Myokardinfarkt

MHH-Molekularmediziner untersucht körpereigenes Reparaturprogramm im Herzmuskel und erhält renommierten ERC-Förderpreis der Europäischen Union

Bei einem Myokardinfarkt sterben Herzmuskelzellen ab. 


Der Körper startet daraufhin ein Heilungsprogramm: 


Zellen des Immunsystems lösen eine Entzündungsreaktion im Herzmuskel aus, dank der das abgestorbene Gewebe abgebaut wird. 


Gleichzeitig werden Fibroblasten aktiviert, die Bindegewebszellen bilden und das geschädigte Herzmuskelgewebe ersetzen. 


An der verletzten Stelle entsteht so Narbengewebe. 

Das Wechselspiel zwischen Entzündung und Fibroblastenaktivierung ist komplex und bestimmt über Erfolg oder Misserfolg einer angemessenen Reparatur nach einem Herzinfarkt. 


Vernarbt das Gewebe zu stark, entsteht eine Fibrose – der Herzmuskel versteift sich. 


Dadurch verringert sich die Pumpleistung, und es kann zu einer Herzschwäche kommen. 


Gezielte therapeutische Ansätze, um diese Prozesse zu beeinflussen, wurden bisher noch nicht klinisch umgesetzt. Fachleute gehen davon aus, dass die Reparaturvorgänge im Herzen von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind. Darüber hinaus wirken sich Herzverletzungen und -behandlungen auch auf weitere Organe aus.

In seinem Projekt MIGRATe will Professor Dr. James Thackeray, Molekularmediziner an der Klinik für Nuklearmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), nicht-invasive molekulare Bildgebungsansätze erforschen, um entzündliche Zellen und die Aktivierung von Fibroblasten im Herzen und in den mit ihm verbundenen Netzwerkorganen zu untersuchen und so gezielte therapeutische Eingriffe präzise zu steuern. 


Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) fördert das Vorhaben mit einem Consolidator Grant für fünf Jahre mit rund zwei Millionen Euro. Die vom ERC verliehenen Grants genießen innerhalb der Wissenschaft ein hohes Ansehen. Mit dem Consolidator Grant unterstützt der ERC exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihren innovativen Forschungsvorhaben und dem weiteren Ausbau ihrer Arbeitsgruppe.

Optimalen Zeitpunkt für Therapie finden

Seit sieben Jahren leitet der Wissenschaftler eine Forschungsgruppe für Translationale und Kardiovaskuläre Molekulare Bildgebung, die mit hochmodernen Bildgebungstechniken immer neue Einblicke in den Verlauf von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gewinnt. „Die medizinische Standardtherapie ist nicht in der Lage, die individuellen Unterschiede in den frühen biologischen Prozessen der Herzreparatur nach einem Infarkt nicht berücksichtigen“, sagt der Wissenschaftler. „Daher lässt sich derzeit nicht vorhersagen, ob jemand nach dem ersten Anfall eine Herzinsuffizienz entwickelt oder nicht.“ 


Mit Hilfe der Bildgebung will Professor Thackeray nun den optimalen Zeitpunkt und die optimale Ausrichtung der Behandlung bestimmen, um die körpereigene Heilung zu unterstützen und das Fortschreiten der Herzinsuffizienz zu verhindern. 


Dabei nutzt er bestimmte Radionuklid-Bildgebungsmarker, sogenannte Tracer. 


Die winzigen Spürsubstanzen sind für kurze Zeit schwach radioaktiv und lassen sich mit Hilfe von hochauflösender Positronen-Emissionstomografie (PET) sichtbar machen.

 „Die Tracer ermöglichen es uns, die frühen Prozesse der Entzündung und Fibroblastenaktivierung, die zur Umgestaltung des Herzens beitragen und letztlich zum Organversagen führen, aufzuspüren und genau zu bestimmen“, betont der Molekularmediziner.

Herzinfarkt wirkt sich auch auf Hirn, Leber und Nieren aus

Was die Kommunikation zwischen Organen betrifft, so interessieren sich Professor Thackeray und sein Team besonders für die Verbindung des Herzens mit Gehirn, Niere und Leber. 


Denn Entzündungen und die Aktivität des Immunsystems wirken sich zum Beispiel auf die Herz-Hirn-Achse aus, sodass Entzündungszellen im Herzen die Aktivierung von Entzündungszellen im Gehirn anregen. 


Dies wiederum kann das Fortschreiten der Herzinsuffizienz verschlimmern.


Herzerkrankungen stehen auch im Zusammenhang mit Nieren- und Leberversagen, was sowohl auf eine verstärkte Entzündung als auch auf eine Aktivierung von Fibroblasten zurückzuführen sein kann. 


„In diesem Projekt können wir jeden unserer Bildgebungsmarker gleichzeitig außerhalb des Herzens messen um zu ermitteln, wie Immunzellen und Fibroblasten zu den Folgeschäden an den anderen Organen beitragen.“

Die Forschenden setzen jedoch nicht nur auf bildgebende Verfahren. 


Sie wollen diese mit Methoden der Molekularbiologie zusammenführen, um die Mikroumgebung des Gewebes zu entschlüsseln. Auf diese Weise wollen sie zwischen den nachteiligen und den vorteilhaften Zellpopulationen unterscheiden, die das Gleichgewicht zwischen heilender und schädlicher Entzündung und Fibroblastenaktivität steuern und neue Biomarker für die Behandlung nach Herzinfarkt finden. 


Zudem lässt sich mit PET-Bildgebung auch die molekulare Reaktion auf die Therapie während der Behandlung überwachen. 


Ziel ist, bereits vor der Therapie individuell zu ermitteln, welche Patientinnen und Patienten die molekularen Marker aufweisen und demzufolge auf die Behandlungen ansprechen werden. 


Diese lassen sich dann im Idealfall so beeinflussen, dass ein wirksames Gleichgewicht zwischen den positiven und heilenden Aspekten der Entzündungs- und der Fibroblastenaktivität und den negativen Aspekten wiederhergestellt werden kann. 


So soll die Herzgesundheit nach einem akuten Myokardinfarkt verbessert werden – mit entsprechenden Vorteilen für Gehirn, Nieren und Leber.

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 Professor Dr. James Thackeray, 

thackeray.james@mh-hannover.de.

Psychotherapeutischen Hochschulambulanz für Kinder und Jugendliche

Psychotherapeutische Hochschulambulanz für Kinder und Jugendliche an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bietet zwei Gruppenprogramme an

In der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz für Kinder und Jugendliche starten ab Ende Februar und im April 2025 zwei Gruppenprogramme für Kinder und Jugendliche.

1. Studie „MyWay“ zur Überbrückung der Wartezeit auf einen Therapieplatz: Kinder und Jugendliche müssen aktuell sehr lange auf einen freien Psychotherapieplatz warten. Daher bietet die Psychotherapeutische Hochschulambulanz für Kinder und Jugendliche im Rahmen einer Studie ein Gruppenprogramm mit Interventionen der Kognitiven Verhaltenstherapie zur Überbrückung der Wartezeit an. Das Programm für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 17 Jahren umfasst unter anderem die Bereiche Psychoedukation, dysfunktionale Gedanken, Achtsamkeit und Selbstwert. Die Gruppen, unterteilt nach Kindern und Jugendlichen, starten voraussichtlich Ende Februar.

2. Gruppentherapie zur Behandlung sozialer Ängste: 


Gruppen bieten ideale Möglichkeiten, um Strategien zur Bewältigung sozialer Ängste einzuüben, selbstsicherer zu werden und soziale Situationen zu meistern. Die Gruppentherapie zur Behandlung sozialer Ängste ist für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren, die unter sozialen Ängsten leiden, vorgesehen. Nach einem Erstgespräch und Diagnostikphase zur Klärung der Indikation und Passung für die Gruppe findet die Gruppe zunächst in der ersten Osterferienwoche und anschließend freitagnachmittags statt.

Für weitere Informationen und zur Anmeldung können sich Interessenten mittwochs von 10 bis 12 Uhr und donnerstags von 13 bis 15 Uhr unter der Telefonnummer 06131 39-39111 melden. Informationen sind auch auf der Internetseite

 https://hochschulambulanz-kiju.uni-mainz.de/ 

zu finden.

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Prof. Dr. Stefanie Jungmann
Psychotherapeutischen Hochschulambulanz für Kinder und Jugendliche
Psychologisches Institut
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel.: +49 (0) 6131 39-39201
E-Mail: jungmann@uni-mainz.de
https://kiju.uni-mainz.de/

Weitere Links:
https://hochschulambulanz-kiju.uni-mainz.de/ - Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Psychologischen Institut der JGU

Studies Blutdruckeinstellung

Studie SOPHOCLES soll zu langfristig besserer Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems und mehr Lebensqualität beitragen

Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören zu den häufigsten und schwerwiegendsten Komplikationen nach einer Nierentransplantation im Kindesalter. Schlaganfall und Herzinfarkt können die Folgen sein, wodurch sowohl die Lebenserwartung als auch die Lebensqualität der Betroffenen deutlich eingeschränkt sind. 


Bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielt der Blutdruck eine zentrale Rolle. Mit diesem Thema befasst sich die internationale multizentrische randomisierte Studie SOPHOCLES (StOPping Hypertension and imprOving Children’s Lives after KidnEy TranSplantation). 


Die Forschenden untersuchen, inwieweit eine intensivierte Blutdruckeinstellung zur Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit und der Organfunktion beitragen kann. SOPHOCLES wird von der Klinik für Pädiatrische Nieren-, Leber- und Stoffwechselerkrankungen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) koordiniert. 


