Medizin am Abend Berlin - MaAB-Fazit: Tanz der Moleküle:
Bewegungsfreiheit von Molekülen im Gehirn beeinflusst, wie wir Klänge wahrnehmen.
Stellen Sie sich vor, Sie könnten jedes Instrument in einem Orchester einzeln hören und doch gleichzeitig das Stück als harmonisches Ganzes wahrnehmen.
Diese Fähigkeit, aus einem Meer von Geräuschen spezifische Klänge herauszufiltern und zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufügen, ermöglicht unser Hörkortex.
Eine neu veröffentlichte Studie von Prof. Max Happel an der MSB Medical School Berlin und weiterer Kooperationspartner zeigt, dass diese außergewöhnliche Leistung auf der Bewegung von Kalziumkanälen beruht – diese Entdeckung erklärt, warum ein Konzertbesuch ein solches Vergnügen ist, und gleichzeitig neue Wege aufzeigt, um Hörstörungen und andere neurologische Erkrankungen zu behandeln.
- Der Hörkortex ist der Bereich unseres Gehirns, der für die Verarbeitung und Interpretation von Geräuschen und Klängen zuständig ist.
Wie ein Dirigent, der ein Orchester leitet, organisiert der Hörkortex die komplexen Außengeräusche, sodass wir in der Lage sind, Geräusche und Klänge zu interpretieren und in verständliche Einheiten umzuwandeln:
Wie das Lachen eines Freundes, das Zwitschern der Vögel
oder ein bekanntes Lied aus der Menge der Geräusche des Alltags
herauszuhören und sie zu genießen.
Klangverarbeitung: Die Rolle der Kalziumkanäle
Die nun vorgelegte Studie wirft ein Licht darauf, welche entscheidende
Rolle die Beweglichkeit von Kalziumkanälen (CaV2.1 VGCCs) in der
Zellmembran von Nervenzellen im Hörkortex bei der Verarbeitung von
Klängen spielt.
Insbesondere zeigt sie, dass diese Beweglichkeit für die präzise Verarbeitung von hochsynchronisierten Eingangssignalen, wie sie bei der Wahrnehmung schneller Rhythmen auftreten, notwendig ist.
- Eine eingeschränkte Beweglichkeit dieser Kanäle in der Membran kann dazu führen, dass unser Gehirn weniger effektiv auf solch rasche Abfolgen von Klängen reagiert, was die Qualität unseres Hörerlebnisses beeinträchtigt.
"Unsere Forschung unterstreicht das komplexe Zusammenspiel zwischen molekularer Dynamik und der Fähigkeit des Gehirns, Klänge zu verarbeiten", sagte Katrina E. Deane, die Erstautorin der Studie.
"Wir haben zeigen können, dass die Beweglichkeit der
Kalziumkanäle in der Membran im Hörkortex entscheidend dazu beiträgt,
dass wir eine Vielzahl von Klanginformationen in unsere wahrgenommene
Realität integrieren können."
Optogenetik: Ein Fenster zur molekularen Dynamik
Ohne die korrekte Funktion dieser Kalziumkanäle wäre die Fähigkeit des
Hörkortex, Schallereignisse zu differenzieren und in eine stimmige
Wahrnehmung umzuwandeln, beeinträchtigt. Die Forschenden setzten eine
innovative optogenetische Technik ein, die es ermöglicht, mit Licht die
Funktion spezifischer Moleküle in lebenden Organismen zu steuern. Diese
Technologie, bei der genetisch veränderte Moleküle durch Laserlicht
aktiviert oder deaktiviert werden können, erlaubt es den Forschenden,
die Bewegung der Kalziumkanäle direkt zu beeinflussen und so die
unmittelbaren Auswirkungen auf die Hirnfunktion zu beobachten. Dieses
hochpräzise Verfahren ist ein Meilenstein in der neurowissenschaftlichen
Forschung, da es Einblicke in molekulare Vorgänge bietet, die mit
bloßem Auge nicht sichtbar sind. So wurden mit diesem Verfahren mittels
Laserlicht die winzigen, für das Hören wichtige Moleküle in den
Nervenzellen von Mäusen vorübergehend 'festgeklebtet'. Dadurch konnten
die Forschenden beobachten, wie sich das Hörverhalten ändert, wenn diese
Moleküle weniger beweglich sind.
Im Ergebnis stellten sie fest, dass
die zeitlich präzise Verarbeitung von akustischen Signalen auf der
Beweglichkeit der Kalziumkanäle beruht. Können die Moleküle nicht frei
tanzen, verringert das die Fähigkeit des Gehirns, die Klänge der
Außenwelt zu einem klaren Gesamtbild zusammenzufügen.
Implikationen für medizinische Forschung und Therapie
„Mit dieser innovativen Methode konnten wir erstmalig in einem lebenden
Organismus verstehen, wie sehr die Dynamik von Ionenkanälen auf
molekularer Ebene mit der Funktionsweise unseres Gehirns und der
Wahrnehmung zusammenhängen.
Das bessere Verständnis eröffnet uns auch neue Wege bei potenziellen Anwendungen zur Behandlung von Krankheitsbildern, die mit Kalziumkanälen in Verbindung stehen, wie beispielsweise der Epilepsie“, sagte Max Happel, der Leiter der dieser Studie.
Daher ist die Untersuchung des Hörkortex nicht nur für die
Neurowissenschaft von fundamentaler Bedeutung, sondern hat auch
praktische Implikationen für die medizinische Forschung und Behandlung.
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Über die Institution
Die MSB Medical School Berlin ist eine private, staatlich anerkannte
Hochschule für Gesundheit und Medizin mit Sitz in Berlin-Wilmersdorf,
die Bachelor- und Masterstudiengänge mit Schwerpunkt Gesundheit und
Medizin anbietet.
Prof. Dr. Max Happel
Professur für Physiologie an der MSB Medical School Berlin
max.happel@medicalschool-berlin.de
https://www.medicalschool-berlin.de/hochschule/unser-team/team-fakultaet-medizin...
Lisa Schimmelpfennig MSB Medical School Berlin - Hochschule für Gesundheit und Medizin
Rüdesheimer Straße 50
14197 Berlin
Deutschland
Berlin
Lisa Schimmelpfennig
Telefon: 030/7668375656
E-Mail-Adresse: lisa.schimmelpfennig@medicalschool-berlin.de
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E-Mail-Adresse: nicola.sernow@medicalschool-berlin.de
Originalpublikation:
Deane KE, Klymentiev R, Heck J,
Mark MD, Ohl FW, Heine M and Happel MFK (2024) Inhibiting presynaptic
calcium channel motility in the auditory cortex suppresses synchronized
input processing. Front. Cell. Neurosci. 18:1369047.
https://doi.org/10.3389/fncel.2024.1369047