Die Betreuung im Wochenbett

Innovationsfonds fördert richtungsweisendes Projekt zur Versorgung für Wöchnerinnen und deren Neugeborenen, das jetzt an der TH Aschaffenburg gestartet ist: 

Mit dem Ziel, eine praxisorientierte und wissenschaftlich fundierte Versorgung von Müttern und deren Neugeborenen zu fördern, wird erstmalig eine Leitlinie entwickelt, die dem höchsten Qualitätsstandard entspricht. Prof. Dr. Lena Agel von der TH Aschaffenburg koordiniert das Projekt als Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. Gefördert wird dieses durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses.

Die erste Zeit nach der Geburt ist für Mütter und ihre Neugeborenen eine prägende und oft herausfordernde Phase. 


Um die Betreuung im Wochenbett zu verbessern, wird erstmals eine praxisorientierte und wissenschaftlich fundierte S3-Leitlinie speziell für Wöchnerinnen und ihre Kinder entwickelt. Die angewandte Systematik im Entwicklungsprozess der Leitlinie entspricht dabei der höchsten Qualitätsstufe (S3). Ziel ist die Förderung einer evidenzbasierten Versorgung von Müttern und deren Neugeborenen. Prof. Dr. Lena Agel, Gründungsdekanin der Fakultät Gesundheitswissenschaften an der Technischen Hochschule Aschaffenburg, koordiniert das Projekt als Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft, DGHWi. Es wird durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit rund 430.000 Euro bis zum 31. März 2027 gefördert.

Unter der Konsortialführung von Professorin Agel arbeitet ein interdisziplinäres Netzwerk aus Vertreterinnen und Vertretern von Fachgesellschaften, Berufsverbänden sowie Elterninitiativen an der Erstellung der Leitlinie. „Das Wochenbett ist eine entscheidende Lebensphase, die eine evidenzbasierte und ganzheitliche Versorgung verdient. Mit der S3-Leitlinie möchten wir praxisnahe und wissenschaftlich fundierte Empfehlungen schaffen, die diese besondere Zeit optimal begleiten“, betont Prof. Dr. Lena Agel, die als Professorin im 2022 an der TH Aschaffenburg einführten Bachelorstudiengang Hebammenkunde lehrt.

Kick-off in Aschaffenburg
Am 21. Januar 2024 fand das Kick-off-Meeting der Leitliniengruppe an der Technischen Hochschule Aschaffenburg statt. Fachleute aus unterschiedlichen Disziplinen kamen zusammen, um methodische Grundlagen zu besprechen, Arbeitsgruppen zu bilden und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu starten.

Konsortialpartner und Mitglieder der Steuerungsgruppe sind unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), vertreten durch Prof. Dr. Brigitte Strizek und Prof. Dr. Ralf Schmitz, die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM), vertreten durch Prof. Dr. Hans Proquitté, sowie die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi), vertreten durch Prof. Dr. Mirjam Peters. Darüber hinaus ist das Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) der Universität Witten/Herdecke, repräsentiert durch Dr. Käthe Gooßen, Teil des Konsortiums. Begleitet wird das Projekt außerdem durch 16 weitere Fachgesellschaften, Berufsverbände sowie Vertreterinnen und Vertreter von Familien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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Projektleitung: Prof. Dr. Lena Agel, S3LL-WoBe@th-ab.de, 06021 4206 386

Taillenumfang als Maß für abdominale Adipositas, im Gegensatz zum üblicherweise verwendeten Body-Mass-Index (BMI)

Über 40% der Weltbevölkerung leiden an abdomineller Adipositas, die durch überschüssiges Fett um die Taille gekennzeichnet ist. 

Knapp 30% der Menschen sind nicht ausreichend körperlich aktiv – zwei Faktoren, die nachweislich das Krebsrisiko erhöhen. 

Ein Team des Instituts für Epidemiologie und Präventivmedizin der Universität Regensburg hat in einer umfassenden Studie neue Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen abdomineller Adipositas, körperlicher Aktivität und dem Krebsrisiko gewonnen. Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise für die öffentliche Gesundheitsförderung.

Die Studie basiert auf Daten von 315.457 krebsfreien Teilnehmenden aus der UK Biobank, die über einen Zeitraum von 11 Jahren begleitet wurden. 


Die Studie fokussiert sich auf den Taillenumfang als Maß für abdominale Adipositas, im Gegensatz zum üblicherweise verwendeten Body-Mass-Index (BMI), der die allgemeine Fettleibigkeit widerspiegelt. 


Der Taillenumfang gilt inzwischen als präziserer Indikator für das Krebsrisiko, da er in engem Zusammenhang mit biologischen Prozessen wie der Insulinresistenz steht, die bei der Krebsentstehung eine Schlüsselrolle spielen.