Die Studie ist auf fünf Jahre angelegt und soll insgesamt 170 Kinder und Jugendliche einschließen.


Engmaschige Beobachtung per Telemedizin

„Unser Ziel ist es, die Gesundheitsversorgung und damit die Lebensqualität der transplantierten jungen Menschen nachhaltig zu verbessern“, sagt Studienleiterin Professorin Dr. Dr. Anette Melk. Bei dem Projekt werden die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen in zwei Gruppen aufgeteilt. In einer Gruppe führen die Forschenden ein intensiviertes Blutdruckmanagement durch. Dabei streben sie Blutdruckziele im unteren Normalbereich an. Die andere Gruppe wird entsprechend der aktuell geltenden Standards behandelt.


 Alle Teilnehmenden werden auf Basis der zuhause gemessenen Blutdruckwerte engmaschig überwacht. Hierzu wird ein Blutdruckmessgerät genutzt, das alle Messungen direkt drahtlos übertragen kann. Dieser innovative Einsatz von Telemedizin erlaubt es den behandelnden Ärztinnen und Ärzten, die Blutdruckwerte beider Gruppen in Echtzeit zu überwachen.

Wichtige Ergebnisse für Behandlung von Bluthochdruck

Im Rahmen der SOPHOCLES-Studie werden die Struktur des Herzens beurteilt und zusätzliche funktionelle Parameter erfasst. Weitere Endpunkte sind die Funktion der transplantierten Niere sowie Parameter der Gefäßgesundheit wie etwa die Pulswellengeschwindigkeit als Maß für die Gefäßsteifigkeit und die Wanddicke der Halsschlagader als Maß für die Atherosklerose.


 „Mit diesen Werten ist eine umfassende Beurteilung der langfristigen Auswirkungen der Blutdruckeinstellung auf Herz, Nieren und Gefäße möglich“, erläutert Professorin Melk. Die Ergebnisse der Studie werden einen bedeutenden Beitrag zur Versorgung von pädiatrischen Nierentransplantat-Empfängerinnen und -Empfängern leisten. „Diese Untersuchung wird erstmals evidenzbasierte Empfehlungen für die Behandlung eines Bluthochdrucks bei Kindern und Jugendlichen nach Nierentransplantation liefern. So können wir die kardiovaskuläre Gesundheit bis ins Erwachsenenalter schützen“, erklärt Professorin Melk.

Projekt wird mit 2,5 Millionen Euro gefördert

Die großvolumige Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstreicht die Relevanz dieses Forschungsprojekts. Für die ersten drei Jahre wurden bereits 2,5 Millionen zur Verfügung gestellt. Das stellt sicher, dass diese wichtige Studie erfolgreich durchgeführt werden kann.

Die Transplantationsmedizin ist einer der Schwerpunkte der MHH. 2024 bekamen dort 15 Kinder eine neue Niere.


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Professorin Dr. Dr. Anette Melk,

 melk

.anette@mh-hannover.de.

Die Betreuung im Wochenbett

Innovationsfonds fördert richtungsweisendes Projekt zur Versorgung für Wöchnerinnen und deren Neugeborenen, das jetzt an der TH Aschaffenburg gestartet ist: 

Mit dem Ziel, eine praxisorientierte und wissenschaftlich fundierte Versorgung von Müttern und deren Neugeborenen zu fördern, wird erstmalig eine Leitlinie entwickelt, die dem höchsten Qualitätsstandard entspricht. Prof. Dr. Lena Agel von der TH Aschaffenburg koordiniert das Projekt als Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. Gefördert wird dieses durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses.

Die erste Zeit nach der Geburt ist für Mütter und ihre Neugeborenen eine prägende und oft herausfordernde Phase. 


Um die Betreuung im Wochenbett zu verbessern, wird erstmals eine praxisorientierte und wissenschaftlich fundierte S3-Leitlinie speziell für Wöchnerinnen und ihre Kinder entwickelt. Die angewandte Systematik im Entwicklungsprozess der Leitlinie entspricht dabei der höchsten Qualitätsstufe (S3). Ziel ist die Förderung einer evidenzbasierten Versorgung von Müttern und deren Neugeborenen. Prof. Dr. Lena Agel, Gründungsdekanin der Fakultät Gesundheitswissenschaften an der Technischen Hochschule Aschaffenburg, koordiniert das Projekt als Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft, DGHWi. Es wird durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit rund 430.000 Euro bis zum 31. März 2027 gefördert.

Unter der Konsortialführung von Professorin Agel arbeitet ein interdisziplinäres Netzwerk aus Vertreterinnen und Vertretern von Fachgesellschaften, Berufsverbänden sowie Elterninitiativen an der Erstellung der Leitlinie. „Das Wochenbett ist eine entscheidende Lebensphase, die eine evidenzbasierte und ganzheitliche Versorgung verdient. Mit der S3-Leitlinie möchten wir praxisnahe und wissenschaftlich fundierte Empfehlungen schaffen, die diese besondere Zeit optimal begleiten“, betont Prof. Dr. Lena Agel, die als Professorin im 2022 an der TH Aschaffenburg einführten Bachelorstudiengang Hebammenkunde lehrt.

Kick-off in Aschaffenburg
Am 21. Januar 2024 fand das Kick-off-Meeting der Leitliniengruppe an der Technischen Hochschule Aschaffenburg statt. Fachleute aus unterschiedlichen Disziplinen kamen zusammen, um methodische Grundlagen zu besprechen, Arbeitsgruppen zu bilden und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu starten.

Konsortialpartner und Mitglieder der Steuerungsgruppe sind unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), vertreten durch Prof. Dr. Brigitte Strizek und Prof. Dr. Ralf Schmitz, die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM), vertreten durch Prof. Dr. Hans Proquitté, sowie die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi), vertreten durch Prof. Dr. Mirjam Peters. Darüber hinaus ist das Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) der Universität Witten/Herdecke, repräsentiert durch Dr. Käthe Gooßen, Teil des Konsortiums. Begleitet wird das Projekt außerdem durch 16 weitere Fachgesellschaften, Berufsverbände sowie Vertreterinnen und Vertreter von Familien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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Projektleitung: Prof. Dr. Lena Agel, S3LL-WoBe@th-ab.de, 06021 4206 386

Taillenumfang als Maß für abdominale Adipositas, im Gegensatz zum üblicherweise verwendeten Body-Mass-Index (BMI)

Über 40% der Weltbevölkerung leiden an abdomineller Adipositas, die durch überschüssiges Fett um die Taille gekennzeichnet ist. 

Knapp 30% der Menschen sind nicht ausreichend körperlich aktiv – zwei Faktoren, die nachweislich das Krebsrisiko erhöhen. 

Ein Team des Instituts für Epidemiologie und Präventivmedizin der Universität Regensburg hat in einer umfassenden Studie neue Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen abdomineller Adipositas, körperlicher Aktivität und dem Krebsrisiko gewonnen. Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise für die öffentliche Gesundheitsförderung.

Die Studie basiert auf Daten von 315.457 krebsfreien Teilnehmenden aus der UK Biobank, die über einen Zeitraum von 11 Jahren begleitet wurden. 


Die Studie fokussiert sich auf den Taillenumfang als Maß für abdominale Adipositas, im Gegensatz zum üblicherweise verwendeten Body-Mass-Index (BMI), der die allgemeine Fettleibigkeit widerspiegelt. 


Der Taillenumfang gilt inzwischen als präziserer Indikator für das Krebsrisiko, da er in engem Zusammenhang mit biologischen Prozessen wie der Insulinresistenz steht, die bei der Krebsentstehung eine Schlüsselrolle spielen.

Aufbau der Studie
Die Teilnehmenden wurden gemäß den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Taillenumfang (>88 cm für Frauen und >102 cm für Männer) und ausreichender körperlicher Aktivität (>150 Minuten moderate bis intensive körperliche Aktivität pro Woche) in vier Gruppen eingeteilt:


1. Schlanke Taille (<88cm bei Frauen, <102cm bei Männern) und ausreichende körperliche Aktivität (>150 Minuten moderate bis intensive Aktivität pro Woche)
2. Schlanke Taille (<88cm bei Frauen, <102cm bei Männern) und unzureichende körperliche Aktivität (<150 Minuten moderate bis intensive Aktivität pro Woche)
3. Abdominelle Adipositas (>88cm bei Frauen, >102cm bei Männern) und ausreichende körperliche Aktivität (>150 Minuten moderate bis intensive Aktivität pro Woche)
4. Abdominelle Adipositas (>88cm bei Frauen, >102cm bei Männern) und unzureichende körperliche Aktivität (<150 Minuten moderate bis intensive Aktivität pro Woche)

Die Krebsdiagnosen wurden anhand der Gesundheitsdaten während der Nachbeobachtung ermittelt. 


Bei der Analyse wurden Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ernährung, Rauchen und Alkoholkonsum berücksichtigt, um den Zusammenhang zwischen abdomineller Adipositas, körperlicher Aktivität und Krebsrisiko zu untersuchen. Strenge statistische Methoden stellten sicher, dass die Ergebnisse robust und zuverlässig waren.

Kernaussagen der Studie
• Abdominelle Adipositas erhöht das allgemeine Krebsrisiko um 11%, Bewegungsmangel um 5%. Personen, die weder eine schlanke Taille haben noch ausreichend körperlich aktiv sind, tragen ein um 15% höheres Krebsrisiko als Personen mit schlanker Taille und ausreichender körperlicher Aktivität. 


