehr
über die Ladentheke. Lediglich in Restaurants und Bars ist der Ausschank
von Alkohol weiter erlaubt.

Die Forscher aus Berlin und Hamburg konnten nun erstmals zeigen, dass
dieses nächtliche Alkoholverkaufsverbot wirkt – wenn auch nicht übermäßig
stark: Bei den 15- bis 19-Jährigen und bei den 20- bis 24-Jährigen sind
die alkoholbedingen Krankenhauseinlieferungen seit Beginn des
Verkaufsverbots jeweils um etwa sieben Prozent gesunken – am stärksten bei
jüngeren Männern. Zudem wurden infolge des Verkaufsverbots weniger
Personen aufgrund von Körperverletzungen in Krankenhäuser eingeliefert.
„Baden-Württemberg konnte sich damit dem allgemeinen Trend widersetzen“,
so Jan Marcus vom DIW Berlin. „Während die alkoholbedingten
Krankenhauseinlieferungen in den anderen Bundesländern anstiegen, erzielte
Baden-Württemberg durch das nächtliche Alkoholverkaufsverbot bereits
kurzfristig eine Stagnation.“ Allein in den ersten 22 Monaten nach
Inkrafttreten konnten über 700 alkoholbedingte Krankenhauseinlieferungen
in Baden-Württemberg vermieden werden.

„Jugendliche kaufen seltener Alkohol auf Vorrat und haben in der Regel
weniger Geld zur Verfügung, so dass sie Alkohol öfter in Supermärkten und
Tank-stellen kaufen als Erwachsene, die einfacher auf Kneipen und
Restaurants ausweichen können“, erklärt Siedler. Daher entfalte das
nächtliche Alkohol-verkaufsverbot seine Wirkung nur bei Jugendlichen und
jungen Erwachsenen. Bei den älteren Erwachsenen ab 25 Jahren stellen die
Forscher dagegen keine signifikante Reaktion fest. Marcus: „Hier spielen
auch ein höheres Einkommen und eine eigene Wohnung eine Rolle. Der
Alkoholkonsum findet geplanter und weniger in der Öffentlichkeit statt.“

Die groß angelegte Studie von HCHE und DIW Berlin hat erstmals die
kurzfristigen gesundheitlichen Effekte des Alkoholverkaufsverbots in
Baden-Württemberg untersucht. Die Forscher werteten dafür eine 70-Prozent-
Stichprobe aller Krankenhauseinlieferungen in Deutschland für die Jahre
2007 bis 2011 aus (Krankenhausdiagnosestatistik). Alleine für das Jahr
2011 analysierten die Forscher Daten von 13 Millionen
Krankenhausaufenthalten. Durch den Vergleich mit anderen Bundesländern
konnten sie generelle Veränderungen im Alkoholkonsum herausrechnen und
auch wirtschaftliche und demografische Veränderungen in den einzelnen
Bundesländern berücksichtigen.

Originalbeitrag

Jan Marcus und Thomas Siedler: Reducing binge drinking? The effect of a
ban on late-night off-premise alcohol sales on alcohol-related hospital
stays in Germany; Journal of Public Economics, 2015.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0047272714002564

Medizin am Abend DirektKontakt

Hamburg Center for Health Economics, Universität Hamburg
Andrea Bükow, Tel.: 040 42838-9515,
E-Mail: andrea.buekow@wiso.uni-hamburg.de
Elena Granina, Tel.: 040 42838-9516,
E-Mail: elena.granina@wiso.uni-hamburg.de
www.hche.de
Universität Hamburg, Birgit Kruse

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
Sebastian Kollmann, Tel.: 030 897 89 250