Aufbau der Studie
Die Teilnehmenden wurden gemäß den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Taillenumfang (>88 cm für Frauen und >102 cm für Männer) und ausreichender körperlicher Aktivität (>150 Minuten moderate bis intensive körperliche Aktivität pro Woche) in vier Gruppen eingeteilt:


1. Schlanke Taille (<88cm bei Frauen, <102cm bei Männern) und ausreichende körperliche Aktivität (>150 Minuten moderate bis intensive Aktivität pro Woche)
2. Schlanke Taille (<88cm bei Frauen, <102cm bei Männern) und unzureichende körperliche Aktivität (<150 Minuten moderate bis intensive Aktivität pro Woche)
3. Abdominelle Adipositas (>88cm bei Frauen, >102cm bei Männern) und ausreichende körperliche Aktivität (>150 Minuten moderate bis intensive Aktivität pro Woche)
4. Abdominelle Adipositas (>88cm bei Frauen, >102cm bei Männern) und unzureichende körperliche Aktivität (<150 Minuten moderate bis intensive Aktivität pro Woche)

Die Krebsdiagnosen wurden anhand der Gesundheitsdaten während der Nachbeobachtung ermittelt. 


Bei der Analyse wurden Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ernährung, Rauchen und Alkoholkonsum berücksichtigt, um den Zusammenhang zwischen abdomineller Adipositas, körperlicher Aktivität und Krebsrisiko zu untersuchen. Strenge statistische Methoden stellten sicher, dass die Ergebnisse robust und zuverlässig waren.

Kernaussagen der Studie
• Abdominelle Adipositas erhöht das allgemeine Krebsrisiko um 11%, Bewegungsmangel um 5%. Personen, die weder eine schlanke Taille haben noch ausreichend körperlich aktiv sind, tragen ein um 15% höheres Krebsrisiko als Personen mit schlanker Taille und ausreichender körperlicher Aktivität. 


Bei Krebsarten, die stark mit Adipositas und Bewegungsmangel assoziiert sind, steigt dieses Risiko auf 48%.
• Das Einhalten nur einer Empfehlung (schlanke Taille oder ausreichende körperliche Aktivität) reicht nicht aus, um die negativen Auswirkungen auf das Krebsrisiko auszugleichen, die durch das Verfehlen der anderen entstehen.
• Insgesamt waren abdominelle Adipositas und Bewegungsmangel für 2% aller Krebserkrankungen sowie für 6% der Adipositas- und Bewegungsmangel-assoziierten Krebserkrankungen in der UK Biobank Kohorte verantwortlich.

Durch die Untersuchung, ob körperliche Aktivität das Krebsrisiko bei Menschen mit abdomineller Adipositas verringern kann - und ob abdominelle Adipositas das Krebsrisiko bei körperlich aktiven Personen beeinflusst -, schließt diese Studie eine entscheidende Wissenslücke und zielt darauf ab, effiziente Strategien für die öffentliche Gesundheit zu entwickeln. "Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass sowohl die Aufrechterhaltung eines gesunden Taillenumfangs als auch regelmäßige körperliche Aktivität eine wichtige Rolle in der Krebsprävention spielen und praktikable Lebensstiländerungen langfristig einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben", sagt Projektleiter Prof. Michael Leitzmann vom Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin.

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Patricia Bohmann
Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin
Universität Regensburg
E-Mail: Patricia.Bohmann@ukr.de

Originalpublikation:
Bohmann P, Stein MJ, Amadou A, et al. WHO guidelines on waist circumference and physical activity and their joint association with cancer risk. British Journal of Sports Medicine Published Online First: 22 January 2025. doi: 10.1136/bjsports-2024-108708

die neurometabolischen und neuroinflammatorischen Störungen, die Rolle des Skelettmuskelstoffwechsels und dysfunktionale Atmung

Chronische Müdigkeit, Belastungsintoleranz, kognitive Beschwerden und eine erhebliche Einschränkung von Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität: 

Das sind die Befunde einer großen baden-württembergischen Langzeitstudie über das Leiden nach einer Corona-Infektion. Für EPILOC (Epidemiologie von Long Covid) haben Forschende in den Universitätskliniken Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm mehr als 1500 ehemals Infizierte nachuntersucht und festgestellt: 

Zwei Drittel der am Post Covid-Syndrom leidenden Patientinnen und Patienten haben sich im zweiten Jahr ihrer Erkrankung kaum erholt. Trotz verschlechterter funktioneller Parameter zeigen Laboruntersuchungen beinahe keine pathologischen Befunde.

Zwei Jahre nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 haben viele Betroffene weiterhin erhebliche, bleibende Beschwerden. 


Dazu zählen beispielsweise chronische Müdigkeit, auch Fatigue genannt, und rasche Erschöpfung, Gedächtnisprobleme und Konzentrationsstörungen sowie Atemnot und Brustschmerzen. 


Auch innere Unruhe, Depressionen und Schlafstörungen kommen häufig vor. 


Das zeigen die Ergebnisse der baden-württembergischen Studie Epidemiologie von Long Covid (EPILOC), für die in den Post Covid-Ambulanzen der Universitätskliniken im Land mehr als 1500 ehemals Infizierte im Alter von 18 bis 65 Jahren nachuntersucht worden sind.

