Hartnäckige Resistenzen

Resistente Aidsviren können sich rasch ausbreiten. Das zeigt eine
Untersuchung der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie, die vom
Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützt wird.

Wenn nicht ständig neue Medikamente auf den Markt kommen, droht das Virus die Oberhand zu gewinnen.

Die Anpassungsfähigkeit von Krankheitserregern stellt die moderne Medizin
vor grosse Herausforderungen. Gefürchtet sind vor allem
Antibiotikaresistenzen von bakteriellen Infektionen. Allerdings können
sich auch andere Keime so weiterentwickeln, dass Medikamente ihnen nichts
mehr anhaben können. Nun zeigt eine Studie im Rahmen der
gesamtschweizerischen HIV-Kohorte exemplarisch auf, wie sich solche
Resistenzen ausbreiten können, wenn nicht ständig neue Medikamente auf den
Markt gebracht werden.

"Mit den heutigen Therapien kann die Vermehrung der Viren im Körper der
meisten HIV-Patienten zu praktisch 100 Prozent unterdrückt werden", sagt
Huldrych Günthard, Präsident der HIV-Kohortenstudie und Professor für
Infektiologie am Universitätsspital Zürich. «Darum sollten auch weniger
resistente Viren auftreten und übertragen werden als noch vor ein paar
Jahren.» Das stimmt allerdings nur bedingt, wie frühere Untersuchungen
zeigten: Die Zahl der Resistenzen, die von einem Infizierten auf den
anderen übertragen werden, blieb in den letzten Jahren konstant.

Atempausen dank neuen Medikamenten

Um dieses scheinbare Paradox zu erklären, untersuchten Günthard und seine
Forschungskolleginnen und -kollegen die Anzahl und Art der auftretenden
Resistenzen in der HIV-Kohorte in den Jahren 1998 bis 2012. Gemäss der
eben erschienenen Studie (*) lag der Anteil der Patienten mit übertragenen
Resistenzen über die Jahre hinweg bei ungefähr 10 Prozent, wobei die
Übertragungsrate stark schwankte. Zwei gegenläufige Entwicklungen hätten
zu diesen Fluktuationen beigetragen, sagt Günthard: Wenn in der Schweiz
neue Klassen von Medikamenten auf den Markt kamen, sank die
Übertragungsrate von resistenten Viren vorübergehend stark – zum Beispiel
im Jahr 2000, als die so genannten «verstärkten Protease-Inhibitoren»
zugelassen wurden, oder im Jahr 2009, als zum ersten Mal «Integrase-
Inhibitoren» verwendet wurden. Aber zwischen diesen Neuzulassungen stieg
die Resistenzübertragung jeweils wieder kontinuierlich. Das zeige, wie
wichtig ein ständiger Nachschub an neuen Medikamenten sei, erklärt
Günthard.

Unterschiedliche Übertragungswege

Die Forschenden konnten auch aufzeigen, wie unterschiedlich die
Übertragungswege von einzelnen resistenten Virentypen sind. Insgesamt sind
weltweit weit über 100 wichtige Mutationen bekannt, die zu einer Resistenz
des HI-Virus gegen eines oder mehrere Medikamente führen. Eine oft
auftretende Mutation namens M184V wurde zum Beispiel hauptsächlich von
HIV-Patienten übertragen, die medikamentös behandelt werden. Bei zwei
anderen häufigen Mutationen (L90M und K103N) scheinen vor allem
unbehandelte infizierte Personen als Reservoir zu dienen.

Wahrscheinlich seien diese Unterschiede auf unterschiedliche Fitness-
Kosten der Mutationen zurückzuführen, sagt Günthard. M184V wandelt sich
bei unbehandelten Patienten schnell wieder in den nicht-mutierten Zustand
zurück, weil diese Resistenzmutation die Virusvermehrung stark reduziert;
das bedeutet, dass sich Viren mit der M184V-Mutation prinzipiell nur in
behandelten Patienten vermehren, die diese dann weiter übertragen können.
L90M und K103N dagegen könnten sich auch ohne den Druck der Medikamente
gegenüber nicht resistenten Virentypen behaupten, weshalb auch
unbehandelte Patienten diese Resistenzen weiter verbreiten können. Laut
Günthard verdeutlichen diese Resultate exemplarisch, dass die Ausbreitung
von Resistenzen noch komplizierter ist, als oft vermutet.

