Forscher entdecken neuartiges Antibiotikum „Teixobactin“

Die antibiotischen Waffen der Medizin werden stumpf. Immer mehr
bakterielle Krankheitserreger entwickeln Resistenzen gegen gängige
Medikamente. Weltweit suchen Forscher deshalb nach neuartigen Antibiotika.

Ein Wissenschaftlerteam aus den USA, Großbritannien, des
Universitätsklinikums Bonn und des Deutschen Zentrums für
Infektionsforschung (DZIF) entdeckte nun das Bodenbakterium „Elefhtheria
terrae“, das den Wirkstoff „Teixobactin“ produziert. Er wirkt gegen ein
breites Spektrum von Krankheitserregern und verursacht nach ersten Tests
keine Resistenzen. Die Ergebnisse werden nun in „Nature“ vorgestellt.

 „Wir könnten in eine Vor-Antibiotika-Ära zurück fallen, in der ohne neue
Wirkstoffe bakterielle Infektionen nicht behandelbar sind. Die Resistenzen
entwickeln sich deutlich schneller, als neue Antibiotika auf den Markt
kommen“, sagt Privatdozentin Dr. Tanja Schneider. Sie leitet eine
Nachwuchsgruppe des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) am
Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie des
Universitätsklinikums Bonn.

Allein an Infektionen mit Methicillin- resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) sterben pro Jahr schätzungsweise rund 25.000 Menschen weltweit.

Pilze und Bakterien produzieren Hemmstoffe, um mit anderen Mikroorganismen
zu konkurrieren – darunter können neuartige Antibiotika sein. Auf der
Suche nach solchen neuen, bisher unbekannten Antibiotika-produzierenden
Organismen durchkämmen Wissenschaftler Ozeansedimente, Böden und sogar
Tierexkremente. „Die Suche ist mühsam, denn die Erfolgsquote einen
wirklich neuen Wirkstoff zu finden, ist äußerst gering“, berichtet Dr.
Schneider.

Forscher isolieren unbekannte Mikroorganismen aus dem Boden

Darüber hinaus lassen sich nur etwa ein Prozent der dafür in Frage
kommenden Bakterien und Pilze auf herkömmlichen Nährmedien für Analysen kultivieren. 


Das Team um Dr. Schneider und ihre Kollegen vom Institut für
Pharmazeutische Biologie der Universität Bonn sind nun mit einem
internationalen Forscherteam aus den USA und Großbritannien auf diese
Terra incognita vorgedrungen: Mit einem speziellen Kultivierungsverfahren
gelang es einem Team unter Federführung von Prof. Kim Lewis vom
Antimicrobial Discovery Center der Northeastern University in Boston
(USA), bislang unerforschte und unkultivierbare Bodenbakterien mit Hilfe
ihres natürlichen Substrats im Labor zu isolieren.

Mit Screening-Verfahren fanden die Forscher die gesuchte Nadel im
Heuhaufen: Eines der unbekannten Bakterien produziert eine Substanz, die
sich gegen ein weites Spektrum häufiger Gram-positiver Erreger als sehr
wirksam erwies. Die Wissenschaftler nannten das Bakterium „Elefhtheria
terrae“ und das von ihm produzierte Antibiotikum „Teixobactin“.

Weitere Tests lassen vermuten, dass es absehbar keine Resistenzen verursacht. „Es handelt sich um einen hochinteressanten Wirkstoff“, sagt Dr. Schneider.

Angriff an der Achillesferse der Erreger

Die Wissenschaftler des Instituts für Medizinische Mikrobiologie,
Immunologie und Parasitologie des Universitätsklinikums Bonn, die auch zum
Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) gehören, entschlüsselten
nun den Wirkmechanismus des neuen Bakterienhemmstoffs. „Teixobactin setzt
an der Achillesferse vieler Krankheitserreger an: Es hemmt die Synthese
der Bakterienzellwand“, berichtet Doktorandin Ina Engels.

Auch andere Antibiotika, wie zum Beispiel Vancomycin, verhindern den
Aufbau der Bakterienwand. Allerdings blockieren diese Wirkstoffe die
Synthese der schützenden Umhüllung an einem Angriffspunkt – es trifft wie
eine einzelne Gewehrkugel. Teixobactin wirkt dagegen wie ein Schrotschuss
und attackiert an vielen Punkten den Harnisch der Bakterien. Das erklärt
auch, weshalb das neuartige Antibiotikum vermutlich keine Resistenzen
verursacht: „Teixobactin greift an vielen entscheidenden Stellen in den
Aufbau der Zellwand an und macht bakterielle Anpassungsstrategien nahezu
unmöglich“, sagt Dr. Schneider.