Dabei wurde deutlich, dass sich mehr als zwei Drittel der Patientinnen und Patienten im zweiten Jahr nach ihrer Erkrankung kaum erholt hatten und sie weiterhin in ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität und ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sind. Im Vergleich zu Kontrollpersonen waren funktionelle Parameter verschlechtert, also zum Beispiel die Handgreifkraft, der maximale Sauerstoffverbrauch bei Belastung und die Atemeffizienz sowie Ergebnisse bei neurokognitiven Testreihen.

Trotz dieser objektiven Anzeichen von verminderter körperlicher Leistungsfähigkeit und kognitiven Defiziten zeigten beinahe alle Laboruntersuchungen der klinischen Routine keine pathologischen Befunde. 


Eine SARS-CoV-2-Persistenz (also eine fortbestehende Virusinfektion) oder Reaktivierung des Epstein-Barr-Virus, eine Nebenniereninsuffizienz oder Störungen der Blutgerinnung, wie oft in anderen Studien beschrieben, zeigten die Laborergebnisse nicht. 


Durch die hohe Zahl der Teilnehmenden und die Berücksichtigung möglicher Störfaktoren (wie Übergewicht oder Rauchen) beim Vergleich verschiedener Gruppen konnten solche Zusammenhänge klarer ausgeschlossen werden. 


Dies sei ein weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchung, betonen die Autorinnen und Autoren. Für eine fundierte medizinische Beurteilung seien Belastungstests im Bereich Herz-Lunge, Muskel- und Nervensystem erforderlich.

„Die Diskrepanz zwischen den funktionellen Testergebnissen, dem subjektiven Leiden der Patienten und den vielen unauffälligen Routine-Laborparametern legen nahe, dass wir in einer anderen Richtung nach den pathophysiologischen Ursachen suchen müssen“, bemerkt Erstautor Dr. Raphael Peter vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm. 


„Vor allem die neurometabolischen und neuroinflammatorischen Störungen, die Rolle des Skelettmuskelstoffwechsels und dysfunktionale Atmung sollten vermehrt in den Fokus zukünftiger Forschung kommen“, so Dr. Peter.

Studienleiter Professor Winfried Kern aus der Klinik für Innere Medizin II der Universitätsklinik Freiburg ergänzt dazu: „Es ist erschreckend, wie viele ehemals Infizierte nach zwei Jahren noch Beschwerden und Einschränkungen haben. Eine systematische längere Nachbeobachtung und medizinische Nachuntersuchung sind erforderlich, um Faktoren für Besserung beziehungsweise Nichterholung des Post Covid-Syndroms und relevanter pathophysiologischer Pfade genauer zu identifizieren. Nur so werden sich therapeutisch wirksame Interventionsansätze finden und entwickeln lassen“.

Professor Dietrich Rothenbacher, Direktor des Instituts für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm, erklärt: „Wir freuen uns sehr, dass wir in Ulm mit unserer Expertise die Zusammenarbeit der vier Universitätsstandorte mit einem kompetenten Datenmanagement und der statistisch-epidemiologischen Auswertung so erfolgreich unterstützen konnten.“ Die Aufbereitung der Daten zeige, mit welchen Untersuchungen man in der weiteren Erforschung dieser komplexen Symptomatik möglicherweise weiterkomme: „Die Betroffenen leiden sehr unter den Langzeitfolgen und wir müssen dringend weiter an den Ursachen forschen.“ Derzeit werten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen weitere Daten aus und analysieren die zahlreichen Bioproben der EPILOC-Studie mit erweiterter Methodik. Sie erhoffen sich daraus dringend benötigte Erkenntnisse, um den Personen mit Post Covid besser helfen zu können.

Die aktuelle Phase der EPILOC-Studie wurde vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg mit 2,3 Millionen Euro gefördert. Die rund 1500 Teilnehmenden stammen aus einer Gruppe von mehr als 11 000 Erwachsenen aus ganz Baden-Württemberg, die bereits in einer ersten Studie in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern sechs bis zwölf Monate nach der Indexinfektion zu ihren Symptomen befragt worden waren. Damals berichtete jeder Vierte von Beschwerden wie Fatigue, Gedächtnisproblemen und Konzentrationsstörungen sowie Atemnot und Brustschmerzen.

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Dr. Raphael Peter (Erstautor), Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie, Universität Ulm, Mail: raphael.peter@uni-ulm.de, Tel. (0731) 50 31093

Prof. Dr. Winfried V. Kern (Studienleitung), Abteilung Infektiologie, Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Freiburg, Mail: EPILOC@uniklinik-freiburg.de, Tel. (0761) 270 18190

Originalpublikation:
Peter RS, Nieters A, Göpel S, Merle U, Steinacker JM, Deibert P, et al. (2025): Persistent symptoms and clinical findings in adults with post-acute sequelae of COVID-19/post-COVID-19 syndrome in the second year after acute infection: A population-based, nested
case-control study. PLoS Med 22(1): e1004511.
https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1004511