(*) Assessing the paradox between transmitted and acquired HIV-1 drug
resistance in the Swiss HIV Cohort Study from 1998 to 2012,
Wan-Lin Yang, Roger Kouyos, Alexandra U Scherrer, Jürg Böni, Cyril Shah,
Sabine Yerly, Thomas Klimkait, Vincent Aubert, Hansjakob Furrer, Manuel
Battegay, Matthias Cavassini, Enos Bernasconi, Pietro Vernazza, Leonhard
Held, Bruno Ledergerber, Huldych F. Günthard, and the Swiss HIV Cohort
Study (SHCS), Journal of Infectious Diseases. 2014
(Für Medienvertreter als PDF-Datei beim SNF erhältlich: com@snf.ch)

Ergänzende Literatur

The interplay between transmitted and acquired HIV-1 drug resistance: the
reasons for a disconnect, Andrea De Luca and Maurizio Zazzi, Journal of
Infectious Diseases, Advance Access, published January 9, 2015
(Editorial)

Medizin am Abend DirektKontakt

Prof. Dr. med. Huldrych Günthard
Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene
Universitätsspital Zürich
Tel.: +41 44 255 34 50
E-Mail: huldrych.guenthard@usz.ch

Mandelentzündungen http://www.hausarzt-patientenmagazin.de

Bis in die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts war die Mandelentzündung gefürchtet. Durch Streptokokken ausgelöst, drohte in der Folge das rheumatische Fieber mit Schäden an Herz und Nieren. Diese Risiken rechtfertigten den breiten Einsatz von Antibiotika. Inzwischen sind solche Komplikationen selten geworden, die Gründe dafür sind jedoch nicht ganz klar, berichtet das Patientenmagazin "HausArzt". Womöglich wurden besonders gefährliche Streptokokkenstämme verdrängt. Den Halsschmerzen einer normalen Erkältung kann man heute deshalb gelassener begegnen. Wenn Beschwerden zunehmen, länger dauern und sich ein stärkeres Krankheitsgefühl einstellt, ist es Zeit zum Arzt zu gehen.

Das Patienten-Magazin "HausArzt" gibt der Deutsche Hausärzteverband in Kooperation mit dem Wort & Bild Verlag heraus. Die Ausgabe 1/2015 wird bundesweit in Hausarztpraxen an Patienten abgegeben.

Unter bestimmten Bedingungen kann eine gesetzliche Krankenkasse einer Familie eine Haushaltshilfe bezahlen. Es reicht allerdings nicht, wenn die Mutter ein paar Tage mit einer Erkältung kämpft. "Eine Haushaltshilfe soll Eltern eine medizinische Therapie ermöglichen, die sonst an der Betreuung der Kinder scheitern würde", erklärt Regina Behrend von der Verbraucherzentrale NRW im Apothekenmagazin "Baby und Familie". Wenn etwa die Mutter in die Klinik oder zur Kur muss oder zuhause Krankenpflege braucht und sonst niemand anders im Haushalt die Kinder versorgen kann, ist ein Antrag an die Kasse erfolgversprechend. "Das Kind darf nicht älter als zwölf Jahre sein, es sei denn, es ist behindert", erklärt Behrend. Es lohne sich, die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen zu vergleichen, da diese die Dauer der Hilfe selbst festlegen können.

Das Apothekenmagazin "Baby und Familie" 1/2015 liegt in den meisten Apotheken aus und wird ohne Zuzahlung zur Gesundheitsberatung an Kunden abgegeben.

Herzbericht 2014

Herzbericht: Häufigste Todesursache unter den Herzkrankheiten:
Herzinsuffizienz und KHK

Dies ist eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Deutschen Herzbericht 2014
www.herzstiftung.de/herzbericht. So starben 2012 in Deutschland
128.171 Menschen an der KHK und 46.410 Menschen an Herzschwäche. Bei der
KHK kommt es infolge einer Verengung der Herzkranzgefäße zu einer
Mangeldurchblutung des Herzens, im schlimmsten Fall führt sie zum
Herzinfarkt und zur Herzschwäche. „Für beide Herzerkrankungen ist die
Ausschaltung der Risikofaktoren insbesondere durch einen gesunden
Lebensstil enorm wichtig“, betont Prof. Dr. med. Thomas Meinertz,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung und Kardiologe am
Klinikum Stephansplatz Hamburg. „Jeder Mensch sollte deshalb über seine
persönlichen Risikofaktoren gut informiert sein, um frühzeitig durch
vorbeugende oder therapeutische Maßnahmen gegenzusteuern.“