Bei Krebsarten, die stark mit Adipositas und Bewegungsmangel assoziiert sind, steigt dieses Risiko auf 48%.
• Das Einhalten nur einer Empfehlung (schlanke Taille oder ausreichende körperliche Aktivität) reicht nicht aus, um die negativen Auswirkungen auf das Krebsrisiko auszugleichen, die durch das Verfehlen der anderen entstehen.
• Insgesamt waren abdominelle Adipositas und Bewegungsmangel für 2% aller Krebserkrankungen sowie für 6% der Adipositas- und Bewegungsmangel-assoziierten Krebserkrankungen in der UK Biobank Kohorte verantwortlich.

Durch die Untersuchung, ob körperliche Aktivität das Krebsrisiko bei Menschen mit abdomineller Adipositas verringern kann - und ob abdominelle Adipositas das Krebsrisiko bei körperlich aktiven Personen beeinflusst -, schließt diese Studie eine entscheidende Wissenslücke und zielt darauf ab, effiziente Strategien für die öffentliche Gesundheit zu entwickeln. "Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass sowohl die Aufrechterhaltung eines gesunden Taillenumfangs als auch regelmäßige körperliche Aktivität eine wichtige Rolle in der Krebsprävention spielen und praktikable Lebensstiländerungen langfristig einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben", sagt Projektleiter Prof. Michael Leitzmann vom Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin.

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Patricia Bohmann
Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin
Universität Regensburg
E-Mail: Patricia.Bohmann@ukr.de

Originalpublikation:
Bohmann P, Stein MJ, Amadou A, et al. WHO guidelines on waist circumference and physical activity and their joint association with cancer risk. British Journal of Sports Medicine Published Online First: 22 January 2025. doi: 10.1136/bjsports-2024-108708

die neurometabolischen und neuroinflammatorischen Störungen, die Rolle des Skelettmuskelstoffwechsels und dysfunktionale Atmung

Chronische Müdigkeit, Belastungsintoleranz, kognitive Beschwerden und eine erhebliche Einschränkung von Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität: 

Das sind die Befunde einer großen baden-württembergischen Langzeitstudie über das Leiden nach einer Corona-Infektion. Für EPILOC (Epidemiologie von Long Covid) haben Forschende in den Universitätskliniken Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm mehr als 1500 ehemals Infizierte nachuntersucht und festgestellt: 

Zwei Drittel der am Post Covid-Syndrom leidenden Patientinnen und Patienten haben sich im zweiten Jahr ihrer Erkrankung kaum erholt. Trotz verschlechterter funktioneller Parameter zeigen Laboruntersuchungen beinahe keine pathologischen Befunde.

Zwei Jahre nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 haben viele Betroffene weiterhin erhebliche, bleibende Beschwerden. 


Dazu zählen beispielsweise chronische Müdigkeit, auch Fatigue genannt, und rasche Erschöpfung, Gedächtnisprobleme und Konzentrationsstörungen sowie Atemnot und Brustschmerzen. 


Auch innere Unruhe, Depressionen und Schlafstörungen kommen häufig vor. 


Das zeigen die Ergebnisse der baden-württembergischen Studie Epidemiologie von Long Covid (EPILOC), für die in den Post Covid-Ambulanzen der Universitätskliniken im Land mehr als 1500 ehemals Infizierte im Alter von 18 bis 65 Jahren nachuntersucht worden sind.

Dabei wurde deutlich, dass sich mehr als zwei Drittel der Patientinnen und Patienten im zweiten Jahr nach ihrer Erkrankung kaum erholt hatten und sie weiterhin in ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität und ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sind. Im Vergleich zu Kontrollpersonen waren funktionelle Parameter verschlechtert, also zum Beispiel die Handgreifkraft, der maximale Sauerstoffverbrauch bei Belastung und die Atemeffizienz sowie Ergebnisse bei neurokognitiven Testreihen.

Trotz dieser objektiven Anzeichen von verminderter körperlicher Leistungsfähigkeit und kognitiven Defiziten zeigten beinahe alle Laboruntersuchungen der klinischen Routine keine pathologischen Befunde. 


Eine SARS-CoV-2-Persistenz (also eine fortbestehende Virusinfektion) oder Reaktivierung des Epstein-Barr-Virus, eine Nebenniereninsuffizienz oder Störungen der Blutgerinnung, wie oft in anderen Studien beschrieben, zeigten die Laborergebnisse nicht. 


Durch die hohe Zahl der Teilnehmenden und die Berücksichtigung möglicher Störfaktoren (wie Übergewicht oder Rauchen) beim Vergleich verschiedener Gruppen konnten solche Zusammenhänge klarer ausgeschlossen werden. 


Dies sei ein weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchung, betonen die Autorinnen und Autoren. Für eine fundierte medizinische Beurteilung seien Belastungstests im Bereich Herz-Lunge, Muskel- und Nervensystem erforderlich.

„Die Diskrepanz zwischen den funktionellen Testergebnissen, dem subjektiven Leiden der Patienten und den vielen unauffälligen Routine-Laborparametern legen nahe, dass wir in einer anderen Richtung nach den pathophysiologischen Ursachen suchen müssen“, bemerkt Erstautor Dr. Raphael Peter vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm. 


„Vor allem die neurometabolischen und neuroinflammatorischen Störungen, die Rolle des Skelettmuskelstoffwechsels und dysfunktionale Atmung sollten vermehrt in den Fokus zukünftiger Forschung kommen“, so Dr. Peter.

Studienleiter Professor Winfried Kern aus der Klinik für Innere Medizin II der Universitätsklinik Freiburg ergänzt dazu: „Es ist erschreckend, wie viele ehemals Infizierte nach zwei Jahren noch Beschwerden und Einschränkungen haben. Eine systematische längere Nachbeobachtung und medizinische Nachuntersuchung sind erforderlich, um Faktoren für Besserung beziehungsweise Nichterholung des Post Covid-Syndroms und relevanter pathophysiologischer Pfade genauer zu identifizieren. Nur so werden sich therapeutisch wirksame Interventionsansätze finden und entwickeln lassen“.

Professor Dietrich Rothenbacher, Direktor des Instituts für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm, erklärt: „Wir freuen uns sehr, dass wir in Ulm mit unserer Expertise die Zusammenarbeit der vier Universitätsstandorte mit einem kompetenten Datenmanagement und der statistisch-epidemiologischen Auswertung so erfolgreich unterstützen konnten.“ Die Aufbereitung der Daten zeige, mit welchen Untersuchungen man in der weiteren Erforschung dieser komplexen Symptomatik möglicherweise weiterkomme: „Die Betroffenen leiden sehr unter den Langzeitfolgen und wir müssen dringend weiter an den Ursachen forschen.“ Derzeit werten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen weitere Daten aus und analysieren die zahlreichen Bioproben der EPILOC-Studie mit erweiterter Methodik. Sie erhoffen sich daraus dringend benötigte Erkenntnisse, um den Personen mit Post Covid besser helfen zu können.

Die aktuelle Phase der EPILOC-Studie wurde vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg mit 2,3 Millionen Euro gefördert. Die rund 1500 Teilnehmenden stammen aus einer Gruppe von mehr als 11 000 Erwachsenen aus ganz Baden-Württemberg, die bereits in einer ersten Studie in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern sechs bis zwölf Monate nach der Indexinfektion zu ihren Symptomen befragt worden waren. Damals berichtete jeder Vierte von Beschwerden wie Fatigue, Gedächtnisproblemen und Konzentrationsstörungen sowie Atemnot und Brustschmerzen.

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Dr. Raphael Peter (Erstautor), Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie, Universität Ulm, Mail: raphael.peter@uni-ulm.de, Tel. (0731) 50 31093

Prof. Dr. Winfried V. Kern (Studienleitung), Abteilung Infektiologie, Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Freiburg, Mail: EPILOC@uniklinik-freiburg.de, Tel. (0761) 270 18190

Originalpublikation:
Peter RS, Nieters A, Göpel S, Merle U, Steinacker JM, Deibert P, et al. (2025): Persistent symptoms and clinical findings in adults with post-acute sequelae of COVID-19/post-COVID-19 syndrome in the second year after acute infection: A population-based, nested
case-control study. PLoS Med 22(1): e1004511.
https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1004511

Stuhlöosistenz

Die Bristol Stool Scale ist ein Tool in der Gastroenterologie zur Beurteilung der Stuhlkonsistenz. Dies kann anhand der unten dargestellten visuellen Skala erfolgen. Diese reicht von Typ 1 (harte, klumpige Stuhlgänge, ähnlich wie Nüsse, schwer auszuscheiden) bis zu Typ 7 (flüssiger Stuhl ohne feste Stücke, der vollständig wässrig ist und keine Feststoffe enthält). Diese Skala kann für die Verlaufsbeurteilung von Darmstörungen wie dem Reizdarmsyndrom oder entzündlichen Darmerkrankungen und auch für die allgemeine Einschätzung des Stuhlgangs angewandt werden

Typ 1: Einzelne, feste Kügelchen, ähnlich Nüssen und schwer auszuscheiden. Dies kann auf eine sehr langsame Darmbewegung hinweisen und ist oft ein Zeichen von Verstopfung.

Typ 2: Wurstförmig, aber klumpig. Dies deutet ebenfalls auf Verstopfung hin

Typ 3: Wurstförmig mit rissiger Oberfläche. Dieser Typ ist normal und weist auf eine gesunde Verdauung hin.