Elektronenmikroskopische Aufnahme des Teixobactin-Produzenten Elefhtheria terrae.

Elektronenmikroskopische Aufnahme des Teixobactin-Produzenten Elefhtheria terrae. © Foto: William Fowley/Northeastern University

Das Bakteriengift hat sich als sehr effektiv erwiesen. Doch lässt es sich
auch beim Menschen einsetzen? Erste Untersuchungen an Mäusen haben
gezeigt, dass Teixobactin ein vielversprechender Kandidat ist.
„Antibiotika mit neuem Wirkmechanismus sind ein Durchbruch für die
Forschung“, sagt Dr. Schneider. Doch die Verträglichkeit und Wirksamkeit
beim Menschen muss für Teixobactin erst noch in klinischen Tests erwiesen
werden.

Publikation: A new antibiotic kills pathogens without detectable
resistance, Nature, DOI: 10.1038/nature14053

Medizin am Abend DirektKontakt 

Privatdozentin Dr. Tanja Schneider
Institut für Medizinische Mikrobiologie,
Immunologie und Parasitologie des Universitätsklinikums Bonn
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)
Tel.: 0228/73-5688 oder 73-5266
E-Mail: tanja@mibi03.meb.uni-bonn.de

Im Labor des Instituts für Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie des Universitätsklinikums Bonn: Anna Müller, Ina Engels, Dr. Tanja Schneider und Dr. Till Schäberle. © Foto: Barbara Frommann/Uni Bonn
Im Labor des Instituts für Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie des Universitätsklinikums Bonn: Anna Müller, Ina Engels, Dr. Tanja Schneider und Dr. Till Schäberle.

Grippeale Infekte - Herzschäden

Medizin am Abend Fazit: Grippale Infekte gründlich auskurieren / Viren können auch das Herz angreifen und zu bleibenden Schäden führen

 

Auf die Gefahr einer Herzmuskelentzündung nach einem grippalen Infekt weist der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen hin. "Wer nach einem grippalen Infekt schon bei geringen Anstrengungen in Atemnot gerät und sich weiterhin angeschlagen und schlapp fühlt, sollte umgehend zum Arzt gehen", warnt der Bundesvorsitzende Dr. Norbert Smetak in der "Apotheken Umschau".

Eine Herzmuskelentzündung wird meist durch Viren ausgelöst und kann zu einer bleibenden Herzschwäche oder Rhythmusstörungen führen. Sportlich aktive Personen sollten es nach einem Infekt ruhig angehen lassen, ausreichend schlafen und auf Alkohol und Nikotin verzichten.


Das Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau" 1/2015 A liegt in den meisten Apotheken aus und wird ohne Zuzahlung zur Gesundheitsberatung an Kunden abgegeben.

360° Hinweis: Bildung & Begabung Förderung

Deutsche SchülerAkademie startet: 4.000 Schulen können Vorschläge einreichen

Rund 4.000 deutsche Schulen im In- und Ausland erhalten in diesen Tagen Post von der Deutschen SchülerAkademie. Sie sind dazu aufgerufen, geeignete Schüler für das einzigartige Förderprogramm vorzuschlagen. Jugendliche können sich aber auch selbst für einen der begehrten Plätze bewerben.

Die Deutsche SchülerAkademie (DSA) ist ein Angebot von Bildung & Begabung, dem Zentrum für Begabungsförderung in Deutschland. 16 Tage lang forschen, diskutieren und musizieren besonders leistungsfähige und motivierte Schüler in den Sommerferien gemeinsam an verschiedenen Standorten in ganz Deutschland. Sie erhalten so die Chance, über den Schulhorizont hinaus zu blicken.

Insgesamt 4.004 Schulen, die zum Abitur führen, können Teilnehmer für die diesjährigen Sommerakademien vorschlagen. Volker Brandt, Leiter der DSA, sagte zum Start des neuen Akademiejahres: "Die Schulen sind aufgerufen, ihren Schnelldenkern Mut zu machen, sich neuen Aufgaben zu stellen. Es müssen dabei gar nicht die Schüler mit den besten Noten sein. Wir suchen vor allem engagierte und motivierte Jugendliche, die auf einem intellektuell hohen Niveau komplexe Sachverhalte erfassen."