Herzinfarkt-Risiko Diabetes mellitus

Obwohl Alter, erbliche Belastung und Geschlecht eine Rolle spielen, ist
die Hauptursache der KHK unser heutiger Lebensstil: falsche Ernährung,
Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen und Stress. Daraus entstehen die
Risikofaktoren Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung (hohes Cholesterin)
und Diabetes. Eine Übersicht zu diesen Risikofaktoren und ihrer Bedeutung
in der Krankheitsvermeidung (Primärprävention) und in der stationären oder
ambulanten Rehabilitation (Sekundärprävention) bietet der Herzbericht
2014.

Beispiel Diabetes mellitus: Herzinfarkte ereignen sich bei Diabetikern
häufiger als bei Nicht-Diabetikern. Die „Studie zur Gesundheit Erwachsener
in Deutschland (DEGS1)“ des Robert-Koch-Instituts ergab, dass aktuell
mindestens 4,6 Millionen Diabetiker im Alter zwischen 18 und 79 in
Deutschland leben. Dass Aufklärung über die Risikofaktoren der KHK und
Herzschwäche unerlässlich ist, verdeutlicht die Tatsache, dass „Patienten
mit Herzinfarkten zum Zeitpunkt des klinischen Ereignisses in nahezu zwei
Drittel einen Diabetes mellitus oder zumindest eine gestörte
Glukosetoleranz aufweisen“, wie der Herzbericht dokumentiert. „Viele
schwerwiegende Verläufe der KHK bis hin zu Herzinfarkt und Herzschwäche
wären zu vermeiden, wenn die Betroffenen früher von ihrer Grunderkrankung
wüssten“, bestätigt Prof. Meinertz.

Der kostenfreie Herzinfarkt-Risikotest der Deutschen Herzstiftung ist
erreichbar unter: www.herzstiftung.de/Herzinfarkt-Risiko-Test.php



Medizin am Abend DirektKontakt

Deutsche Herzstiftung e.V.
Michael Wichert / Pierre König
Tel. 069/955128-114/-140
Fax: 069/955128-345
Mail: wichert@herzstiftung.de/
Mail: koenig@herzstiftung.de
www.herzstiftung.de

Gefälschte Arzneimittelzulassungsstudien

Nach dem im vergangenen Jahr aufgedeckten Skandal um die in Indien gefälschten Arzneimittelzulassungsstudien ruhen derzeit noch Zulassungen für 53 in Deutschland vertriebene Arzneimittel. In den übrigen Fällen habe das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Ruhen der Zulassungen wieder aufgehoben, zum Beispiel, weil die betreffenden Unternehmen neuere Unterlagen vorgelegt hätten, schreibt die Regierung in ihrer Antwort 18/3795 auf eine Kleine Anfrage 18/3661 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Medizin am Abend zum Link: 

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/037/1803795.pdf

Insgesamt überprüfte das BfArM 176 Zulassungen von Generika, deren sogenannte Bioäquivalenzstudien zum Teil von der indischen Firma GVK Biosciences kamen. Die betreffenden Arzneimittel stammten von 28 pharmazeutischen Unternehmen. Zunächst ordnete das Bundesinstitut im Dezember 2014 für 80 Arzneimittel das Ruhen der Zulassung an. Den Angaben zufolge hatte das BfArM im Juni 2014 von der Problematik erfahren.

Nach Ansicht der Bundesregierung fällt es in die Verantwortung der pharmazeutischen Unternehmer, die von ihnen in Auftrag gegebenen Prüfungen nach den international festgelegten Anforderungen der sogenannten guten klinischen Praxis (GCP) sicherzustellen. Vorfälle wie die Verwendung falscher Elektrokardiogramme, die in mehreren Studien des indischen Auftragsforschungsinstituts GVK Biosciences bei einer Inspektion durch die französische Arzneimittelbehörde ANSM entdeckt worden sei, stellten „einen bislang seltenen Einzelfall“ dar, heißt es in der Antwort weiter.

Gleichwohl zeige der Fall, „dass behördliche Inspektionen durch die EU-Mitgliedstaaten notwendig und wirksam sind, um Missstände aufzudecken und dadurch in Zukunft zu vermeiden“. Solche Inspektionen könnten jedoch die Verantwortung der Pharmafirmen, Sponsoren und Auftragsforschungsunternehmen nicht ersetzen.