Typ 4: Wurstartig oder schlangenförmig mit glatter, weicher Oberfläche. Dies gilt als der ideale Stuhl und ist ein Anzeichen für eine regelmäßige Verdauung ohne Probleme.

Typ 5: Weiche, glattrandige Klümpchen und einfach auszuscheiden. Dieser Stuhltyp weist auf einen mangelnden Ballaststoffgehalt in der Ernährung hin, ist aber noch im normalen Bereich.

Typ 6: Fluffige Stücke mit unregelmäßigen Rändern, ein matschiger Stuhl. Dies kann auf einen gestörten Verdauungsprozess hinweisen und ist oft mit einer erhöhten Stuhlfrequenz verbunden.

Typ 7: Flüssig ohne feste Bestandteile. Dieser Typ kommt durch eine schnelle Darmpassage zustande, wie es bei Durchfall der Fall ist.

Die Bristol Stool Scale ermöglicht es medizinischem Fachpersonal und Patient:innen, Veränderungen im Stuhlgang präzise zu beschreiben und zu dokumentieren.

Was man in der Medizin nicht so alles lernen kann ;)

Befunderhebung versus Diagnoseirrtum

 

„Was nicht dokumentiert ist, wurde nicht gemacht“

Nach § 630f des Bürgerlichen Gesetzbuchs muss der Arzt die Behandlung in der Patientenakte dokumentieren. Festgehalten werden müssen sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse und Befunde. Ist die ärztliche Dokumentation lückenhaft, führt das zu Beweiserleichterungen für den Patienten. Nach der Rechtsprechung wird dann nämlich vermutet, dass eine Maßnahme, die nicht in der Patientenakte dokumentiert ist, auch nicht durchgeführt wurde. Es ist dann Sache des Arztes, diese Vermutung zu widerlegen, zum Beispiel durch Zeugen.

Patientenversorgung

Kein Krankenhauskahlschlag auf dem Rücken von Patient:innen und Beschäftigten!


Am heutigen Montag hat die Geschäftsführung der DRK-Kliniken den Beschäftigten im Klinikum Mitte (Drontheimer Straße) angekündigt, dass die Behandlungen des Standortes im nächsten Jahr an das DRK-Klinikum Westend verlagert werden sollen.
Damit wäre das Krankenhaus mit 260 Betten der erste Standort in Berlin, der aufgrund der aktuellen Finanzierungskrise und der absehbaren Umstrukturierungen infolge der Krankenhausreform verloren geht – noch bevor eine mittel- und langfristige Bedarfsanalyse zur stationären Patientenversorgung und die Grundzüge einer neuen Krankenhausplanung für das Land Berlin überhaupt erstellt wurden.

Im DRK-Klinikum Mitte, das unter anderem auf die Pneumologie (Lungenheilkunde) spezialisiert ist, wurden beispielsweise während der Corona-Pandemie sehr viele Patient:innen behandelt. Diese Kapazitäten dürfen nicht leichtfertig zerschlagen werden.

Die vom Bund beschlossene Krankenhausreform sieht erhebliche Restrukturierungen im Krankenhausbereich vor. In Berlin tappt zumindest die Öffentlichkeit im Dunkeln, wie in Zukunft die Krankenhausversorgung der Bevölkerung sichergestellt werden soll. Die Krankenhausplanung befindet sich noch im Frühstadium, und ein transparenter Prozess, in den Beschäftigte und Patientenvertretungen laufend einbezogen werden, ist nicht geplant. Mehrere Krankenhäuser befinden sich in Insolvenzverfahren oder stehen kurz davor. Jetzt folgt die erste Ankündigung einer Standortschließung.

Dazu Benjamin Roscher, stellvertretender Landesleiter bei ver.di:
„Wir fordern vom Senat eine Standortsicherung für alle Krankenhäuser – mindestens bis eine sachlich begründete, bedarfsorientierte Planung vorliegt – und einen Vorrang für öffentliche und freigemeinnützige Trägerschaften in der Krankenhausplanung. Der Senat muss jetzt klar und transparent darstellen, wie er akut und langfristig die Krankenversorgung in Berlin sicherstellt, und darf nicht zulassen, dass Strukturen verloren gehen, bevor klar ist, was zukünftig gebraucht wird.“

An die Geschäftsführung richtet die Gewerkschaft die Forderung, betriebsbedingte Kündigungen für alle Beschäftigten der DRK-Kliniken, inklusive der ausgegliederten Servicegesellschaft, auszuschließen sowie eine Perspektive für den Standort zu entwickeln.

Gisela Neunhöffer, bei ver.di stellvertretende Landesfachbereichsleitung und zuständig für das Gesundheitswesen:
„Diese Ankündigung und generell die unklare Zukunft der Krankenhäuser führen zu Verunsicherung bei den Beschäftigten und können zur Abwanderung dringend benötigter Fachkräfte und im schlimmsten Fall zu Versorgungslücken führen. Die Geschäftsführung der DRK-Kliniken muss allen Beschäftigten eine sichere Perspektive geben und gemeinsam mit den Interessenvertretungen Lösungen entwickeln. Dabei darf es keine Beschäftigten erster und zweiter Klasse geben.“

Für Rückfragen:
Gisela Neunhöffer, stellv. Landesfachbereichsleitung: 0171 9077415
Dana Lützkendorf, zuständige Gewerkschaftssekretärin: 0151 72440765

Onlinebefragung JuCo V unter der Fragestellung „Wie geht’s?“ bitte beteiligen

Corona hat den Alltag der jungen Menschen verändert. 

Inzwischen wird allgemein anerkannt, dass die Anliegen und das Wohlbefinden junger Menschen während der Corona-Pandemie zu wenig beachtet wurden. 

Doch wie geht es ihnen aktuell? 

Vom 11. Januar bis 28. Februar sind junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren aufgerufen, sich an der Onlinebefragung JuCo V unter der Fragestellung „Wie geht’s?“ zu beteiligen.

Rund 20.000 junge Menschen haben sich bisher an den bundesweiten Studien JuCo I, II, III und IV der Universitäten Frankfurt und Hildesheim beteiligt, um von ihren Erfahrungen und Perspektiven während der Corona-Pandemie zu berichten. Nun startet die fünfte Erhebung JuCo V, die dieses Mal im Rahmen des Projekts JuPaCo durchgeführt wird. Die Wissenschaftler*innen wollen erfahren:

- Wie geht es jungen Menschen zum Jahresbeginn 2025?
- Von wem fühlen sie sich unterstützt?
- Was sagen junge Menschen zu ihren aktuellen Bedarfen – insbesondere auch angesichts neuer Krisen?

Die deutschlandweite Online-Befragung JuCo V richtet sich erneut an junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren.

Es geht darum, mehr über das aktuelle Wohlbefinden nach der Corona-Pandemie und ihre Perspektiven auf andere gesellschaftliche Krisen (zum Beispiel Kriegsereignisse, Gefahren infolge der Klimaveränderungen) zu erfahren. Aus den Befragungen ersten vier JuCo-Befragungen geht hervor, dass die Pandemie, aber auch andere Krisen, junge Menschen in ihrem unterschiedlichen Lebensbereichen stark beeinflussen. Diese Krisenerfahrungen zeigen langfristige Auswirkungen. Mit den Ergebnissen der fünften Studie soll das Augenmerk auf das Wohlbefinden junger Menschen gelenkt und Unterstützungsstrukturen ermittelt werden.

Der Fragebogen ist erreichbar unter:
https://www.soscisurvey.de/JuCo_V_Wie_gehts_jungen_Menschen/
Die Teilnahme dauert ca. 20 Minuten. Unter den Teilnehmer*innen werden 20 Gutscheine im Wert von je 25 Euro verlost.

Weitere Informationen

Die ersten vier JuCo-Studien wurden durch den Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ der Universitäten Hildesheim und Frankfurt finanziert aus Mitteln der jeweiligen Hochschule durchgeführt. Die fünfte Studie wird in Verantwortung der Universität Hildesheim im Rahmen des durch das niedersächsische Wissenschaftsministerium geförderten Projekts JuPaCo zu dem psychosoziale Langzeitfolgen für junge Menschen durch die SARS-CoV-2-Pandemie ermöglicht.

Bisherige Veröffentlichungen unter:
https://t1p.de/studien-corona

MaAB - Medizin am Abend Berlin Fortbildungen VOR ORT


Kontakt zum Forschungsteam:
Universität Hildesheim
Institut für Sozial- und Organisationspädagogik
Mareike Daps (daps@uni-hildesheim.de)
Dr. Severine Thomas (severine.thomas@uni-hildesheim.de)

Originalpublikation:
www.soscisurvey.de/JuCo_V_Wie_gehts_jungen_Menschen

Die Depression und ihrw Diagnistik und Therapies

Eine Depression kann jeden treffen. Die Erkrankung ist häufig, oft ist sie schwer. 

Inzwischen sind Depressionen gut behandelbar, meist in Kombination von Psychotherapie und Medikamenten. Dennoch: 

Es kann einige Zeit dauern, bis die passende Therapie gefunden ist. 

Nicht jede Medikation schlägt bei jedem Menschen gleich gut an. 

Forschende an sechs europäischen Universitätsklinika unter der Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben sich zusammengeschlossen, um schneller belastbare Erkenntnisse zu neuen und bekannten Therapien zu gewinnen. Schlüssel soll ein gemeinsames Studiendesign sein, unterstützt in den kommenden vier Jahren durch den Wellcome Trust mit mehr als 13 Mio. Euro.