Die Schulen in Deutschland sollen ihre Vorschläge bis zum 16. Februar 2015 abgeben, die über 100 angeschriebenen Schulen aus dem Ausland bis zum 25. Februar 2015.

Schüler können sich auch selbst vorschlagen, sie müssen dann ihr letztes Zeugnis, ein Motivationsschreiben und ein Empfehlungsschreiben einreichen. Direkt an die Schüler gewandt betonte Brandt: "Viele Anforderungen erscheinen zunächst zu hoch, sind aber mit entsprechendem Potenzial, Engagement und Biss lösbar. Es macht einfach Spaß zu erleben, wenn man der Lösung eines Problems näher gekommen ist. Und in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten ist diese Freude noch größer. Es kommt nichts von selbst - wenn Du etwas kannst, dann mach es, setze es um! "

Ab Anfang März steht das ausführliche Programm auf der Website der Deutschen SchülerAkademie (www.deutsche-schuelerakademie.de) zur Verfügung.

Die Schüler können dann bis zum 31. März ihren Wunschkurs und bis zu vier Alternativkurse wählen. Die Teilnahmebestätigung erfolgt nach Abschluss der Prüfung der Teilnahmevoraussetzung und der Kurszuteilung. Weitere Informationen zum Bewerbungsverfahren finden Sie unter

www.deutsche-schuelerakademie.de/dsa/dsa-bewerbungsverfahren
 
Die Akademien sind über das gesamte Bundesgebiet verteilt - von Torgelow in der Mecklenburgischen Seenplatte bis nach Urspring in Schelklingen am Rand der Schwäbischen Alb. Im vergangenen Jahr nahmen mehr als 1.100 Schüler der gymnasialen Oberstufe an den verschiedenen Akademien der Deutschen SchülerAkademie und ihren Partnerprogrammen teil. Etwa doppelt so viele junge Leute hatten sich auf die Akademieplätze beworben. Entscheidende Voraussetzungen für die Teilnahme am Akademieprogramm sind eine herausragende intellektuelle Leistungsfähigkeit sowie hohe Motivation und Lernbereitschaft.

Über Bildung & Begabung 

Bildung & Begabung ist das Zentrum für Begabungsförderung in Deutschland mit Sitz in Bonn. Die bundesweite Talentschmiede erreicht mit ihren Wettbewerben und Akademien jedes Jahr eine Viertelmillion junge Menschen. Außerdem unterstützt Bildung & Begabung Talente und Talentförderer mit umfangreichen Informations- und Vernetzungsangeboten wie den Fachtagungen "Perspektive Begabung" und dem Online-Portal www.begabungslotse.de.

Förderer des Zentrums sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Kultusministerkonferenz. Schirmherr ist der Bundespräsident.

Medizin am Abend DirektKontakt

www.bildung-und-begabung.de

Nikolaus Sedelmeier, Tel. (0228) 9 59 15-62 Dirk Lichte,

Tel. (0228) 9 59 15-61 

Gegen Medikamentenmissbrauch in Fitnessstudios

Forscher der Katholischen Hochschule Nordrhein Westfalen (KatHO NRW) haben
ein bundesweit einmaliges Programm zur Prävention von
Medikamentenmissbrauch in Fitnessstudios entwickelt.

Doping, also der Missbrauch leistungssteigernder Mittel, ist im Spitzensport ein großes Thema. Doch auch viele Hobbysportler – zurückhaltend geschätzt 350.000 bis 400.000 in Deutschland – dopen sich, indem sie mit Anabolika ihre
Muskelmasse vermehren und den Fettanteil im Körper verringern wollen. Eine
solide empirische Basis zu derartigem Medikamentenmissbrauch fehlt in
Deutschland allerdings.

Ziel des vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projektes „No
roids inside“ ist es, den Missbrauch von leistungssteigernden Medikamenten
dort vorzubeugen, wo er zumeist erlernt wird. „Wir haben ein Programm
entwickelt, bei dem wir die Sportler in den Fitnessstudios vor Ort über
das so genannte „Natural Training“ informieren und die Risiken aufzeigen,
die Doping mit sich bringt“, erklärt der Leiter der Studie Professor Dr.
Dr. Martin Hörning.



Rund 300 Freizeitsportler konnten die Wissenschaftler
mit ihrem Programm bereits erreichen.