Erste europaweite Plattformstudie zur Wirksamkeit und Sicherheit von Therapien

Laut Weltgesundheitsorganisation WHO gehören schwere Depressionen zu den Hauptursachen der globalen Krankheitslast. Obwohl es zahlreiche Medikamente zur Behandlung von Depressionen gibt – allein in Deutschland sind rund 30 Antidepressiva zugelassen – kann einigen dieser Patient:innen trotz mehrfacher Behandlungsversuche nicht dauerhaft geholfen werden. Woran liegt das und wie lässt sich für die jeweiligen Patient:innen schneller herausfinden, was wirklich hilft? Systematisch und im Schulterschluss suchen Forschende an sechs Häusern der European University Hospital Alliance (EUHA) im Projekt PEARLDIVER nach Antworten.

Perlen der Depressionsforschung

Klinische Studien sind die Basis einer evidenzbasierten Medizin. Allerdings sind viele der durchgeführten Studien nicht aussagekräftig genug, um sichere Rückschlüsse auf die klinische Praxis zu ziehen. Verfügbare Behandlungen sind häufig nur bei einem Teil der Patient:innen wirksam und die Zulassung neuer Therapeutika liegt bei psychischen Erkrankungen hinter denen anderer medizinischer Bereiche wie Onkologie, Infektiologie oder Neurologie.

„Für depressive Patient:innen, bei denen die erste Behandlung nicht wirkt, gibt es einen großen Bedarf an neuen, sicheren und nachweislich wirksamen Therapien“, konstatiert Prof. Christian Otte, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Campus Benjamin Franklin der Charité. Der ärztliche Leiter des europäischen Großprojekts setzt große Hoffnungen in das neue und strukturierte Vorgehen: „Unsere Plattformstudie wird die Entwicklung und Prüfung solcher Behandlungen erheblich beschleunigen. Gleichzeitig können wir schneller klären, welche der bereits verfügbaren Therapien individuell am besten geeignet ist.“

Eine Struktur – viele Untersuchungen

Um die Perlen der Depressionsforschung ausfindig und neue Medikamente zügig verfügbar zu machen, setzen die Forschenden auf die hocheffiziente Methodik einer Plattformstudie. Während neue oder bestehende Behandlungsansätze bisher in Einzelstudien bewertet wurden, bei denen Teilnehmende nach dem Zufallsprinzip der Interventions- oder einer Kontrollgruppe zugeteilt wurden, kommen dabei eine gemeinsame Infrastruktur und eine gemeinsame Kontrollgruppe zur Prüfung vieler Therapieansätze zum Einsatz, wobei das Zufallsprinzip der Gruppenzuteilung erhalten bleibt.

„Klinische Studien sind sehr ressourcenintensiv und aufwändig. Bislang werden die komplette Infrastruktur und Logistik für jede Studie immer wieder von Neuem aufgebaut. Man könnte das bildlich damit vergleichen, für jedes Fußballspiel ein neues Stadion zu bauen. Mit PEARLDIVER gehen wir einen anderen Weg: Wir bauen im übertragenen Sinne einmal gemeinsam ein großes Fußballstadion und diese Infrastruktur können dann alle Partner für nahezu unbegrenzt viele Spiele – oder eben Studien – nutzen“, erklärt der Professor für Klinische Neurowissenschaften an der Charité und wissenschaftlicher Leiter des Projektes Stefan Gold. „Neben der Geschwindigkeit steigen auch Aussagekraft und Vergleichbarkeit der einzelnen Studien.“

Ziel ist es, in den kommenden vier Jahren eine europaweite Forschungsinfrastruktur aufzubauen, mithilfe derer solide Erkenntnisse entsprechend höchsten wissenschaftlichen Standards in Vergleichen von Studien- und Kontrollgruppen zu neuen und bekannten Behandlungsansätzen gewonnen werden können. Dabei dient das erste Jahr insbesondere dem Aufbau der Plattform. Ihre Eignung und Effizienz wird die Plattform dann bei der Prüfung von Wirksamkeit und Sicherheit zweier neu für die Depression angewandter Medikamente unter Beweis stellen. Erste Patient:innen sollen 2026 in Studien aufgenommen werden.

Patient:innen gestalten mit

Plattformstudien werden bereits erfolgreich in anderen medizinischen Bereichen, beispielsweise in der onkologischen Forschung, eingesetzt. Neu ist dieser Ansatz auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit. Ebenfalls neu ist, dass Betroffene als Kooperationspartner das Studiendesign mitgestaltet haben. Die Vertreterin der Patient:innen im Projekt, Fanni-Laura Mäntylä, sagt: „Wir wollen gemeinsam bessere Lösungen dafür finden, wie klinische Studien im Bereich der psychischen Gesundheit konzipiert und durchgeführt werden, wie die Behandlung psychischer Erkrankungen weiterentwickelt und Menschen mit psychischen Problemen besser geholfen werden kann.“

Da mehrere Behandlungen gleichzeitig geprüft werden können, ist eine wiederverwendbare Infrastruktur äußerst effizient. Die Belastung für Studienteilnehmende verringert sich. Behördliche und ethische Genehmigungsprozesse verkürzen sich. Zwischenanalysen lassen schnelle Rückschlüsse darüber zu, ob eine Behandlung erfolgversprechend sein wird. Offenkundig unwirksame Studienarme könne rasch eingestellt werden.

„Der innovative Ansatz einer Plattformstudie ist insbesondere deshalb interessant, weil er die Erprobung neuer Therapien für Depressionen ressourcenschonender und einheitlicher gestaltet. Das Projekt wird Forschenden helfen, gemeinsam schneller Antworten darauf zu finden, ob Behandlungen wirksam sind und für wen sie sich am besten eignen“, betont Dr. Kim Donoghue, Senior Research Manager bei Wellcome. Vielleicht kann die europaweit größte Depressionsstudie zugleich auch Modell sein für andere Erkrankungen auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit.

Über Wellcome
Der Wellcome Trust ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in London. Die Stiftung unterstützt Forschung und Wissenschaft mit dem Ziel, Lösungen für aktuelle gesundheitliche und gesellschaftliche Herausforderungen zu finden, vor denen wir alle stehen. Wellcome unterstützt insbesondere Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften mit einem Fokus auf Fragen der psychischen Gesundheit, Infektionskrankheiten sowie Klima und Gesundheit.

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Prof. Christian Otte
Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Campus Benjamin Franklin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
T: +49 30 450 517 501
E-Mail: christian.otte@charite.de
Weitere Informationen finden Sie unter
https://psychiatrie.charite.de/


https://www.ihi.europa.eu/projects-results/project-factsheets/eu-pearl


https://wellcome.org/

Blutkrebserkrankungen

Neuer Blick auf Krebszellen: Dank einer innovativen Methode der superauflösenden Mikroskopie hat ein Forschungsteam der Universität Würzburg erstmals mit molekularer Auflösung in 3D beobachtet, wie therapeutische Antikörper B-Zellen angreifen, verändern und dadurch deren Zerstörung einleiten. 

Das Journal „Science“ stellt die neue Art der molekularen 3D-Visualisierung von Antikörper-Zell-Interaktionen vor. Die Visualisierung der molekularen Wechselwirkung zwischen Antikörper und Tumorzelle eröffnet neue Wege zu verbesserten Immuntherapien gegen Krebs.

Bei Blutkrebserkrankungen wie der chronischen lymphatischen Leukämie sind es B-Zellen des Immunsystems, die sich unkontrolliert vermehren. 


Eine Therapieform besteht darin, das Protein CD20 auf der Oberfläche der B-Zellen mit maßgeschneiderten Antikörpern zu markieren. Das löst eine Kette immunologischer Reaktionen aus und führt am Ende zur Zerstörung der Krebszellen.

Solche immuntherapeutischen Antikörper werden seit 30 Jahren gegen Tumorerkrankungen eingesetzt. 

„Obwohl es für den Therapieerfolg von entscheidender Bedeutung ist, wissen wir bis heute nur sehr wenige Details darüber, wie die Antikörper an CD20 binden und wie die folgenden Reaktionen ablaufen“, sagt Professor Markus Sauer vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg.

Der Effektivität der Antikörper auf der Spur

Das dürfte sich nun ändern: Ein Team um den JMU-Biophysiker hat eine neue superauflösende mikroskopische Methode entwickelt. Sie macht es erstmals möglich, die Wechselwirkungen der therapeutischen Antikörper mit Zielmolekülen auf Tumorzellen in 3D mit molekularer Auflösung zu untersuchen.

„Wir können nun beobachten, wie effektiv die Antikörper arbeiten und damit zur Entwicklung verbesserter Therapien beitragen“, so Markus Sauer.

Die neue mikroskopische Methode heißt LLS-TDI-DNA-PAINT. Im Wissenschaftsjournal Science beschreiben Erstautor Dr. Arindam Ghosh und ein Team aus dem Lehrstuhl von Markus Sauer, wie die neu entwickelte Technologie funktioniert und welche Erkenntnisse damit bereits gewonnen wurden. An der Studie waren auch Dr. Thomas Nerreter und Professor Martin Kortüm von der Medizinischen Klinik II des Würzburger Universitätsklinikums beteiligt.

B-Zellen nehmen die Gestalt eines Igels an

Das Würzburger Forschungsteam hat die ersten Studien mit der neuen Mikroskopie-Methode an fixierten und lebenden Raji-B-Zellen durchgeführt. Diese Zelllinie stammt aus dem Burkitt-Lymphom eines Patienten und wird in der Krebsforschung oft eingesetzt. Die Forscher brachten sie mit jeweils einem der vier therapeutischen Antikörper RTX, OFA, OBZ und 2H7 in Kontakt.

Alle vier Antikörper verketten die CD20-Moleküle in der Zellmembran, so dass lokal starke Anhäufungen entstehen. Das aktiviert das sogenannte Komplementsystem und leitet das Abtöten der Zellen durch das Immunsystem ein. Im Gegensatz zur derzeitigen Klassifizierung therapeutischer Antikörper zeigen die Ergebnisse, dass die Verkettung der CD20-Moleküle unabhängig davon eintritt, ob die Antikörper dem Typ I oder II angehören.

Die Experimente zeigen auch, dass alle vier Antikörper verstärkt CD20-Moleküle verketten, die sich an speziellen Orten der Membran befinden – und zwar auf mikrometerlangen Ausstülpungen der Membran, „Mikrovilli“ genannt. Gleichzeitig polarisiert das Binden der therapeutischen Antikörper die B-Zelle und die ausgestreckten Mikrovilli werden stabilisiert. Dadurch nehmen die B-Zellen eine Art Igelgestalt an, weil sich die Membranausstülpungen nur auf einer Seite der Zelle befinden.

Was als nächstes passiert

Was sich daraus ergibt? „Die bisherige Klassifizierung der therapeutischen Antikörper in die Typen I und II kann nicht weiter aufrechterhalten werden“, sagt Dr. Arindam Ghosh. Bislang ging die Forschung davon aus, dass therapeutische Antikörper vom Typ I einen anderen Wirkungsmechanismus haben als die vom Typ II. Die Würzburger Studien aber widerlegen das.

„Durch die Igelgestalt erscheinen die B-Zellen, als ob sie eine immunologische Synapse mit einer anderen Zelle bilden wollten“, so der JMU-Forscher. Es sei vorstellbar, dass die behandelten B-Zellen auf diese Weise die Makrophagen und natürlichen Killerzellen des Immunsystems aktivieren. Ob diese Vermutung stimmt, will das Forschungsteam nun in weiteren Studien klären.

Diese Arbeiten wurden gefördert vom European Research Council, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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Prof. Dr. Markus Sauer, Lehrstuhl für Biotechnologie und Biophysik, Biozentrum der Universität Würzburg, und Rudolf Virchow Center, Research Center for Integrative and Translational Bioimaging, Universität Würzburg, 

markus.sauer@uni-wuerzburg.de

Originalpublikation:
Decoding the molecular interplay of CD20 and therapeutic antibodies with fast volumetric nanoscopy. Ghosh et al., Science 387, eadq4510 (9. Januar 2025), DOI: 10.1126/science.adq4510, https://doi.org/10.1126/science.adq4510

Cart-T-Therapie und Chemotherapie

Seit 2018 sind in der EU sechs verschiedene CAR-T-Therapien zugelassen. 

Sie werden aktuell gegen einige Blutkrebsarten, Tumore der Lymphdrüsen und des Knochenmarks eingesetzt. 

Diese Zelltherapeutika werden in Laboren der Pharmaunternehmen in den USA und vermehrt auch in Europa hergestellt und in speziell dafür qualifizierten Kliniken den Patienten verabreicht. 

Die Wartezeit auf diese CAR-T-Zellen dauert zwischen vier und acht Wochen. Deutlich schneller geht es, wenn die Herstellung der CAR-T-Zellen direkt vor Ort in der Klinik erfolgt. 

Dies verkürzt die Wartezeit für die Patienten auf weniger als zwei Wochen und vermeidet Transportwege quer durch Europa oder in die USA.

Jetzt hat die Kölner Bezirksregierung der Uniklinik Köln die Erlaubnis erteilt, selbst CD19-CAR-T-Zellen herzustellen. 

Die Uniklinik Köln ist damit die erste Klinik in NRW, die durch diese Genehmigung Einzelfallbehandlungen mit selbst hergestellten CAR-T-Zellen durchführen kann.

Bei einer CAR-T-Zelltherapie werden Blutzellen von den Patienten gesammelt und Zellen des Immunsystems, so genannte T-Zellen, im Labor genetisch so verändert, dass sie bösartige Zellen erkennen können, obwohl sie körpereigene Zellen sind (Chimäre Antigen Rezeptor T-Zellen). 


T-Zellen haben in einem gesunden Immunsystem die Aufgabe, zum Beispiel Krankheitserreger oder Tumorzellen zu erkennen und zu vernichten.


Wenn im Körper trotzdem ein Tumor entstanden ist, können die T-Zellen aus dem Blut entnommen und gentechnisch so verändert werden, dass sie zielgenau die Tumorzellen wieder erkennen und ihre Funktion wieder erfüllen können. 


Nach einer kurzen Chemotherapie werden die CAR-T-Zellen als Infusion verabreicht.


Dies erfolgt in der Regel während eines etwa dreiwöchigen Aufenthalts in der Klinik, da die Reaktion des Immunsystems intensiv überwacht werden muss. Weil die Erfolgsraten dieser Behandlung sehr gut sind, wird in der Onkologie im Zusammenhang mit der CAR-T-Zelltherapien auch von einer Revolution gesprochen – zumal viele der Patienten ohne die Behandlung vermutlich nicht überleben würden.

Die Uniklinik Köln war von Beginn an bei den großen Zulassungsstudien in Europa für CAR-T-Zelltherapien dabei und verfügt daher über sehr viel Erfahrung bei der Durchführung. „Es braucht ein extrem gut aufgestelltes Team, um erfolgreich und sicher CAR-T-Zelltherapien anzuwenden. Ich bin extrem stolz, dass wir unseren Patienten in Köln das gesamte Spektrum dieser innovativen Therapieform von Beginn an anbieten konnten und jetzt sogar in der Lage sind, selbst CAR-T-Zellen herzustellen. Wir werden dies nicht nur für Heilversuche nutzen, sondern vor allem für die wissenschaftliche Forschung“, so Univ.-Prof. Dr. Michael Hallek, Direktor der Klinik I für Innere Medizin und des Centrums für Integrierte Onkologie an der Uniklinik Köln.

Der gesamte Herstellungsprozess einer CAR-T-Zelltherapie ist komplex und logistisch anspruchsvoll. „Wir brauchen jetzt nur noch circa zwölf Tage, um eine individuelle Therapie für die Patienten herzustellen, denn zeitintensive Transport- und Einfrierprozesse entfallen“, so Univ.-Prof. Dr. Christoph Scheid, Oberarzt an der Klinik I für Innere Medizin und Leiter der Stammzelltransplantation. „Wir wollen allerdings nicht in Konkurrenz zu zugelassenen CAR-T-Therapien treten, sondern Patienten behandeln, für die keine der zugelassenen CAR-T-Zellprodukte verfügbar sind oder für die die Wartezeit auf ein kommerzielles Produkt zu lang wäre. Wir tun dies in enger Kooperation mit der Firma Miltenyi Biotec, die uns beim Aufbau unseres Labors für Zelltherapie sehr unterstützt hat.“ Das Biotechnologie- und Biomedizin-Unternehmen aus Bergisch Gladbach unterstützt mit langjähriger Expertise, liefert die Geräte und Reagenzien, mit denen die Patienten-Zellen nach der Sammlung weiterbearbeitet und genetisch modifiziert werden.

Die CAR-T-Zellen, die jetzt in der Uniklinik Köln hergestellt werden können, erkennen ein Eiweiß auf bestimmten Tumorzellen des Immunsystems, das CD19 genannt wird. Wenn also eine Erkrankung vorliegt, deren Zellen CD19 tragen, die auf bisherige Therapien nicht angesprochen hat und für die keine passende zugelassene CAR-T-Therapie verfügbar ist, kann bei der Krankenkasse des Patienten ein Antrag auf Behandlung mit CAR-T-Zellen aus der Uniklinik Köln gestellt werden.
Die Herstellungsprozesse wurden von Anfang an mit den arzneimittelrechtlich zuständigen Aufsichtsbehörden – Bezirksregierung Köln und Paul-Ehrlich-Institut – abgestimmt und im Rahmen einer zweitägigen Inspektion vor Ort abgenommen. Da es sich um gentechnische Arbeiten handelt, musste auch hierfür im Vorfeld eine behördliche Genehmigung eingeholt werden.

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Univ.-Prof. Dr. Christoph Scheid, Uniklinik Köln, Klinik I für Innere Medizin


Weitere Informationen finden Sie unter
https://innere1.uk-koeln.de/erkrankungen-therapien/car-t-zell-therapie/

Hyperthrope obstructive Kardiomyopathien

Ziel der Forschungskooperation ist es, die Therapie der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie zu optimieren und an die individuellen Bedürfnisse der Patienten anzupassen. 

Dafür nutzen die Forschenden das prospektive Register TranslatiOnal Registry for CardiomyopatHies-Plus (TORCH-Plus-DZHK 21) des DZHK, das systematisch medizinische Daten von inzwischen mehr als 4.000 Patienten mit Herzmuskelerkrankungen an über 20 Standorten in Deutschland erfasst.

Das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und das forschende Pharmaunternehmen Bristol Myers Squibb haben sich zusammengeschlossen, um im Rahmen des TORCH-Plus-Registers die Behandlung der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM) zu untersuchen.