Inwieweit Ärzte und Apotheker mit der Thematik vertraut sind und welche
Rolle sie bei der Prävention spielen können, haben die Wissenschaftler
ebenfalls untersucht – mit ernüchterndem Ergebnis: Ärzte und Apotheker
sind noch nicht ausreichend mit dem Thema Medikamentenmissbrauch in
Fitnessstudios vertraut. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass viele Ärzte sogar
erstaunlich wenig dafür sensibilisiert sind oder zumindest wenig Interesse
zeigen. Die Apotheker in unserer Umfrage waren da deutlich
interessierter“, so Hörning. Dabei haben beide Berufsgruppen eigentlich
eine wichtige Rolle in der Prävention, da sie wohl die ersten sind, die
aufgesucht werden, wenn Nebenwirkungen – zum Beispiel starke Akne,
Stimmungsschwankungen oder Bluthochdruck – auftreten. Häufig würden diese
gar nicht als Nebenwirkungen von Medikamenten erkannt sondern als
eigenständige Erkrankungen fehlgedeutet, vermutet Hörning.

Die ausführlichen Ergebnisse des Präventsionsprojektes werden auf einer
Fachtagung am kommenden Freitag in Paderborn vorgestellt und mit
Fachleuten diskutiert. Dazu laden wir Sie herzlich ein:

Freitag, 9. Januar 2015
11 bis 17.30 Uhr
KatHO NRW, Raum 400
Leostraße 19
33098 Paderborn


Medizin am Abend DirektKontakt

Prof. Dr. Dr. Martin Hörning, Tel. 05273/367768-3 oder 05251/1225-47,
m.hoerning@katho-nrw.de
Thorsten Dittmar, Tel.: 05251/1225-103, t.dittmar@katho-nrw.de
Redaktion: Julia Uehren, Tel. 0221/7757-508

360° TOP-Thema: Elektronische Gesundheitskarte

Rheinische Post: Krankenkassen verweigern Zahlung für elektronische Gesundheitskarte
 
Der Spitzenverband der Krankenkassen hat den Betreibern der elektronischen Gesundheitskarte den Geldhahn zugedreht. Dies bestätigte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes Florian Lanz auf Anfrage der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Mittwochausgabe). "Dem Verwaltungsrat ist der Kragen geplatzt. Wenn Versichertengelder ausgegeben werden, muss auch etwas geschehen", begründete Lanz die Entscheidung. Gesperrt sind nach Angaben des Spitzenverbandes aktuell 57 Millionen Euro. Die Kassen müssen eigentlich pro Jahr und Mitglied jährlich 1,09 Euro an die Betreibergesellschaft Gematik überweisen. Bei einer Verwaltungsratssitzung am 16. Januar soll entschieden werden, wie es weiter geht. Da die Gesellschaft Gematik nach Angaben der Kassen noch über ausreichend Mittel verfügt, ist der aktuelle Betrieb der Gesundheitskarte nicht gefährdet.
 
 Rheinische Post

KONTEXT: 

Seit dem 1. Januar müssen alle gesetzlich Versicherten über die so genannte elektronische Gesundheitskarte verfügen. Sie unterscheidet sich von der herkömmlichen Krankenkassenkarte äußerlich nur dadurch, dass sie ein Foto des Versicherten zeigt. Ursprünglich war geplant, dass die kurz genannte eGK bereits 2006 eingeführt werden sollte. Sie kommt nun stattliche neun Jahre zu spät. Ihr fehlen auch noch etliche Funktionen, die vorgesehen waren. So soll sie eines Tages, sofern der Versicherte das wünscht, Daten über Allergien, Blutgruppe, Krankheiten und Medikamentenverordnungen enthalten. Sie könnte auch Ärzten den Zugang zu bereits erstellten Röntgenbildern gewähren. Auch eine rasche Online-Überprüfung einmal pro Quartal bei den Kassen, ob die Karte noch gültig ist, soll möglich werden. Doch alle diese Funktionen können noch nicht abgerufen werden, da insbesondere die Ärzteschaft das Projekt vielfach ausbremste. Die Vertreter der Leistungserbringer, Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser, haben in der Geamtik 50 Prozent der Stimmen und können damit Entscheidungen blockieren oder verzögern. Bereits im Frühjahr vergangenen Jahres hatte sich der Verwaltungsrat des Spitzenverbandes in einer Stellungnahme Luft gemacht und beklagt, das Projekt drohe die "finanzielle Schmerzgrenze" zu überschreiten, und den Gesetzgeber aufgefordert einzuschreiten. Bislang wurden rund 800 Millionen Euro investiert.

Medizin am Abend DirektKontakt

Rheinische Post Redaktion Telefon: (0211) 505-2621 

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