Bei dieser chronischen, progredient verlaufenden Erkrankung des Herzmuskels besteht ein hoher medizinischer Bedarf an innovativen therapeutischen Interventionen. Im Fokus der Forschungskollaboration steht die wissenschaftliche Beobachtung von Patienten, denen im klinischen Alltag ein neuartiges Medikament zur Behandlung der HOCM verschrieben wurde. Dabei werden Effektivität, Verträglichkeit, Nebenwirkungen sowie mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten erfasst und ausgewertet. Ziel ist es, diese Daten unter „Real-life“-Bedingungen zu evaluieren.

Das TORCH-Plus-Register des DZHK ist das weltweit größte prospektive Register seiner Art. Seit 2014 erfasst es systematisch medizinische Daten von inzwischen mehr als 4.000 Patienten mit Herzmuskelerkrankungen an über 20 klinischen Standorten in Deutschland. „Durch das Register können wir die reale Anwendung von Medikamenten genau beobachten und mit anderen Behandlungsmethoden vergleichen“, erklärt Dr. Johannes Trebing, Koordinator des DZHK-TORCH-Registers am Universitätsklinikum Heidelberg.

Im Rahmen der Partnerschaft mit Bristol Myers Squibb werden spezifisch und anonymisiert Daten zu Patienten mit HOCM erhoben, darunter ihre klinischen Verläufe, mögliche Nebenwirkungen und die Verträglichkeit der Therapie im Alltag. „Seit über 70 Jahren engagiert sich Bristol Myers Squibb im Kampf gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit dem Ziel, das Leben von Patienten durch Forschung und Wissenschaft zu verbessern. Die Zusammenarbeit zwischen dem DZHK und Bristol Myers Squibb baut eine Brücke zwischen klinischer Forschung und Patientenversorgung. Damit können wir erreichen, dass neue Therapien auch unter Praxisbedingungen auf den Patientennutzen hin evaluiert werden“, sagt Narinder Bhalla, MD, FACC, FSCAI, Senior Vice President Worldwide Medical, Head of Cardiovascular and Established Brands bei Bristol Myers Squibb.

In der TORCH-Register-Datenbank werden Daten von Patienten mit Herzmuskelerkrankungen erfasst, die sich nicht auf einen vorausgegangenen Herzinfarkt zurückführen lassen und bei denen eine erbliche Veranlagung oder eine Entzündung des Herzmuskels zugrunde liegen kann; über die molekularen Ursachen dieser Erkrankungen ist bislang wenig bekannt: „Das Register bietet eine einzigartige und umfassende Datenbasis für klinische Studien und Forschungsvorhaben, um neue Therapien langfristig zu evaluieren und bestehende Behandlungsmethoden weiterzuentwickeln“, so Prof. Dr. Benjamin Meder, wissenschaftlicher Leiter des TORCH-Registers und des Instituts für Cardiomyopathien am Universitätsklinikum Heidelberg. „Es hat sich zu einem wertvollen und effektiven Instrument in der kardiologischen Forschung entwickelt. 


Dies ist nur durch die vielen mitwirkenden Wissenschaftler und Zentren möglich, denen der besondere Dank gilt. Auch Zentren außerhalb des DZHK sind herzlich eingeladen, am neuen TORCH-Modul teilzunehmen“, so Meder weiter.

Über die hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie

Die hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) ist eine chronische, progredient verlaufende Erkrankung, bei der es aufgrund der übermäßigen Kontraktilität des Herzmuskels und der verringerten Füllkapazität des linken Ventrikels zu Problemen in der Blutzirkulation und infolgedessen zu beeinträchtigenden Symptomen und Herzfunktionsstörungen kommen kann. 

Eine hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) kann erblich bedingt sein und in jedem Alter auftreten. Für gewöhnlich werden Patienten im Alter zwischen 40 und 60 Jahren diagnostiziert, wobei in über 50 % der Fälle eine erbliche Veranlagung vorliegt. Schätzungen zufolge ist weltweit etwa 1 von 500 Menschen von HCM betroffen, wobei die Erkrankung bei vielen Patienten unerkannt bleibt und/oder asymptomatisch verläuft.

Bei der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM), der häufigsten Form der HCM, wird der linksventrikuläre Ausflusstrakt (LVOT), über den das Blut das Herz verlässt, durch den vergrößerten Herzmuskel verengt. In der Folge kann es zu einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern, Schlaganfall, Herzinsuffizienz und – wenn auch selten – plötzlichen Herztod kommen. Die häufigste Ursache der HOCM sind Mutationen der Herzmuskelproteine des Sarkomers.

Über Bristol Myers Squibb

Bristol Myers Squibb ist ein weltweit tätiges BioPharma-Unternehmen, das sich die Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung innovativer Medikamente zur Aufgabe gemacht hat, die Patienten dabei helfen, schwere Erkrankungen zu überwinden.

Befunden zu heterosexuellen Beziehungen

Analyse von mehr als 50 Studien legt unerwartete Geschlechterunterschiede offen

Die meisten von uns gehen vermutlich davon aus, dass romantische Beziehungen für Frauen wichtiger sind als für Männer.


 Jedenfalls sind Liebesbeziehungen in Frauenzeitschriften ein wesentlich beliebteres Thema als in Zeitschriften, die sich an Männer richten. 


Und in Filmen werden Single-Frauen eher als bemitleidenswert dargestellt und sie scheinen stärker motiviert zu sein, sich neu zu verlieben als Single-Männer. Aber ist das in der Wirklichkeit auch so? Sind feste Beziehungen tatsächlich wichtiger für Frauen?

Studienauswertung widerlegt einige Genderstereotype

Iris Wahring, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie der Humboldt-Universität (HU), Jeffry Simpson von der University of Minnesota und Paul van Lange von der Vrije Universiteit Amsterdam haben Befunde aus mehr als 50 wissenschaftlichen Studien zu Geschlechterunterschieden in heterosexuellen Beziehungen zusammengeführt und analysiert. Durch diese Kombination konnten sie einige überraschende und unerwartete Einsichten gewinnen.

„Männer sind offenbar tendenziell stärker darauf fokussiert, feste Beziehungen einzugehen. 


Außerdem wirken sich diese Beziehungen bei Männern positiver auf Wohlbefinden und Gesundheit aus als bei Frauen. 


Selbst die Lebenserwartung von Männern hängt stärker davon ab, ob sie in einer festen Beziehung leben, als das bei Frauen der Fall ist“, sagt Iris Wahring, Hauptautorin der Untersuchung. 


Darüber hinaus stellen die Autor*innen fest, dass Männer bei einer festen Beziehung seltener als Frauen die Trennung initiieren, dass sie nach einer Trennung eher Einsamkeit empfinden und weniger dazu neigen, die positiven Seiten der Trennung zu sehen.

Für ihre Untersuchung, die kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Behavioral and Brain Sciences erschienen ist, haben die Forschenden die Befunde aus mehr als 50 psychologischen und soziologischen Studien – die meisten davon aus den letzten 20 Jahren - ausgewertet und in einem Modell zusammengeführt, das Geschlechtsunterschiede in verschiedene Phasen von Beziehungen berücksichtigt. Bisher fehlte ein solches Modell, obwohl beispielsweise der geschlechterspezifische Zusammenhang zwischen Beziehungen und Gesundheit für sich genommen gut dokumentiert ist.

„Feste Beziehungen sind psychologisch wichtiger für Männer als für Frauen“

In ihrem theoretischen Modell legen die Forschenden außerdem verschiedene Erklärungsansätze für ihre Gesamtbefunde dar. Am bedeutendsten als Erklärung sind aus ihrer Sicht emotionale Bedürfnisse: „Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass Frauen typischerweise mehr emotionale Unterstützung von ihrem sozialen Umfeld erhalten als Männer. Daher sind heterosexuelle Männer stärker von ihrer festen Partnerin abhängig, um ihre emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen als heterosexuelle Frauen. Kurz gesagt, feste Beziehungen sind psychologisch wichtiger für Männer als für Frauen“, erklärt Iris Wahring.

Freundschaften spielen eine Schlüsselrolle für Gesundheit und Wohlbefinden

Die Forschungsergebnisse sind bedeutend für unser Verständnis von Gesundheit und von der Schlüsselrolle, die Beziehungen und Freundschaften dafür spielen. „Soziale Normen haben einen Einfluss darauf, dass Frauen häufiger Emotionen mit anderen teilen und sich gegenseitig stärker unterstützen als Männer das tun. Schon kleine Kinder erleben diese Normen, denen zufolge es für Mädchen viel üblicher und angemessener ist als für Jungen, Emotionen und Verletzlichkeiten zu teilen“, sagt Ko-Autor Paul van Lange. Ohne eine Partnerin fehle es Männern daher oft an sozialen Kontakten, also Menschen, denen gegenüber sie sich öffnen können und die sie emotional unterstützen. Das könne weitreichende Konsequenzen für Gesundheit und Wohlbefinden haben.

Die Studie beruht ausschließlich auf Befunden zu heterosexuellen Beziehungen, zumeist in westlichen Industrieländern. „Welche geschlechtsspezfischen Unterschiede es bei Männern und Frauen in homosexuellen Beziehungen oder in anderen Kulturen gibt, diese Fragen müssen zukünftige Studien beantworten“, so van Lange.

Weitere Informationen

Wahring, I. V., Simpson, J. A., & van Lange, P. A. M. (in press). Romantic Relationships Matter More to Men than to Women. Behavioral and Brain Sciences.

Link zur Studie: https://www.cambridge.org/core/journals/behavioral-and-brain-sciences/article/ro...

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Iris Wahring
Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin

Tel.: 030 2093 4917
E-Mail: iris.wahring@hu-berlin.de

Sport bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion, kurz HFpEF.

Greifswalder Publikation in Nature Medicine

Kann Kraft- und Ausdauertraining bei Patienten mit einer bestimmten Form der Herzinsuffizienz Vorteile bringen? Dieser

Frage ging ein Greifswalder Forschungsteam zusammen mit sieben weiteren Untersuchungszentren in Deutschland nach.


In der bisher größten Studie dieser Art wurde der Effekt von einem Jahr Training auf die Gesundheit der Patienten untersucht.


Das Forschungsteam konnte belegen, dass die Betroffenen von einer besseren Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit im Alltag profitierten. Die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal Nature Medicine veröffentlicht.

Über 300 Patienten mit einer bestimmten Form der Herzinsuffizienz wurden in der Untersuchung eingeschlossen. Sie leiden unter der Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion, kurz HFpEF. „Das bedeutet, dass das Herz der Betroffenen zwar normal pumpt, aber zu steif ist, um sich richtig zu füllen“, erklärt Prof. Marcus Dörr, Greifswalder Standortsprecher des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung. In der Folge haben die Betroffenen die gleichen Symptome und Prognosen wie die Patienten, die eine schlechte Pumpfunktion haben.

Die Studienteilnehmenden wurden per Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine Gruppe nutzte die herkömmliche medizinische Betreuung, die andere Gruppe machte ein Jahr lang dreimal pro Woche Ausdauer- und Krafttraining. „Für unsere Trainingsgruppe war das zum Teil schon eine große Herausforderung, ein ganzes Jahr lang am Ball zu bleiben“, erzählt Dörr rückblickend. Bisherige Studien erstreckten sich zumeist über einen Zeitraum von nur sechs bis acht Wochen. Zugleich betont der Leitende Oberarzt, wie wichtig eine Untersuchung zu dieser bestimmten Form der Herzinsuffizienz ist: „Für Menschen mit HFpEF gibt es erst seit kurzem nur eine evidenzbasierte medikamentöse Therapie, während es für andere Herzinsuffizienzen bereits ein breites Spektrum an Therapiemöglichkeiten gibt.“

Die Auswirkungen des kombinierten Trainings aus Ausdauer- und Kraftübungen wurden anhand verschiedener Parameter gemessen – etwa die Anzahl der Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz, die Gesamtsterblichkeit, die Herzfunktion und Symptome oder die maximale Sauerstoffaufnahme.
Im Ergebnis ließen zwar nicht alle Parameter Unterschiede zwischen den beiden Gruppen erkennen, „doch wir konnten nachweisen, dass ein strukturiertes Training die objektiv messbare Belastbarkeit und auch die Symptome bei den Betroffenen signifikant verbessern kann“, so Dörr. Für die Patientenversorgung spiele das eine besonders wesentliche Rolle, „denn unsere Studie ist ein Beleg dafür, dass angepasstes körperliches Training ein fester Bestandteil der Therapie von Patienten mit dieser speziellen Form der Herzinsuffizienz sein sollte.“ Das standortübergreifende Forschungsteam veröffentlichte ihre Studienergebnisse nun im Fachjournal Nature Medicine.

„Gerade in unserer Region, in der Risikofaktoren wie Übergewicht oder Bluthochdruck zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist Forschung zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen besonders wichtig“, betont Prof. Karlhans Endlich, Wissenschaftlicher Vorstand der Unimedizin Greifswald. Die Studie zeige, wie eng Theorie und Praxis miteinander verknüpft seien, „denn diese Ergebnisse nehmen direkten Einfluss auf die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten hier vor Ort.“

Universitätsmedizin Greifswald
Walther-Rathenau-Straße 46 * 17475 Greifswald
+49 3834 – 86 – 5288
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Prof. Dr. med. Marcus Dörr
marcus.doerr@med.uni-greifswald.de
+49 3834-86-80510

Originalpublikation:
Combined endurance and resistance exercise training in heart failure with preserved ejection fraction: a randomized controlled trial
Nature Medicine, Published: 02 January 2025
https://doi.org/10.1038/s41591-024-03342-7
https://www.nature.com/articles/s41591-024-03342-7

Das Vorhoffflimmern

Ein Forscherteam des DZHK-Standorts München hat gemeinsam mit Kollegen aus den USA, Frankreich und den Niederlanden eine Förderung der Leducq-Stiftung in Höhe von 8 Millionen US-Dollar für fünf Jahre eingeworben. Die Forscherinnen und Forscher wollen das Zusammenspiel von Immunzellen und Vorhofflimmern untersuchen. Ein neues Verständnis der Erkrankung könnte die Grundlage für neue, dringend benötigte Therapien sein.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen die Hypothese testen, dass Makrophagen – eine Art Immunzellen – eine Schlüsselrolle bei Vorhofflimmern spielen. Einen vielversprechenden Anhaltspunkt lieferte eine 2017 in Cell veröffentlichte Arbeit: Darin zeigten die amerikanischen Projektpartner um Matthias Nahrendorf mit Münchner Beteiligung, dass Makrophagen die elektrische Signalweiterleitung im Herzen unterstützen. 2023 erschien ein Science-Artikel, der belegte, dass Makrophagen bei Vorhofflimmern vermehrt auftreten.

Ein neues Verständnis von Vorhofflimmern und darauf aufbauende Therapien sind dringend erforderlich. Es wird erwartet, dass bis 2050 mehr als 30 Millionen Menschen in den USA und Europa an Vorhofflimmern leiden werden, da die Hauptrisikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht und Herzinsuffizienz zunehmen. Vorhofflimmern erhöht das Risiko für Schlaganfall und Herzinsuffizienz erheblich.

Die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten sind jedoch begrenzt. Medikamente haben oft unerwünschte Nebenwirkungen, Ablationstherapien sind nur bei der Hälfte der Patienten erfolgreich und können zu Komplikationen führen. Rückfälle nach einer Behandlung sind häufig, insbesondere bei Patienten mit vergrößerten und vernarbten Vorhöfen. Derzeit gibt es keine sichere und wirksame Methode, um Rückfälle von Vorhofflimmern zu verhindern.

Großtiermodell vom DZHK-Standort München

„Das Besondere an diesem Projekt ist, dass zum ersten Mal interdisziplinäre Experten gemeinsam die immunologischen Prozesse bei Vorhofflimmern systematisch erforschen“, sagt der europäische Projektkoordinator Stefan Kääb, Kardiologe und Wissenschaftler am Klinikum der LMU. Er selbst ist Rhythmologe, also Spezialist für die elektrischen Vorgänge im Herzen.

Die amerikanischen Partner bringen ihre Expertise in der Genetik und den molekularen Mechanismen des Vorhofflimmerns ein. Aus Frankreich kommen Immunologen und Onkologen. Niederländische Kollegen stellen eine Biobank mit Herzgewebe zur Verfügung. Der DZHK-Standort München bringt ein dort entwickeltes Großtiermodell in die Kooperation ein, das die typischen Risikofaktoren von Vorhofflimmer-Patienten vereint: Übergewicht, Bluthochdruck und Mitralklappeninsuffizienz.

Entzündungen triggern Vorhofflimmern

Makrophagen spielen eine wichtige Rolle bei Entzündungen und können zur vermehrten Bildung von Narbengewebe im Herzen beitragen, was das Risiko für Vorhofflimmern erhöht. „Es ist auch bekannt, dass es entzündliche Auslöser für Vorhofflimmern gibt, dass es zum Beispiel nach Infektionen gehäuft auftritt. Welche Zellen und Mechanismen daran beteiligt sind, hat man aber noch nie systematisch untersucht“, sagt Kääb.

Das internationale Team will nun herausfinden, wie Makrophagen das elektrische Reizleitungssystem im Herzen beeinflussen und zur Entstehung von Vorhofflimmern beitragen. Dazu untersuchen sie die Rolle dieser Zellen im menschlichen Herzgewebe und in Tiermodellen. Ihr Ziel ist es, neue therapeutische Ansätze zu entwickeln, die auf Makrophagen abzielen, um Vorhofflimmern zu verhindern oder zu behandeln.

Das Forschungsprojekt wird von der renommierten Leducq-Stiftung unterstützt, die sich der Förderung innovativer wissenschaftlicher Ansätze zur Verbesserung der Herzgesundheit im Rahmen von transatlantischen Projekten widmet.

Projekttitel: Immune targets for the treatment of atrial fibrillation

Projektpartner:

- Nordamerikanischer Koordinator: Matthias Nahrendorf, Harvard Medical School, Boston
- Europäischer Koordinator: Stefan Kääb, Ludwig-Maximilians-Universität München
- USA: Patrick T. Ellinor, Kamila Naxerova, Harvard Medical School, Boston
- Europa: Sebastian Clauss, Ludwig-Maximilians-Universität München | Florent Ginhoux, INSERM, Villejuif, Frankreich | Ulrich Schotten, Universität Maastricht, Niederlande

Originalpublikation:
Hulsmans M, et al., Recruited macrophages elicit atrial fibrillation. Science 381,231-239 (2023). doi:10.1126/science.abq3061

Hulsmans M, Clauss S, Xiao L, et al. Macrophages Facilitate Electrical Conduction in the Heart. Cell. 2017;169(3):510-522.e20. doi:10.1016/j.cell.2017.03.050